Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zu Machtwechsel/baden-württembergische CDU

Der neue CDU-Chef Manuel Hagel verfügt aus Zeiten der Jungen Union über einen Blick für die Weichteile des Gegners.

In Fragen der Zuwanderung und des Asylrechts lassen sich Schneisen in die grünen Reihen schlagen. Dabei lebt auch die Südwest-CDU nicht von eigener Stärke, sondern profitiert vom Erscheinungsbild der Berliner Ampel, die im Wind hängt wie eine vergessene Vogelscheuche. Hagel verkörpert dank Jugend einen Neuanfang. Neben ihm wird Kretschmann sehr großonkelhaft aussehen. Doch fehlen Hagel Erfahrung und eine Idee von der eigenen Politik, die über die Manöver der Tagespolitik hinausgehen. Die Bekanntheit kommt, sobald er vor der nächsten Landtagswahl zum Spitzenkandidaten gekürt ist. Die Wähler aber werden fragen: Kann man Hagel trauen?.


«Münchner Merkur» zu Schwarz-Rot

Durch die kriselnde Republik mit dem unheilvollen Erstarken von Radikalen wie AfD und Letzter Generation weht die Vorahnung einer heraufziehenden Großen Koalition.

Tief entfremdet haben sich nicht nur die Ampelfreunde SPD, Grüne und FDP, sondern auch Union und Grüne. Letztere werden von Merz und Söder wieder als «Hauptgegner» neben der AfD betrachtet, seit Habecks Heizungsgesetz einen Keil ins Land und auch in die SPD-Wählerschaft getrieben hat. Nicht nur die Versöhnung der Bürger mit der von den Grünen mit der Brechstange betriebenen Klimapolitik erzwingt eine Wiederannäherung der beiden Volksparteien Union und SPD. Auch in der Asylpolitik geht es nicht ohne ein - zunächst nur informelles - Bündnis der beiden. Die SPD lehnt zwar noch den Unions-Kampfbegriff «Obergrenze» ab, aber nicht mehr die dahinter stehende Idee einer Zeitenwende bei der Bekämpfung illegaler Zuwanderung.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Ampel-Pläne zu Energiestandards

Die Bundesregierung will (...) strengere Energievorgaben für Häuser der Effizienzhausstufe 40 (EH 40) verschieben: Das senkt jedoch nicht die Baukosten, sie steigen bloß nicht noch mehr.

(...) Vor Ort in den Kommunen geht das Wunschkonzert munter weiter, wenn die Stadt ein paar Stellplätze am Haus einfordert (für Autos), einen Kindergarten im Untergeschoss (für den Rechtsanspruch auf Betreuung) und überhaupt mehr Sozialwohnungen, deren Mieter weniger zahlen müssen als andere (für den sozialen Frieden). Das mag im Einzelfall ein gut gemeintes Ziel verfolgen, macht in der Summe aber das Bauen teurer. Da kann die Bundesregierung noch so viel versprechen. Für den Bau von Wohnungen zählt es, wie sehr in den Regionen neue Baugebiete, Aufstockungen und Nachverdichtungen entstehen.


«Frankfurter Rundschau» zum Wohnungsbaugipfel

Das sind alles zielführende Maßnahmen - aber ist das auch der von den Verbänden in Anlehnung an die Kanzlersprache geforderte «Wumms»? Neue finanzielle Hilfen, die eingefordert wurden, enthält das Konjunkturpaket der Regierung jedenfalls nicht.

Und viele der Vorhaben wie das Absenken der Grunderwerbssteuer oder der Bürokratieabbau bedürfen der Umsetzung in den Ländern und Gemeinden. Vorausgesetzt, dass alle guten Willens sind, wird der 14-Punkte-Plan aber seine Wirkung entfalten und die Bautätigkeit in Deutschland anregen. Durch Kostensenkungen und verbindliche wie umsetzbare Vorgaben. Die eine und letztlich entscheidende Frage wird sich aber erst im Nachhinein beantworten lassen: Tragen diese 14 Punkte dazu bei, die allgemeine Verunsicherung der Menschen hierzulande zu dämpfen? Denn es ist, wie es immer war: Wer Angst vor der Zukunft hat, der investiert nicht.


«24 Tschassa»: Ukrainekrieg könnte noch zehn Jahre weiter gehen

SOFIA: Zur weiteren Entwicklung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nach der über den Sommer laufenden ukrainischen Gegenoffensive schreibt die bulgarische Zeitung «24 Tschassa» am Montag:

«Der pro-russischen Propaganda zufolge hat die Ukraine mit diesem wahnsinnigen Abenteuer (Gegenoffensive) Selbstmord begangen und alles verloren. Der ukrainischen (Propaganda) zufolge hat sie einen kleinen, aber sehr wertvollen Fortschritt erzielt. Sollte man versuchen, die Entwicklung objektiv zu betrachten, sieht man, dass der Krieg wohl in ein Sackgasse gerät. Der könnte ohne Fortschritt in der einen oder anderen Richtung noch mindestens fünf oder zehn Jahre weitergehen. Der Westen fragt sich logischerweise, ob es sich lohnt, so viel Geld rauszuhauen.»


