Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Der Standard»: Börsencrash als reinigendes Gewitter oder Trend?

WIEN: Die Talfahrt der Aktien kommentiert die Wiener Zeitung «Der Standard»:

«An der Börse kann sich die Stimmung schnell drehen, die Angst, etwas zu verpassen, ist der Panik vor Kursverlusten gewichen. Denn die Fallhöhe ist groß. Vor allem bei jenen Unternehmen, die zuvor jahrelang den Aufschwung an der Börse angeführt haben, mittlerweile zu den wertvollsten der Welt zählen und dadurch auch die Aktienindizes dominieren. Die sogenannten Magnificent Seven, also die glorreichen Sieben, sind durchwegs US-Technologiekonzerne wie Amazon, Apple oder der Chiperzeuger Nvidia mit hohen Wachstumsraten, aber nicht minder hoher Bewertung an der Börse. Können sie die hochgeschraubten Erwartungen nicht erfüllen, brechen die Kurse wie derzeit umgehend ein. (...) Der derzeitige Abverkauf könnte sich auch als reinigendes Sommergewitter erweisen und der Höhenflug der Wall Street weitergehen. Investierende sollten aber angesichts zunehmender Hinweise damit rechnen, dass es auch anders kommen kann.»


«Handelsblatt» zu den Ausschreitungen in Großbritannien

Im Kampf gegen Fake News haben die westlichen Demokratien noch keine wirksamen Mittel gefunden. Extremisten schlachten real existierende Integrationsprobleme aus, laden sie mit Hass und Hetze auf. Die Brandstifter und Steinewerfer sind nur eine Minderheit. Aber die Ressentiments, die sie antreiben, dringen in die Mitte der Gesellschaft vor. Das wiederum bestärkt die Integrationsverweigerer. Die Spirale dreht sich immer weiter. Nicht nur auf der Insel. Exzesse wie in Großbritannien sind auch in Deutschland möglich, jederzeit. (.)

In einem angeheizten gesellschaftlichen Klima wirken Onlinemedien wie Brandbeschleuniger, weil sie gerade die Aufwiegler, die Lügen zu Fakten verdrehen und Fakten zu Lügen umdeuten, mit Reichweite belohnen. Länder wie Russland, das einen hybriden Krieg gegen Europa führt, nutzen das aus, fachen Hass und Hetze im Netz weiter an, um die europäischen Demokratien zu schwächen.


«Stuttgarter Zeitung» zu Lindner/Etatstreit in der Ampel

Es gibt Gründe, die Finanzpolitik Christian Lindners zu kritisieren.

Das gilt vor allem für sein ideologiegetriebenes Festhalten an der Schuldenbremse. Diesmal aber steht der Liberale zu Unrecht im Sturm. Lindner hatte früh darauf aufmerksam gemacht, dass rechtliche Bedenken geklärt werden müssten. Nun bestätigt ein Gutachten, dass der Zugriff auf nicht genutzte und eigentlich für die Gaspreisbremse vorgesehene Mittel der Förderbank des Bundes rechtlich riskant ist. Und dasselbe gilt für die Umwidmung von Zuschüssen an die Bahn als Darlehen. Lindner hat das öffentlich gemacht. Das ist sein Job. Ihm daraus den Vorwurf zu machen, gemeinsame Vereinbarungen aufzukündigen, ist unverfroren. Es scheint, die Angriffe sollen eher das peinliche Faktum überspielen, dass die Einigungen im Haushaltsstreit von Anfang an auf Sand gebaut waren.


«Frankfurter Rundschau» zu Rücktritt Regierungschefin von Bangladesch

Von einer demokratischen Hoffnungsfigur, der Tochter eines Unabhängigkeitshelden, ist Sheikh Hasina zur "Eisernen Lady" geworden. Seit Beginn der Massenproteste, die sich gegen Quoten im öffentlichen Dienst richteten, sind mindestens 300 Menschen getötet worden. Tausende Demonstrierende wurden festgenommen.

Es ist schwer abzuschätzen, wie und ob Bangladesch zur Ruhe und zu einem demokratischen System zurückkehren wird. Sheikh Hasina hat den Staatsapparat verriegelt und jahrelang ein nepotistisches und korruptes System begünstigt.

