«Stuttgarter Zeitung» zu Antrittsbesuch /Healey in Berlin
Boris Pistorius bot seinem britischen Gast einen herzlichen Empfang.
Auch Healey tat sein Bestes, um sich als guter Gast zu präsentieren und lobte Deutschland für die Unterstützung der Ukraine. Londons neue Labour-Regierung versucht wieder stärker auf die Europäer zuzugehen. Das ist eine gute Nachricht. Und Deutschland sollte die ausgestreckte Hand ergreifen. Denn Großbritannien mag zwar nicht mehr Teil der EU sein, Teil Europas und Teil der Nato ist das Land weiterhin. Pistorius und Healey unterzeichneten auch ein Abkommen, mit dem man die Beziehungen auf ein "neues Fundament" stellen wolle. Diese Absichtserklärung sind zunächst nur freundliche Worte. Doch den Briten scheint es ernst mit der Annäherung. Mit der Regierungsübernahme in der Downing Street scheint in London die Einsicht eingekehrt zu sein, dass die Länder in Europa den Herausforderungen der Zukunft am effektivsten begegnen können, wenn sie zusammenarbeiten.
«Handelsblatt» zu Deutsche Bank
Es ist ein lange zurückliegender Rechtsstreit, der den Vorstand der Deutschen Bank gerade ziemlich alt aussehen lässt: Die Milliardenrückstellung für eine Klage ehemaliger Postbank-Aktionäre hat das Institut in die roten Zahlen gedrückt.
Isoliert betrachtet könnte man das als Einmaleffekt abtun. Doch der teure Rechtsstreit ist auch ein Symbol dafür, wie gering die Puffer für böse Überraschungen bei der Deutschen Bank sind. Und wie häufig es anders kommt als vom Management gedacht.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu IZH-Verbot
So entschlossen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen den Rechtsextremismus handelt, so zögerlich ging sie bisher mit Islamisten um.
(.) Einen religiösen Verein zu verbieten ist keine Kleinigkeit, weil die Religionsfreiheit auf dem Spiel steht. Ein Verein, der hinter seiner religiösen Maske aber Menschenverachtung predigen lässt und damit notorisch gegen die Verfassung verstößt, hat im deutschen Vereinsregister nichts zu suchen. Die Samthandschuhe des Staates sind nur damit zu erklären, dass sich Politiker leicht durch den Vorwurf einschüchtern lassen, sie seien islamfeindlich, wenn sie gegen Islamismus vorgehen. Aber gerade Muslime, denen an einer freiheitlichen Religionsausübung gelegen ist, schützt eine klare Trennung zwischen Islam und Fassade.
«Frankfurter Rundschau» zu Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg
Eine religiöse Organisation so zu neutralisieren, bedarf im Rechtsstaat besonderer Begründung.
Im Fall des IZH dürfte es aber Belege genug geben, dass das Zentrum als Auslandsorgan Teherans agiert, mitbeteiligt ist an Nachstellungen gegen Exil-Iraner:innen und sich verfassungsfeindlich betätigt. Erst letzte Woche hat das Verbot des "Compact"-Komplexes hier und da kritische Fragen ausgelöst, jetzt greift das Bundesinnenministerium erneut zu einer seiner schärfsten Waffen. Wird der Staat zu autoritär? Diese Frage können wache Bürger:innen sich nicht oft genug stellen. Die Antwort aber, aktuell jedenfalls: Angesichts der wachsenden Schlagkraft aggressiv-autoritärer Gruppierungen an den Rändern der Gesellschaft ist dermaßen wohldosierte staatliche Autorität ein Muss.
«Münchner Merkur» zu Blaue Moschee
Dass die "Blaue Moschee" kein frommes Haus der Glaubensverkündung ist, sondern eine Außenstelle des Teheraner Terror-Regimes, war in der deutschen Politik schon unter Merkels Kanzlerschaft bekannt.
Viel zu lange hatte man in Berlin darauf gesetzt, mit den Mullahs im Geschäft bleiben zu können. Als der damalige US-Präsident Donald Trump das Atom-Abkommen mit Iran kündigte, weil Teheran entgegen seinen Beteuerungen doch an der Entwicklung der Atombombe gegen Israel bastelte und im Nahen Osten sein Terror-Netzwerk spann, sperrten sich die Europäer gegen Sanktionen und ließen sich vom Teheraner Regime weiter zum Narren halten. Spät hat sich die Regierung nun doch zum Handeln entschlossen. Weitere Verbote, etwa der auch unter deutschen Muslimen gefürchteten Gruppierung «Muslim Interaktiv» oder der "Generation Islam", müssen folgen, damit Deutschland nicht zum Aufmarschgebiet für Islamisten wird.