«La Repubblica»: Rom erhöht Spannungen mit Deutschland

ROM: Zu den Spannungen zwischen Deutschland und Italien angesichts der deutschen Finanzhilfe für Organisationen, die sich um Bootsmigranten kümmern, schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Montag:

«Die Regierung Meloni will den Kreuzzug gegen die zivilen Seenotretter-Organisationen nicht aufgeben. Auch um den Preis, dass sie vor der Sitzung des EU-Innenministerrats am Donnerstag die Spannungen mit Berlin weiter erhöht. (...) Das Klima in Europa scheint nicht günstig zu sein, um den Stillstand bei den Verhandlungen über den Asyl- und Migrationspakt zu überwinden. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass (Italiens) Innenminister Piantedosi am 28. September mit nichts anderem als einer Tasche voller weiterer leerer Solidaritätsbekundungen aus Brüssel zurückkehren wird.

Die Verbindung zwischen Italien und Deutschland wird geschwächt durch die starke Unterstützung, die Berlin den NGOs weiterhin zukommen lassen will. Neben dem Nein Polens und Ungarns wurde gestern auch Deutschlands Nein zur Krisenverordnung bei der EU-Asylreform durch Außenministerin Annalena Baerbock offiziell gemacht. Mehr noch: Deutschland erinnert Italien daran, dass «die Rettung von Menschen, die ertrinken und in Seenot geraten, eine rechtliche, humanitäre und moralische Pflicht ist». Worte, die (Italiens) Verteidigungsminister Crosetto empörten.»


«de Volkskrant»: EU leistet politischem Opportunismus Vorschub

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kritisiert am Montag die Aufhebung von Handelseinschränkungen für ukrainische Getreideprodukte durch die EU-Kommission:

«Das ist keine kluge Entscheidung. Auch wenn die Preise im Moment stabil zu sein scheinen, ist es kein guter Zeitpunkt, die Sache aus der Hand zu geben und damit den Eindruck zu erwecken, die Bauern in Osteuropa seien dem (Kriegs-)Markt schutzlos ausgeliefert. Brüssel hat damit politischem Opportunismus Vorschub geleistet, was zum Beispiel dazu führte, dass Polens rechte Regierungspartei PiS, die sich aus wahltaktischen Gründen für die Landwirte einsetzt, durch ihren Premierminister verkünden ließ, dass sie keine Waffen mehr an die Ukraine liefern werde. (...)

Solche Zwietracht ist genau das, was sich Putin erhofft. Auch in anderen westlichen Ländern wird die Unterstützung für die Ukraine nicht mehr so bedingungslos gewährt, wobei die Trumpisten in den USA die lautstärksten Störer sind. Nicht alle Folgen des Krieges lassen sich vorhersehen, abwenden, lösen oder kompensieren, aber die Sorgen von dadurch benachteiligten Menschen müssen ernst genommen werden - sonst droht die Unterstützung für die Ukraine zu bröckeln.»


«The Times»: Spanien ist polarisiert

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Montag die Proteste in Spanien gegen eine mögliche Amnestie für katalanische Separatisten:

«Pedro Sánchez, der sozialistische Ministerpräsident, ist gezwungen, sich auf separatistische Parteien zu stützen, um eine arbeitsfähige Regierung bilden zu können. (...) Wenn die katalanischen, galicischen und baskischen Parteien ihm ihre Stimmen geben, wird er Premierminister bleiben. Aber er wird sich vor dem 27. November mit ihnen einigen müssen, wenn er eine weitere Wahl und eine weitere Beschädigung von Spaniens Ruf als Land mit einer modernen, reformorientierten Regierungsführung vermeiden will.

Dieses Land ist polarisiert zwischen denjenigen, die den spanischen Staat im Wesentlichen als eine ihnen aufgezwungene Macht betrachten, und jenen, die mehr regionale Autonomie als Angriff auf die Integrität dieses Staates sehen. Jedes Zugeständnis von Sánchez, der verzweifelt versucht, an der Macht zu bleiben, verschärft diese Kluft nur. (...) Anstatt als Prügelknabe der Separatisten ins Amt zu humpeln und das Land erneut bitter zu spalten, wäre es vielleicht besser, wenn er den Menschen in einer zweiten, klärenden Wahl seine Vision eines inklusiven, kompetent regierten Spaniens vermitteln würde.»


«NZZ»: Meloni beherrscht Realpolitik

ZÜRICH: Zur Migrationspolitik der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am Montag:

«Insbesondere in der Einwanderungspolitik waren von Meloni trotz dem rekordhohen Zustrom von Migranten über das Mittelmeer bisher viel gemäßigtere Töne zu hören als noch vor einem Jahr. Italien trug im Juni auch die Reform der europäischen Asylregeln mit und verhalf zum ersten Durchbruch seit Jahren in diesem Bereich. Es war in einer so zentralen Frage ein bemerkenswerter Bruch mit den Regierungen in Ungarn und Polen, die Meloni ganz selbstverständlich ihrem Lager zugerechnet hatten. Stattdessen sucht die Ministerpräsidentin das erfolgversprechendere Bündnis mit den moderaten Kräften.

Für das nach dem Vorbild des Türkei-Abkommens vorgesehene Migrationsabkommen mit Tunesien reiste sie gemeinsam mit der EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen und dem scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte nach Tunis. Man nannte sich «Team Europe», nachdem Meloni die EU einst als Bande von Gaunern bezeichnet hatte. (...) Das Vorgehen ist Ausdruck davon, dass Meloni Realpolitik beherrscht. Italien wird das Migrationsproblem nicht alleine lösen können. Ein gutes Einvernehmen mit Brüssel ist auch deshalb essenziell, weil das Land der größte Nutznießer des milliardenschweren EU-Wiederaufbaufonds ist.»

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