Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Standard»: Benko und die Intransparenz

WIEN: Zur Insolvenz der Signa-Holding des Österreichers René Benko schreibt die österreichische Zeitung «Der Standard»:

«Die Probleme waren längst offenkundig, nur hat keiner hingesehen. Das ist kein Zufall, sondern war so intendiert. Der Konzern hat alles dafür getan, dass das so bleibt. Ein hochgradig intransparentes Firmennetzwerk, eine erfolgreich lancierte Erzählung vom brillanten jungen Unternehmertum und gute Kontakte in die Politik haben dafür gesorgt, dass die Missstände bei der Signa nicht bereits früher breit zum Thema wurden. (...)

Eine aggressiv vorgebrachte Unternehmererzählung, gute Verbindungen in die Politik, das geschickte Ausnutzen der Intransparenz, die der Aufbau grenzüberschreitender Firmennetzwerke bietet: René Benko hat das perfektioniert. Und ist zu lange damit gut durchgekommen.»


«Handelsblatt» zur sinkenden Inflation

Im Rückblick wird diese geldpolitische Phase als relativ erfolgreich gelten.

Denn nur selten mussten Notenbanken gleich mit zwei Großereignissen fertig werden: den ökonomischen Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Pandemie. Gemessen daran ist es nicht überraschend, dass der Preisanstieg nicht noch schneller gebremst wurde. Das größere, nur schwer einschätzbare Risiko ist jetzt, dass die Inflationsbekämpfung mit Verzögerung wirkt und letztlich die Konjunktur unnötig schädigt. Tatsächlich hat die Wirtschaftsdynamik in Europa spürbar nachgelassen, das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands wird in diesem Jahr sogar schrumpfen. Mit etwas Glück überwindet Europa im kommenden Jahr die Wachstumsschwäche. Geldpolitik ist keine Wissenschaft, sondern immer ein Spiel von Versuch und Irrtum.


«Stuttgarter Zeitung» zum Karlsruher Urteil zur Wahlrechtsreform

Bei der Bundestagswahl 2021 brauchte es fast ein Bachelorexamen in Mathematik, um Stimmen in Parlamentssitze umzurechnen.

Deshalb haben mehr als 200 Abgeordnete dagegen geklagt. Ein Trost: Das Bundesverfassungsgericht versteht die komplizierten Regeln noch und hält das umstrittene Gesetz für verfassungskonform. Doch drei der acht Richter kommen zu ganz anderen Schlüssen. Sie schreiben der Union und der SPD, die das Machwerk zu verantworten haben, ins Poesiealbum: Ihr Gesetz entspreche nicht der demokratischen Würde des Wahlakts. Zweifel bleiben also - höchstrichterliche sogar. Das gilt erst recht mit Blick auf die neuerliche Flickschusterei am Wahlrecht durch die Ampel. Damit wird sich Karlsruhe demnächst auch zu befassen haben. Die jüngste Reform bringt die Balance von Erst- und Zweitstimmen vollends aus dem Lot. Sie würde Wähler vergraulen und damit das Gegenteil ihres Zwecks erreichen: der Demokratie zu nützen.


«Frankfurter Rundschau» zu Erwartungen an den UN-Klimagipfel in Dubai

Der Gipfel ist ja nicht dazu verdammt, die Agenda des Öl-Managers Sultan Al Jaber (Präsident der Klimakonferenz) nachzubeten.

Dieser verfolgt zwar die durchsichtige Strategie, die fossilen Energien quasi mit einem UN-Stempel als "klimafreundlich" zu versehen. Techniken wie CCS, also die Abtrennung und unterirdische Endlagerung von CO2, sollen das möglich machen. Doch fortschrittliche Länder und Ländergruppen wie die EU können das verhindern und den Weg für den echten fossilen Ausstieg freimachen. Immerhin haben sie es im Vorfeld der COP geschafft, dass eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030 ebenfalls in die Gipfel-Agenda aufgenommen wurde. Damit CCS als fossile Verlängerung durchfällt und wegweisende Beschlüsse zu den Ökoenergien gefasst werden, gibt es nur eine Lösung: Die EU und andere reiche Länder müssen dem Rest der Welt auf anderen Feldern entgegenkommen. Hier geht es etwa um solide Finanzzusagen für den geplanten Entschädigungsfonds, der arme Länder bei bereits heute eintretenden Klimaschäden unterstützen soll.