Am Montag wurde die Regierungschefin in die Ecke gedrängt und trat schließlich zurück. Das ist eine gute Nachricht für Bangladesch. Die demokratische Fassade ließ sich nicht mehr aufrechterhalten. Die Ära der "Eisernen Lady" scheint vorbei zu sein.


«Rzeczpospolita»: Polen braucht Zuwanderung

WARSCHAU: Auch in der polnischen Gesellschaft, die Zuwanderung sehr kritisch sieht, gibt es den Ruf der Wirtschaft nach qualifizierten ausländischen Arbeitskräften, schreibt die Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Montag:

«Die polnische Wirtschaft hat immer dramatischer mit einem Mangel an Arbeitskräften zu kämpfen. Es gibt Branchen wie den Bau, in denen mehr als die Hälfte der Firmen Probleme signalisiert, Arbeitskräfte zu finden. Große Lücken gibt es auch in der Landwirtschaft und in der Transportbranche. Die demographische Lage ist schlecht. Die polnische Gesellschaft altert schnell. (...) Es ist also ein Fakt, dass die Wirtschaft eine schlüssige Migrationspolitik braucht mit Programmen, um interessierten ausländischen Fachkräften die Übersiedlung in unser Land und Arbeit zu ermöglichen. Unternehmer und Arbeitgeberverbände drängen die Regierung schon lange dazu. Die frühere (nationalkonservative) Regierung hat sich taub gestellt. Die neue hat vermutlich keine andere Wahl.»


«Sme»: Eskalation in Nahost ist nicht ausgeschlossen

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Sme» schreibt am Montag zur Gefahr einer kriegerischen Eskalation im Nahen Osten:

«Der Führer des politischen Flügels der Hamas, der in seiner Residenz in Teheran "chirurgisch" beseitigt wurde, ist als Kriegsgrund unverständlich bis absurd. Dieser (Ismail) Hanija ist schließlich nicht der erste und nicht der zweite Terrorist, dessen Existenz der (israelische Geheimdienst) Mossad und / oder ein US-Geheimdienst ausgelöscht hat. (...) Eine Expertise beruhigt: Die iranische Gefahr einer Rache für die Rache für die Rache ist ein rhetorisch hochgepokertes Spiel. Denn Teheran kann aus verständlichen Gründen - weil es schwächer ist - keine weitreichende Eskalation wollen. (...)

Immerhin sagt man (dem geistlichen Führer des Iran, Ajatollah Ali) Chamenei und seinen Kollegen einen gewissen Pragmatismus nach, gerade weil sie sich bewusst seien, dass nach einem möglicherweise sogar weltweiten Krieg ihr Hauptproblem nicht mehr sein wird, Israel zu bestrafen, sondern ihre eigene Existenz zu bewahren. Andererseits soll eine Eskalation auch (dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin) Netanjahu gelegen kommen. Er wird beschuldigt, aus eigennützigsten Gründen die Vereinbarung "Geiseln gegen Waffenstillstand" zu behindern. Solange nämlich in Gaza - und theoretisch auch überall rundherum - gekämpft wird, sind vorgezogene Parlamentswahlen tabu.»


«Neatkariga Rita Avize»: Gegen Putin - aber auf der Seite Russlands

RIGA: Zur Pressekonferenz der im Zuge eines Gefangenenaustausches zwischen Russland und den USA sowie anderen westlichen Staaten freigelassenen Kremlgegner Ilja Jaschin, Andrej Piwowarow und Wladimir Kara-Mursa in Bonn meint die lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» am Montag:

«Die Pressekonferenz von Jaschin, Piwowarow und Kara-Mursa hat deutlich gezeigt, was zuvor vermutet wurde: In Russland gibt es keine politische Persönlichkeit, und in naher Zukunft ist auch nicht damit zu rechnen, dass eine solche politische Persönlichkeit auftaucht, die klar und deutlich sagen würde: «Das Problem ist nicht nur Putin, das Problem liegt in uns allen.» Das heißt: im buchstäblich angeborenen Chauvinismus, Imperialismus und dem unstillbaren Durst nach «Größe» der russischen Bevölkerung.

