Zeitungen zum Geschehen am Sonntag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Stuttgarter Zeitung» zu Brief der Union an den Kanzler

Zuerst die Kooperation kündigen, dann einen Brief schreiben, der zu großen Teilen aus schon bekannten Vorschlägen ohne Gegenfinanzierung besteht - so werden Union und Ampel bestimmt nicht zusammenfinden.

Merz sollte seine Ankündigung zurücknehmen. Es liegt aber auch an der Ampel, einen Schritt auf die Union zuzugehen. Sie hat ein größeres Interesse an der Zusammenarbeit als die Union. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit. Für die deutsche Wirtschaft könnte es eine Chance sein.


«Münchner Merkur» zu Trump/Nato

Mit jedem Wahlkampfauftritt Trumps wächst in Berlin und Brüssel die Sorge, dass der Nato ab November sehr schwere Zeiten blühen könnten.

Lange hatte der Ex-Präsident - übrigens durchaus zu recht - die europäischen Partner dafür gescholten, das selbst gesetzte Ziel, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen, nicht erfüllt zu haben. Doch der russische Überfall auf die Ukraine hat längst zu einem Umdenken geführt - gerade im Osten Europas, der als erstes von Putin bedroht wäre. Trump aber droht weiter, die Nato fallenzulassen. Niemand sollte davon ausgehen, dass er sich für Etat-Details interessiert.


«Frankfurter Rundschau» zu israelischen Angriffe auf Rafah

Man kann nur noch hoffen, dass der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu die geplante Offensive in Rafah doch noch stoppt.

Gründe gibt es dafür genügend. Die zu erwartende unerträglich hohe Zahl ziviler Opfer könnte noch mehr Israelis gegen Netanjahus Vorgehen in Gaza auf die Straße treiben und den Ruf nach Neuwahlen sowie dem Schutz der Geiseln noch lauter werden lassen und damit die Einheitsregierung gefährden. Außerdem könnten die Verbündeten in den USA und in Europa ihre Geduld verlieren und die israelische Regierung nicht nur verbal unter Druck setzen. Die westlichen Verbündeten könnten mit einem schärferen Vorgehen gegen Israel die innenpolitische Stimmung gegen Netanjahu noch verstärken, ohne Israel im Kampf gegen die Hamas und die Hisbollah zu schwächen. Ohnehin wäre es an der Zeit für Israel, einen Strategiewechsel einzuleiten. Nach dem viermonatigen Krieg gegen die Hamas wird immer deutlicher, dass die terroristische Organisation militärisch nicht zu besiegen ist.


Zeitungen zum Geschehen am Sonntag

«NZZ am Sonntag»: Anzeichen für Vergreisung Bidens mehren sich 

ZÜRICH: Zu den Bemühungen des 81-jährigen US-Präsidenten Joe Biden um seine Wiederwahl meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Die Anzeichen dafür, dass der Präsident vergreist?und?nicht mehr für das Amt fähig ist - geschweige für eine weitere Amtszeit im Weißen Haus?- mehren sich in höchst beunruhigendem Maß. Es scheint immer ­offensichtlicher, dass die Entscheidung der Demokratischen Partei, Biden zur Wiederwahl antreten zu lassen, ein verhängnisvoller Fehler war. Und mit einem?gewissen Bangen fragt man sich nun, ob es nicht?bereits zu spät ist, um das Steuer herumzureißen. Denn einen möglichen Nachfolger aufzubauen, haben die Demokraten in verantwortungsloser Weise?unterlassen. Vizepräsidentin Kamala Harris wiederum hat nicht das Format, um Biden zu ersetzen. Wie man?einen Einzug von Donald Trump ins?Weiße Haus?noch abwenden kann, ist zunehmend schwer zu?erkennen.»


«Sunday Times»: US-Demokraten sollten Bidens Kandidatur überdenken

LONDON: Die Londoner «Sunday Times» kommentiert die Kandidatur Joe Bidens für eine zweite Amtszeit als US-Präsident:

«In der vergangenen Woche gab es die bisher deutlichsten Anzeichen dafür, dass die geistige Leistungsfähigkeit des 81-jährigen Joe Biden auf ein Niveau gesunken ist, bei dem es bestenfalls fraglich ist, ob er das Land, das als Weltpolizist bekannt ist, weiterhin führen kann. (...)

Eine Mehrheit der US-Wähler, auch unter den Demokraten, hält ihn für zu alt, um noch einmal Präsident zu werden. Und er liegt in Umfragen zweistellig hinter Trump, wenn es um die Frage geht, wer besser befähigt ist, zu regieren. (...)

