Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Scholz' Machtwort gegen Asyl-Blockade

(...) Es ist ein Armutszeugnis, dass ein Staatenbund (...) daran scheitert, Ordnung auf einem Feld zu schaffen, das seine Gesellschaften fordert und spaltet wie kaum ein anderes.

Die Verantwortung dafür tragen (...) die gewählten Politiker auf dem Kontinent. Dass ein Maßnahmenpaket, das ein erster Schritt wäre, um das entgleiste europäische Asylsystem wieder (...) handhabbar zu machen, durch die Haltung der Bundesregierung (...) blockiert wurde, ist (...) widersinnig, weil Deutschland selbst das größte Interesse an einer besseren Kontrolle und Begrenzung der Migration hat. Dass die Sache nun offenbar ein Machtwort des Kanzlers erforderlich gemacht hat, ist bitter. Hoffentlich zeigt es Wirkung. (...).


«Münchner Merkur» zu Chemie-Gipfel

Lange haben Deutschlands Industriebosse gute Miene zur Energiepolitik der Ampelregierung gemacht.

Man wollte es sich mit den neuen Entscheidern in Berlin nicht verderben. Auch als Putin die Ukraine überfiel und Wirtschaftsminister Habeck trotz drohender Stromknappheit die Abschaltung der drei letzten Atommeiler vorantrieb, blieb der Aufschrei aus der Wirtschaft aus. Jetzt, ein Jahr später, ist der Katzenjammer groß, auch als Spätfolge von Fehlern, die bereits der unionsgeführten Vorgängerregierung unterlaufen waren. Immer ultimativer werden die Rufe der Konzernlenker nach Staatsknete für billigeren Strom. Plausibler wäre es, die Stromsteuer für alle zu senken, statt nur wenigen Großen zu helfen. Konzerne und Politiker, die beim Industriestrompreis nur zu gern die Spendierhosen anziehen möchten, können die Zeche für die Umsetzung weltfremder Pläne für die grüne Transformation nicht einfach den Kleinen weiterreichen.


«Washington Post»: Erdogan sollte den Bogen nicht überspannen

WASHINGTON: Der türkische Präsident Erdogan stellt Bedingungen für die Zustimmung zum Nato-Beitritt Schwedens und fordert etwa einen Kampfjet-Deal mit den USA. Die Rolle als Zünglein an der Waage sollte er nicht überstrapazieren, schreibt die «Washington Post» am Mittwoch:

«Präsident (Joe) Biden unterstützt den F-16-Verkauf, hat aber gegenüber Erdogan deutlich gemacht, dass der US-Kongress diesen bewilligen muss. (...) Kongress-Mitglieder, die wissen, wie Erdogan vorgeht, wollen die Behinderung der schwedischen Nato-Mitgliedschaft durch die Türkei definitiv aufgehoben sehen, bevor sie den F-16-Deal komplett absegnen. Viele von ihnen zögern aus dem guten Grund, dass sich der Rückfall der Türkei in Bezug auf demokratische Normen beschleunigt hat.(...)

Erdogan läuft Gefahr, den Bogen zu überspannen. Seine Bemühungen in dem Kuhhandel, was er dafür bekommt, Schweden in der Nato abzunicken, beinhalteten bislang Fortschritte zu fordern beim EU-Beitritt der Türkei und Stockholm zu bedrängen, per Gesetz ein Verbot von Koranverbrennungen zu erlassen (...). Ersteres ist ein Rohrkrepierer; Letzteres ist ein Affront gegen Schwedens Tradition der Meinungsfreiheit. Seine beste Option, und die der Nato, ist, mit dem Deal voranzuschreiten, von dem Biden und wichtige Kongressmitglieder signalisierten, dass sie bereit sind, ihn anzubieten - das F-16-Paket, sobald die Türkei formell Schwedens Nato-Mitgliedschaft ratifiziert hat.»


«Lidove noviny»: Westliche Panzerlieferungen völlig unzureichend

PRAG: Die Ukraine hat die ersten US-amerikanischen Panzer vom Typ Abrams für ihren Abwehrkampf gegen die russische Invasion erhalten. Dazu schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Mittwoch:

«Die Ukraine verfügt nicht über genug moderne westliche Panzer. Zwar sind nun die ersten neun oder zehn Abrams-Panzer eingetroffen, doch hat der ukrainische Militärgeheimdienstchef bereits erklärt, dass man sie schonen wolle, um sie nicht im Gefecht zu verlieren. (...) In der Zwischenzeit fährt Russland die Produktion neuer und die Instandsetzung alter Panzer hoch. Nach Medienberichten erwägt Moskau sogar die Wiederaufnahme der Herstellung des Sowjetmodells T-80. (...) Wenn der Westen wirklich will, dass Kiew den Krieg gewinnt oder zumindest nicht verliert, muss er stärkere Anstrengungen unternehmen - nicht nur bei der Lieferung von Militärtechnik, sondern auch bei ihrer Herstellung.»