«Rzeczpospolita»: Zu viel Ehre für Netanjahu in den USA
WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» äußert sich am Mittwoch kritisch zu dem Empfang mit hohen Ehren für den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in Washington:
«Der Präsident der Ukraine muss bangen um weitere US-Militärhilfe im Krieg gegen die russischen Angreifer. Zugleich erhält der israelische Ministerpräsident außerordentliche Unterstützung von Amerika - sowohl von den Republikanern als auch von einem großen Teil der Demokraten. Diese Haltung des wichtigsten westlichen Landes hilft sicher nicht, den Rest der Welt, den sogenannten Globalen Süden, von der westlichen Sicht auf den Ukraine-Krieg und eine Eindämmung Russlands als imperialistischer Bedrohung zu überzeugen. Es schadet uns, den Nachbarn Russlands.
Netanjahu wird von vielen als Politiker gesehen, der mit Blick auf die eigene politische Karriere den Krieg im Gaza-Streifen nicht beenden will. Einen Krieg, in dem die Zahl ziviler Opfer längst die Grenzen einer Verteidigung gegen die Hamas-Terroristen übersteigt. Seine Regierung hält sich nur dank der Unterstützung extremer Nationalisten und Rassisten. Indem die USA zeigen, dass sie das nicht stört, schaden sie dem Lager der Freiheit, das sie gern anführen wollen.»
«Dagens Nyheter»: Trump ist weiterhin Favorit
STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert den Rückzug von US-Präsident Joe Biden von der erneuten Präsidentschaftskandidatur zugunsten seiner Vizepräsidentin Kamala Harris:
«Erst Erleichterung, dann Euphorie. Das waren die Gefühle auf dieser Seite des Atlantiks - genau wie unter Gegnern von Donald Trump auf der anderen - nachdem Joe Biden ausgestiegen ist. Der Präsident wurde dafür gelobt, sein Land über sich selbst zu stellen. Kamala Harris wurde als knallharte Staatsanwältin beschrieben, die Schurken wie Trump zum Frühstück verspeist. Aus Spaltung wurde bei den Demokraten innerhalb von 24 Stunden Einigkeit. Der Matchplan der Republikaner, der darin bestand, Biden als alt und senil darzustellen, wurde in tausend Teile zerschlagen. Das hier ist mehr oder weniger entschieden, Trump bereits besiegt, wie es schien. Aber nichts könnte irreführender sein.
Diejenigen, die nüchtern auf die Voraussetzungen der Wahl blicken, stellen fest, dass Trump trotz allem weiterhin Favorit ist. Hoffnung und Enthusiasmus sollten nicht unterschätzt werden, aber hoffentlich sieht die Harris-Kampagne ein, dass für den Sieg mehr als das erforderlich ist.»
«The Times»: Peking strebt nach mehr Einfluss in der Weltpolitik
LONDON: Die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah haben in Peking die Absicht erklärt, ihren langjährigen Konflikt beenden zu wollen. Dazu meint die Londoner «Times» am Mittwoch:
«Im Nahen Osten wurden schon früher Abkommen geschlossen, ohne dass dies zu einer nennenswerten Verbesserung der Bemühungen um eine Zusammenarbeit geführt hätte. Skepsis ist daher nur natürlich, wenn es um das am Dienstag unterzeichnete «Versöhnungsabkommen» zwischen Hamas, Fatah und einer Reihe anderer Gruppen geht, die behaupten, das palästinensische Volk zu vertreten. (...)
Vor diesem Hintergrund wurde die Aufmerksamkeit eher auf den Ort des Abkommens gelenkt. Denn es ist das zweite Mal innerhalb von etwas mehr als einem Jahr, dass Rivalen aus dem Nahen Osten in Peking zusammenkommen. Im März 2023 einigten sich Saudi-Arabien und der Iran, die zuvor miteinander auf Kriegsfuß standen, unter dem wachsamen Blick des erfahrenen chinesischen Außenministers Wang Yi auf eine Deeskalation. In gewisser Weise sind daher die Verhandlungen zwischen der Fatah, die traditionell von Riad unterstützt wird, und der Hamas, die Hilfe aus Teheran erhält, eine natürliche Fortsetzung. (.)
Es sind durchaus Zweifel daran angebracht, dass ausgerechnet die Kommunistische Partei Chinas Frieden schaffen kann. Aber während sich Amerika über seine Rolle in der Welt uneins ist, steht China in den Kulissen bereit und ist begierig, daraus Kapital zu schlagen.»