Diese Pressekonferenz zeigte, dass Putins Gegner, egal, wie sehr sie Putin selbst hassen mögen, immer auf der Seite Russlands bleiben werden, egal, was dieses Russland ist. Auch wenn es seine Nachbarn tötet, fremde Gebiete besetzt und terroristische Regime anderswo auf der Welt unterstützt. Und für diese Einstellung werden sie immer eine Entschuldigung finden. Daher sollte sich niemand von den Aussagen dieser «Oppositionellen» täuschen lassen. Sie mögen zwar auch Putins Gegner sein, aber sie können keine Freunde der bedrohten Nachbarn Russlands sein.»


«Information»: Putins Geisel-Diplomatie funktioniert

KOPENHAGEN: Die linksliberale dänische Tageszeitung «Information» meint am Montag zum Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen:

«Mitten im Rausch der Erleichterung darüber, den 32-jährigen Evan Gershkovich und 15 weitere Gefangene nach dunklen Monaten und Jahren in russischen Gefängnissen mit ihren Familien wiedervereint zu sehen muss man sich auch sorgen. Denn der Gefangenenaustausch am Donnerstag zwischen Russland und dem Westen bringt auch eine unangenehme Konklusion mit sich: Wladimir Putins rücksichtslose Geisel-Diplomatie funktioniert.

Als der amerikanische «Wall Street Journal»-Journalist Evan Gershkovich gefangen genommen wurde, war es das Resultat eines eiskalten Kalküls Putins: Er konnte den Amerikaner später in seinem zynischen Spiel gebrauchen, um seinen wohl guten Bekannten Wadim Krassikow ausgeliefert zu bekommen. Einen Mörder, der in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, nachdem er 2019 im Auftrag des Kremls einen früheren tschetschenischen Separatisten-Anführer am helllichten Tag in einem Park in Berlin erschossen hatte.

Unter anderem die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, stand der Freilassung von Wadim Krassikow sehr skeptisch gegenüber. Denn welches Signal sendet es den Wählern sowie anderen verbrecherischen Handlangern von Putin, wenn man direkt in die Freiheit hinaustreten kann, nachdem man für einen kaltblütigen Mord mitten in einer von Europas stärksten Demokratien verurteilt wurde?

Wir müssen uns mit vielen, schweren und wichtigen Dilemmata auseinandersetzen, während wir uns über die Freilassung von Evan Gershkovich und den 15 anderen freuen.»


«El Mundo»: Der Druck auf Maduro muss verstärkt werden

MADRID: Zu den anhaltenden Protesten nach der von Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl in Venezuela schreibt die spanische Zeitung «El Mundo» am Montag:

«Nichts deutet darauf hin, dass (Präsident Nicolás) Maduro einen Wahlbetrug einräumen wird, der in der freien Welt bereits als der größte in Lateinamerika gilt. Auch nicht, dass es ihm um Frieden geht. Ganz im Gegenteil: seine Repressionsmaschinerie ist so aktiv wie nie zuvor. Maduro selbst hat persönlich die Festnahmen und die Repression gegen Hunderttausende von Venezolanern angeordnet, die sich am Samstag dem Belagerungs- und Terrorzustand widersetzt haben, den der Chavismus verhängt hat. (...)

Maduro prahlt damit, dass er «bereits 2.000 Gefangene» habe und es «kein Pardon» geben werde. Dutzende sind bereits getötet worden. Eine Woche nach den Wahlen ist es der internationalen Gemeinschaft noch nicht gelungen, Maduro dazu zu bringen, die Wahlprotokolle zu veröffentlichen. (...) Der Druck muss verstärkt werden und über Worte hinausgehen.»


«De Standaard»: Rechtsextreme schüren Gewalt mit Falschmeldungen

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Montag die antimuslimischen Krawalle in Großbritannien nach der Tötung von drei Mädchen durch einen dort geborenen 17-Jährigen mit Migrationshintergrund:

«Die Randalierer stützen sich auf Falschmeldungen, die von rechtsextremen Accounts in den sozialen Medien verbreitet wurden. Demnach sollte der Täter im Jahr zuvor als Flüchtling per Boot ins Land gekommen und Muslim sein. Rechtsextreme riefen sofort zur Gewalt gegen alles auf, was mit Muslimen und Migration zu tun hatte.