«Pravda»: Politiker ignorieren Sorgen und Nöte der Menschen

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Mittwoch zum Wahlkampf für die am Samstag stattfindende Parlamentswahl in dem EU- und Nato-Land:

«In einer Befragung unserer Zeitung, an der 42.000 Menschen teilnahmen, nannte die überwältigende Mehrheit von 79 Prozent das Gesundheitswesen als Hauptproblem der Slowakei, nahezu die Hälfte das Bildungswesen. Zwar war das keine repräsentative Umfrage, aber die Sorgen der ganzen Nation dürfte sie wohl doch ausdrücken. Doch wie verhalten sich unsere Politiker im Wahlkampf? Sie ignorieren den Ruf der Menschen und interessieren sich stattdessen für zweitrangige Ersatzthemen. Um sicher zu gehen, setzen sie auf Themen, mit denen sie die Gesellschaft spalten und jenen Wählerteil für sich gewinnen, der die Gegenseite verabscheut.

Persönliche Beschimpfungen, Anschuldigungen und Abstempeln als «Diebe» und «Mafia», Furcht vor Bären, Migranten und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften spalten verlässlich, lösen aber kein echtes Problem und verbessern die Lebensqualität nicht. Den Politikern behagt das aber. Denn so müssen sie nichts darüber sagen, wie sie das kollabierende Gesundheitswesen, das zerfallende Bildungswesen und die zerbrechende Infrastruktur wieder auf die Beine bringen oder das hohe Haushaltsdefizit senken wollen.»


«Correio da Manhã»: Putins Hinterhof wird kleiner

LISSABON: Zum Konflikt um Berg-Karabach und zur Rolle des russischen Präsidenten Wladimir Putin schreibt die portugiesische Zeitung «Correio da Manhã» am Mittwoch:

«Praktisch über Nacht wurde einer der ältesten Konflikte Europas mit Waffengewalt gelöst. In einer blitzartigen Offensive beendete Aserbaidschan vorige Woche die mehr als drei Jahrzehnte währende Autonomie von Berg-Karabach, einer kleinen, gebirgigen Enklave, die mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnt wird (...) Der Status quo war all die Jahre dank der russischen Unterstützung für Armenien und dessen separatistischen Verbündeten aufrechterhalten worden.

Dies alles änderte sich mit dem Amtsantritt des armenischen Premiers Nikol Paschinjan, der eine Annäherung zum Westen auf Kosten der alten Beziehungen zu Moskau betreibt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Putin diesmal keinen Finger gerührt hat, um seinem ehemaligen Verbündeten zu helfen. Die russische Rache ist jedoch ein strategischer Schuss ins eigene Knie, denn Russland verliert nicht nur an Einfluss im Südkaukasus, sondern lässt auch die anderen Verbündeten im Unklaren darüber, wer als Nächstes im Stich gelassen werden soll. Putins Hinterhof wird kleiner und kleiner.»


«NZZ»: Forderungen der US-Republikaner sind extrem

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch den Haushaltsstreit im US-Repräsentantenhaus und die Gefahr eines «Shutdowns», einer erzwungenen Stilllegung der Regierungsgeschäfte:

«Die Kalamität droht von wenigen Trump-inspirierten republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus auszugehen, die den Ausgabenplänen nur zustimmen wollen, falls es zu massiven Kürzungen, der Verringerung der Militärhilfe an die Ukraine, neuen Maßnahmen zur Grenzsicherung gegen illegale Einwanderung oder auch zur Beendigung der angeblich woken Personalpolitik im Pentagon komme.

Das sind extreme Forderungen, denen die Demokraten nie zustimmen werden und die den Oppositionsführer Kevin McCarthy beim Aushandeln möglicher Kompromisse in diesen Tagen schwer in die Bredouille bringen. Allerdings zeigt der Blick auf die Historie, dass es nach ein paar Tagen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Einigung kommen wird. Schließlich ist die Stellung der «Unruhestifter» eher schwach, weil sie sich selbst nicht einig sind.

«Solange die Clowns in der Manege sind, bleibt es schwierig», bemerkte jüngst sogar der republikanische Abgeordnete Mike Lawler. Er und alle anderen wissen genau, dass es in den USA seit dem Jahr 1976 schon 21 Mal zu sogenannten Regierungs-Shutdowns gekommen ist, dass man aber meist innerhalb weniger Tage einen politischen Kompromiss fand.»


«The Irish Times»: Deutsche Autobauer fürchten Chinas Rache

DUBLIN: Die «Irish Times» kommentiert am Mittwoch die angespannten Handelsbeziehungen zwischen der EU und China:

«Die Entscheidung der Europäischen Kommission, eine Untersuchung der chinesischen Subventionen für Elektrofahrzeuge einzuleiten, hat Peking empört, das dies als einen Akt des Protektionismus betrachtet. Einige EU-Mitgliedstaaten, allen voran Frankreich, argumentieren, dass China den Markt für Elektrofahrzeuge dominieren könnte, wenn Europa nicht handelt. Die deutschen Automobilhersteller befürchten jedoch, dass China sich für EU-Zölle rächen würde, indem es deutsche Unternehmen auf dem chinesischen Markt benachteiligt.

Diese Entwicklungen sind die jüngsten Anzeichen für die weltweite Rückkehr einer Industriepolitik, die in den USA mit dem Inflation Reduction Act bereits zu enormen Subventionen für einheimische Hersteller geführt hat. Für eine offene Wirtschaft wie die irische ist dies ein besorgniserregender Trend, und die Regierung sollte sicherstellen, dass alle EU-Maßnahmen verhältnismäßig und sorgfältig kalibriert sind.»

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