«Quicksand»

Die Folgen eines Amoklaufs

Hanna Ardehn als Maja (r) in einer Szene der Serie «Quicksand - Im Traum kannst du nicht lügen» (undatierte Aufnahme). Die Serie nach dem gleichnamigen Buch wird am 05.04.2019 bei Netflix zu sehen sein. Foto: Johan Paulin/Netflix/dpa
Hanna Ardehn als Maja (r) in einer Szene der Serie «Quicksand - Im Traum kannst du nicht lügen» (undatierte Aufnahme). Die Serie nach dem gleichnamigen Buch wird am 05.04.2019 bei Netflix zu sehen sein. Foto: Johan Paulin/Netflix/dpa

Die Serienadaption des schwedischen Romans «Quicksand» könnte für den Streaminganbieter Netflix das neue «Tote Mädchen lügen nicht» werden. Verdient hätte es die Produktion aus Schweden.

Berlin (dpa) – Als die 18-jährige Maja (Hanna Ardéhn) nach einem Amoklauf an ihrer Schule von der Polizei aufgegriffen wird, ist sie blutverschmiert und verstört. Alles deutet darauf hin, dass die beliebte Schülerin selbst zur Waffe gegriffen und auf Freunde und Lehrer geschossen hat. Maja kommt in Isolationshaft, um keinerlei Infos von außen zu erhalten. Lediglich mit ihrem Anwalt darf sie sich regelmäßig austauschen. Gemeinsam bereiten sie sich in der Serie «Quicksand», die bei Netflix am Freitag (5. April) startet, auf den bevorstehenden Prozess vor.

In dieser einsamen Zeit lässt Maja die letzten Wochen und Monate Revue passieren. Vor allem ihre Beziehung mit dem attraktiven aber schwer depressiven Sebastian (Felix Sandman) hat den Alltag der jungen Frau zuletzt ordentlich durcheinandergewirbelt. Doch haben die tragischen Ereignisse in ihrer Vergangenheit Maja tatsächlich so zu einer Wahnsinnstat getrieben?

Man kennt sie noch aus dem Seriensuperhit «Tote Mädchen lügen nicht»: die Texttafel, die davor warnt, dass die nun folgende Episode Bilder einer möglicherweise verstörenden Gewalttat enthält. Im Falle von «Tote Mädchen» war das die explizite Inszenierung eines Selbstmordes, «Quicksand» dagegen geizt nicht mit Blut und Gewalt, wenn in den ersten Minuten der Serie ein Amoklauf gezeigt wird, in dessen Folge mehreren jungen Menschen brutal in den Kopf geschossen wird.

Diese Szenen kommen in den folgenden Episoden noch öfter vor, allerdings immer in abgewandelter Form. Der Grund: «Quicksand» wird aus der Perspektive der sich als weitgehend ahnungslos gebenden Maja erzählt, die – so verkauft es uns zumindest die Serie – selbst nicht weiß, was in den wenigen Minuten im Klassenzimmer passiert ist. Immer wieder rufen sie und ihre Mitschüler sich diese Schreckensminuten zurück ins Gedächtnis; jeder Flashback unterscheidet sich ein klein wenig von den anderen, jeder hat die Tat anders wahrgenommen. Die Macher von «Quicksand», allen voran Headwriterin Camilla Ahlgren («Die Brücke»), kosten die Unzuverlässigkeit ihrer erzählenden Figuren voll aus.

Die Serie unterliegt einer Struktur, für die sich eine düstere Gegenwartserzählung rund um den bevorstehenden Prozess sowie visuell deutlich farbenfroher gezeichnete Rückblenden auf Majas Vergangenheit abwechseln. Mit der Zeit gleichen sich diese Farbschemen an; irgendwann liegt alles unter einem trübselig-grauen Schleier begraben. Das ist ein wenig plump. Man wüsste auch ohne dieses inszenatorische Hilfsmittel, wie es um die emotionale Situation der Hauptfiguren bestellt.

Ebenfalls nur bedingt gelungen ist gerade in der Anfangsphase die Zeichnung des Milieus, in dem sich die Teenager aufhalten. All die jungen Menschen haben gängige Probleme, von Liebeskummer über Schulstress bis hin zu uninteressierten Eltern. Doch wenn sich Maja und Sebastian hier zu Dates treffen, dann nutzen sie dafür schon mal die Luxusyacht des steinreichen Vaters. Einen Blick in das junge Leben der nachfolgenden Generation der Oberen Zehntausend offenbarte zuletzt bereits die spanische Netflix-Serie «Élite». Das kam gut an. «Quicksand» hat dagegen deutlich mehr Substanz und reichert sie bisweilen mit der thematischen Schwere eines «Tote Mädchen lügen nicht» an. Ein guter Mix für den nächsten potenziellen Streaminghit.

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