«Frankfurter Rundschau» zu Bürgerkrieg in Syrien
Die Tausenden Menschen in Aleppo drohen wie bereits vor zehn Jahren erneut Opfer der Gewalt zu werden.
Die syrische Armee des Diktators Baschar al-Assad muss aus machtpolitischen Gründen die islamistischen Rebellen aus der Stadt vertreiben. Die syrischen Verbündeten Iran und Russland können Assad zwar nicht mehr so unterstützen wie zuvor. Russlands Kräfte sind im Krieg gegen die Ukraine gebunden, Israel hat die Möglichkeiten des Mullah-Regimes geschwächt, deren Milizen im Irak und Syrien dezimiert sowie die Hisbollah im Libanon fast kampfunfähig gemacht. Der seit einigen Jahren eingefrorene Konflikt wird dennoch wieder ein heißer werden. Die Menschen in der umkämpften Stadt können nur hoffen, dass das syrisch-russisch-iranische Bündnis den türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan dazu bringt, die Rebellen zu mäßigen. Westliche Staaten fallen als Vermittler aus. Der designierte US-Präsident Donald Trump wird sich kaum engagieren. Und der politische Einfluss der EU ist zu gering.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Scholz
Besonnenheit? Kühler Kopf? Ja, diese Scholz-Vokabeln kennzeichnen große Staatenlenker.
Doch jede Erfahrung mit Gewaltherrschern, ja schon die Jahrzehnte mit Putin zeigen: Entschlossenheit entscheidet. Es war die demonstrierte Entschlossenheit und weitgehende Geschlossenheit, die Putin beeindruckt hat. (.) Neben klaren Ansagen wie der «Zeitenwende» ist Scholz' Kanzlerschaft geprägt von kontinuierlichem Herumgedruckse. (.) Ein Politiker mit Rückgrat sollte jedenfalls gerade mit Blick auf die deutschen Erfahrungen, zu denen auch eine lange, nachwirkende sowjetische Okkupation zählt, sagen, was ist: Der Geist der Revolution von 1989 ist bedroht. Scholz steht für ein kühles Weiter-so. Dabei kann nur ein starkes Land widerstehen. Nicht eines, dem die Maßstäbe verloren gegangen sind - und das Putins Schüsse nicht hört.
«Münchner Merkur» zu Scholz/Wahlsieg-Konferenz
Wladimir Putin hätte es nicht schöner sagen können als der Kanzler auf seiner «Wahlsieg-Konferenz»: Mit Deutschlands Sicherheit spiele man nicht «russisch Roulette».
Der Vorwurf an Friedrich Merz zielt darauf, die Bürger ganz im Sinne des Kremls in Panik zu versetzen, und er ist eine offene Einladung an Moskau, seine Kriegsrhetorik gegen Deutschland in den kommenden Wochen weiter zu verschärfen, um die russlandfreundlichen Parteien zu stärken. Die SPD wird es Putin danken. Das ist eine Ungeheuerlichkeit und ein Tiefpunkt in der Rhetorik der SPD, zeigt aber, worauf sich die Deutschen im Winterwahlkampf einzustellen haben.
«NZZ am Sonntag»: Syrien ist wieder ein Pulverfass
ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert das erneute Aufflammen des Bürgerkriegs in Syrien:
«In diesen Tagen haben syrische Rebellen aus Idlib mehrere Städte im Norden des Landes erobert. Nun sind die islamistischen Kräfte dabei, die Großstadt Aleppo einzunehmen. Assads Armee scheint geschlagen. Doch wie konnte der Bürgerkrieg in Syrien plötzlich wieder aufflammen?
Assad blieb auch Jahre nach der Hochphase des Krieges abhängig von den Russen und den Iranern. Er war der Herrscher über einen kaputten Staat, der sich nur mit Drogengeschäften über Wasser halten konnte. Sein Volk, das er weiter unterdrückte, lebte in bitterer Armut. All das wird ihm jetzt zum Verhängnis, da seine Verbündeten ebenfalls geschwächt sind.
Iran war essenziell für die Sicherheit Assads, zusammen mit dem libanesischen Hizbullah. Doch die schiitische Miliz ist seit dem Krieg mit Israel dezimiert worden. Die Frage ist, ob die Russen Assad wieder beistehen, die doch ihre Kämpfer und Waffen im Ukraine-Krieg benötigen. Aleppo zu verlieren, wäre ein großer Rückschlag für Assad. Vielleicht kommt es aber noch schlimmer. Syrien ist wieder ein Pulverfass geworden.»