Facebook: Nutzer können Beiträge melden

Foto: epa/Sascha Steinbach
Foto: epa/Sascha Steinbach

MENLO PARK: Nutzer von Facebook und der Konzerntochter Instagram können jetzt auch das unabhängige Aufsichtsgremium Oversight Board einschalten, wenn sich die Plattformen weigern, von ihnen gemeldete Beiträge zu löschen. Bisher konnten sie es nur einschalten, um aus ihrer Sicht zu Unrecht gesperrte Inhalte wiederherzustellen. Damit erweitert Facebook die Kompetenzen des unabhängigen Aufsichtsgremiums, das Entscheidungen des Online-Netzwerks zum Umgang mit einzelnen Inhalten und Nutzern umkehren kann.

Das Verfahren werde in den kommenden Wochen für alle Nutzer verfügbar, kündigte das Oversight Board am Dienstag an. Wer beim Online-Netzwerk selbst alle Einspruchsmöglichkeiten ausschöpft, bekommt eine Referenz-Nummer, mit der er sich an das Aufsichtsgremium wenden kann. Beschwerden zu Beiträgen, die gleich von mehreren Nutzern gemeldet wurden, werden in einer Akte gebündelt.

Das Gremium hatte nach der Gründung im vergangenen Jahr in einer ersten Serie von Entscheidungen im Januar die Sperrung von vier Beiträgen durch das Online-Netzwerk rückgängig gemacht. Nur in einem der fünf veröffentlichten Fälle schlossen sich die Experten der Ansicht von Facebooks Inhalte-Prüfern an. In zwei weiteren Beschlüssen wurden in Februar und April eine Facebook-Entscheidung bestätigt und eine rückgängig gemacht. Das Oversight Board nimmt vor allem Fälle an, die von grundsätzlicher Bedeutung sein können.

Entscheidungen des Gremiums sind bindend für das Unternehmen und können auch nicht von Gründer und Chef Mark Zuckerberg überstimmt werden. Facebook geriet zuletzt verstärkt in die Aufmerksamkeit, weil es die dauerhafte Sperrung des Facebook-Accounts des amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump überprüfen soll.


Bitche auf Facebook - französische Gemeinde ist wieder online

PARIS: Kommt Mark Zuckerberg bald zu Besuch nach Bitche? Der Bürgermeister der französischen 5000-Seelengemeinde, Benoît Kieffer, hat den Facebook-Chef jedenfalls eingeladen. Der Grund? Die Facebook-Seite der Stadt «Ville de Bitche» ist vor einigen Wochen gesperrt worden. Erst am Dienstagnachmittag wurde sie wieder freigeschaltet. Die Stadt vermutet: Für den Algorithmus von Facebook klang «Bitche» wohl ein bisschen zu sehr nach dem englischen Schimpfwort «Bitch».

«Wir legten Einspruch ein und versuchten, Facebook über verschiedene Wege zu kontaktieren», teilte die Stadt im Département Moselle nahe der deutschen Grenze in einer Mitteilung mit. Facebook habe schließlich mitgeteilt, dass die Seite gegen die geltenden Nutzungsbedingungen verstoße.

Bitche legte sich schließlich ein neues Facebook-Konto zu - mit dem spröden aber harmlosen Namen «Mairie 57230». Erst am Dienstagnachmittag gab es dann die gute Nachricht: Bitche ist wieder online. Der Chef von Facebook Frankreich habe sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt, so die Stadt. Das englische Wort «Bitch» wird abwertend für Frauen verwendet.


Rassismus gegen Fußballprofis setzt Facebook unter Druck

BERLIN: Rassistische Beschimpfungen gegen Fußball-Profis sind in den sozialen Medien keine Seltenheit mehr. Im Gegenteil, sie häufen sich. Plattformen wie Facebook geraten zunehmend unter Druck.

Marcus Rashford, Sadio Mané, Jude Bellingham, Rabbi Matondo und viele andere wie Handball-Bundestrainer Alfred Gislason haben es bereits erlebt: Rassistische Angriffe in den sozialen Medien. Aufgrund einer Häufung fremdenfeindlicher und rassistischer Äußerungen boykottieren der walisische Zweitligist Swansea City sowie der schottische Fußball-Meister Glasgow Rangers seit Donnerstag für eine Woche alle Social-Media-Plattformen.

