Gaza-Konflikt: Aktuelles Geschehen am Mittwoch

Angehörige trauern während der Beerdigung des israelischen IDF-Soldaten Shimon Asulin auf dem Militärfriedhof Mount Herzl in Jerusalem. Foto: EPA-EFE/Abir Sultan
Angehörige trauern während der Beerdigung des israelischen IDF-Soldaten Shimon Asulin auf dem Militärfriedhof Mount Herzl in Jerusalem. Foto: EPA-EFE/Abir Sultan

EU ruft Israel und Iran zu gegenseitigem Angriffsverzicht auf

BRÜSSEL: Die EU ruft Israel und den Iran zu einem Verzicht auf weitere gegenseitige Angriffe auf.

Man fordere alle Parteien nachdrücklich auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Spannungen in der Region verstärken könnten, heißt es in einer in der Nacht zum Donnerstag beim EU-Gipfel in Brüssel veröffentlichten Erklärung der Staats- und Regierungschefs.


Katar will Rolle als Vermittler bei Gaza-Verhandlungen überdenken

DOHA: Das Golfemirat Katar will seine Rolle als Vermittler zwischen der israelischen Regierung und der islamistischen Hamas überdenken. Katars Rolle sei in gewissem Maße für politische Zwecke missbraucht worden, sagte Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Doha. Wen und was er dabei konkret meinte, führte er nicht aus. «Dies hat Katar dazu veranlasst, seine Rolle völlig neu zu bewerten und wir befinden uns derzeit in dieser Phase», sagte der Ministerpräsident, der auch Außenminister des Golfstaats ist, weiter. «Wir bekennen uns zu unserer Rolle aus einem humanitären Kontext heraus, aber dieser Rolle sind Grenzen gesetzt.»

Israel und die Hamas verhandeln indirekt seit Monaten über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die bei dem Überfall islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Katar, die USA und Ägypten treten dabei als Vermittler auf. Ein Durchbruch bei den Verhandlungen ist derzeit nicht absehbar.


Selenskyj wirbt bei Gipfel für Himmel so gut geschützt wie über Israel

BRÜSSEL/KIEW: Russische Luftangriffe haben die Stromproduktion der Ukraine schwerbeschädigt. Präsident Selenskyj verlangt deshalb mehr Flugabwehr. Er schließt Angriffe auf ukrainische Atomanlagen nicht aus.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vom EU-Gipfel dringend einen verbesserten Schutz seines Landes vor russischen Luftangriffen gefordert. In seiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs verwies Selenskyj auf die erfolgreiche Abwehr des iranischen Raketen- und Drohnenangriffs auf Israel. «Leider haben wir in der Ukraine, in unserem Teil Europas nicht das Niveau an Verteidigung, dass wir vor einigen Tagen im Nahen Osten gesehen haben», sagte er am Mittwoch. «Unser ukrainischer Himmel und der Himmel über unseren Nachbarn verdient die gleiche Sicherheit.» Selenskyj war dem Gipfel in Brüssel per Video zugeschaltet.

Die Ukraine brauche mehr Flugabwehrwaffen, sagte er und nannte als eine Begründung den russischen Raketenangriff auf die Stadt Tschernihiw vom Mittwoch mit 17 Toten. Sein Land habe unter den Luftangriffen aber auch fast alle seine Wärmekraftwerke verloren. Russland ziele auf Wasserkraftwerke und die Gasversorgung. Mit dem besetzten Atomkraftwerk Saporischschja betreibe Moskau nukleare Erpressung. Selenskyj schloss nicht aus, dass auch die Infrastruktur anderer ukrainischer Kernkraftwerke zum Ziel werden könnte.

«Das kann nur mit Flugabwehr gestoppt werden, durch bestimmte Systeme wie Patriot, Iris-T, Samp-T, Nasams», sagte der ukrainische Präsident. Er dankte Deutschland für die Bereitschaft, ein drittes Patriot-System abzugeben. Über Flugabwehr hinaus brauche die Ukraine Artilleriemunition, Fahrzeuge und Drohnen. Das Land wehrt seit gut zwei Jahren eine russische Invasion ab. Westliche Staaten helfen mit Waffenlieferungen. Doch sie reichen derzeit nicht aus, um die Ukraine militärisch aus der Defensive zu holen.


