Erhaltenswerte Natur und vom Aussterben bedrohte Tierwelt

An den tropischen Stränden dieser Welt – Von den Giganten der Meere und ihrer Rettung

© Aleksandar Todorovic - Fotolia.com
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PHUKET: Phuket ist die größte Insel Thailands und befindet sich ca. 900 Kilometer südlich von Bangkok. Die „Perle der Andamansee“, die von Einheimischen wie Touristen gleichermaßen wegen ihrer ausgenommen schönen Strände an der Westseite geschätzt wird, hat alljährlich noch etwas Besonderes zu bieten haben, was die Aufmerksamkeit nicht nur tausender Naturfans magisch anzieht, sondern auch Tierschützer auf den Plan ruft: Die Eiablage der größten Schildkröten-Spezies der Erde, der Lederschildkröte (Dermochelys Coriacea), die mit einer Panzerlänge von bis zu 2,5 Metern und einem Gewicht von bis zu 700 Kilogramm während der Fortpflanzungszeit von November bis Februar an die Strände zurück kehren, an dem sie einst geschlüpft waren.

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Die Liste an touristisch besonders beliebten Strandabschnitten ist Südthailand ist lang. Ob Patong, Kamala, Kata, Kata Noi, Karon, Surin oder viele andere – alle sind während der touristischen Hauptsaison im Winter nicht nur begehrte Naherholungsziele für Einheimische wie Touristen, sondern Schauplatz der Rückkehr der Giganten der Meere, die mittlerweile vom Aussterben bedroht sind und nur für einen Zweck den sicheren Lebensraum Meer verlassen: Der Fortpflanzung.

Besonders in der Nacht schwimmen die Weibchen an den Strand und heben mit ihren Flossen als Grabwerkzeug eine bis zu 70cm tiefe Kuhle im Sand aus, worin sie rund 100 Eier ablegen. Nach dem großzügigen Zuschaufeln der bis zu rund zehn Brutsenken pro Lege-Saison kehren die Muttertiere ins Meer zurück, und überlassen der Sonne das Ausbrüten der rund fünf Zentimeter großen Eier.

Neben zahlreichen Fischarten bilden die langen vorgelagerten Korallenriffe den natürlichen Lebensraum der Wasserschildkröten, die jedes Jahr an die Buchten Thailands zur Eiablage kommen. Tierschützer graben jedes Jahr die Eier aus, um die Mini-Schildkröten in einer Aufzuchtstation aufzuziehen und so für den Fortbestand der bedrohten Spezies zu sorgen. Jedes Jahr zu Songkran, dem thailändischen Neujahrsfest werden die aufgezogenen Schildkröten dann den Fluten zeremoniell übergeben.

Sonkran – Das traditionelle Neujahrsfest wird landesweit erst Mitte April gefeiert. © thekob5123 - Fotolia.com
Songkran – Das traditionelle Neujahrsfest wird landesweit erst Mitte April gefeiert. © thekob5123 - Fotolia.com

Dabei tragen die Schutzbemühungen seit Jahren Früchte, zumal auf die Weise der natürliche Populationsschwund gebremst und die Rate an natürlichen Fressfeinden zum Opfer fallenden Jungtieren in Grenzen gehalten wird. Umweltverschmutzungen wie Netze und lange Leinen, in denen sich die Meeresbewohner verfangen und aufgrund Luftmangels unter Wasser ersticken tun ihr Übriges, um den Bestand zu gefährden.

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Bis zu zwei Monaten vergehen, bis die ersten etwa sechs Zentimeter langen Jungtiere schlüpfen, instinktiv suchen sie direkt nach dem Schlüpfen hastig die rettende Wasserzone auf, um den zahlreichen Fressfeinden zu entgehen: Am Strand und im angrenzenden Wasser warten schon Möwen, Raubvögel, Krabben und Raubfische auf Beute. Und selbst nach dem Aufzehren des nährenden Dottersacks fallen viele Tiere einem langsamen Fastentod zum Opfern, wenn nicht schnell genug neue Nahrungsplätze gefunden werden.

