«Die Aldi-Brüder»

Aufstieg und Entführung eines Handelskönigs

Theo Albrecht (Arndt Klawitter, l) und Karl Albrecht (Christoph Bach) in einer Szene des Dokudramas «Die Aldi-Brüder». Foto: Kai Schulz/Wdr/ARD/dpa
Theo Albrecht (Arndt Klawitter, l) und Karl Albrecht (Christoph Bach) in einer Szene des Dokudramas «Die Aldi-Brüder». Foto: Kai Schulz/Wdr/ARD/dpa

ESSEN (dpa) - Jeder kennt Aldi. Die beiden Unternehmensgründer Karl und Theo Albrecht waren aber zwei große Unbekannte. Ein Dokumentarspiel beleuchtet das Verhältnis der beiden Brüder und erzählt die Entführung von Theo Albrecht als Rahmenhandlung.

Es war einer der spektakulärsten Kriminalfälle der Bundesrepublik. Am 29. November 1971 wurde Theo Albrecht entführt, einer der beiden Gründer des Discountriesen Aldi. 17 Tage später kam er wieder frei, gegen die damals kaum vorstellbar hohe Summe von sieben Millionen Mark Lösegeld - überbracht vom Essener Bischof Franz Hengsbach.

Das Erste widmet der Entführung und dem Unternehmerpaar Theo und Karl Albrecht am kommenden Montag (20.15 Uhr) das Dokudrama «Die Aldi-Brüder». In zwei ineinander verschlungenen Erzählsträngen schildert Regisseur Raymond Ley das Verbrechen und den Aufstieg der beiden Brüder zu Deutschlands Einkaufskönigen.

Über die Albrechts, die ihnen das billige Einkaufen beibrachten, haben die Deutschen bis heute wenig erfahren. Sie tauchten meist nur in den Zeitungen auf, wenn die jährlichen Listen der reichsten Deutschen veröffentlicht wurden, viele Jahre mit den Milliardären Karl und Theo Albrecht an der Spitze. Von beiden Brüdern gemeinsam gab es nur ein unscharfes Zufallsfoto. Filmaufnahmen existieren - mit Ausnahme einer kurzen Sequenz direkt nach der Entführung - nicht. Die «Aldi-Brüder» sind deshalb viel Drama und wenig Doku.

Die Entführung zerrte Theo Albrecht (gespielt von Arndt Klawitter) für kurze Zeit ins Licht der Öffentlichkeit. Entführt wurde er von einem Düsseldorfer Anwalt mit Spielschulden und einem vorbestraften Tresorknacker. Auf die Albrechts als Erpressungsopfer waren die beiden durch das kurz zuvor erschienene Buch «Die Reichen und die Superreichen in Deutschland» gekommen, wie sie später den Ermittlern erzählten.

Theo wurde schließlich entführt, weil er im Gegensatz zu seinem Bruder Karl (Christoph Bach) keinen Chauffeur hatte und sich nach der Arbeit selbst ans Steuer setzte. Auf diesem Gegensatz baut Grimme-Preisträger Ley («Eine mörderische Entscheidung») sein Doppelporträt auf. Karl hat ein Schwimmbad in seiner Essener Villa, in Theos Haus steht eine kleinbürgerliche Küche. Theos Maxime laut Film: «Mit Bescheidenheit sind wir immer besser gefahren.»

Karl will Kredite aufnehmen, um zu expandieren. Theo lehnt das ebenso entschieden ab, wie die vom Bruder hinter seinem Rücken geschalteten Zeitungsanzeigen. Anfang der 1960er Jahre kommt es zur Trennung. Karl und Theo Albrecht teilen ihr Reich auf. Theo erhält den nördlichen Teil, Karl regiert südlich des «Aldi-Äquators». Die Gründe? Auch darüber haben die Brüder geschwiegen. Im Film sagt Karl: «Wenn wir in ganz Deutschland expandieren wollen, sind wir zu zweit zu schwerfällig.»

Die Geiselhaft hinter einer Schrankwand in der Düsseldorfer Anwaltskanzlei inszeniert Ley als eine Art Kammerspiel. Theo Albrecht feilscht mit dem jovial-großspurigen Anwalt um die Höhe des Lösegelds («Ich taxiere den Wert meines Lebens auf 500.000 Mark.»). Den mit ihrem Coup zunehmend überforderten Ganoven macht er Vorschläge für den Ablauf der Geldübergabe und stößt schließlich mit den beiden auf das bevorstehende Ende der Entführung an.

Am Ende des Films sitzt Theo Albrecht vor dem Fernseher und verfolgt die Pressekonferenz des realen Essener Staatsanwalts. Der macht, wie Theo findet, Scherze auf seine Kosten. «Die Entführer haben aus mir einen Witz gemacht. Einen dummen Witz», klagt der verbitterte Kaufmann.

Die beiden Entführer wurden schnell gefasst. Einer von ihnen bezahlte Schulden mit 500-Mark-Scheinen aus dem Lösegeld. Sie wurden zu jeweils achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Prozess hätten die beiden Männer wahre Lachsalven entfacht, wurde damals aus dem Gerichtssaal berichtet. «Nach ein paar Tagen haben wir uns richtig gut verstanden», hatte der Anwalt seine Sicht der Beziehung zu Theo Albrecht («Ein sehr, sehr netter Mann») geschildert.

Ein Teil des Lösegelds blieb verschwunden. Theo Albrecht starb im Juli 2010 im Alter von 88 Jahren, sein älterer Bruder Karl vier Jahre später. Auch die Entführer sind inzwischen tot. Im Wettstreit der beiden Aldi-Gruppen liegen Karls Erben mit Aldi Süd seit längerem vorn.

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