«Handelsblatt» zum Streit Lindner/Mützenich
Der Finanzminister und der SPD-Fraktionschef beharken sich schon längere Zeit.
Doch in einem Interview mit dem Handelsblatt brachte Christian Lindner seine Verärgerung über Rolf Mützenich selbst für Berliner Verhältnisse drastisch zum Ausdruck. Der FDP-Chef warf ihm vor, innerhalb weniger Tage in der Sicherheits- und in der Haushaltspolitik die Grundsatzentscheidungen der Bundesregierung infrage gestellt zu haben. Mützenich sei die größte Gefahr für die Ampel. (.) Scholz schaut dieser Entwicklung nur tatenlos zu. In seiner letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause betonte er pflichtschuldigst, mit Mützenich würde es prima laufen. Alles würde gemeinschaftlich entschieden. Doch das alles klingt nicht gut. Wenn Mützenich nicht aufpasst, dann ist er der unfreiwillige Dramaturg einer Kanzlerdämmerung.
«Frankfurter Rundschau» zum Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah
Der Raketenangriff auf die Golanhöhen ist der vorläufige Höhepunkt des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah und dürfte nicht der letzte Zwischenfall dieser Art sein.
Beide Konfliktparteien sind weit davon entfernt, die beinahe täglichen Scharmützel beilegen zu wollen. Die Hisbollah greift Israel seit dem 7. Oktober regelmäßig an, um die Terrororganisation Hamas in deren Kampf gegen Israel zu unterstützen. Die israelische Regierung von Benjamin Netanjahu könnte also den Grund für die Angriffe der Hisbollah beseitigen, indem sie den Krieg gegen die Hamas zu einem Ende bringt. Stattdessen strebt Netanjahu weiter den Sieg über die Hamas an. Damit zwingt er die USA weiter in die Rolle des kritischen Beobachters, da Washington nur mit Sanktionen Israel dazu bringen könnte einzulenken. Doch dies würde Israel in seinem Kampf zu sehr schwächen. Bleibt also zu hoffen, dass die Konfliktparteien nicht die Kontrolle verlieren und die Scharmützel nicht in einen offenen Krieg münden.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Eskalation auf dem Golan
Im Konflikt zwischen Israel und der Hizbullah ist jetzt eingetreten, wovor die Krisendiplomatie seit Monaten warnt: dass das Spiel mit kalkulierten Provokationen außer Kontrolle geraten kann, sobald ein blutiger Vorfall, ob gewollt oder ungewollt, den Rahmen sprengt.
(.) Die Beteuerungen der Hizbullah, sie habe damit nichts zu tun, sind wenig glaubhaft. Aber sie sind ein Signal, dass die Schiitenorganisation nicht vorsätzlich die ungeschriebenen Regeln verletzt hat, nach denen der Schlagabtausch bislang ablief. (.) Mehr denn je seit dem 7. Oktober steht Israel unter Zugzwang, hart gegen die Hizbullah zuzuschlagen. (.) Nur sollten die Entscheidungsträger nicht unterschätzen, dass auch die Drohungen der Hizbullah mehr sind als nur heiße Luft.
«The Observer»: Harris hat schweren Kampf gegen Trump vor sich
LONDON: Die britische Sonntagszeitung «The Observer» kommentiert den Präsidentschaftswahlkampf in den USA:
«Die Kandidatur von Kamala Harris ist von historischer Bedeutung. Sie hat die Demokratische Partei geeint, was viele für unmöglich hielten. Zugleich wurde einer der Hauptkritikpunkte an ihr ausgeräumt: dass es ihr an der nötigen Dynamik und Zielstrebigkeit fehlen würde. (...)
Es überrascht nicht, dass die 59-Jährige bei jüngeren Wählern besser ankommt als Joe Biden. Und weibliche Wähler, die in der Regel in größerer Zahl abstimmen als Männer, könnten sich als ausschlaggebend erweisen. Die jüngsten Umfragen und die Rekordspendensammlung unter weißen und schwarzen Frauen über Zoom spiegeln dies wider. Harris hat Schwung. Sie liegt jetzt praktisch gleichauf mit Donald Trump. (...)