Thierry Henry zog sich unlängst sogar komplett aus den sozialen Medien zurück. Der ehemalige Weltklasse-Profi aus Frankreich verwies in einem Interview mit dem britischen Sender BBC auf «das schiere Ausmaß von Rassismus und Schikane». Es sei zu leicht, sich hinter «Fake-Accounts» zu verstecken.

Instagram und Facebook duldeten keinerlei Diskriminierung, sagte eine Sprecherin von Facebook Deutschland der Deutschen Presse-Agentur. «Deshalb bekämpfen wir missbräuchliches Verhalten auf unseren Plattformen und wollen die Menschen, die solche Inhalte teilen, zur Verantwortung ziehen.» Dazu kooperiere der Konzern auch mit Strafverfolgungsbehörden, «wenn ein ordnungsgemäßes Auskunftsersuchen» vorliege. Für viele Betroffene reicht das nicht.

Laut Facebooks aktuellem «Community Standards Enforcement Report» ist zwischen Oktober und Dezember vergangenen Jahres weltweit gegen 6,6 Millionen Inhalte mit Hassrede auf Instagram vorgegangen worden. Rund 95 Prozent der Inhalte seien gefunden worden, noch bevor sie gemeldet wurden. Dies sei ein deutlicher Anstieg, sowohl bei den verbotenen Inhalten als auch bei den entdeckten Fällen, teilte Facebook mit. Im Vergleich: Im ersten Quartal 2020 sei gegen 578.000 Hass-Inhalte auf Instagram vorgegangen worden, von denen nur rund 43 Prozent vor ihrer Meldung gefunden wurden. Instagram gehört seit 2012 zu Facebook.

Thierry Henrys Rückzug aus den sozialen Medien stieß auch auf den Zuspruch des walisischen Nationalspielers Gareth Bale. Dessen Nationalteamkollege Rabbi Matondo ist eines der jüngsten Opfer. Nach Angriffen Ende März warf der 20-jährige Stürmer von Stoke City Instagram vor, «absolut nichts» gegen rassistische Kommentare zu tun. Wenig später löschte Facebook die entsprechenden Instagram-Accounts.

Vor allem in Großbritannien regt sich Widerstand gegen die Zunahme von Hass in den sozialen Medien, wie die Boykotte von Swansea City und den Glasgow Rangers zeigen. Nach rassistischen Attacken auf Dortmund-Profi Jude Bellingham Ende März solidarisierte sich neben dem BVB auch der englische Fußballverband (FA) mit dem erst 17 Jahre alten Nationalspieler. Man sei «angewidert» von den diskriminierenden Schmähungen, twitterte die FA: «Es muss sich etwas ändern.»

Zuletzt forderten führende britische Fußballfunktionäre von Facebook, Instagram und Twitter einen stärkeren Einsatz gegen Rassismus. In einem Schreiben an die Vorstandsvorsitzenden Mark Zuckerberg (Facebook) und Jack Dorsey (Twitter) warfen sie diesen Untätigkeit vor. «Wir haben im Laufe der Jahre viele Treffen mit Ihren Führungskräften gehabt, aber die Realität ist, dass Ihre Plattformen weiterhin Zufluchtsorte für Missbrauch sind», schrieb die Gruppe um Premier-League-Boss Mark Bullingham. «Ihre Untätigkeit hat den Glauben der anonymen Täter geweckt, dass sie unerreichbar sind.»

Nach eigenen Angaben ergreift Facebook seit Kurzem «noch härtere Maßnahmen gegen Personen, die wiederholt missbräuchliche Direktnachrichten senden». Dazu zählten unter anderem neue Privatsphäre- und Sicherheitsfunktionen sowie Kommentarfilter. Dennoch sieht der Konzern die Schuld nicht allein bei sich: «Uns ist außerdem bewusst, dass diese Probleme über unsere Plattformen hinausgehen und wir arbeiten mit der Branche und der Regierung zusammen, um einen gesellschaftlichen Wandel durch Maßnahmen und Aufklärung voranzutreiben», teilte die Facebook-Sprecherin mit.

Auch auf die von Spielern und Betroffenen erhobene Forderung, sich nur mit Klarnamen und Identitätsnachweis registrieren zu können, reagierte das Unternehmen zurückhaltend. Der Vorschlag, Ausweise zu verlangen, berge Risiken: Einerseits würden Millionen Menschen ausgeschlossen, die keinen einfachen Zugang zu offiziellen Ausweisen hätten. Andererseits seien Datenbanken mit Ausweisinformationen Sicherheitsrisiken ausgesetzt sein, heißt es von Facebook.

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