«22. Juli»: Nach Terroranschlag kämpfen sich Überlebende ins Leben zurück

Isak Bakli Aglen (l) als Torje Hanssen und Jonas Strand Gravli als Viljar Hanssen in einer Szene des Spielfilms «22. Juli» (undatierte Filmszene). Foto: Erik Aavatsmark/Netflix/dpa
Isak Bakli Aglen (l) als Torje Hanssen und Jonas Strand Gravli als Viljar Hanssen in einer Szene des Spielfilms «22. Juli» (undatierte Filmszene). Foto: Erik Aavatsmark/Netflix/dpa

BERLIN (dpa) - Vor gut sieben Jahren tötete der Rechtsextremist Anders Behring Breivik in Norwegen 77 Menschen auf der Insel Utøya. Wie die Überlebenden mit dem Trauma umgehen, davon erzählt dieser bemerkenswerte Spielfilm, der von realen Personen handelt.

Diese Tat erschütterte Menschen weltweit: Am 22. Juli 2011 zündete der Rechtsextremist Anders Behring Breivik zuerst eine Bombe im Zentrum von Oslo, bevor er dann auf die Jungen und Mädchen in einem Ferienlager auf der Insel Utøya schoss. 77 Menschen starben bei den Anschlägen, darunter viele Jugendliche. Der norwegische Ministerpräsident erklärte es zur schlimmsten Katastrophe des Landes seit dem Zweiten Weltkrieg. Wie aber ergeht es den Überlebenden? Die, die mit dem Trauma leben müssen? Davon erzählt nun der Spielfilm «22. Juli», der ab dem 10. Oktober bei Netflix zu sehen ist.

Regie führte Paul Greengrass, der mit Kino-Großproduktionen wie «Captain Phillips» und Teilen der actionreichen «Bourne»-Reihe international bekannt wurde. Beim Film «22. Juli» entschied er sich allerdings für eine deutlich stillere und dadurch umso eindringlichere Inszenierung: Der Brite nimmt sich reale Figuren zum Vorbild und erzählt deren Erlebnisse.

Neben Breivik und dessen Pflichtverteidiger steht dabei vor allem einer der jugendlichen Überlebenden im Zentrum. Viljar Hanssen ist mit seinem jüngeren Bruder und vielen Freunden auf der Insel, als das Massaker beginnt. Er flieht, kann zunächst entkommen, wird dann aber mehrfach angeschossen. Während er lebensgefährlich verletzt an einem Strand liegt, erfahren seine Eltern von dem Anschlag und versuchen in Panik, ihre Kinder zu erreichen und zu finden.

Regisseur Greengrass braucht nur wenige Szenen, um dieses Grauen zu verdeutlichen. Anders als der kürzlich gestartete Kinofilm «Utøya 22. Juli», der lediglich das Attentat minuziös nachstellt, will Greengrass mehr. Bei ihm spielt der Terrorakt nur eine kleinere Rolle. Stattdessen interessiert ihn, wie es den Überlebenden und Betroffenen danach ergeht - und genau das macht «22. Juli» so sehenswert.

Der Film, der kürzlich bei den Filmfestspielen Venedig im Wettbewerb Premiere feierte, erzählt von dem Anwalt, der den Rechtsextremisten gegen seine eigenen politischen Überzeugungen verteidigen muss, von Eltern, die ihre Kinder verloren haben, und von der Mutter des Attentäters.

Vor allem aber fokussiert Greengrass auf Viljars Familie. Er zeigt, wie der jüngere Bruder trotz seines eigenen Traumas in den Hintergrund gerät, weil seine Eltern um Viljar kreisen. Der wiederum muss nach dem Koma erst wieder das Laufen lernen; ein schmerzhafter und anstrengender Prozess. Ein Schlüsselmoment wird dabei die Konfrontation mit dem Attentäter, als Viljar vor Gericht aussagt. Wie sich dieser junge Mann zurück ins Leben kämpft - der «echte» Viljar studierte mittlerweile -, das ist zutiefst bewegend.

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