Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Frankfurter Rundschau» zu Scholz/Kanzlerkandidat

Es kann nur besser werden, nachdem die SPD Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten nominiert hat.

Doch dafür muss dem Regierungschef und seiner Partei mehr einfallen, als die Geschlossenheit der Sozialdemokratie anzumahnen, Zuversicht zu verbreiten und sich für eine Reform der Schuldenbremse starkzumachen. Schließlich ist nicht nur die Stimmung in den eigenen Reihen nach der verstolperten Kür im Keller, sondern auch die des Wahlvolks, wie die fast 20 Prozentpunkte Rückstand auf Herausforderer Friedrich Merz und dessen CDU zeigen. Mit Respekt und ein paar Versprechen für einen besseren Mindestlohn wie beim letzten Mal werden Scholz und die Seinen das Ruder nicht herumreißen. Zu sehr wird Scholz für das Hickhack in der Ampel in den vergangenen Monaten verantwortlich gemacht, das die Erfolge wie die gemeisterte Energiekrise überstrahlt. Scholz hat die bestellte Führung zu selten geliefert. Daran ändert auch der Rauswurf von Christian Lindner nichts.


«Münchner Merkur» zu Scholz

Am Ende war das Ego des Kanzlers stärker als die Angst seiner SPD, von ihm in den Abgrund gezogen zu werden: Olaf Scholz hat seine Kanzlerkandidatur mit Hilfe einer erkennbar hilflosen Parteiführung auf Biegen und Brechen durchgesetzt, so wie 2021 die Unionsgremien Armin Laschet gegen den Wunsch der Mitglieder durchgeboxt haben.

Doch Scholz ist ein Kandidat auf Bewährung: Bessern sich seine Umfragewerte bis Jahresende nicht, könnte der Parteitag am 11. Januar den mühsam niedergeschlagenen Putsch doch noch zu Ende führen und Wählerliebling Boris Pistorius auf den Schild heben. Der bleibt der Schatten-Kanzlerkandidat. Scholz' Autorität ist beschädigt. Nur murrend zieht die SPD in einen Wahlkampf für einen Kanzler, den viele lieber losgeworden wären. FDP-Chef Lindner wirft ihm vor, die Liberalen zerstören zu wollen. In der SPD wären sie schon froh, wenn Scholz in seinem Lauf nicht die eigene Partei gleich miterledigt.


«Pravda»: Israel ist ein moralisch isoliertes Land geworden

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Montag zum Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu:

«Am Donnerstag, 21. November, hat der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen den israelischen Premier Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Joav Galant wegen schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen gegen die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen verhängt. Auch wenn sich die beiden nicht vor das Gericht stellen, ist allein diese Tatsache schon ein klares Zeichen, dass Israel bezüglich internationaler Unterstützung die schlimmste Stellung in seiner 76-jährigen Geschichte erreicht hat.

Zwar widerspricht Israel mit Unterstützung der USA: Der Gerichtshof handle ungerecht und das absichtliche Aushungern von Menschen, die aus ihren zerstörten Häusern vertrieben wurden, das Verweigern von humanitärer Hilfe, Wasser, Essen und Strom, das gezielte Bombardieren von Krankenhäusern (...) - das alles gehöre nur zum natürlichen Recht auf Selbstverteidigung und alle anderen seien ohnehin Antisemiten.

Dennoch werden sich die Anschuldigungen nie mehr wegwischen lassen. Nur wenig mehr als ein Jahr nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 und der dadurch ausgelösten Erschütterung eines großen Teils der Weltöffentlichkeit ist Israel in den Augen derselben Weltöffentlichkeit zu einem moralisch isolierten Land geworden.»


«De Tijd»: Milliardenversprechen von Baku reicht nicht

BRÜSSEL: Zum UN-Klimagipfel in Baku meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Montag:

«Es wurden Absprachen getroffen über einen internationalen Markt für Emissionszertifikate, der es leichter machen soll, Klimainvestitionen in den Ländern zu tätigen, in denen sie sich am meisten auszahlen. Und die reichen Länder sollen in den nächsten 10 Jahren Klimaschäden in armen Ländern im Wert von 300 Milliarden Dollar jährlich ausgleichen. Das ist gut.

Nur: Diese Summe ist zu gering. Und die Absprachen sind rechtlich nicht bindend, bestenfalls entsteht durch sie ein gewisser diplomatischer Druck. Doch der kümmert die beiden wichtigsten Länder der Welt wenig: die USA, wo Donald Trump in zwei Monaten Präsident sein wird, und China, das sich bei diesen Verhandlungen zum Klub der armen Länder zählt, die Geld bekommen sollen, statt anderen Geld zu geben.»


«The Irish Times»: In Baku vereinbarte Summe ist vielen zu gering

DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» kommentiert am Montag den UN-Klimagipfel in Aserbaidschan:

«Zu den positiven Ergebnissen gehört die Zielsetzung, dass die wohlhabenden Länder bis 2035 jährlich 300 Milliarden Dollar für die Klimafinanzierung bereitstellen, mit einem Fahrplan, um auf 1,3 Billionen Dollar zu kommen. Außerdem gab es eine längst überfällige Einigung über die Funktionsweise der Kohlenstoffmärkte mit mehr Transparenz.

