Zeitungen zum Geschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zur Lage der Grünen

Die Republik kippt nach rechts, da werden die Grünen gebraucht, um die Demokratie zu verteidigen.

Wer kann dies glaubwürdiger als Winfried Kretschmann? Er repräsentiert Maß und Mitte. Er vermag mit seinem Ansehen zu helfen, die Partei auf einer mittleren Linie zu halten, um ökologische Modernisierung mit gesellschaftlicher Akzeptanz zu verbinden. Denn in der Demokratie zählt die - zur Rücksichtnahme auf die Minderheit verpflichtete - Mehrheit und nicht die Reinheit der Überzeugung. Im Sturm wächst die Neigung, sich in die Wagenburg der Programmatik zu flüchten. Dies käme einer Selbstverzwergung der Grünen gleich.


«Frankfurter Rundschau» zur Bildungspolitik

Mehr Chancen als eine für eine Zentralisierung erforderliche Änderung des Grundgesetzes hätte möglicherweise ein Entscheidungsgremium, in das der Bund einbezogen wird und in dem verbindliche Beschlüsse mit Mehrheitsprinzip gefasst werden.

Zudem müssen klare Finanzierungswege und Verteilungsmechanismen festgelegt werden für den Fall, dass sich der Bund an den Bildungskosten beteiligt. Beim "Startchancen-Programm" zum Beispiel werden vom Beschluss im Koalitionsvertrag bis zum Start des Projektes drei Jahre vergangen sein! Dermaßen lange Entscheidungswege kann sich Deutschland nicht mehr leisten. Ein Bildungsgipfel, den die Demonstrierenden in vielen Städten am Wochenende gefordert haben, dürfte hingegen wenig helfen. Es mangelt nicht an Analysen und Lösungsvorschlägen, sondern wegen der fehlenden Entscheidungsstrukturen an einer konkreten Umsetzung.


«Münchner Merkur» zu Migration

Koalitionen sind ein mühsames Ding, manchmal muss die Wut raus.

Doch der neueste Vorwurf in der Ampel lässt aufhorchen. Als "Sicherheitsrisiko" stuft die FDP die Grünen ein. Das ist ein massiver, tiefgreifender Vorwurf, der eigentlich das Ende einer solchen Koalition einleiten müsste. Das verletzt. Vor allem, weil es in der Migrationspolitik zutrifft. Wann endlich ändern die Grünen ihren Kurs? Blind und taub reagierten weite Teile der Partei auf Alarmrufe der Landräte und Bürgermeister, als wären das nachgeordnete Hanswursten, die sich mit ihren überfüllten Turnhallen und Schulen bloß dumm anstellen. Keine Regung bei dramatisch steigenden Ankunftszahlen. Nur ritualisierte Schein-Debatten als Reaktion auf die anschwellenden Umfragewerte der AfD, die natürlich eine Folge der Ignoranz in der Asylpolitik sind. Was noch braucht es an Weckruf, Warnruf, Knall für die Bundespolitik?.


«The Observer»: Aufweichung der Klimaziele ist falsch

LONDON: Die Londoner Sonntagszeitung «The Observer» kommentiert die Aufweichung der britischen Klimaziele durch Premierminister Rishi Sunak:

«Rishi Sunak scheint nun bereit zu sein, den politischen Konsens über die Notwendigkeit von Netto-Null zu zerstören, um vor der nächsten Wahl verzweifelt um Stimmen zu werben. (...) Doch er liegt falsch. Die überwältigende Mehrheit der Wähler unterstützt das Netto-Null-Ziel und macht die Umweltpolitik zu Recht nicht für die hohen Lebenshaltungskosten verantwortlich.

Es ist unwahrscheinlich, dass diese Strategie die Konservativen vor einer möglichen Wahlniederlage bewahrt. Was damit jedoch - nach dem Brexit, durch den sich keiner der versprochenen Vorteile eingestellt hat - riskiert wird, ist die Vertiefung des Zynismus bei jenen Wählern, die glauben, dass man Politikern nicht trauen kann. Darüber hinaus wird die Unterstützung für den Kampf gegen den Klimawandel bei jener Minderheit von Wählern weiter untergraben, die diese Maßnahmen ohnehin ablehnen.

Auch wenn Ex-Premierminister Boris Johnson und Rishi Sunak in Bezug auf die Klimakrise unterschiedliche Töne anschlagen mögen, sind sie in Wirklichkeit sehr ähnliche Politiker. Ob es um den Brexit oder die Umwelt geht, beide sind nur allzu bereit, Ängste zu schüren und toxische Trennlinien zu verschärfen, wenn sie glauben, dass sich dies für sie bei den Wahlen auszahlt.»


«NZZ am Sonntag»: Russlands Imperium zerbröckelt

ZÜRICH: Zur Eroberung der von Armeniern bewohnten Kaukasusregion Berg Karabach durch Aserbaidschan heißt es in der «NZZ am Sonntag»:

«Russlands Imperium zerbröckelt Schritt für Schritt. Man kann diesem Verfall zusehen. So ist die Kapitulation der Armenier in Nagorni Karabach diese Woche nach 24 Stunden Krieg gegen Aserbaidschan auch eine Kapitulation Russlands. Die angebliche Friedenstruppe der Russen ließ die Angreifer gewähren. Die Karabach-Armenier verschwinden von der Karte, weil Moskau der politische Wille und die militärischen Mittel zur Aufrechterhaltung des Status quo im Kaukasus fehlen.

Der russische Präsident mag noch Ränkespiele versuchen und die armenische Regierung in Eriwan zu Fall bringen, die ihn offen kritisiert. Doch die Armenier sind desillusioniert. Sie haben begriffen, dass die große russische Militärbasis im Land und die Mitgliedschaft in einem von Moskau geführten Militärbündnis keinen Wert mehr haben. Das Imperium hat versagt. Als Ordnungsmacht hat Russland in diesem Teil seines «Hinterhofes» nichts mehr zu ordnen.

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