Sorge vor Rechtsruck in Italien

​Zivile Seenotretter 

Parteivorsitzende der Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) Giorgia Meloni. Foto: epa/Fabio Frustaci
Parteivorsitzende der Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) Giorgia Meloni. Foto: epa/Fabio Frustaci

POZZALLO/ROM: Eine mögliche Regierungsübernahme der rechten Koalition in Italien ruft bei zivilen Seenotrettern große Sorgen hervor. Angeführt von den postfaschistischen Fratelli d'Italia um Parteichefin Giorgia Meloni will die Rechts-Allianz hart gegen Migranten vorgehen und diese mit einer Seeblockade und Camps in Nordafrika an der Flucht über das Mittelmeer hindern. Das geht aus dem am Donnerstagabend veröffentlichten Wahlprogramm hervor.

Eine Politik mit derartigen Maßnahmen würde «dafür sorgen, dass noch mehr Menschen sterben», sagte der Bundestagsabgeordnete Julian Pahlke der Deutschen Presse-Agentur. Der Grünen-Politiker war seit Ende Juli an Bord des deutschen Seenotrettungsschiffs «Sea-Eye 4» und erlebte mit, wie 87 Menschen gerettet wurden. Nach fast zwei Wochen Warten erhielt die Crew die Erlaubnis, den Hafen von Pozzallo auf Sizilien anzusteuern. Dort sollten die Migranten am Freitag von Bord gehen.

Pahlke berichtete, was das Warten an Bord bedeutet. «Die geretteten Menschen hängen hier in der Luft», sagte er. Das EU-Festland sei in Sichtweite, und doch müsse man so lange ausharren. «Es ist zehrender, als man es sich ausmalen kann. Es macht die Menschen mürbe.»

Die zivilen Hilfsorganisationen sind deshalb im Einsatz, weil es keine staatliche und koordinierte Seenotrettung gibt. Zuletzt einigten sich 21 Staaten auf einen Solidaritätsmechanismus, um etwa einen Teil der in Italien ankommenden Flüchtlinge in andere Länder des Kontinents umzusiedeln. Deutschland soll noch im August erste Menschen aus Italien aufnehmen. «Wir machen jetzt den ersten Schritt mit einem Verteilmechanismus zumindest für einen kleinen Personenkreis, aber das ist erst der Anfang», sagte Pahlke.

Das Vorhaben der rechten Allianz vor der italienischen Parlamentswahl am 25. September beunruhigt die Retter. Wahlfavoritin Meloni will mit einer Seeblockade in Zusammenarbeit mit Libyen Boote bereits vom Ablegen in Nordafrika abhalten. Die geflüchteten Menschen sollen stattdessen in sogenannten Hotspots gesammelt werden, wo überprüft wird, ob sie in der EU überhaupt Asyl erhalten würden.

«Lager für Geflüchtete? Wie gut das funktioniert, sehen wir ja auf den griechischen Inseln», sagte Gorden Isler von Sea-Eye der dpa. «Die Menschen werden Wege finden. Diese Wege könnten dann noch gefährlicher und noch tödlicher sein.» Die Vereinten Nationen zählten in diesem Jahr bereits mehr als 900 Tote oder Vermisste von Überfahrten über das zentrale Mittelmeer.

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