Viele gefährdete Länder werden dem Ergebnis nur widerwillig zugestimmt haben, da sie wissen, dass es nicht ausreicht, wenn man bedenkt, dass beispielsweise allein der Hurrikan Helene die USA bis zu 250 Milliarden Dollar an wirtschaftlichen Verlusten und Schäden verursacht haben könnte.

Ein großes Manko ist die Tatsache, dass nicht weiter auf der im letzten Jahr vereinbarten Zielsetzung der Abkehr von fossilen Brennstoffen aufgebaut wurde. Darüber dürften Klimaaktivisten bestürzt sein, die sich zunehmend Sorgen über den Einfluss machen, den Lobbyisten der fossilen Brennstoffwirtschaft bei den UN-Klimagipfeln auszuüben scheinen.»


«Aktualne.cz»: Russlands Atomdrohungen sind Bluff

PRAG: Zum jüngsten russischen Einsatz einer neuen Mittelstreckenrakete gegen die ukrainische Stadt Dnipro schreibt das tschechische Nachrichtenportal «Aktualne.cz» am Montag:

«Russland hat gegen die Ukraine eine weitreichende ballistische Rakete eingesetzt, die aber über keinen Atomsprengkopf verfügte. Russland droht immer wieder mit Atomwaffen, setzt sie aber nicht ein. Und es wird sie auch künftig nicht einsetzen. Denn auf den Gebrauch von Kernwaffen müsste der Westen aus reinem Selbsterhaltungstrieb spiegelbildlich reagieren. Doch der russische Präsident Wladimir Putin und seine Umgebung fürchten den Tod genauso sehr wie die Menschen im Westen. Putin ist ein Feigling, was er täglich zur Schau stellt. Atomwaffen dienen allein der Abschreckung. Weder Putin noch seine Generalität würde es wagen, sie im Krieg zu verwenden.»


«Jyllands-Posten»: Europa darf sich nicht klein machen

AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) meint zur Zusammenarbeit Europas nach dem US-Wahlsieg von Donald Trump:

«Der französische Präsident Emmanuel Macron hat kurz nach der US-Wahl eine farbenfrohe Rede in Budapest gehalten: Die Welt bestehe aus Fleischfressern und Pflanzenfressern, sagte er. Man sollte es so verstehen: Fleischfresser, das sind die Russen und Chinesen, die sich bei nichts zurückhielten. Wir Europäer dagegen sind leider schwache Pflanzenfresser. Und wenn wir nicht aufpassen, werden wir bildlich gesprochen von den Fleischfressern dieser Welt gefressen. Klein, umringt und nachgiebig, wie wir sind - es sei denn, wir werden besser darin, zusammenzuhalten.

Dass der kommende Präsident Donald Trump zu den Fleischfressern gerechnet werden muss, ist glasklar. Und Europa ist ihm völlig egal. Wollen wir uns nun also passiv von den Fleischfressern der Erde fressen lassen? Was, wenn wir Europäer stattdessen selbstbewusst den Rücken gerade machen? In dem Fall eröffnen sich wohl neue Wege. Wo es um unseren gemeinsamen Platz in der Welt geht, muss die europäische Zusammenarbeit gestärkt werden. Wir können in dieser Zeit etwas Entscheidendes beitragen. Europa darf sich aus Angst vor den primitiven Fleischfressern dieser Welt niemals klein machen.»


«Financial Times»: Klimagipfel offenbart politische Realitäten

LONDON: Zum UN-Klimagipfel in Baku meint die Londoner «Financial Times» am Montag:

«Klimaschützer verglichen das Ergebnis mit einem Heftpflaster auf einer Schusswunde, und einige Länder unterstützten Indiens Missbilligung dessen, was es als eine «äußerst dürftige» und armselige Summe bezeichnete, die es nicht akzeptieren könne.

Aber dass ein weitaus größerer Teil der Entwicklungsländer die Vereinbarung - wenngleich nur zögerlich - unterstützte, spiegelt die politischen Realitäten wider. Dazu gehören das Gerangel um Geld in den Industrieländern, die selbst Schwierigkeiten bei der Finanzierung ihrer öffentlichen Dienste haben, ebenso wie die Tatsache, dass ein besseres Abkommen auf dem UN-Klimagipfel im November nächsten Jahres in Brasilien unwahrscheinlich ist, nachdem die Trump-Regierung dann bereits fast ein Jahr lang im Amt gewesen sein wird. (...)

Der Deal von Baku zeigt zudem, dass die Suche nach zusätzlichem Geld für den Klimaschutz Fahrt aufnimmt und sich auch auf Aktivitäten richtet, die früher in politischer Hinsicht als zu heikel galten, darunter der internationale Verkehr. Nun werden Regierungen ermutigt, «innovative Finanzierungsquellen» zu erschließen, wie zum Beispiel Kohlenstoffabgaben auf den Schiffs- und Luftverkehr. In einer idealen Welt würden dazu ein sinnvoller globaler CO2-Preis gehören.»


