Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Stuttgarter Zeitung» zu Reform der Notfallversorgung

Es ist offenkundig, dass die Notfallaufnahmen der Kliniken regelmäßig von Patienten in Anspruch genommen werden, die alles andere als Notfälle sind.

Dieser Missbrauch muss dringend beendet werden. Lauterbachs Gesetz bietet plausible Instrumente, um eine bessere Steuerung hinzubekommen. Mitunter scheint der Minister aber in einer Welt der unbegrenzten Ressourcen zu leben. Er sollte die vielen Hinweise aus der Ärzteschaft ernst nehmen, die davor warnen, dass er in einigen Bereichen unnötige Doppelstrukturen schafft. Für Korrekturen bieten die Beratungen im Bundestag noch viel Raum. Ein im Ansatz richtiges Gesetz kann da noch alltagstauglich gemacht werden.


«Handelsblatt» zu Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft

Umgekehrt hat Gastgeber Starmer gerade einen überwältigenden Wahlsieg eingefahren und ist momentan der Regierungschef mit dem stärksten demokratischen Mandat im Westen.

Großbritannien kann nach dem EU-Austritt den deutsch-französischen Motor in Europa zwar nicht ersetzen. Aber das Königreich kann als Atommacht und ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gerade in der drängenden Sicherheitsfrage ein wichtiges Signal einer europäischen Zusammengehörigkeit geben, das sowohl in Moskau als auch in Washington Gehör findet.


«Berliner Morgenpost» zu Kabinettsbeschluss Haushaltsentwurf 2025

Sommerliche Diskussionen über den Haushalt wird die Ampel nicht vermeiden können.

Das ist auch gut so, denn schließlich ist der Bundestag der Haushaltsgesetzgeber und nicht das Triumvirat Scholz-Habeck-Lindner. Die entscheidende Frage ist, ob die Debatten zu einem regelrechten Sommertheater ausarten werden, was die fragile Koalition schnell wieder an den Rand des Scheiterns bringen könnte.


«The Globe and Mail»: Kritik an Trump darf nicht verstummen

TORONTO: Zum Präsidentschaftswahlkampf in den USA nach dem Attentat auf den Kandidaten der Republikaner, Donald Trump, schreibt die kanadische Tageszeitung «The Globe and Mail»:

«Trump ist wohl oder übel ein legitimer Kandidat für das Amt des Präsidenten. Er hat die Unterstützung von Millionen Wählern. Der Mordversuch an ihm wird diese Wähler zweifellos in ihrem Glauben an ihn bestärken. Aber diejenigen, die ihn ablehnen, sollten nicht plötzlich aufhören zu sagen, was so viele schon seit langem sagen - dass Donald Trump (...) eine eindeutige und gegenwärtige Gefahr darstellt für die verfassungsmäßige Demokratie und für die Rolle der USA als Bollwerk gegen Autoritarismus in der Welt. (...)

Niemand sollte etwas anderes tun, als die Ereignisse vom Samstag zu verurteilen. Gewalt ist in einer Demokratie inakzeptabel und muss bedingungslos verurteilt werden. Aber ebenso sollte niemand das, was geschehen ist, zum Anlass nehmen, Trump in einem neuen Licht zu sehen. Es wäre schön, wenn seine Begegnung mit der Sterblichkeit in ihm Respekt vor der Wahrheit und demokratischen Werten wecken würde. Aber das wird nicht geschehen, und diejenigen, die sich um die Zukunft der USA sorgen, dürfen nicht aufhören, das zu sagen.»


«La Vanguardia»: Trump legt die Karten offen

BARCELONA: Die spanische Zeitung «La Vanguardia» kommentiert am Mittwoch den Parteitag der Republikaner von Donald Trump:

«Die Parteitage in den USA sind ein hochdekoriertes Schaufenster, um ein politisches Produkt vorzustellen: den Kandidaten für das Weiße Haus (...). Ein Ritual der Parteitage ist die Enthüllung der Nummer zwei auf dem Präsidentschaftswahlzettel. Das ist kein entscheidender Faktor für die Wahl - niemand neigt dazu, mit Blick auf den Vizepräsidenten zu wählen, obwohl Joe Bidens Alter seinen Partner wichtig macht -, aber es hilft, Teile der Wählerschaft zu beeinflussen, entweder geografisch oder ideologisch.

