Zum 3. Juni: Tatort «Freies Land»

Der absurde Traum vom eigenen Staat

Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec,l) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum
Die Kriminalhauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec,l) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) stehen vor dem verschlossenen Eingangstor zum "Freiland"-Gelände. Foto: Hendrik Heiden/Br/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/dpa

MÜNCHEN (dpa) - Verfassungsschützer sehen die Entwicklung mit Sorge: Die Szene der sogenannten Reichsbürger wächst. Sie kämpfen für ihren Traum von einem eigenen Staat, notfalls mit Gewalt. Der ARD-Krimi «Tatort: Freies Land» spielt in so einer Gemeinschaft.

Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an und gründen stattdessen selbst ernannte Staaten. Deutsche Gesetze, Behörden und die Polizei gelten dort nicht, so ihre Überzeugung. Und deshalb setzen sie sich mit allen Mitteln zur Wehr, notfalls sogar mit Waffen. Die Rede ist von den sogenannten Reichsbürgern, von denen es laut Verfassungsschutz bundesweit mittlerweile rund 18 000 geben soll, etwa 950 gelten gar als rechtsextrem.

In diesem Milieu spielt der neue «Tatort» des Bayerischen Rundfunks. Ivo Batic und Franz Leitmayr landen bei Mordermittlungen auf einem Anwesen im äußersten Winkel Bayerns. Dort haben sich die «Freiländer» verschanzt, die jede bundesdeutsche Obrigkeit vehement ablehnen. «Freies Land» mit Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec als Münchner Ermittlerduo läuft an diesem Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.

Die Menschen, die in «Freiland» nahe der tschechischen Grenze leben, haben sich von der Bundesrepublik losgesagt, ist sie doch in ihren Augen nur ein Unternehmen, eine GmbH. Kommunenartig leben sie in einem undurchsichtigen Netz aus Verbindlichkeiten, Abhängigkeiten und persönlichen Beziehungen. So wie Florian, der für die Gemeinschaft die Buchhaltung geführt hat. Doch nach einem heftigen Streit mit dem Anführer Ludwig Schneider (Andreas Döhler) ist er zu seiner Mutter nach München gefahren.

Nun ist Florian tot und für die Münchner Kommissare liegt der Verdacht nahe, dass die Freiländer und vor allem Schneider nicht ganz unschuldig sein könnten. Bei ihren Ermittlungen stoßen die Kommissare aber an ihre Grenzen - nicht nur, weil ihnen der Zutritt zu dem Anwesen verwehrt wird, sondern auch weil die «Freiländer» ihre polizeiliche Autorität einfach nicht anerkennen.

Regisseur Andreas Kleinert gibt interessante Einblicke in eine Welt, in der nach Ansicht der Bewohner alles besser werden soll. In einem Raum des Bauernhofes ist ein Callcenter eingerichtet, in dem interessierte Neubürger ihre Fragen am Telefon stellen können. Nach getaner Arbeit wird gemeinsam gegessen, an einer langen Tafel. Jeder hat seine Aufgabe. Doch das Geld ist sehr knapp und die finanziellen Einlagen, die alle eingebracht haben, mehr oder weniger aufgezehrt. Um frisches Geld zu bekommen, geht der charismatische Schneider auf die Suche nach den Unzufriedenen, die er mit der Vision eines souveränen Staates nach selbstgestrickten Regeln anlocken will.

«Freies Land» zeigt die Absurdität dieser Ideologie. Denn am Ende geht es auch hier nur um Geld und Macht. Gleichzeitig bietet der Krimi aber mehr als puren Voyeurismus nach dem Motto: «Schau mal, diese verrückten Reichsbürger». Es geht vielmehr um Menschen, die sich abgehängt fühlen vom deutschen Alltag, ohne Hoffnung, ohne Perspektiven und oft auch mit wenig Geld. So gelingt es Schneider erschreckend leicht, die Unzufriedenen auf seine Seite zu ziehen, einfach weil er sich ihre Sorgen anhört und sie ernst nimmt.

Die Menschen seien aus der Gesellschaft gefallen und verzweifelt auf der Suche nach einem neuen Zuhause, beschreibt es Drehbuchautor Holger Joos in einem Gespräch mit dem Sender. «Es ist eine Geschichte über Liebe und Verrat an einem Ort, der einfache, klare Antworten auf eine komplizierte Welt bietet. Ein Ort, an dem sie wieder jemand sind und den sie deshalb mit allen Mitteln verteidigen werden.»

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