Während der Sommer näher rückt, sollten hochrangige Demokraten Joe Biden und seine Frau Jill ermutigen, das Undenkbare zu denken und die Alternativen zu einer zweiten Amtszeit Bidens in Betracht zu ziehen. Es steht nicht nur Amerikas Zukunft auf dem Spiel.»


«Corriere della Sera»: Nur Selenskyj könnte «Frieden» verkünden

ROM: Die italienische Zeitung «Corriere della Sera» meint am Samstag zum bald zwei Jahre dauernden Krieg von Russlands Präsident Wladimir Putin gegen die Ukraine:

«Erlaubte man Putin, die bereits von Russland annektierten ukrainischen Republiken zu behalten (zusätzlich zur 2014 «eroberten» Krim), würde er einen totalen Sieg erringen, der die Tötung Hunderttausender ukrainischer Soldaten und Zivilisten als umsonst erscheinen ließe. Und würde ihn ermutigen, es früher oder später erneut zu versuchen.

Möglicherweise wird es dazu kommen, dass sich die erschöpften Kontrahenten für diese Art von «Frieden» entscheiden. Aber wenn, dann muss es (der ukrainische Präsident Wolodymyr) Zelenskyj sein, der ihn verkündet. (Der neue Oberbefehlshaber) Olexander Syrskyj muss dann im Schatten bleiben. Nicht aus formalen Gründen, sondern weil der politische Führer der Ukraine, wenn es überhaupt jemanden gibt, der Einzige ist, der das Land in einem solchen Fall zusammenhalten kann. Eine andere Persönlichkeit, die sozusagen besser in die neue Zeit passt, würde die Niederlage Kiews noch katastrophaler machen.»


«Sme»: Geduld der EU mit Orban muss aufhören

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Sme» schreibt am Samstag zu den Konflikten von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban mit den EU-Institutionen:

«Die EU war schon mehr als zehn Jahre hervorragend im Aufschieben von Maßnahmen gegen das immer autokratischere Verhalten Orbans. Aber in Kriegszeiten wird die Gefahr, die Orban für die EU-27 darstellt, zu einer existenziellen. Deshalb sollte Europa aufhören, Orbans Erpressungen nachzugeben. Es hat die Mittel dazu. (...)

Orbans andauerndes Trotzverhalten und sein völliges Ignorieren der EU-Werte muss mit entschlossenen Maßnahmen beantwortet werden - sowohl im Interesse Europas wie auch der gewöhnlichen Ungarn, die sehen, wie die Demokratie in ihrem Land ebenso wie internationale Bündnisse vor ihren Augen auseinanderfallen. Die Zeit für ein weiteres Aufschieben ist abgelaufen. Orbans Erpressungen verlangen eine entschlossene Antwort mithilfe rechtlicher Mechanismen, die die Werte der EU durchsetzen und jene unterstützen, die unter Orbans Regime leiden. Das ist im europäischen wie auch im nationalen ungarischen Sinn.»


«The Times»: Biden hält die Tür für Donald Trump offen

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Samstag den Wahlkampf von US-Präsident Joe Biden:

«Der Präsident der Vereinigten Staaten zeigt deutliche Anzeichen einer kognitiven Beeinträchtigung. Liegt es im nationalen Interesse, dass er eine zweite Amtszeit anstrebt? (...)

Theoretisch könnte Bidens Kabinett sich mit Unterstützung des Kongresses auf den 25. Verfassungszusatz berufen und ihn wegen Amtsunfähigkeit absetzen. Auch die Führung der Demokraten könnte vor oder während des Parteitags im August etwas gegen ihn unternehmen.

Das sind abwegige Szenarien. Jedenfalls gibt es keinen naheliegenden Nachfolger. Kamala Harris, die Vizepräsidentin, ist sogar noch unpopulärer. Die Zeit wird knapp. Die Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten müssten angepasst werden, um neue Kandidaten in einem fiebrigen Rennen der Unbekannten unterzubringen. Dies könnte jedoch gelingen, sofern der Präsident mitmacht.

Biden ist ein indifferenter, vom Alter gezeichneter Wahlkämpfer. Er hält die Tür für Donald Trump offen. Das Undenkbare wird denkbar. Jill Biden, die First Lady, ist die treue Beschützerin ihres Mannes. Ihr könnte die Entscheidung obliegen, ob er sich der Tortur eines neunmonatigen Wahlkampfes aussetzen soll, in dem seine kognitiven Schwächen immer deutlicher zutage treten.»

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