«Berliner Morgenpost» zu Blockade vor Druckereien
Es häufen sich Blockaden gegen Medien, am Wochenende war eine Großdruckerei im Norden betroffen.
Zeitungen verschiedener Verlage konnten nicht pünktlich ausgeliefert werden. Die Leidtragenden sind Leserinnen und Leser, die ein Recht darauf haben, informiert zu werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass in einer Gesellschaft mit Meinungsfreiheit am Ende immer jemand unzufrieden ist. Das auszuhalten, ist eine Spielregel der Demokratie. Daher müssen Zeitungen ungehindert ihre Leserinnen und Leser erreichen. Wer das mit Gewalt verhindert, will Meinung kontrollieren. Und dafür darf es kein Verständnis geben.
«Stuttgarter Zeitung» zu Besuch des polnischen Premiers Tusk in Berlin
Zwischen den Verbündeten bräuchte es mehr Verlässlichkeit denn je.
In Europa hat kaum ein Thema mehr Potenzial, den Kontinent in einen Abgrund zu reißen, als die Zukunft der Ukraine. In wenigen Tagen jährt sich der russische Überfall zum zweiten Mal, wie es weitergeht, ist völlig offen. Sicher ist, dass die Ukraine nicht überleben wird, wenn Hilfe und Unterstützung nachlassen. Sicher ist auch, dass selbst dann, wenn die Waffen irgendwann schweigen werden, die Probleme noch lange nicht gelöst sind. Ein zerschossenes und ausgeblutetes Land muss nicht nur wieder aufgebaut, es muss auch in eine Sicherheitsarchitektur integriert werden. Das geht nicht ohne die USA. Und es geht nur, wenn in Europa die Akteure an einem Strang ziehen. Die polnisch-deutsche Zusammenarbeit ist dabei wegen geografischer Gegebenheiten mit die Wichtigste.
«Handelsblatt» zu Elektronikfertigung/Europa
In Brüssel und Berlin reden die Politiker viel von der Resilienz der europäischen Wirtschaft, also von der Fähigkeit, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen und Abhängigkeiten zu verringern.
Aus diesem Grund unterstützen die Regierungen den Bau neuer Chipfabriken mit Milliarden. Unter allen Umständen sollen die Firmen in Europa mit den wichtigen Bauteilen versorgt werden. Die vor- und nachgelagerten Teile der Lieferkette werden bis jetzt indes viel zu wenig beachtet. Dabei ist wenig gewonnen, wenn Europa zwar wieder in großem Stil Chips produziert, diese Bauelemente anschließend aber zur Weiterverarbeitung nach Fernost geflogen werden müssen. Oder wenn zwar Chips vorhanden sind, aber die Leiterplatten aus China fehlen. (.) Im Gegensatz zu den Halbleiterherstellern brauchen die letzten Elektronikfertiger hierzulande keine Milliardenhilfen, um zu investieren. Es würde schon reichen, sie nicht weiter zu benachteiligen gegenüber ihren Wettbewerbern in Übersee.
«Frankfurter Rundschau» zu Berlin-Wahl
Ob es die kleine Generalprobe für mehr Wahlgerechtigkeit gebraucht hat, kann man bezweifeln.
Der 26. September 2021 war ein Chaoswahltag auf allen Ebenen - warum musste er aber nur auf Länderebene komplett wiederholt werden? Waren die Voten der 550.000 Wahlberechtigten so gravierend beeinträchtigt, dass man nun ganz neue Ungerechtigkeiten in Kauf nahm? So gab es Wähler:innen, die zweimal fürs gleiche Parlament ihre Stimmen abgeben durften, einfach, weil sie in der Zwischenzeit in einen Wahlbezirk gezogen waren, in dem wiederholt wurde. Anders herum durften jene, die weggezogen waren, nicht mitmachen - obwohl sie vor zweieinhalb Jahren schon nicht zum Zuge kamen. Nächstes Jahr im Herbst sind auf alle Fälle wieder alle an der Reihe. Berlin ist dann sicherlich auch für eine reguläre Bundestagswahl besser gerüstet.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Gleichgewicht/nuklearen Schrecken
(.) Die Europäer müssen ohne jeden weiteren Verzug massiv konventionell aufrüsten.
Sie müssen aber auch über Nuklearstreitkräfte verfügen, die das Gleichgewicht des Schreckens in Europa wiederherstellen können, das von Amerika aus so gestört wird, wie Moskau sich es nie zu hoffen gewagt hatte. Warum hat Scholz noch immer nicht auf die Angebote Macrons reagiert, darüber zu sprechen, ob und wie Deutschland unter den (viel kleineren) französischen Nuklearschirm schlüpfen könnte? Weil Le Pen schon sagte, wenn sie Präsidentin werde, könne Berlin das gleich wieder vergessen? Die Ampel, so scheint es, will gar nicht erst anfangen, über eine alternative nukleare Abschreckung nachzudenken, weil sie fürchtet, dass am Ende das letzte Tabu der deutschen Sicherheitspolitik fallen müsste: der Verzicht auf eigene Atomwaffen.