Anti-Israel-Protest bei Kunstbiennale in Venedig

VENEDIG: Bei der Kunstbiennale in Venedig hat am Mittwoch vor dem geschlossenen Israelischen Pavillon eine Gruppe von Menschen gegen Israel demonstriert. Die Gruppe zog danach auch weiter zu dem Pavillon der USA und dem Deutschen Pavillon. Die Aktivisten riefen zu einem Boykott israelischer Kunst in Venedig auf. Redner bezeichneten Israel als «Terrorstaat sowie «totalitären Staat» und übten auch harsche Kritik an Deutschland. An dem Protest waren auch Vertreter der sogenannten Art Not Genocide Alliance (ANGA) beteiligt. Sie verteilten Flyer.

Angesichts des Gaza-Kriegs steht Israel zunehmend international wegen seines Vorgehens in dem Gazastreifen in der Kritik. Israel reagierte nach dem beispiellosen Massaker der islamistischen Hamas mit mehr als 1200 Toten und verschleppten Geiseln mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Bereits Ende Februar wurden von ANGA Rufe nach einem Ausschluss Israels von der Kunstbiennale in der norditalienischen Lagunenstadt laut. Israels ausstellende Künstlerin, Ruth Patir, und die Kuratorinnen entschieden am Dienstag, den Pavillon nicht wie geplant zu öffnen. Sie würden die Ausstellung eröffnen, wenn eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg und die Freilassung der festgehaltenen Geiseln erreicht sei.


Erstmals Gaza-Hilfsgüter über Hafen von Aschdod abgewickelt

GAZA: Erstmals seit der Öffnung des Hafens von Aschdod in Südisrael für Hilfslieferungen in den Gazastreifen sind Hilfsgüter für das Küstengebiet über den Hafen abgewickelt worden. Acht Transporter mit Mehl seien dort kontrolliert und dann in den Gazastreifen gebracht worden, teilten Israels Armee sowie die für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige israelische Cogat-Behörde am Mittwochabend mit. Die Lkw des Welternährungsprogramms (WFP) seien allerdings über den Grenzübergang Kerem Schalom im Süden in das Küstengebiet gefahren - nicht über Erez im Norden des Gazastreifens, dessen Öffnung Israel ebenfalls jüngst angekündigt hat. Kerem Schalom wird schon länger für Hilfslieferungen genutzt.

Der Schritt sei «Teil der neuen Phase der humanitären Kampagne Israels», sagte ein Sprecher der Cogat-Behörde am Mittwoch in einer Videobotschaft. Die Abwicklung der Hilfsgüter über den Hafen von Aschdod bedeute eine zusätzliche Route für die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen. Zudem sei damit ein weiterer Kontrollpunkt für die Hilfen geschaffen worden. Israel inspiziert aus Angst vor Waffenschmuggel alle Hilfstransporte, ehe sie in das palästinensische Küstengebiet einfahren dürfen.

Die USA hatten angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen jüngst ihren Verbündeten Israel zur raschen Ausweitung der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung aufgefordert. Das israelische Kriegskabinett beschloss daraufhin Anfang April, den Grenzübergang Erez sowie vorübergehend den Hafen von Aschdod für Hilfslieferungen zu öffnen.

Der Grenzübergang Erez würde eine einfachere Versorgung der besonders von Lebensmittelmangel betroffenen Zivilbevölkerung im Norden ermöglichen. Dieser neue Zugang soll israelischen Angaben zufolge den Druck auf den bestehenden Übergang Kerem Schalom verringern. Es gab am Mittwoch keine Angaben dazu, wann Erez für Hilfslieferungen geöffnet werden könnte.


G7-Außenminister beginnen Treffen auf Capri

CAPRI: Auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri sind am Mittwoch die Außenminister der Siebenergruppe großer Industrienationen (G7) zu ihrem Frühjahrstreffen zusammengekommen. Im Mittelpunkt der Beratungen bis Freitag stehen der Konflikt im Nahen Osten, wo nach dem iranischen Angriff auf Israel eine Ausweitung befürchtet wird, sowie der schon mehr als zwei Jahre dauernde Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) reiste wegen eines weiteren Israel-Besuchs mit Verspätung an. Bei der Begrüßung durch den Gastgeber, Italiens Außenminister Antonio Tajani, ließ sie sich vertreten. Thema des Treffens ist auch eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran.

Italien hat in der Siebenergruppe in diesem Jahr den Vorsitz. Mit dabei sind neben Deutschland auch die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich und Japan sowie die EU. An diesem Donnerstag werden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Capri erwartet.

Zum Schutz der Ministerinnen und Minister sind auf Capri mehr als 1300 Polizisten und sonstige Sicherheitskräfte im Einsatz, die meisten davon vom italienischen Festland. Die Insel im Golf von Neapel zählt weniger als 15.000 Einwohner. Zur Hauptsaison kommen aber Tag für Tag ähnlich viel oder noch mehr Touristen.