«La Stampa»: Beziehungen zwischen Israel und Emiraten in Gefahr

TURIN: Nach der Tötung eines israelischen Rabbiners in den Vereinigten Arabischen Emiraten und möglichen Folgen schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Montag:

«Es ist sicher, dass der Mord an dem israelischen Rabbiner in den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Israel und den Golfstaaten wirft. (...) In den vier Jahren der «Flitterwochen» zwischen Israel und den Unterzeichnerstaaten des Abraham-Abkommens sind parallel zu den Beziehungen in vielen Bereichen, vom Tourismus über die Wirtschaft bis hin zur Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Forschung, Hoffnungen gewachsen. Doch die iranische Präsenz, die vor allem durch wirtschaftliche Bestrebungen motiviert ist, ist auch eine Quelle der Spannung.

Mit seiner kosmopolitischen Bevölkerung, dem Nebeneinander verschiedener Nationalitäten und Kulturen und dem ständigen Fluss internationaler Geschäfte ist der Golfstaat ein idealer Ort für Spionageaktivitäten, verdeckte Operationen, nachrichtendienstliche Tätigkeiten und der Rekrutierung von Agenten. Der Mossad weiß das genau. Die Maßnahmen, die er nun möglicherweise ergreifen wird, nicht zuletzt wegen der Notwendigkeit, zur Abschreckung eine starke Reaktion zu zeigen, bergen die Gefahr, die Beziehungen zu untergraben und die Spannungen zu verstärken. An Mitteln und Fantasie mangelt es dem Mossad wahrlich nicht.»


«NZZ»: Staaten müssen globale Klimadiplomatie ernst nehmen

ZÜRICH: Zum UN-Klimagipfel in Baku heißt es am Montag in der «Neuen Zürcher Zeitung»:

«Neu stehen die Industriestaaten in der Verantwortung, die Klimagelder für die Entwicklungsländer bis 2035 auf 300 Milliarden Dollar jährlich hochzufahren. Aufstrebende Staaten wie China oder die Golfstaaten, die nach UN-Formulierung noch den Entwicklungsländern zugerechnet werden, werden dazu ermuntert, ebenfalls einen Beitrag zu leisten. (.)

Nach dem Geld rücken bei den UN die CO2-Emissionen wieder in den Vordergrund. Bis im Februar müssen die Mitgliedstaaten ihre Einsparpläne für den Zeitraum bis 2035 einreichen. An der 30. UN-Klimakonferenz in Belém sollen die Verhandler kommenden November diese dann zu einem globalen Fahrplan formen. So soll erreicht werden, dass der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur möglichst klein ausfällt.

Belém liegt im von starken Rodungen betroffenen Regenwald im Norden Brasiliens. Viele NGOs hoffen, dass der Handlungsbedarf den Diplomaten dort vor Augen geführt wird. Zudem könnte das Gastgeberland wieder eine stärkere Rolle einnehmen. Brasiliens Präsident (Luiz Inácio) Lula da Silva hatte vor einer Woche am G20-Treffen alle Staaten dazu aufgerufen, ihre CO2-Emissionen schneller als bisher angekündigt zu senken. Doch die globale Klimadiplomatie wird auch künftig nur funktionieren, wenn die Staaten sie ernst nehmen. Ob Baku oder Belém - Donald Trump dürfte es kaum kümmern, wo der Gipfel stattfindet, von dem er nicht viel hält.»


«Washington Post»: Strafgerichtshof macht sich unglaubwürdig

WASHINGTON: Die «Washington Post» kritisiert die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Joav Galant:

«Syriens Präsident Baschar al-Assad hat Chemiewaffen eingesetzt und eine blutige Kampagne ethnischer Säuberung geführt bei seiner brutalen Unterdrückung eines Aufstands, die mehr als eine halbe Million Menschen getötet hat, die meisten davon Zivilisten. In Myanmar sind Junta-Chef Min Aung Hlaing und seine Armee verantwortlich, Dörfer in ihrem Krieg gegen die lange verfolgte Rohingya-Minderheit zu bombardieren. Und im Sudan droht ein neuer möglicher Genozid in der Darfur-Region durch General Mohamed Hamdan Daglo, genannt «Hemedti». Wen also will der Internationale Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen verhaften? Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Joav Galant.

Israel ist kein Mitglied des IStGH, und die Haftbefehle werden kaum praktische Auswirkungen haben, außer wahrscheinlich Netanjahu und Galant daran zu hindern, in Länder zu reisen, die zugesichert haben, sie zu vollziehen (...) Aber die Haftbefehle untergraben die Glaubwürdigkeit des IStGH und untermauern Vorwürfe der Scheinheiligkeit und der selektiven Verfolgung. Der IStGH stellt gewählte Anführer eines demokratischen Landes mit seiner eigenen unabhängigen Gerichtsbarkeit auf eine Stufe mit Diktatoren und autoritären Herrschern, die straffrei töten.»

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