Trump hat sich für den 39-jährigen Senator James D. Vance aus Ohio entschieden, der noch vor vier Jahren zu den kritischsten Konservativen gegenüber Trump gehörte, dem er Adjektive wie «Idiot» und «moralische Katastrophe» widmete. Seine Biografie (...) und der Glaube des Konvertiten haben ihn zu einem glühenden Trumpisten gemacht, der den Angreifern des Kapitols zugejubelt hätte. Schlechte Nachrichten für Europa und China. Er argumentiert, die Hilfe für die Ukraine sei zu kostspielig und keine Priorität für Washington, weil China der wahre Feind sei. (...) Eine Haltung, die einen Vorgeschmack auf die Außenpolitik einer möglichen zweiten Amtszeit von Donald Trump gibt.»


«Nesawissimaja Gaseta»: Mehr Klartext als bei Trump

MOSKAU: Die russische Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta» kommentiert am Mittwoch die Nominierung des US-Senators J.D. Vance zum Vizepräsidenten bei einem Wahlsieg von Donald Trump:

«Ein Vizepräsident muss sich meist in erster Linie um Außenpolitik kümmern. Da ist Vance ein Gefolgsmann Trumps, der sogar das, was dieser nur in Form von Andeutungen sagt, klar und deutlich ausspricht. Für Vance ist China der Hauptfeind und Israel der wichtigste Freund. Für die Hauptbedrohung des Landes hält er den Zustrom von Migranten aus dem Süden. Vance ist überzeugt, dass man den russisch-ukrainischen Konflikt mittels Verhandlungen lösen kann und muss. Als deren Ergebnis soll die Ukraine ein neutraler Staat werden und das seiner Meinung nach unrealistische Ziel aufgeben, ihre Grenzen von 1991 zurückzugewinnen. Als Senator hat er gegen die Hilfen für Kiew gestimmt. Vance ist wie viele Trumpisten der Meinung, dass sich um den Schutz der Ukraine vor allem die Europäer kümmern sollen.»


«Dagens Nyheter»: J.D. Vance verkörpert die neuen Republikaner

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert Donald Trumps Wahl von J.D. Vance als seinem Vizepräsidentschaftskandidaten:

«Vom Außenseitertum zur absoluten Elite, so sieht der Werdegang von J.D. Vance aus. Dass er smart ist, stellt niemand in Frage. Der Weg zum Job als Donald Trumps Vizepräsidentschaftskandidat zeigt außerdem, dass es sich um eine Person handelt, die bereit ist, alles Erforderliche dafür zu tun, um voranzukommen. In gewisser Weise ist Vance ein perfektes Symbol dafür, wie sich die Republikaner in den vergangenen acht Jahren entwickelt haben. Er verstand sehr gut, warum die Menschen von Trumps Populismus angezogen wurden, war aber wie die meisten anderen in der Partei gegen ihn.

Wie der Rest der Partei ist J.D. Vance seitdem umgeschwenkt: Er liebt den Ex-Präsidenten, verteidigt treu die Lügen vom Wahlbetrug. Eine Stimme der traditionellen republikanischen Politik wird er nicht sein. Stattdessen verkörpert er, zu was die Partei geworden ist, nämlich zu Trumps Partei - auch in Sachfragen und Ideologie: nationalistisch und populistisch. Sich dem Anführer in den Weg zu stellen, das wird er kaum tun.»


«The Independent»: Vance ist wohl noch isolationistischer als Trump

LONDON: Zu Donald Trumps Vize-Präsidentschaftskandidaten J.D. Vance meint der Londoner «Independent» am Mittwoch:

«Vance scheint in Bezug auf den Rest der Welt noch fundamentalistischer und isolationistischer zu sein als Trump. Unbekümmert - oder womöglich ganz bewusst - erklärte er letzte Woche auf einer Konferenz von Nationalkonservativen, Großbritannien sei nun vielleicht die erste islamistische Nation der Welt mit Atomwaffen «nachdem Labour die Macht übernommen hat».

Noch bedrohlicher ist, dass Vance offen bereit ist, Wladimir Putin für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu belohnen, indem riesige Gebiete dieses souveränen Staates an Russland oder vom Kreml geschaffene Marionettenstaaten abgetreten werden sollen. Dies wäre vermutlich der Fall, nachdem Trump einen Deal mit Wladimir Putin gemacht und Wolodymyr Selenskyj vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Das Echo des Münchner Abkommens von 1938 (nach dem sich das nationalsozialistische Deutschland die Sudetengebiete der Tschechoslowakei einverleibt hatte) ist ebenso klar wie erschreckend.»