Iran: Konfiszierung von Containerschiff war Vergeltungsmaßnahme

TEHERAN: Mehrere Tage nach der Beschlagnahmung eines Containerschiffs mit Verbindungen zu Israel hat der Iran die Aktion entgegen früherer Äußerungen als «Vergeltungsmaßnahme» bezeichnet. Es habe sich um eine Vergeltungsaktion gegen das Vorgehen der USA und Israels gehandelt, sagte der iranische Vizepräsident Mohammed Deghan am Mittwoch der iranischen Nachrichtenagentur Irna zufolge, ohne Details zu nennen. Zuvor hatte das iranische Außenministerium die Konfiszierung mit angeblichen Verstößen gegen Schifffahrtsvorschriften begründet.

Wenige Stunden vor seinem Großangriff auf Israel hatte die Marine der iranischen Revolutionsgarden am Samstag ein Frachtschiff im Golf von Oman mit Verbindungen zu Israel beschlagnahmt und in iranische Gewässer umgeleitet. Die «MSC Aries» befand sich auf der Fahrt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Indien. Laut dem Schiffsortungsdienst «Marinetraffic» liegt der Frachter nun in iranischen Gewässern vor der Insel Gheschm.

Die Straße von Hormus, eine etwa 55 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Iran und Oman, gilt als eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den weltweiten Ölexport. Die USA werfen der iranischen Marine regelmäßig vor, den zivilen Schiffsverkehr in der Straße von Hormus und im angrenzenden Golf von Oman zu behindern.


Türkischer Außenminister trifft Hamas-Auslandschef in Katar

ISTANBUL: Der türkische Außenminister Hakan Fidan hat bei einem Besuch in Katar auch den Auslandschef der islamistischen Hamas, Ismail Hanija, getroffen. Dabei sei es unter anderem um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln gegangen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch unter Berufung auf Diplomatenkreise. Medienberichten zufolge will der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Hamas-Auslandschef am Wochenende auch in der Türkei empfangen.

Erdogan attackierte am Mittwoch zudem einmal mehr die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Diese sei für den Tod von Tausenden Kindern verantwortlich und habe «Hitler schon längst übertroffen». Erdogan hatte Netanjahu schon in der Vergangenheit wiederholt mit Adolf Hitler verglichen und dem israelischen Regierungschef vorgeworfen, ein «Massaker» im Gazastreifen zu begehen. Israel hatte die Äußerungen Erdogans wiederholt entschieden zurückgewiesen.

Wann genau das Treffen zwischen Erdogan und Hanija stattfinden soll, war zunächst nicht bekannt. Die Türkei hatte sich zuletzt trotz Erdogans Verbalattacken verstärkt darum bemüht, eine vermittelnde Rolle im Gaza-Krieg einzunehmen. So hatte der türkische Außenminister Fidan bereits am Sonntag mit Hanija telefoniert und unter anderem über das Thema Geiseln gesprochen. Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln werden aber vor allem von den USA, Katar und Ägypten geführt, die als Vermittler zwischen Israel und der Hamas auftreten.

Bei dem Hamas-Massaker am 7. Oktober waren rund 250 Menschen in den Gazastreifen verschleppt worden. Ein Teil davon wurde etwa nach Verhandlungen freigelassen. Israel war bisher davon ausgegangen, dass von den noch rund 130 verbliebenen knapp 100 Geiseln am Leben sind. Nun wird aber befürchtet, dass deutlich mehr tot sein könnten. Erdogan hatte das Massaker am 7. Oktober zwar verurteilt, die dafür verantwortliche Hamas aber später wiederholt als Befreiungsorganisation bezeichnet.


Not in Gaza: Vereinte Nationen bitten um Milliarden für Hilfseinsätze

GENF: Das UN-Nothilfebüro OCHA braucht für die Versorgung der Not leidenden Bevölkerung des Gazastreifens und im von Israel besetzten Westjordanland in diesem Jahr nach eigenen Angaben Milliarden. Die Vereinten Nationen bitten Geberländer, bis Jahresende für 3,3 Millionen Menschen zusätzlich 2,8 Milliarden US-Dollar (rund 2,6 Milliarden Euro) zur Verfügung zu stellen, teilte OCHA am Mittwoch in Genf mit.

Der Großteil, rund 2,5 Milliarden Dollar, sei für die Palästinenser im abgeriegelten Gazastreifen vorgesehen. Der Gesamtbedarf sei eigentlich noch höher, rund vier Milliarden Dollar, aber die Experten schätzten, dass in den kommenden Monaten unter den schwierigen Bedingungen nicht alle nötigen Programme umgesetzt werden könnten. In Teilen des Gazastreifens, vor allem im Norden, droht Experten zufolge eine Hungersnot.