«Gazeta Wyborcza»: Die PiS zeigt ihre Verachtung für Frauen

WARSCHAU: Nach dem Sieg der Opposition hat Polens Präsident eine nationalkonservative PiS-Regierung ernannt, die maximal zwei Wochen amtieren wird. Dazu die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» am Mittwoch:

«In der grotesken Regierung von Mateusz Morawiecki, die nur für zwei Wochen ernannt wurde, gibt es nicht weniger als zehn Frauen, aber nur neun Männer. Das ist peinlich, denn es ist klar, dass diese Regierung keine großen Herausforderungen zu bewältigen hat. Der hohe Frauenanteil hat nichts damit zu tun, dass hier eine Art Geschlechterquote eingeführt wurde. Dies ist kein Sieg feministischer Gleichheitsvorstellungen, sondern im Gegenteil ihre Niederlage.

Durch die Entsendung so vieler Frauen in eine Regierung, die kurz vor dem Abgang steht, demütigen die PiS-Politiker die Frauen. Wäre dies eine Regierung für vier Jahre, würden die führenden männlichen PiS-Politiker wie Löwen um die Posten kämpfen. Die Frauen in dieser Regierung haben eigentlich nur drei Aufgaben zu erfüllen - auf Fotos gut auszusehen, hinter ihren männlichen Kollegen in den Ministerien aufzuräumen und später ihr Amt an die Vertreter der Regierung von Donald Tusk abzugeben.»


«Rzeczpospolita»: Polen hat ein ernstes Problem mit der Demokratie

WARSCHAU: Polen bekommt eine neue nationalkonservative PiS-Regierung für maximal zwei Wochen. Dazu schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Mittwoch:

«Polen hat ernsthafte Probleme mit der Demokratie. In einer Demokratie geht es darum, dass die parlamentarische Mehrheit die Regierung bildet. Doch diese Wahrheit kann sich in unserem Land nicht durchsetzen. Präsident Andrzej Duda hat eine Regierung vereidigt, die nicht über eine parlamentarische Mehrheit verfügt. Zuvor hatte der Präsident Konsultationen abgehalten, um herauszufinden, wie sich diese parlamentarische Mehrheit zusammensetzt. Heute zeigt sich, dass dies nur Theater war, um die Öffentlichkeit in die Irre zu führen.

Die Rolle des Präsidenten besteht darin, (nach der Wahl) eine reibungslose Übergabe der Macht an die Parlamentsmehrheit zu ermöglichen. Die Ankündigung Dudas, ins Ausland zu reisen, anstatt zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine neue Regierung zu ernennen, sorgt weltweit für Verwunderung. Der Präsident verlängert eine Regierung, die keine demokratische Legitimation hat. Und das zu einer Zeit, in der das Umfeld Polens instabil ist, wie die Entwicklungen in der Ukraine und die Blockade der Grenze durch polnische Fuhrunternehmer zeigen.»


«Washington Post»: USA sollten Myanmars Demokraten jetzt unterstützen

WASHINGTON: In Myanmar erheben sich bewaffnete Gruppen gegen das regierende Militär. Die USA sollten klar die demokratische «Nationale Einheitsregierung» unterstützen, die sich nach dem Putsch 2021 als Alternative zur Junta gebildet hat, schreibt die «Washington Post» am Dienstag:

«Die Junta ist geschwächt. Weiterer Druck könnte einen Zusammenbruch beschleunigen. Falls das passiert, könnte dies ins Chaos führen, bei dem rivalisierende ethnische Armeen die verschiedenen Regionen kontrollieren und ein Vakuum im Zentrum entsteht. China würde wahrscheinlich darauf mit Einrücken reagieren, um die Regionen entlang der Grenze (mit Myanmar) zu sichern; China hat bereits Militärübungen nahe dem Shan-Staat abgehalten. Im schlechtesten Fall könnte Myanmar ein gescheiterter Staat werden, was die Probleme von Menschenhandel und verbotenen Drogen noch verschlimmern würde.

