Arte-Doku «Sissi – Die Getriebene»

Lebensjahre einer Kaiserin

Sissi (Sunnyi Melles) auf Korfu in einer Szene des Dokudramas
Sissi (Sunnyi Melles) auf Korfu in einer Szene des Dokudramas "Sissi - Die Getriebene" (undatierte Filmszene). Arte zeigt den Film am 14.12.2019. Foto: Michael Cencig/Zdf/ARTE/dpa

Zu Weihnachten werden die drei «Sissi»-Verfilmungen mit Romy Schneider wieder ihr TV-Publikum finden. Doch zuvor will eine Doku-Biografie das süßliche Bild der Kaiserin zurechtrücken. «Sissi – Die Getriebene» ist Stefan Ludwigs Beitrag über eine mit 60 Jahren ermordete Melancholikerin.

Berlin (dpa) – Sie war egozentrisch und superschlank, der eigenen großen Schönheit ergeben, sportlich durchtrainiert, an der Schulter mit einem Anker tätowiert, ihrem Umfeld gegenüber stets kritisch, aber nicht immer pflichtbewusst. Zugleich war sie lebenslang rastlos auf der Suche nach Heimat und Sinn. Was klingt, als spräche man über eine desorientierte moderne Großstädterin, bezieht sich doch auf eine Frau, die Millionen Menschen in aller Welt seit jeher als liebliche Märchenfee bewundern: Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn, genannt Sissi (1837-1898).

Dergestalt wird sie auch wieder in den drei legendären «Sissi»-Verfilmungen von 1955, 1956 und 1957 mit Romy Schneider und Karl-Heinz Böhm in den Hauptrollen im ZDF-Weihnachtsprogramm präsent sein. Was als Inszenierung Ernst Marischkas mittels jeder Menge spektakulär rosaroter, unhistorischer Gefühlskitsches alljährlich in die Herzen und Hirne der Zuschauer fließt, will der Autor und Regisseur Stefan Ludwig (41, «Der zornige Buddha») in einer Doku-Biografie rechtzeitig vor dem Fest zurechtrücken. Seinen 45-minütigen Beitrag «Sissi – Die Getriebene» sendet Arte am Sonnabend (14. Dezember) um 20.15 Uhr. Einen Tag später ist er um 23.45 Uhr unter anderem Titel und in leicht veränderter Fassung im ZDF zu sehen.

Neben Experten-Interviews und Archivfotos gibt es darin viele Spielszenen, in denen der Theaterstar Sunnyi Melles (61, «Kaisersturz») die älter gewordene Kaiserin als hochsensible, bleiche Exzentrikerin verkörpert. An ihrer Seite Clemens Aap Lindenberg als staubtrockener Kaiser Franz Joseph I. sowie Alexander E. Fennon als österreichischer Diplomat Baron von Warsberg. Also jener bislang ziemlich unbekannte Mann, den der ebenfalls zu Wort kommende Buchautor Robert Holzschuh nach der Auswertung von 2000 Briefen als den engsten Vertrauten ausmacht, den Sissi je hatte.

Warsberg fungierte auch als Architekt jenes Gebäudes, das im Film einen Schlüssel zum Verständnis der als bayerischen Prinzessin geborenen, mit 60 Jahren in Genf von einem italienischen Anarchisten erstochenen Kaiserin darstellt. Ihr «Achilleion» auf der griechischen Insel Korfu erscheint als ihr ersehnter Seelenort, den Sissi nach dem Halbgott Achill benannte. Zwar wird der Palast mittlerweile von zahllosen Touristen besucht - doch seiner Bauherrin brachte auch der wahr gewordene Traum keine Erfüllung. Filmemacher Ludwig berichtet zudem über die melancholischen Gedichte, die Sissi verfasste, ihre problematische Ehe und den frühen Tod zweier ihrer vier Kinder, darunter der Suizid des Kronprinzen Rudolf 1889 im Jagdschloss Mayerling. Nicht zuletzt ordnet Ludwig die Persönlichkeitsstruktur der Schwärmerin im Kontext ihrer Zeit samt den Krisen und dem Verfall der (Doppel-)Monarchie vor dem Ersten Weltkrieg ein. «Wohlstandsverwahrloste» ohne eigentliche Ziele nennt ihr Ururenkel, der Schauspieler Leopold Altenburg, sowohl Elisabeth als auch ihre Familie, die seit dem 13. Jahrhundert regierenden Habsburger. Über seine Vorfahrin sagt der Ururenkel weiterhin: «Es war wahrscheinlich einfach, sie zu lieben – aber schwer, mit ihr auszukommen.»

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