«Rzeczpospolita»: Trump spielt mit der Zukunft Mittel- und Osteuropas
Zu den jüngsten Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Montag:
«Der ehemalige US-Präsident gilt seit langem als unberechenbar, er sagt, was ihm in den Sinn kommt, auch beim Thema Sicherheit. Jetzt hat er vorgeschlagen, dass Russland mit den Nato-Verbündeten machen soll, was es will, wenn sie nicht so viel für ihre Verteidigung zahlen, wie es ihm angemessen erscheint. Und da Donald Trump erneut Präsident werden könnte, sollten diese Worte als Vorbote ernsthafter Probleme für die westliche Welt, insbesondere für Polen und unsere Region, verstanden werden.
Ist in Trump noch etwas von dem Geschäftspragmatismus übrig, der ihn angeblich auszeichnete? Es wird immer schwieriger, das zu glauben, denn der Milliardär ließ außer Acht, dass alle Nato-Länder, die in der Nähe von Russland liegen, weit mehr als die empfohlenen zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben, Polen sogar mehr als die USA. Es ist zu hoffen, dass Trumps Erklärungen von den amerikanischen Wählern polnischer, litauischer, lettischer, und finnischer Herkunft gehört werden. Ihnen muss geholfen werden, die richtigen Schlüsse zu ziehen, denn in mehreren Staaten können sie den Ausgang der Wahl beeinflussen. Amerikaner, Donald Trump spielt mit der Zukunft der Länder eurer Vorfahren!»
«Wall Street Journal»: Trumps riskante Prahlerei
NEW YORK: Das «Wall Street Journal» kommentiert am Montag jüngste Äußerungen von Ex-US-Präsident Donald Trump, der bei einer Wahlkampfveranstaltung die Beistandspflicht für säumige Nato-Mitglieder infrage gestellt hat:
«Donald Trump sagt oft provokante Dinge, oftmals absichtlich, um seine Gegner aufzuwiegeln und den Rundfunk zu beherrschen. Aber seine Äußerungen von Samstag, er habe dem Präsidenten eines Nato-Verbündeten einmal gesagt, er würde Wladimir Putin zu einer Invasion aufmuntern, sind der Grund, warum Amerikaner ihn nicht erneut wählen werden, auch nicht im Rennen gegen einen geistig abbauenden Präsidenten (Joe) Biden.
Abschreckung hängt von einer Kombination aus Gewalt und dem Willen ab, diese einzusetzen. Trumps Prahlerei, dass er einem Verbündeten nicht helfen würde, wird Zweifel unter unseren Alliierten säen und könnte Putin zu der Annahme verleiten, dass er mit einer weiteren Invasion davonkommen könnte. Putin hat praktisch gesagt, dass die baltischen Staaten rechtmäßig zu Russland gehören. (...)
Die USA sollten eine Wahldebatte über die wachsenden Gefahren für die Sicherheit der USA führen und darüber, wie man diesen begegnen kann. Stattdessen haben wir einen Amtsinhaber, der den Zusammenbruch der US-Abschreckung zu verantworten hat, und einen republikanischen Spitzenkandidaten, der für Diktatoren schwärmt. Kein Wunder, dass Putin dieser Tage so selbstbewusst wirkt.»
«Nepszava»: Ungarn opferte nach Skandal Marionetten der Regierung
BUDAPEST: Über den Rücktritt von Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novak und den Rückzug aus der Politik der früheren Justizministerin Judit Varga nach der von beiden verantworteten umstrittenen Begnadigung in einem Pädophilie-Fall schreibt die links-liberale ungarische Tageszeitung «Nepszava» am Montag:
«Niemand sollte daran zweifeln, dass (die rechtspopulistische Regierungspartei) Fidesz von Anfang an versucht hat, den Skandal unter den Teppich zu kehren, was dann nach mehr als einer Woche zum Sturz ihrer beiden Politikerinnen (Novak und Varga) führte, die eigentlich als positive Aushängeschilder vorgesehen waren. Am ersten Tag des Skandals wusste die Regierungspartei genau, womit sie es zu tun hatte. Dennoch warf sie der (oppositionellen) Linken Hitzköpfigkeit vor und machte geltend, dass sie die Rechte der Präsidentin der Republik(.) respektiere. Katalin Novak hatte weder das Gefühl noch wurde ihr dieses vermittelt, dass sie nicht in der Lage sei, dieses Problem zu überwinden. (...) Novak sagte, dass Begnadigungsfälle grundsätzlich umstritten seien und dass sie ihre Entscheidung nicht begründen müsse. In den ersten Tagen glaubte Fidesz, dass dieser Satz genügen würde (...). Aber sie haben sich geirrt (.).