Nur die wenigsten Jungtiere überleben die ersten Wochen und Monate – ausgewachsen jedoch haben sie außer dem Menschen und der von ihm verursachten Umweltverschmutzung niemanden zu fürchten, da bei ausgewachsenen Exemplaren der gesamte Körper von einer schwartenartigen Haut ohne Hornplatten oder Schuppen bedeckt ist. Im Gegensatz dazu verfügen junge Lederschildkröten lediglich ein von Hautknochen gebildete, weiche Panzeroberfläche, die Reißzähnen wenig Widerstand bietet.

Neben den sechs weiteren Meeres-Schildkröten-Arten wie etwa der Karettschildkröte oder Grünen Schildkröte (Green Turtle) steht auch die Lederschildkröte auf der Roten Liste und ist vom Aussterben bedroht. Nicht zuletzt haben große Plastik-Müllmengen an den Buchten und Stränden zu ihrer Dezimierung gesorgt. Viele Tiere halten umhertreibende Plastiksäcke und –tüten für Quallen, ihre Hauptnahrungsquelle. Ein ausgewachsenes Exemplar verzehrt bis zu 100 kg Quallen pro Tag. Ein Verschlucken von Plastikabfall führt in den meisten Fällen zum sicheren Tod.

Neben der Lederschildkröte ist auch die Grüne Schildkröte vom Aussterben bedroht. © Richard Carey - Fotolia.com
Neben der Lederschildkröte ist auch die Grüne Schildkröte vom Aussterben bedroht. © Richard Carey - Fotolia.com

Daher hat sich am Mai Khao Beach, dem mit 17 Kilometer längsten Strand auf Phuket an der Nordwest-Seite und einem geschützten Meeresschildkröten-Eiablageplatz eine Stiftung zur Rettung der Spezies gegründet. In der Nachbarschaft zum Sirinath Marine Nationalpark machte im März 2002 der JW Marriott Phuket Resort and Spa im Rahmen einer großen Eröffnungsfeier eine großzügige Spende, um die Mai Khao Marine Turtle Foundation ins Leben zu rufen.

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Um den Lebensraum zu schützen und im angrenzenden Hotelbereich die Schildkröten vor allem während der Fortpflanzungsperiode und Brutsaison im Winter nicht zu stören, dürfen keine weiteren Hotelresorts gebaut werden und keine Liegestühle am Hausstrand Mai Khao Beach aufgestellt werden. Die Resort-Erbauer hatten viele Jahre Überzeugungsarbeit leisten müssen, dass der Hotelbau das ökologische Gleichgewicht der Umgebung nicht beeinträchtigen würde (Quelle: frank-goetze-online.de).

Aufklärungsarbeit und Einsatz für die vom Aussterben bedrohte Lederschildkröte zeigen weltweit auch viele andere Umwelt- und Tierschutzprojekte, die Raub- und Langleinenfischerei ächten und sich beispielsweise für Modifikationen am Fischereigerät einsetzen, um die Menge an vermeidbaren Beifängen zu reduzieren, denen neben der Lederschildkröte auch die Echte und Unechte Karettschildkröte zum Verhängnis wird.

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So setzt sich beispielsweise die Stiftung-Meeresschutz für die Verwendung spezieller Rundhaken ein, die laut eigenen Angaben den Beifang von Meeresschildkröten um 90 Prozent reduzieren, ohne dass dabei weniger Fisch gefangen wird. Ein Setzen beköderter Langleinen in Tiefen ab 100 Metern würde ebenfalls den Beifang von Meeresschildkröten minimieren, da sie meist an Haken oberhalb von 100 Metern Tiefe gehen. Auch sogenannte „TEDs“ (Turtle Excluder Devices) können in der Schleppnetzfischerei durch eine spezielle Vorrichtung verhindern, dass Meeresschildkröten aus Versehen mitgefangen werden.

