Pauline hat keine Chancen

Eine Transsexuelle kämpft als Premierministerkandidatin im Rennen um die Macht

Den bärigen Werbeträger für einen Massageservice konnte Pauline Ngarmpring eher nicht als Wähler gewinnen. „Er war eher skeptisch“, sagt sie nach dem längeren Gespräch. Fotos: Bach
Den bärigen Werbeträger für einen Massageservice konnte Pauline Ngarmpring eher nicht als Wähler gewinnen. „Er war eher skeptisch“, sagt sie nach dem längeren Gespräch. Fotos: Bach

BANGKOK: Umgeben von einem Pulk von Parteifreunden schlendert Pauline Ngarmpring am vorletzten Samstag vor der historischen Parlamentswahl über den Chatuchak-Markt. Etwas unsicher verteilt Pauline Flyer ihrer Mahachon-Partei und ihre Visitenkarte. Zögerlich sucht sich die 54-Jährige die Leute aus, die sie anspricht. „Sawasdee Ka, ich bin Pauline Ngarmpring und eine Kandidatin der Mahachon-Partei für das Amt des Premierministers.“

Partei für LGBT

Dass sie eine transsexuelle Frau ist, erwähnt Pauline nicht. „Die meisten kennen mich sowieso schon aus den Medien“, sagt die als Pinit geborene lachend gegenüber dem FARANG. „Wir treten für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen, für Menschenrechte und Gleichheit der Geschlechter ein.“ Stolz fügt Parteichef Apirat Sirinavin hinzu: „Wir haben zwanzig Gay-Kandidaten.“

Die Mahachon-Partei wird eher keine der stärksten Kräfte im neuen Parlament sein und Pauline ist zudem ‚nur’ die zweite unter den drei PM-Kandidaten der Partei. Das neue Wahlrecht verpflichtet alle Parteien vor der Wahl maximal drei potentielle Anwärter auf den Posten des Regierungschefs zu nominieren. "Ich weiß, dass meine Kandidatur nur einen symbolischen Wert hat“, sagt Pauline. „Aber ich hoffe, wir gewinnen einige Sitze und können die LGBT-Community vertreten.

Natürlich war die Presse nicht weit, als Apirat Sirinavin und Pauline auf dem beliebten Chatuchak Markt wahlkämpften.
Natürlich war die Presse nicht weit, als Apirat Sirinavin und Pauline auf dem beliebten Chatuchak Markt wahlkämpften.

Schwieriges Coming Out

Der Weg in die Politik war der 54-Jährigen nicht vorgezeichnet. Auch nicht ein Leben als transsexuelle Frau. „Ich habe mehr als 40 Jahre gebraucht, um mir einzugestehen, dass ich mich als Frau fühle“, erzählt sie beim Gang unter der heißen Sonne über den gut besuchten Markt. Erst vor drei Jahren war es soweit. Sie ist in die USA für eine Geschlechtsumwandlung gereist, die noch nicht ganz abgeschlossen ist. Zuvor legte sie als Mann eine Karriere als Journalist und Sportpromoter hin und zeugte mit ihrer Ehefrau zwei Kinder. „Meine Familie akzeptiert mich, wie ich bin und unterstützt mich“, sagt sie mit einem strahlenden Lächeln.

Für Frauen ist Thailand nicht das beste Land für eine politische Karriere. Weltweit liegt der Durchschnitt der Frauen im Parlament bei 24 Prozent und damit gut unter der von den Vereinten Nationen gesetzten Messlatte von 30 Prozent. In Asien sind durchschnittlich nur 20 Prozent der Parlamentarier weiblich, während Thailand mit nur fünf Prozent das Schlusslicht bildet.

„Ich kenne beide Seiten“

Die Hürde für eine Karriere jenseits von Schönheitssalons, Prostitution oder Jobs in der Gastronomie liegt für Transsexuelle sehr hoch. Ihrem ersten Leben kann Pauline daher auch Positives abgewinnen. „Ich hatte Glück, weil ich vor meiner Umwandlung bereits eine lange und erfolgreiche Karriere als Mann hatte." Das sei auch für die Politik hilfreich. „Ich kenne beide Seiten.“

Einheimische und Touristen geben sich auf dem Chatuchak Wochenendmarkt ein Stelldichein.
Einheimische und Touristen geben sich auf dem Chatuchak Wochenendmarkt ein Stelldichein.

Viele Experten sagen, der Ausgang der Wahl am 24. März sei ein vorhersehbarer weiterer Showdown zwischen den Parteien der Elite und den Anhängern des ehemaligen, im Exil lebenden Premierministers Thaksin Shinawatra. Trotzdem gibt es unwägbare Faktoren. Rund 14 Prozent der Wähler oder sieben Millionen Thais sind zum ersten Mal wahlberechtigt. Analysten zu Folge könnte die junge Generation für Kandidaten stimmen, die nicht Teil der alten Garde sind.

Für Pauline ist ihre Kandidatur eine Pioniertat, die für Katois die Glasdecke durchbricht. „Vielleicht hat beim nächsten Mal sogar eine transsexuelle Frau eine echte Chance.“

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