Um solche Eventualitäten abzuwenden, sollten die USA die Nationale Einheitsregierung unterstützen und vorbereiten, indem sie jetzt ernsthafte Gespräche mit deren Repräsentanten aufnehmen. Mitglieder der Gruppe sagen, dass sie wollen, dass das künftige Myanmar demokratisch und föderativ wird, Ethnien anerkennt und Rechte von Minderheiten garantiert. An diese Absichtserklärungen müssen sie bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung gebunden werden, denn nur sie können Myanmar stabilisieren. Die schwere Planung sollte jetzt beginnen.»


«La Stampa»: COP28 muss Zeit für Paradigmenwechsel nutzen

ROM: Die italienische Zeitung «La Stampa» meint am Mittwoch zum Beginn des Weltklimagipfels COP28 in Dubai:

«Die Tatsache, dass der Präsident der COP28, Sultan Ahmed al-Dschaber, auch den elftgrößten Öl- und Gaskonzern der Welt leitet, deutet nichts Gutes an. Ebenso wenig wie die Abwesenheit von ökologischer Landwirtschaft im Programm, einer Praxis, die von der (UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation) FAO, dem Weltklimarat und zahlreichen Bewegungen aufgrund ihres positiven Beitrags zur Gesundheit des Planeten und der Menschheit anerkannt wird.

Stattdessen finden technologische Innovationen wie klimasmarte Landwirtschaft, synthetisches Fleisch, die Anwendung künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft und so weiter ausreichend Platz. Ohne einen Paradigmenwechsel, ohne eine Versöhnung mit der Natur, ist es jedoch schwierig, sich vorzustellen, wie die globale Erhitzung eingedämmt werden kann. Die Zeit drängt. Und es liegt in der Verantwortung der Teilnehmer der COP28, sie klug zu nutzen.»


«La Vanguardia»: Die Lösung der Klimakrise muss global sein

MADRID: Zu der am Donnerstag beginnenden Weltklimakonferenz schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Mittwoch:

«Das Hauptproblem des Klimagipfels ist die Tatsache, dass die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas stetig zunehmen. Und genau diese Gase sind die Hauptverursacher des Klimawandels (...) Um die globale Erwärmung wie angestrebt auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssen die Emissionen fossiler Brennstoffe bis 2030 um 43 Prozent gesenkt werden, was beim derzeitigen Tempo unmöglich ist. Bedeutet dies, dass es für die Zukunft unseres Planeten keine Lösung gibt? (...)

Die Staats- und Regierungschefs der Welt müssen sich verpflichten, den «tödlichen Kreislauf» der Erwärmung und ihrer verheerenden Auswirkungen zu durchbrechen, fordert UN-Generalsekretär António Guterres. Der Schlüssel sei, so Guterres, dass man sich auf einen schrittweisen Ausstieg aus der Ära der fossilen Brennstoffe einigt. Vor allem aber sollte die Lösung global sein. Andernfalls werden Unternehmen in Ländern mit strengeren Vorschriften, wie zum Beispiel in der EU, stärker bestraft. Die Lösungen sind bekannt, aber sie müssen umgesetzt werden. Die COP28 muss entschlossen handeln, um die Hoffnungen der Menschen auf der ganzen Welt auf einen nachhaltigen und bewohnbaren Planeten nicht zu enttäuschen.»