Ein Foto, das so manchem Naturfreund die Zornesröte auf die Stirn treibt… © Duybox - Fotolia.com
Ein Foto, das so manchem Naturfreund die Zornesröte auf die Stirn treibt… © Duybox - Fotolia.com

Der in Köln ansässige deutsche Ableger der Turtle Foundation hat Schildkrötenjägern und Mitarbeiter der Schildkrötenindustrie den Kampf angesagt. Die Wilderer haben es auf die Eier und das Fleisch abgesehen, beides gilt bei vielen Menschen immer noch als Delikatesse. Auch die Panzer selbst sind beliebt und werden zu Schmuck und anderen Accessoires weiterverarbeitet.

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Die gemeinnützige Organisation zum Schutz der Meeresschildkröten listet auf ihrer Homepage neben natürlichen auch die direkt oder indirekt durch den Menschen verursachten Gefahrenquellen auf:

  • Zerstörung der Nester durch Überschwemmungen bei hohem Wellengang
  • Zerstörung der natürlichen Brutplätze durch Küstenerosion und eines durch den Treibhauseffekt verursachten Anstieg des Meeresspiegels
  • Durch den Menschen eingeführte neuartige Fressfeinde von Eiern und Jungtieren wie Hunde, Katzen und Schweine
  • Jagd nach Eiern und Fischen der Tiere zu kulinarischen Zwecken
  • Verbauung von Nist-Stränden durch Tourismusprojekte und Behinderung der Eiablage durch touristische Infrastruktur an den Nistplätzen
  • Desorientieren und Fehlleiten der nach dem Meer wandernden Jungtiere durch künstliche Lichtquellen (z. B. Häuser, Hotels oder Restaurants)
  • Beifang in der Fischerei: Verheddern in Netzen oder an ausgelegten Köderleinen
  • Tödliche Verletzungen durch Motorboot-Propeller
  • Umweltverschmutzung

Mittlerweile gibt es weltweite zahlreiche Projekte, die sich der Erhaltung und dem Schutz der Wasserschildkröten angenommen haben, unter anderem auf Sri Lanka, Bali, Hawaii, Nicaragua, den Seychellen und den USA. Volunteer-Projekte in verschiedenen Ländern, die sich mit der Rettung von Schildkröten befassen, bieten freiwillige Mitarbeit an, eine Übersicht über die verschiedenen Projekte beschreibt die Möglichkeit einer Mitarbeit, die von Umweltdatenerfassung über Reinigung von Strandabschnitten bis hin zur Suche nach Schildkrötennestern und ihrer GPS-Markierung reicht.
Zu dem nötigen Anforderungsprofil zählen neben einem Interesse an Natur- und Tierschutzprojekten ein gewisses Maß an Eigeninitiative, Verantwortungsbewusstsein und ausreichende Englisch-Kenntnisse.

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Als europäisches Projekt hat sich die spanische Stiftung „Fundación del Mar Menor – Cluster“ hervorgetan, die sich für den Erhalt der Lagunen am Mar Menor einsetzt – das mit einer Fläche von etwa 135 Quadratkilometern größte salzhaltige Binnengewässer Europas in der Provinz Murcia im Südosten Spaniens. Hier hat sich eine besondere Flora und Fauna entwickelt, die der Lederschildkröte als Lebensgrundlage dient, wie globalnature.org über das Projekt informiert.

Auch in Deutschland gibt es einige Vereine, Unternehmen und Organisationen, die sich der Thematik rund um die Reptilien auch in deutschen Gewässern angenommen haben.

So engagiert sich beispielweise AquaDom & SEA LIFE Berlin für die Aufzucht und Wiederansiedlung heimischer vom Aussterben bedrohter Wasserschildkröten in der Region Berlin-Brandenburg.

