Ukrainekrieg: Neueste Meldungen am Mittwoch

Foto: epa/Fotomontage
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Selenskyj räumt Treffer nach russischen Angriffen ein

KIEW: Russland hat einmal mehr die Ukraine mit Angriffen aus der Luft überzogen. Nicht alle Raketen habe sein Land abwehren können, es gebe Probleme bei der Stromversorgung, räumte Präsident Selenskyj ein.

Die russischen Angriffe auf das ukrainische Stromnetz haben nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj größere Schäden hervorgerufen. «Das war ein kalkulierter kombinierter Schlag gegen unser Energiesystem, gegen unsere Stromerzeugung, die Dämme unserer Wasserkraftwerke und die Gasinfrastruktur», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache. «So markiert der Kreml den Tag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs in Europa - mit einem massierten Angriff und seinen Versuchen, das Leben unseres Volkes zu zerbrechen, mit seinem Nazismus.»

Russland habe fast 60 Raketen und mehr als 20 Drohnen abgefeuert. Einige seien abgewehrt worden, es gebe aber auch Treffer. «Und viel Arbeit für den Katastrophenschutz», sagte Selenskyj. Er bedankte sich bei der Vielzahl der Rettungshelfer, die in verschiedenen Regionen des Landes im Einsatz waren; von Lwiw im Westen bis Saporischschja im Südosten.

Mit den westlichen Partnern wie Dänemark und den Niederlanden habe er gleichzeitig über weitere Hilfen bei der Flugabwehr verhandelt, sagte Selenskyj seinen Landsleuten. Konkrete Ergebnisse nannte der ukrainische Staatschef nicht. Angesichts der Luftüberlegenheit des russischen Militärs und dem andauernden Beschuss von Städten und strategisch wichtigen Objekten sucht Kiew nach Möglichkeiten, die Flugabwehr zu verstärken.


Mehrere Kinder in Charkiw bei russischem Luftangriff verletzt

CHARKIW: Der tägliche Beschuss der Ukraine durch Russland hält an. Nun hat das russische Militär eine Bildungseinrichtung getroffen und mehrere Kinder verletzt.

Bei russischen Luftangriffen auf die ostukrainische Millionenstadt Charkiw sind nach offiziellen Angaben sieben Menschen verletzt worden, darunter vier Minderjährige. Ein achtjähriges Mädchen und drei Jungen im Alter zwischen 13 und 15 Jahren seien ins Krankenhaus eingeliefert worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Oleh Synjehubow, am Mittwoch auf seinem Telegramkanal mit. «Zwei Jungen sind schwer verletzt, ein Junge und das Mädchen mittelschwer», schrieb Synjehubow. Das Geschoss schlug demnach in einer Bildungseinrichtung ein.

Seit Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor mehr als zwei Jahren beschießt das russische Militär praktisch täglich ukrainisches Gebiet. Das grenznahe Charkiw ist eine der am schwersten getroffenen Städte. Immer wieder greift Russland die als mehrheitlich russischsprachig geltende Metropole im Nordosten der Ukraine mit Artillerie, aber auch mit Raketen und Drohnen an. Um Kinder während des Unterrichts besser zu schützen, hat die Stadtverwaltung mehrere Schulen bereits in U-Bahn-Stationen verlegt.


EU will eingefrorenes Russland-Geld für Aufrüstung der Ukraine nutzen

BRÜSSEL: Die EU will milliardenschwere Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank zur Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine nutzen.

Vertreter der Mitgliedstaaten verständigten sich am Mittwoch in Brüssel nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Plan dafür, wie die derzeitige belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.


Weltkriegsgedenken: Tschechiens Präsident sieht «historisches Paradox»

PRAG: Mit einem Gedenkakt hat Tschechien an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa und die Befreiung von der nationalsozialistischen Besatzung vor 79 Jahren erinnert. Präsident Petr Pavel würdigte in seiner Rede am Mittwoch, dass das besiegte Nazi-Deutschland nach einer «tiefen Reflexion» zu einem demokratischen Land geworden sei, das sich für Frieden und Stabilität in Europa einsetze. Er bezeichnete es als ein «historisches Paradox», dass Russland indes mit dem Krieg gegen die Ukraine selbst zu einem Aggressor geworden sei. Moskau habe auf dem europäischen Kontinent einen Krieg entfacht, der in seiner Zerstörungswut dem Zweiten Weltkrieg nicht nachstehe, sagte der Ex-General Pavel.

Pavel forderte, dass man in der Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen dürfe. Tschechien steht hinter einer Initiative, die rund 800.000 Artilleriegranaten in Staaten außerhalb der Europäischen Union für Kiew beschaffen möchte. Die erste Teillieferung könnte nach früheren Angaben bereits im Juni erfolgen. An der Finanzierung will sich Deutschland mit einem dreistelligen Millionenbetrag beteiligen.

Der 8. Mai ist in Tschechien als Tag des Sieges ein gesetzlicher Feiertag, an dem große Geschäfte geschlossen bleiben müssen. An der Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten auf dem Vitkov-Hügel in Prag nahmen neben Pavel auch Regierungschef Petr Fiala und die Präsidenten der beiden Parlamentskammern teil.