Der Gaza-Krieg begann vor gut einem halben Jahr nach dem verheerenden Angriff von Terroristen der islamistischen Hamas und anderer Extremisten im israelischen Grenzgebiet.


Netanjahu: Wir treffen unsere Entscheidungen selbst

JERUSALEM: Im Anschluss an Krisengespräche mit Deutschland und Großbritannien nach dem iranischen Angriff hat Regierungschef Benjamin Netanjahu auf Israels Unabhängigkeit gepocht. «Ich danke unseren Freunden für ihre Unterstützung bei der Verteidigung Israels, in Worten und in Taten», sagte Netanjahu am Mittwoch nach Treffen mit Außenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Außenminister David Cameron. «Sie haben auch alle möglichen Vorschläge und Ratschläge», sagte Netanjahu zu Beginn einer anschließenden Kabinettssitzung. «Ich schätze das, aber ich möchte klarstellen, dass wir unsere Entscheidungen selbst treffen werden. Der Staat Israel wird alles Notwendige tun, um sich selbst zu verteidigen.»

Der Iran hatte am Wochenende Raketen, Marschflugkörper und Drohnen gegen Israel eingesetzt. Anlass war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem zu Beginn des Monats unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden.

Israel will nach eigenen Angaben militärisch auf den ersten Direktangriff des Irans reagieren. Israels Verbündete haben sich für eine maßvolle Reaktion ausgesprochen. Irans Präsident Ebrahim Raisi warnte am Mittwoch erneut vor einer «verheerenden» Antwort seines Landes, sollte Israel auch nur die geringste «Aggression» gegen den Iran ausüben. International gibt es für den Fall eines harten israelischen Gegenschlags die Sorge vor einer weiteren Ausweitung des Konflikts.


Israels Armee zieht Truppen aus Beit Hanun ab

TEL AVIV/GAZA: Die israelische Armee hat sich nach Angaben von Einwohnern aus der Ortschaft Beit Hanun im Nordosten des Gazastreifens zurückgezogen. Ein Armeesprecher sagte am Mittwoch, man prüfe die Berichte. Israelische Militäreinsätze in dem Gebiet hätten schwere Zerstörungen hinterlassen, berichteten Augenzeugen. Dutzende Männer seien dort festgenommen und in israelische Gefängnisse zum Verhör gebracht worden.

Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober hat die israelische Armee nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Medienbüros insgesamt mehr als 5000 Palästinenser aus dem Gazastreifen festgenommen. Ein israelischer Armeesprecher sagte auf Anfrage, man prüfe die Zahlen.

Nach Angaben der ebenfalls von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als sechs Monaten 33.899 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 76.600 weitere verletzt worden. Die Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen ist Israel international stark in die Kritik geraten. Aus dem Süden des Gazastreifens hatte Israel seine Truppen zuletzt weitgehend abgezogen.


Hamas spricht von «Krise» in Verhandlungen über Waffenruhe und Geiseln

GAZA/TEL AVIV: Die Verhandlungen über eine neue Waffenruhe in Gaza und die Freilassung weiterer Geiseln stecken nach Darstellung der islamistischen Hamas in einer «Krise». Das sagte ein ranghohes Hamas-Mitglied dem Nachrichtensender Al-Dschasira am Mittwoch. Die USA, die zusammen mit Katar und Ägypten zwischen Israel und der Hamas vermitteln, würden «Partei für Israel ergreifen» und zuvor gemachte Angebote zurückziehen, hieß es. Die USA hätten einen Vorschlag gemacht, der die israelische Position komplett übernehme. Israel habe zuvor einen Vorschlag der Hamas abgelehnt.

Die israelische Zeitung «Haaretz» hatte zuletzt berichtet, dass die Hamas eine Freilassung von Geiseln aus Gaza im Gegenzug für palästinensische Häftlinge erst nach Ablauf einer 42-tägigen Feuerpause vorgeschlagen habe. Die Hamas hatte zuvor einen Vorschlag der USA abgelehnt, der die Freilassung von 40 Geiseln gegen 900 palästinensische Häftlinge während einer sechswöchigen Waffenruhe vorsah.

Bei dem Hamas-Massaker Anfang Oktober waren rund 250 Menschen in das Küstengebiet verschleppt worden. Ein Teil davon wurde etwa nach Verhandlungen freigelassen. Israel war bisher davon ausgegangen, dass von den noch rund 130 verbliebenen knapp 100 Geiseln am Leben sind. Nun wird aber befürchtet, dass deutlich mehr tot sein könnten. Israel möchte sich die Möglichkeit offenhalten, die Kämpfe in Gaza nach einer Feuerpause fortzusetzen.