Alljährlich veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, die DGHT Schildkröten AG eine Jahresversammlung, 2016 stand unter anderem ein Vortrag über Beobachtungen bei der Freilandüberwinterung von europäischen Sumpf - und Wasserschildkröten sowie eine Retrospektive 50 Jahre, ein halbes Jahrhundert Engagement für Schildkröten, von Sternotherus depressus bis Dermochelys coriacea auf dem Rednerprogramm (Quelle: www.dght.de/ag_schildkroeten/Schildkroeten_2016.pdf).

Als Ziel hat sich die Arbeitsgemeinschaft die regelmäßige Nachzucht von Schildkröten in menschlicher Obhut auf Grundlage einer artgerechten Haltung auf ihre Fahnen geschrieben. Darüber hinaus beschäftigt sich die AG intensiv mit Natur- und Artenschutz. Eine Spezialisierung auf einzelne Gruppen oder Arten von Wasserschildkröten ist durch die Mitarbeit in speziellen Arbeitskreisen möglich.

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Gemeinsam mit dem Bananenerzeuger Chiquita setzt sich die Handelskette REWE in ihrem Nachhaltigkeitsprojekt für den Erhalt von Artenvielfalt ein. Während der Aktionswochen 2009, 2010 und 2011 spendete REWE 10 Cent für jedes verkaufte Kilo Chiquita Bananen. Mit dem Gesamterlös von über 400.000 Euro wurden verschiedene Projekte vorangetrieben, so wurden neben Aufforstungsmaßnahmen in Panama auch mit Hilfe von neuen geschützten Brutstätten insgesamt rund 10.000 der vom Aussterben bedrohten Lederschildkröten aufgezogen und in ihren natürlichen Lebensraum zurückgebracht. Ein Teil des Geldes wurde auch in Schulungsmaßnahmen vor Ort investiert, um ein Umweltbewusstsein der einheimischen Bevölkerung zu fördern. Nur ein langfristiges Umdenken kann auch einen Bestand der Erfolge in der Region garantieren.

Auf Grund von Spenden und unter Hilfe zahlreicher ehrenamtlicher Helfer hat ein gemeinnütziger Verein 2014 seine Arbeit in einem stillgelegten Gärtnereibetrieb in München aufgenommen und das größte Schildkrötenrefugium Deutschlands für die Aufnahme von Land- und Wasserschildkröten geschaffen. In der Anlage können die Tiere in naturnah eingerichteten Anlagen ihre natürlichen Bedürfnisse ausleben und von Besucher in einem kleinen Ausstellungsbereich auf Anfrage beobachtet werden. Unter den Wasserbewohnern befinden sich laut Chelonia-Betreiber kleinere europäische Arten wie Schmuckschildkröten, Schnappschildkröten, Geierschildkröten oder auch die vom Aussterben bedrohte Europäische Sumpfschildkröte.

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Der WWF Deutschland setzt sich aktiv in Projekten für den Erhalt des für die Schildkröten überlebenswichtigen Lebensraums ein, so wird beispielsweise mit Hilfe der Ergebnisse von Satelliten-Fernerfassung die Wanderrouten der Tiere im Atlantik analysiert und markiert, um potentielle Gefährdungen auf den Wanderungen bereits im Vorfeld durch verschiedenste Schutzmaßnahmen besser vermeiden zu können. Dabei werden den Meeresbewohnern Sender angelegt, die kurze Radiosignale senden. Sie werden von Satelliten aufgefangen und zurück zu einer Empfangsstation auf der Erde geschickt.

Die Sender werden ihnen kurz nach der Eiablage am Ende der Nistsaison mittels elastischem Gurt-Zeug angelegt. Eine Aufzeichnung der Daten ist so bis zu drei Jahren möglich. Neben der Wanderroute können auch Tauchtiefe, Wassertemperatur und die Schwimmgeschwindigkeit ermittelt werden.

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