Es ist nicht auszuschließen, dass sie (die Regierenden) mit zwei führenden Opfern (Novak und Varga) aus der Bredouille kommen und es erneut schaffen, die Mehrheit der Gesellschaft davon zu überzeugen, dass Fidesz eine Partei mit reinen Moralvorstellungen sei (...). Diese Gesellschaft sollte aber wissen, dass besagte Opfer in Wirklichkeit Marionetten sind. Sie waren es. Und der wahre Verantwortliche versteckt sich irgendwo. Denn hier geht es um weit mehr als nur um eine falsche Begnadigungsentscheidung.
«Information»: Trump sorgt wieder für Verunsicherung über Nato-Bündnis
KOPENHAGEN: Die linksliberale dänische Tageszeitung «Information» kommentiert am Montag die Aussage Donald Trumps, Nato-Verbündete, die ihre Verteidigungsausgaben nicht zahlen, nicht gegen Russland verteidigen zu wollen:
«Selbst an seinen eigenen Maßstäben für wilde Äußerungen gemessen, waren es verrückte Worte, die am Samstag aus Donald Trumps Mund kamen, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina gegen die Bündnispartner der USA in der Nato austeilte.
Trump erzählte von einem Gespräch, das er mit einem nicht namentlich genannten Präsidenten eines Nato-Partnerlandes gehabt haben soll: «Sir, wenn wir nicht zahlen und von Russland angegriffen werden, werden Sie uns beschützen?», soll die Person gefragt haben, worauf Trump nach eigener Aussage antwortete: «Nein, ich würde Euch nicht beschützen. Vielmehr würde ich sie (die Russen) dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen. Ihr müsst Eure Rechnungen bezahlen.»
Trumps bizarre und besorgniserregende Aussage sollte die Europäer dazu motivieren, gezielter darauf hinzuarbeiten, sich auf dem Verteidigungssektor weniger abhängig von den USA zu machen. Die EU-Verteidigungsminister haben einiges zu besprechen, wenn sie sich am Donnerstag in Brüssel treffen. Sich die Haare zu raufen oder pompöse Absichtserklärungen zu verkünden, wird nicht reichen.»
«Corriere della Sera»: USA wählen zwischen zwei Übeln
MAILAND: Zum US-amerikanischen Wahlkampf zwischen Joe Biden und Donald Trump schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Montag:
«Die in Zeitlupe ablaufende Katastrophe, die der amerikanische Wahlkampf darstellt, könnte der ganzen Welt elf Monate lang und länger enormen Schaden zufügen (...) Es ist noch nie vorgekommen, dass eine junge Nation, die an der Spitze der technologischen Innovation steht und über die dynamischste Wirtschaft der Welt verfügt, gezwungen ist, ihren Anführer zwischen "einem Idioten und einem Kriminellen" zu wählen. Ein beleidigender und sogar vulgärer Witz, der jedoch brutal zusammenfasst, wie die beiden Amerikas den Kandidaten des jeweils anderen wahrnehmen. (...)
Angesichts dieser Horrorshow kann man sich trösten, indem man sich daran erinnert, dass diejenigen, die seit zweieinhalb Jahrhunderten gegen Amerika gewettet haben, immer verloren haben. (...) Die gegenwärtige Krise ist in mancher Hinsicht eine Neuauflage der 1960er- bis 1970er-Jahre: dieselbe Zerrissenheit, Wertekriege, Zusammenbruch des Selbstwertgefühls. (...) Der Entstehung eines neuen Amerikas können lange Erschütterungen vorausgehen. In der Zwischenzeit fehlt es der Welt der Demokratien an einem Bezugspunkt.»
«Standard»: Ägyptische Albtraumszenarien
WIEN: Eine mögliche Offensive Israels in Rafah im südlichen Gazastreifen würde Ägypten in ein Dilemma stürzen, schreibt die österreichische Zeitung «Der Standard» am Samstag:
«Es gibt nicht ein, sondern gleich zwei ägyptische Albtraumszenarien: den Wunsch der israelischen Rechten zu erfüllen, indem man mithilft, den Gazastreifen zu entleeren; die Verzweifelten aus dem Gazastreifen womöglich sogar unter Einsatz von Gewalt jenseits der Grenze zu halten. Was populär wäre - ihnen zu helfen -, käme einem politischen Selbstmord Präsident Abdel Fattah al-Sisis gleich. Auf dem Sinai Lager für neue, leicht radikalisierbare Flüchtlingsgenerationen hochziehen zu lassen wäre eine rote Linie für Ägyptens Militär.»