«Politiken»: Die Todesspirale in Gaza muss durchbrochen werden

KOPENHAGEN: Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» (Kopenhagen) kommentiert am Mittwoch den Gaza-Krieg:

«Ungeachtet dessen, wie der Krieg endet und wie lang er dauert, liegt die Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern weder im Gazastreifen, noch in der Kriegsführung im Allgemeinen. Die einzige dauerhafte Lösung des Konflikts sind ein ausgehandeltes Friedensabkommen und eine Zweistaatenlösung. Das wissen alle seit Jahrzehnten und beide, die palästinensische Autonomiebehörde und Israel, sind sich sogar auf dem Papier darüber einig geworden. Über die Konturen der künftigen Staaten besteht grundsätzlich Einigkeit. Ja, es ist schwer, Jerusalem zu teilen. Ja, es muss eine Lösung für den Zugang zu den heiligen Stätten gefunden werden und darüber, was mit den palästinensischen Flüchtlingen geschehen soll. Aber es ist lösbar. (...)

Wie wir alle wissen, verhandelt man Frieden mit seinen Feinden, nicht mit seinen Freunden. Niemand erwartet, dass Israel und Palästina beste Freunde werden. Aber beide Parteien und nicht zuletzt ihre mächtigen internationalen Freunde und Verbündete müssen einsehen, dass das Blutvergießen anhaltend gestoppt werden muss. Beide Seiten sind in einer Todesspirale gefangen, die durchbrochen werden muss.»


«de Volkskrant»: Wähler sehen eine Koalition auf Kollisionskurs

AMSTERDAM: Zur Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag heißt es am Mittwoch in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Scholz wies darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht Sonderfonds und Notmaßnahmen im Krisenfall nicht grundsätzlich abgelehnt habe, sondern nur die Art und Weise, wie sie bisher zustande gekommen seien. Und Krisen gibt es viele. Die Unterstützung für die Ukraine werde weitergehen. Auch für die Energiewende. Im täglichen Leben der Bürger ändere sich nichts. Ob es um Renten, Sozialleistungen oder Bafög gehe, man solle Vertrauen haben.

Das ist es, was Scholz mit seiner Rede erreichen wollte: Vertrauen schaffen. Doch die Wähler sehen, dass die Regierungsparteien auf Kollisionskurs sind. Innerhalb der Koalition läuft es seit vielen Monaten nicht rund. Vor allem zwischen den Grünen, für die der Übergang zu einer klimaneutralen Gesellschaft die eine Existenzberechtigung ist, und dem kleinen liberalen Partner FDP. Letztere führt das Finanzministerium und hat sich als eine Art interne Opposition eingerichtet, die vor allem dazu da ist, die Partner von zu radikalen Ausgaben abzuhalten.»


«NZZ»: Scholz geht es um Machterhalt

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz:

«Das Urteil des Verfassungsgerichts zur Haushaltspraxis der Ampelregierung sei der Beginn einer «neuen Realität», sagte der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag im Deutschen Bundestag. Im Zusammenhang mit Scholz konnte man schon länger darüber sinnieren, ob es nicht sowieso mindestens zwei Realitäten gibt: Realität eins ist die, in der die zunehmend ampelverdrossene Mehrheit der deutschen Bevölkerung lebt. In Realität zwei dagegen macht die Koalition aus SPD, Grünen und FDP ausgezeichnete Arbeit. (...)

Wenn Bürger aus Realität eins auch nur die kleinste Regel übertreten - wenn sie falsch parken, wenn die Hütte auf ihrer Kleingartenparzelle drei Quadratmeter zu groß ist oder wenn sie eine Einnahme bei der Steuererklärung vergessen -, verfolgt sie der Staat mit liebevoller deutscher Unnachsichtigkeit. Aber in Realität zwei soll die Entlassung eines Staatssekretärs die einzige personelle Konsequenz sein, die die Regierung zieht? Zu anderen Zeiten hätten andere Politikerpersönlichkeiten über Rücktritt nachgedacht. Jetzt geht es um Machterhalt.»

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