«Guédelon - Die Burg-Baustelle»

Geschichte lebt neu auf

Arbeiter auf der Baustelle der mittelalterlichen Burg Guedelon. Seit 1997 wird die mittelalterliche Burg originalgetreu wieder aufgebaut. Foto: Philippe Desmazes/Afp/dpa
Arbeiter auf der Baustelle der mittelalterlichen Burg Guedelon. Seit 1997 wird die mittelalterliche Burg originalgetreu wieder aufgebaut. Foto: Philippe Desmazes/Afp/dpa

BERLIN (dpa) - Wir wissen viel über Geschichte - und vieles nicht. Wie genau zum Beispiel haben unsere Vorfahren eine Burg gebaut? Ein besonderes Experiment geht dieser spannenden Frage nach.

In Treigny im französischen Burgund wird seit 1997 die mittelalterliche Burg Guédelon originalgetreu wieder aufgebaut. Und zwar mit der Hilfe von vielen Spezialisten und ausschließlich den Materialien und Techniken, die es im 13. Jahrhundert schon gegeben hat. Von diesem ungewöhnlichen Projekt erzählt die Dokumentation «Guédelon - Die Burg-Baustelle», die Arte am Samstag (15. Juni) um 20.15 Uhr zeigt.

Autorin Bianca Zamfira hat einen beeindruckenden Film gedreht, den sie mit vielen erhellenden und spannenden Eindrücken von der Baustelle, aber auch mit einem fundierten historischen Hintergrund versieht. Zur Recherche über die Bautechniken des Mittelalters wurden noch existierende Burgen besucht, die als Vorbilder dienen.

Und die Projektverantwortlichen haben Geschichtsbücher gewälzt und die originalgetreuen Materialien und Werkzeuge zum Bau von Mauern, Türen und Fenstern beschafft. Um möglichst geschichtstreu zu bleiben, braucht das Projekt einen Zeitrahmen. So wurde das erste Baujahr auf das Jahr 1229 datiert. Danach wird jedes Jahr, das in der Jetztzeit vergeht, entsprechend mitgezählt.

In der aktuellen Saison geht es vor allem um drei experimentelle Bauprojekte: das Aufstellen des hölzernen Dachstuhls auf dem Kapellenturm, den Bau des Burgtores samt Fallgitter zwischen den Wehrtürmen und den Einbau von mittelalterlichen Fenstern. Sie sollen mit Hilfe von Holzrahmen geschlossen werden, die - historisch ganz korrekt - mit Pergament bespannt sind. Diese drei Baustellen werden im Film exakt und detailreich vorgestellt, auch mit Hilfe von Grafiken, Zeichnungen und Computersimulationen.

Als Initiatorin und Direktorin des Projektes ist Maryline Martin dabei. «Schon früher war es ein Kindheitstraum, zusammen eine Burg zu bauen, genau wie eine Sandburg. Nur dass wir uns hier in ein einzigartiges Abenteuer gestürzt haben», sagt sie im Film. «Das hatte bis dahin noch niemand gewagt». Das kann man wohl sagen, zumal das ganze Team immer wieder vor gehörige Herausforderungen gestellt wird - und jeder noch so kleine Erfolg ein weiterer Ansporn ist.

Auch der Steinmetz und Bauleiter Florian Renucci begleitet das Projekt von Anfang an und kommt ebenso ausführlich zu Wort wie der Zimmermeister Nicolas Touchefeu und der Historiker Nicolas Faucherre von der Universität Aix-Marseille. Es erzählen außerdem ein Archäologe, Dachdecker, Müller, Schmied, Seiler, Steinbrecher, Tischler, eine Kuratorin sowie Experten für Holz- und Malstrukturen von ihrer Arbeit.

Sie sind allesamt Könner und sprechen voller Respekt von den Leistungen der damaligen und heutigen Handwerker. Ihnen allen ist das Engagement und die Liebe zu diesem faszinierenden Experiment anzumerken, das im Jahr 2022 beendet werden soll.

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