Zwischen Elefanten-Shows und -Schutz

Khun Lek kümmert sich in Chiang Mai um traumatisierte Dickhäuter

Khun „Lek“ gilt als Vorreiterin im Elefantenschutz in Thailand und ist als „Elefantenflüsterin“ bekannt. Foto: epa/Str
Khun „Lek“ gilt als Vorreiterin im Elefantenschutz in Thailand und ist als „Elefantenflüsterin“ bekannt. Foto: epa/Str

CHIANG MAI: Viele Elefanten in Thailand werden zur Bespaßung der Touristen eingesetzt. Sie tragen schwere Ketten an den Füßen, werden geschlagen, erleiden furchtbare Qualen. Aber es gibt auch neue, tierfreundliche Ansätze. Eine Rolle spielt auch ein YouTube-Kanal.

Thailand hat eine ebenso lange wie traurige Tradition im Umgang mit seinen Elefanten. Um die Giganten gefügig zu machen, werden sie in Ketten gelegt und mit Stockhieben malträtiert, damit später Touris­ten auf ihnen reiten können. In Urlaubshochburgen wie Koh Samui und Phuket gelten Dschungeltouren auf dem Rücken der Dickhäuter als Attraktion. Auch in Shows treten sie auf, müssen tanzen und Purzelbäume schlagen. Dabei werden Elefanten eigentlich im alten Siam wegen ihrer Stärke und Intelligenz verehrt, sind sogar das Nationalsymbol. Mit der Kritik an der Quälerei wachsen aber auch die Initiativen, die den geschundenen Rüsseltieren helfen wollen.

Sangduen „Lek“ Chailert kümmert sich im „Elephant Nature Park“ nahe Chiang Mai im hohen Norden des Landes um kranke und traumatisierte Tiere. Das von ihr gegründete Projekt wurde wegen seiner sanften Methoden bereits mehrfach ausgezeichnet. Das Gebiet erstreckt sich über 60 Hektar Land und beherbergt mehr als 100 Elefanten. Hier können Touristen und freiwillige Helfer aus aller Welt lernen, wie Dickhäuter artgerecht behandelt werden sollten. „Der Schlüssel ist es, herauszufinden, wer ein Anführer und wer ein Mitläufer ist“, erzählt die Tierschützerin, die auch als „Elefantenflüsterin“ bekannt ist.

Der Park ist eine Auffangstation für Elefanten mit schlimmer Vergangenheit. „Die meisten Tiere, die wir retten, werden von Menschen freigelassen, die keine Verwendung mehr für sie haben“, sagt Sangduen. 80 Prozent der Neuankömmlinge seien in schlechtem Zustand, litten unter seelischen Traumen und Unterernährung. Viele seien zudem extrem aggressiv.

Leben in der Herde als Therapie

Für die Rehabilitation ist es laut der Expertin wichtig, dass die Elefanten interagieren. „Egal wie erfahren wir sind – Menschen können ihre Sprache nicht so verstehen, wie sie es untereinander tun.“ Da Elefanten Herdentiere seien, könnten sich ihre psychologischen Probleme bessern, wenn sie in einer Gemeinschaft lebten. Viele der Tiere haben das noch nie erlebt, da sie schon als Babys von ihren Müttern getrennt und mit brutalen Methoden gezähmt wurden.

Auch Khun Wattanyu kämpft gegen alte Methoden an. Foto: Elephantbuanan
Auch Khun Wattanyu kämpft gegen alte Methoden an. Foto: Elephantbuanan

Sangduen reist auch durch die Region, um die Mahouts (Elefantenführer) im richtigen Umgang mit ihren Tieren zu unterweisen, sie gibt Tipps zur Ernährung und verteilt Medikamente. „Obwohl die Mahouts seit Jahren mit ihren Elefanten zusammenleben, brauchen sie immer noch grundlegende Ratschläge zur Pflege ihrer Tiere“, heißt es auf der Webseite (www.elephantnaturepark.org) des Parks.

Mit YouTube gegen alte Methoden

Aber auch bei manchen Mahouts bricht sich langsam ein Umdenken Bahn. Wattanyu Muanrat aus der nordöstlichen Provinz Surin zeigt das Leben der Dorfbewohner mit ihren Elefanten mittlerweile täglich live auf seinem YouTube-Kanal (www.youtube.com/c/ElephantThailand). Zu sehen ist der ganz normale Alltag von Mensch und Tier. Elefanten, die im Fluss schwimmen. Elefantenbabys, die sich im Dreck suhlen. Wattanyu bei Spaziergängen mit seinen Elefanten. Fast 900.000 Follower hat er schon und gilt bereits als Internet-Star. Sein besonders beliebter Elefant Buaban hat mittlerweile sogar eine eigene Facebook-Seite (www.facebook.com/BUABANELEPHANT).

Wattanyu sagt, er könne kaum hinschauen, wenn er sehe, wie manche Menschen ihren Elefanten schwere Ketten anlegten und sie zur Abrichtung brutal schlügen. „Das sind alte Methoden und ein Problem, an dem wir arbeiten müssen“, meint der 28-Jährige. Aber er gibt zu, dass auch er sporadisch noch den so genannten Elefantenhaken benutzt, um die Tiere zu disziplinieren. Das ist ein Stock mit einem spitzen Metallhaken, mit dem Dickhäuter in ihre empfindlichsten Stellen gestochen und geschlagen werden.

Elefantenhaken dient zum Schutz

„Die Haken werden benutzt, um sicherzustellen, dass die Tiere keine Menschen verletzen“, erzählt er. „Wenn ein Elefant jemanden tötet, dann ist nicht er dafür verantwortlich, sondern sein Besitzer. Deshalb müssen wir vorsichtig sein.“ In seinem Dorf besitzt fast jeder einen Elefanten, für Touren und Shows für Urlauber – zumindest bis zur Corona-Pandemie, denn seither liegt der internationale Tourismus brach.

Aber Wattanyu träumt davon, seinen Elefanten in Zukunft ein glücklicheres, freieres Leben zu ermöglichen, sagt er – so wie im „Elephant Nature Park“. Doch bisher fehlten ihm die Mittel, um sich ein größeres Stück Land zu kaufen. „Der Park macht tolle Arbeit mit den Elefanten, aber dafür ist eine Menge Platz nötig.“ Derweil wird er selbst häufig von anderen Mahouts wegen seines relativ sanften Umgangs mit seinen Dickhäutern kritisiert. „Sie sagen, ich sei nachlässig bei der Aufzucht der Elefanten. Aber dann sage ich ihnen, dass dies die moderne Art ist, mit den Tieren umzugehen – und dass Elefanten nicht immer in Gefangenschaft gehalten werden müssen.“

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