Am Dienstagabend hielt sich eine hochrangige israelische Delegation für etwa zwei Stunden zu Gesprächen in Kairo auf, wie es aus Kreisen des Flughafens hieß. Über Fortschritte oder neue Vorschläge nach diesen Gesprächen wurde nichts bekannt.


Cameron: Israels Reaktion auf Iran darf nicht zu Eskalation führen

LONDON: Der britische Außenminister David Cameron hat sich bei einem Besuch in Israel am Mittwoch für eine maßvolle Reaktion des Landes auf den iranischen Angriff ausgesprochen. Es sei klar, dass die Israelis die Entscheidung über ihr Vorgehen träfen, sagte der konservative Politiker zu Reportern. Er fügte hinzu: «Wir hoffen, dass sie es auf eine Weise tun, die so wenig wie möglich zu einer Eskalation führt.» Israel müsse sowohl klug als auch hart vorgehen.

Wichtiger sei es aber, sich darauf zu konzentrieren, dass die Geiseln der Hamas befreit würden, Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangten und eine Feuerpause in dem Konflikt erreicht werde, sagte Cameron. Dafür wolle er sich bei Gesprächen mit der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde einsetzen. Neben Cameron war am Mittwoch auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Israel.

Der Iran hatte Israel in der Nacht zu Sonntag mit Drohnen und Raketen angegriffen, die aber fast vollständig abgefangen wurden. Unterstützt wurde Israel bei der Abwehr des Angriffs unter anderem von Großbritannien. Dennoch schürte der Angriff Ängste vor einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten. Irans Angriff war eine Reaktion auf einen mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus.


Irans Präsident: Antwort auf israelischen Gegenangriff wäre verheerend

TEHERAN: Irans Präsident Ebrahim Raisi hat seine Warnung an Israel vor einem Gegenschlag erneuert. Bei einer Militärparade in Teheran sagte Raisi am Mittwoch mit Blick auf den iranischen Großangriff vom Wochenende: «Der erste Angriff war bewusst limitiert und als Strafmaßnahme gedacht, sonst wäre vom zionistischen Regime nichts übrig geblieben.» Falls Israel auch nur die geringste «Aggression» gegen den Iran ausüben sollte, wäre die iranische Antwort «verheerend» und die Israelis würden es bitter bereuen, sagte der Präsident laut Nachrichtenagentur Tasnim.

Seit der Iran mit Verbündeten am Wochenende Israel mit Hunderten Drohnen und Raketen angegriffen hat, hat die Führung in Teheran ihren Erzfeind bereits mehrfach vor einer militärischen Antwort gewarnt. Auslöser des Angriffs war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus gewesen, bei dem zu Beginn des Monats unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden. International gibt es für den Fall eines harten israelischen Gegenschlags die Sorge vor einer weiteren Ausweitung des Konflikts.


500 Geschosse bei Großangriff Irans und seiner Verbündeten

TEL AVIV: Bei dem Großangriff auf Israel am Wochenende haben der Iran und seine Verbündeten nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant mehr als 500 Geschosse abgefeuert. Diese Zahl bestätigte eine Sprecherin Galants am Mittwoch. Die Armee hatte zuvor von mehr als 300 Geschossen allein aus dem Iran gesprochen. An der Attacke waren jedoch nach Medienberichten auch mit Teheran verbündete Milizen im Libanon, in Syrien, im Jemen und im Irak beteiligt.

Der Iran hatte am Wochenende Raketen, Marschflugkörper und Drohnen gegen Israel eingesetzt. Anlass war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem zu Beginn des Monats unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden.

Israel will nach eigenen Angaben militärisch auf den ersten Direktangriff des Irans reagieren. Das israelische Fernsehen berichtete am Mittwoch, es gebe eine ganze Reihe möglicher Ziele eines solchen Gegenschlags. Dazu zählten etwa die iranischen Ölfelder und Militärstützpunkte, aber möglicherweise auch die Atomanlagen des Landes. Auch Angriffe zur See oder auf Einrichtungen der Iranischen Revolutionsgarden in Syrien seien denkbar.

Irans Präsident Ebrahim Raisi hat Israel vor einem militärischen Gegenangriff gewarnt. «Die kleinste Aktion (Israels) gegen die nationalen Interessen des Irans wird umfangreiche und schmerzhafte Konsequenzen haben», sagte er in einem Telefonat mit Katars Emir Hamad Al Thani laut Angaben seines Präsidialamts vom Dienstag. Experten stufen die Kriegsgefahr gegenwärtig als hoch ein.

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