Niemand sollte daran zweifeln, dass Harris einen schweren Kampf vor sich hat, wenn sie sich am 5. November durchsetzen will. Trump ist ein bösartiger, skrupelloser und einfallsreicher Gegner. Er ist bereits zum Angriff auf sie übergegangen, beschimpft sie als ... «linksradikale Verrückte», verzerrt respektlos ihren Vornamen (um ihre angebliche Fremdheit zu unterstreichen) und verfälscht ihre Leistungen. Trump lügt schamlos und unaufhörlich.»
«El País»: Kein US-Blankoscheck für Netanjahu
MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Sonntag die US-Reise des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu:
«(...) Von den USA (...) hat Netanjahu in dieser Woche ambivalente Botschaften erhalten, die ihm zwar weitere Unterstützung zusichern, aber nicht, wie von ihm beabsichtigt, einen Blankoscheck darstellen. (...) In einer Rede vor dem US-Kongress bekräftigte Netanjahu seine Position. Weit davon entfernt, die Unverhältnismäßigkeit seiner Militärpolitik einzugestehen, nahm er sich die Freiheit, die Bürger, die seine Politik vor dem Kapitol kritisierten, und einige der Abgeordneten, die dasselbe im Plenum taten, zu beleidigen: Er nannte sie «nützliche Narren des Iran».
Doch am nächsten Tag musste sich der Likud-Chef sowohl von Präsident Joe Biden als auch von der (...) Hoffnungsträgerin der Demokraten, Kamala Harris, den Wunsch nach einem Waffenstillstand mit der Hamas anhören. (...) Netanjahu setzt hingegen auf eine Rückkehr Donald Trumps in das Präsidentenamt. Der republikanische Kandidat, der das Massaker im Gazastreifen kaum als Imageproblem Israels sieht, behauptet, dass es mit ihm im Weißen Haus gar nicht erst zum Krieg gekommen wäre, eine Vereinfachung ohne konkrete Bedeutung, die aber Netanjahu (...) als Freibrief wertet, weiterhin alle Grenzen des humanitären Völkerrechts ohne Konsequenzen überschreiten zu können.»
«NZZ am Sonntag»: Flughafen-Blockaden schaffen keinen Klimaschutz
ZÜRICH: Zur Störung des Flugverkehrs durch Klimademonstranten heißt es in der «Neuen Zürcher Zeitung am Sonntag»:
«Wer klebt, verliert die Menschen. Eine Binse, die sich leider nicht überall herumgesprochen hat. In der Bubble der klimabewegten Asphalt-Gandhis lebt die Überzeugung fort, dass die Blockade der individuellen Mobilität die Welt rette. Ein globales Netzwerk bläst gerade zum Sturm auf die fliegenden CO2-Schleudern. Die Aktivisten attackieren Flughäfen von Frankfurt über Helsinki bis Basel, kleben sich auf Startbahnen und Zufahrtsstraßen, versuchen bei der Kundschaft der Fernwehindustrie ein schlechtes Gewissen wie eine Haftmine anzubringen. (.)
Zwar mögen die Absichten teilweise hehr sein. Der CO2-Ausstoß muss weiter sinken, muss in unserem konkreten Handeln eine wichtige Rolle spielen. Doch damit kommt die Schnittmenge mit dem Rest der Gesellschaft bereits an ihre Grenzen.
Klimaschutz funktioniert mit den Menschen und nicht gegen sie, mit dem Geist einer liberalen Demokratie und nicht gegen ihn. Der Glaube der Aktivisten, dass der Zwang zum Verzicht, dass das Diffamieren der Inanspruchnahme individueller Freiheiten zu mehr Klimaschutz führe, wirkt naiv - und erreicht das Gegenteil.»