Die Polizei sah sich gezwungen, entgegen ihren Grundsätzen die Identität des mutmaßlichen Täters bekanntzugeben. Für eine Gruppe überdrehter Hitzköpfe, die nur innerhalb einer Blase in den sozialen Medien mit Gleichgesinnten kommunizieren, zählen jedoch keine Fakten, sondern nur die eigene Ansicht. (.)

Soziale Medien spielen in solchen Fällen eine üble Rolle, aber X und Telegram sind nicht die einzigen Schuldigen an der zunehmenden Gewalt. Das Vereinigte Königreich befindet sich in einem miserablen Zustand: lange Wartelisten im Gesundheitswesen, hohe Arbeitslosigkeit, Hunderte von Schulen, die wegen Einsturzgefahr geschlossen werden mussten. Zudem bedeuteten 14 Jahre Regierung der Konservativen Partei vor allem 14 Jahre Politik gegen Migranten.»


«La Stampa»: Sorge vor iranischer Reaktion wächst

TURIN: Zu einer möglichen kriegerischen Eskalation im Nahen Osten durch einen iranischen Angriff gegen Israel schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Montag:

«Der Iran hat mehrere Möglichkeiten, Israel anzugreifen: Die erste ist eine Wiederholung des Angriffs vom April mit Raketen und Drohnen. Die zweite, gefährlichere und vielleicht realistischere Option ist ein direkter Angriff vom iranischen Territorium aus, koordiniert mit einem massiven Raketenangriff der Schiitenmiliz Hisbollah aus dem Libanon. (...)

Die gezielte Tötung von Ismail Hanija in Teheran war aufgrund der Umstände, unter denen sie stattfand, ein schwerer Schlag für den Iran. Teheran kommt nicht umhin, hart zu reagieren, um kein Bild der Schwäche zu vermitteln und seine strategischen Interessen zu gefährden. Das Regime muss aber auch sein Gesicht innerhalb des Landes wahren, das unter wachsenden sozialen Spannungen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten leidet. (...)

Die sunnitischen Länder in der Region teilen mit Israel die existenzielle Bedrohung durch eine iranische Hegemonie und das Interesse, diese zu vermeiden. (...) Sie werden daher weiterhin diskret mit den USA zusammenarbeiten, da sie die indirekten politischen, wirtschaftlichen und für die regionale Stabilität relevanten Auswirkungen eines bevorstehenden iranischen Angriffs fürchten. Die Art des iranischen Vorgehens und die vorhersehbare israelische Reaktion werden die künftige Entwicklung des Nahen Ostens maßgeblich bestimmen.»


«The Times»: Soziale Medien sind zu Hasspredigern geworden

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Montag die antimuslimischen Krawalle in Großbritannien:

«Sinnlose Gewalt hat gelangweilte junge Schläger in die Stadtzentren gelockt, die kein Ziel und keine erkennbare Absicht haben, außer zu grölen, Gebäude zu zertrümmern und jeden anzugreifen, den die extreme Rechte als Zielscheibe für ihre rassistische Intoleranz ansieht. Die Regierung hat zu Recht eine schnelle und harte Reaktion gefordert. Alle Festgenommenen werden wahrscheinlich angeklagt. Die Gerichte sollten exemplarische Strafen verhängen.

Die Agenda der Randalierer mag hirnlos sein. Aber die Art und Weise, wie sie kontaktiert, organisiert, aufgehetzt und auf die Städte losgelassen werden, ist alles andere als das. Soziale Medien sind zu Hasspredigern geworden, die aufgestaute Wut und Frustration gegen Ziele richten, die von der sogenannten English Defence League und anderen Extremisten, vor allem - aber nicht nur - von der extremen Rechten als Feinde ihrer weißen, nationalistischen Sache angesehen werden. (...)

Das ist eine offenkundige Gefahr für den sozialen Zusammenhalt. Es ist zudem beschämend, dass sehr reiche Anbieter sozialer Medien sich weigern, die Verantwortung für die Desinformationen zu übernehmen, deren Verbreitung sie - zu ihrem enormen finanziellen Vorteil - auf ihren Plattformen zulassen.»

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