«La Stampa»: Epochaler Paradigmenwechsel im Silicon Valley

TURIN: Zu Berichten über die finanzielle Unterstützung Donald Trumps durch Elon Musk und weitere Unternehmer und Investoren der US-Tech-Branche schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Mittwoch:

«45 Millionen pro Monat. Jeden Monat bis zum Ende des US-Wahlkampfs. Und alle sind für die Wahl von Donald Trump bestimmt. Elon Musk hat sich für eine Rekordspende an den Tycoon entschieden. Lange umworben, in den sozialen Medien geschmeichelt, jetzt offen unterstützt. (...) Das Geld geht an ein «Politisches Aktionskomitee», das großteils aus Unternehmern und Investoren aus dem Silicon Valley besteht. Das Herz der Tech-Branche. Keine unwichtige Tatsache. Das Silicon Valley und die gesamte Tech-Branche haben bisher die Kandidaten der Demokraten unterstützt, wenn auch nicht immer ganz offen. (...)

Die Liste der Unterstützer ist lang. Allesamt prominente Profile, die die technologische Erfolgsgeschichte des Silicon Valley mitgeschrieben haben. Jetzt unterstützen sie alle einen Kandidaten, der zuletzt noch als absolut böse galt: Donald Trump. (...) Bis zu dem Attentat auf Trump in Pennsylvania blieben die Unterstützungspläne in der Schwebe. Unmittelbar danach erklärte Musk öffentlich, dass er Trump unterstützen werde. (...) Diese Entwicklung leitet einen epochalen Paradigmenwechsel im Silicon Valley ein, das zunächst von liberaler Kultur geprägt nun eine unerwartete konservative Evolution durchmachen könnte.»


«NZZ»: Europa sollte über Nominierung von Vance besorgt sein

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch die Entscheidung von Donald Trump, den 39-jährigen Senator J.D. Vance zu seinem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft zu machen:

«Damit zeichnet er die Zukunft der Republikanischen Partei vor und - bei einer Wahl von Trump und Vance im November - einer möglichen republikanischen Regierungsära für mehrere Amtszeiten. Mit J. D. Vance setzt Trump nicht auf einen Partner, der einen mäßigenden Einfluss ausübt, sondern auf einen, der die Make-America-Great-Again-Bewegung verstärkt. (.)

In der Außenpolitik vertritt Vance einen Isolationismus, der Europa Sorgen bereiten sollte. Er ist ein vehementer Gegner der amerikanischen Militärhilfe an die Ukraine. Im Kongress war er einer der republikanischen Drahtzieher, welche das 60-Milliarden-Hilfspaket blockierten. Auch diesbezüglich politisiert J. D. Vance auf der Linie der sogenannten Neuen Rechten; das lose Netzwerk junger Konservativer will die populistisch-nationalistische Revolution von Trump in eine noch radikalere Richtung führen und schließlich ganz Amerika umgestalten.

An der Seite Trumps hat Vance nun die Chance, mit seinen politischen Ideen seine Partei und vielleicht die USA sowie die Geopolitik zu prägen. Ob und wie er das tut? Vance ist ein junger Politiker, vielleicht werden ihm Erfahrung, Verantwortung und seine bereits unter Beweis gestellte ideologische Elastizität künftig zu gemäßigteren Positionen verhelfen. Vielleicht aber auch nicht.»


«de Volkskrant»: Vance verheißt für Europa nichts Gutes

AMSTERDAM: Zu Donald Trumps Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten meint die niederländische Zeitung «de Volkskrant» am Mittwoch:

«Mit J.D. Vance hat sich Donald Trump für einen Mann entschieden, der in vielerlei Hinsicht eine jüngere Version seiner selbst ist: ein radikal-rechter Populist mit einer Vorliebe für hetzerische Rhetorik. (...) Für Europa verheißt die Entscheidung für Vance nichts Gutes. Er ist ein America-First-Ideologe, der die Hilfe für die Ukraine ablehnt, und ein Verfechter des Protektionismus, der auch vor Handelskriegen nicht zurückschreckt. Aber am gefährlichsten ist Vance für die amerikanische Demokratie. (...)

Mit dem erst 39-Jährigen hat Trump einen Kronprinzen ernannt. Natürlich kann in vier Jahren viel passieren, und Vance muss seiner prominenten Stellung erst noch gerecht werden. Aber wenn Trump im November gewählt wird, ist Vance in der Poleposition für die Wahl 2028. Trump selbst könnte nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Somit gibt die Wahl von Vance einen Ausblick auf den Trumpismus nach Trump. Dieses Bild ist alles andere als beruhigend.»

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