Biden zu Gast auf der Grünen Insel

​Ein ziemlich irischer Präsident

US-Präsident Joe Biden (2-R) mit dem Tanaiste Micheal Martin (3-R) bei einem Besuch im The Food House in Dundalk, Irland. Foto: EPA-EFE/Julien Behal
US-Präsident Joe Biden (2-R) mit dem Tanaiste Micheal Martin (3-R) bei einem Besuch im The Food House in Dundalk, Irland. Foto: EPA-EFE/Julien Behal

DUBLIN/DUNDALK: Irland ist die Heimat seines Herzens. Daraus macht der US-Präsident keinen Hehl. Beim Besuch auf der Grünen Insel nimmt sich Biden viel Zeit für persönliche Begegnungen und fühlt sich daheim. Manche Briten fühlen sich dabei etwas vernachlässigt.

US-Präsident Joe Biden hat in einer Ansprache vor dem irischen Parlament in Dublin die enge Verbindung zwischen Irland und den USA hervorgehoben. «Ich bin zuhause. Ich bin zuhause», sagte der 80-Jährige bei der Rede am Donnerstag vor beiden Kammern des als Oireachtas bezeichneten Parlaments.

Biden, der gerne auf seine irische Herkunft verweist, war zuvor mit minutenlangem Applaus von Parlamentariern im Leinster House begrüßt worden. Er würdigte den Beitrag irischer Einwanderer in die Vereinigten Staaten. «Die USA wurden von Irland geformt», so der 80-Jährige. Etwa jeder zehnte US-Bürger hat teilweise irische Vorfahren. Biden erinnerte jedoch auch daran, dass Iren in Amerika oft diskriminiert wurden.

Der US-Präsident lobte auch die aktuelle Rolle Irlands, das als Mitglied der Europäischen Union eine wichtige Rolle spiele bei der Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg und bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Land.

Im Hinblick auf den Friedensprozess in der britischen Provinz Nordirland rief Biden London auf, enger mit Dublin zusammenzuarbeiten. «Politische Gewalt sollte auf dieser Insel nie wieder Fuß fassen», so der US-Präsident. Erst am Mittwoch hatte Biden anlässlich des 25. Jahrestags des Karfreitagsabkommens die nordirische Hauptstadt Belfast besucht und dort für eine Fortsetzung des Friedensprozesses geworben.

Von dort war er in die Republik Irland weitergereist, wo er Dundalk besuchte, eine Stadt aus der Vorfahren vom ihm stammen. Biden besuchte die Innenstadt, schüttelte Hände, machte Selfies mit Einwohnern und sprach in einem Pub. Einen großen Teil der Reise wendet er auf für persönliche Begegnungen und Spurensuche zu seiner Familiengeschichte. Begleitet wird er dabei von seinem Sohn Hunter und seiner Schwester Valerie. Dass sich der US-Präsident für Irland derart viel Zeit nimmt, nicht aber für Großbritannien, stößt bei manchen Briten auf Unverständnis.

Er verstehe zwar schon, warum seine Vorfahren das Land verlassen hätten inmitten der damaligen Hungersnot, sagte der Demokrat an einem improvisierten Pult im Pub. «Aber wenn man hier ist, fragt man sich, warum jemand überhaupt jemals weggehen wollen würde.» Biden schwärmte: «Es ist gut, wieder hier zu sein.»

In der britischen Presse sorgte der starke Fokus des US-Präsidenten auf Irland für Irritationen. Nachdem eine Regierungsvertreterin Biden schon zu Beginn seiner Reise gegen Vorwürfe verteidigen musste, er sei «anti-britisch», sprang ihm am Donnerstag auch der irische Regierungschef Varadkar bei. Es sei gar nicht sein Eindruck, dass Biden Vorbehalte gegen Großbritannien habe, so der irische Premier.

Britische Boulevardmedien stürzten sich am Donnerstag zudem auf einen Versprecher des US-Präsidenten, bei dem er die Rugby-Nationalmannschaft Neuseelands «All Blacks» mit einer paramilitärischen britischen Einheit im irischen Unabhängigkeitskrieg - den «Black and Tans» - verwechselt hatte. Auch das wurde ihm als Parteilichkeit ausgelegt.

Ein Journalist der «Daily Mail» klagte, Biden habe nur 15 Stunden im Vereinigten Königreich verbracht und «die Hälfte davon hat er geschlafen». Großbritanniens Premier Rishi Sunak, den Biden am Mittwoch nur kurz auf einen Tee in Belfast getroffen hatte, sah sich genötigt, die enge Beziehung zwischen seinem Land und den USA zu betonen.

Für Biden ist der gefühlige Trip auch eine Abwechslung von allerlei nationalen und internationalen Problemen - allen voran die aktuelle Affäre um ein massives Datenleck mit US-Geheimdokumenten. Fragen dazu konnte der US-Präsident auf seinem Auslandstrip zwar nicht ganz aus dem Weg gehen. Doch nach einer knappen Antwort zu der Affäre am Donnerstag schwenkte er schnell wieder um zu familiären Anekdoten.

Am Freitag plant er noch einen Besuch ins County Mayo im Nordwesten Irlands, von wo ebenfalls Vorfahren von ihm stammen. Biden warnte schon in Dundalk vor, es werde nicht sein letzter Besuch sein. «Die schlechte Nachricht für Sie ist: Wir werden wiederkommen. Es wird nicht möglich sein, uns fernzuhalten.»

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