«NZZ»: Haarsträubende Schludrigkeit des Secret Service
ZÜRICH: Zum Rücktritt der Chefin des Secret Service, Kimberly Cheatle, nach dem Attentat auf Ex-Präsident Donald Trump meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Mittwoch:
«Die Schludrigkeit des Secret Service war haarsträubend. Der 20-jährige Attentäter konnte auf das Dach eines 137 Meter vom Ziel entfernten Gebäudes klettern und drei Schüsse aus seinem Sturmgewehr abgeben. Und das, obwohl ihn Sicherheitskräfte eine satte Stunde zuvor als Risiko identifiziert hatten, und er rund zehn Minuten vorher beim Hinaufklettern auf das Dach gesichtet worden war. (.)
Je länger der Secret Service Antworten schuldig bleibt, desto wilder kursieren Verschwörungstheorien über die Gründe dieses Attentats. Trump-Anhänger fantasieren, Joe Biden habe den Anschlag auf Trump in Auftrag gegeben, demokratische Kreise, Trump habe den Anschlag inszeniert.
Kimberly Cheatles Rücktritt ist das Mindeste, was unternommen werden muss, um das erschütterte Vertrauen der Amerikaner in die Sicherheit dieser Wahlen zu reparieren.»
«Hospodarske noviny»: Karten werden neu gemischt
PRAG: Zum Präsidentschaftswahlkampf in den USA schreibt die liberale Zeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Mittwoch:
«Indem Kamala Harris in den direkten Wettkampf mit Donald Trump um das Weiße Haus tritt, ändern sich Dynamik und Themen der bisherigen Kampagne. Die wichtigste Waffe der beiden Kandidaten ist es, Angst vor dem jeweils anderen zu schüren. Die US-Amerikaner werden von der einen Seite viel darüber hören, was für eine Gefahr Trump für die Demokratie darstelle. Und die andere Seite wird sagen, dass Harris eine Vertreterin der radikalen Linken sei, deren Ziel es sei, den amerikanischen Traum zu zerstören. Man würde sich selbst täuschen, wenn man der Euphorie der Demokraten über den jetzigen Neubeginn erliegen sollte. Genauso trügerisch ist indes die Selbstsicherheit der Republikaner, die glauben, den Sieg bereits in der Tasche zu haben. Wie dem auch sei: Die amerikanische Demokratie schreibt ein weiteres, historisches Kapitel ihrer Entwicklung.»
«Corriere della Sera»: Biden geht als letzter Atlantiker
ROM: Die italienische Zeitung «Corriere della Sera» beschäftigt sich mit der Frage, wie nach der US-Wahl im November die Hinterlassenschaft von Präsident Joe Biden aussehen wird:
«Was vom Erbe bleibt, hängt vom Ausgang der Präsidentenwahl ab. Wenn das Paar Trump-Vance gewinnt, werden viele seiner Maßnahmen wahrscheinlich rückgängig gemacht, im Inland und im Ausland, vom Klima bis zur Ukraine. Wie auch immer, eines ist jetzt schon sicher: das Ende einer Ära. Mit Joe Biden verlässt der letzte der Atlantiker, jener Generation amerikanischer Staats- und Regierungschefs, die davon überzeugt waren, dass die beiden Ufer des Ozeans, die Vereinigten Staaten und Europa, ein großes, tiefes und unauflösliches Band verbindet, die Bühne. Wir Europäer täten gut daran, uns daran zu erinnern.»
«Wall Street Journal»: Politischer Kurs von Kamala Harris unklar
NEW YORK: Kamala Harris ist im strategisch wichtigen Bundesstaat Wisconsin mit seinen Wechselwählern angriffslustig in den Wahlkampf gestartet und hat sich als Gegenentwurf zu Donald Trump präsentiert. Zum Auftritt der neuen Präsidentschaftsbewerberin der Demokraten schreibt das «Wall Street Journal» am Mittwoch:
«Denkt Kamala Harris, dass sie diese Wahl gewinnen wird, indem sie die Basis der Demokraten mobilisiert? Das ist eine ernste Frage, nachdem man ihre erste Wahlkampfveranstaltung seit dem plötzlichen Rückzug von Präsident Biden aus dem Rennen 2024 gesehen hat. (...) Wofür Harris heute steht, ist weitgehend undefiniert, und sie hat etwa 100 Tage Zeit, diese Frage zu beantworten. (...)
Aber eine ihrer Schwachstellen im November ist, dass die Wähler sie, nicht ohne Grund, als weiter links ansehen könnten als Biden. (...) Wechselwähler? Wer braucht die schon. Vielleicht wird Harris in ihre Kandidatur hineinwachsen und erkennen, dass ihre Herausforderung darin besteht, sich von Biden abzugrenzen und ihre Anziehungskraft über ihre alte kalifornische Wählerschaft hinaus zu erweitern (...).
Vielleicht ist Harris tatsächlich eine überzeugte progressive Politikerin und wird als solche kandidieren - in diesem Fall wird sich niemand mehr freuen als Donald Trump.»