London: Russland verbessert Marschflugkörper zum Einsatz gegen Ukraine

LONDON: Russland hat seine luftgestützten Marschflugkörper im Einsatz gegen die Ukraine nach britischer Einschätzung verbessert. Die Durchschlagskraft sei erhöht worden, indem die Ch-101 (Nato-Code AS-23 Kodiak) auch mit einem zweiten Sprengkopf ausgestattet werde, teilte das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Zwar habe diese Modifikation die Reichweite wahrscheinlich um die Hälfte reduziert. Allerdings sei nicht die volle Reichweite nötig, um Ziele in der gesamten Ukraine zu treffen.

«Der zweite Sprengkopf ist für eine erhöhte Splitterwirkung am Ziel ausgelegt», hieß es in London. Dies mache das System wahrscheinlich effektiver.

Russland versuche seit Kriegsbeginn, seine Systeme und Taktiken zu modifizieren. Ziele seien, die Überlebenschancen der Marschflugkörper zu erhöhen, da viele Raketen von ukrainischen Flugabwehrsystemen abgefangen worden seien, sowie eine größere Wirkung zu erzielen. Zudem würden ältere Raketen eingesetzt, da modernere System erschöpft seien.

Die Ukraine verteidigt sich seit Februar 2022 gegen einen Angriff Russlands. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seitdem regelmäßig Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.


Litauen weiter offen für Ausbildungseinsätze von Soldaten in Ukraine

VILNIUS: Litauen steht einem Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine im Rahmen von Ausbildungseinsätzen für ukrainische Soldaten weiterhin offen gegenüber. Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte bekräftigte am Mittwoch, dass die Regierung des baltischen EU- und Nato-Landes bereit sei, Soldaten zu Trainingsmissionen in das von Russland angegriffene Land zu entsenden. Sie habe dazu eine parlamentarische Erlaubnis, Kiew habe danach jedoch noch nicht gefragt, sagte Simonyte der «Financial Times».

Litauen gehört zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine, die sich seit mehr als zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt. Der Baltenstaat hatte sich zuvor bereits aufgeschlossen zu den Gedankenspielen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron über den Einsatz von westlichen Bodentruppen in der Ukraine geäußert. Andere westliche Staaten - darunter Deutschland - weisen den Vorstoß dagegen zurück.

Simonyte räumte ein, dass Russland die Entsendung von Truppen in die Ukraine als Provokation betrachten würde. Zugleich betonte sie: «Wenn wir nur an die russische Reaktion denken würden, könnten wir überhaupt nichts schicken. Jede zweite Woche hört man, dass jemand atomar zerstört werden wird». Trotz einer von Moskau angekündigten Atomwaffen-Übung bezweifelte die litauische Regierungschefin aber, dass Russland die Waffen tatsächlich einsetzen würde.

Simonyte warf Russland weiter vor, seine Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine zu verstärken. Dies ziele darauf ab, die Bevölkerung mürbe zu machen und weitere Flüchtlingsbewegungen aus der Ukraine zu provozieren, sagte sie.


Polens Grenzschutz nimmt russischen Soldaten an Grenze zu Belarus fest

WARSCHAU: Polnische Grenzschützer haben im Grenzgebiet zu Belarus einen desertierten russischen Soldaten festgenommen. Der 41-Jährige habe gemeinsam mit einer Gruppe von Migranten die belarussisch-polnische Grenze unerlaubt überquert und sei auf polnischem Gebiet gefasst worden, teilte eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch mit. Die Grenzer fanden bei ihm Papiere der russischen Armee, aus denen hervorgeht, dass er zuletzt in der Ukraine im Einsatz war. Wie der Radiosender Rmf.fm berichtete, soll der Soldat unbewaffnet gewesen sein und sich in Zivilkleidung unter die Migranten gemischt haben. Er blieb zunächst im Gewahrsam des Grenzschutzes und wurde verhört.

Das Verhältnis zwischen dem EU- und Nato-Land Polen und seinem autoritär regierten Nachbarland Belarus ist seit längerem angespannt. Polen gehört zu den wichtigsten militärischen Unterstützern der von Russland angegriffenen Ukraine. Belarus ist ein enger Verbündeter Moskaus.

Im Sommer 2022 hatte Polen die Grenze zu Belarus mit einem 5,5 Meter hohen Zaun und einem elektronischen Überwachungssystem gesichert. Im Spätsommer und Herbst 2021 war die Situation dort eskaliert: Tausende von Menschen versuchten, illegal in die EU zu gelangen. Die Europäische Union beschuldigt den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, in organisierter Form Migranten aus Krisenregionen an die EU-Außengrenze gebracht zu haben, um Druck auf den Westen auszuüben.

Auch seit dem Bau der Grenzbefestigung versuchen täglich Migranten, die EU-Außengrenze irregulär zu überqueren. Seit Beginn des Jahres hat der polnische Grenzschutz bereits mehr als 10.000 solcher Versuche registriert.

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