Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Münchner Merkur» zu Aiwanger

Ist das jetzt eine gute oder eine schlechte Nachricht für Markus Söder und die CSU? Hubert Aiwanger will 2025 mit seinen Freien Wählern in den Bundestag und hat gute Karten, das auch zu schaffen.

Spätestens in zwei Jahren wäre der Bayerns Ministerpräsident Söder einen verhassten Stellvertreter endlich los, freilich nur um den hohen Preis, sich künftig in Berlin mit ihm herumschlagen zu dürfen. Denn Aiwangers Ziel will seine Freien Wähler als eine Art bundesweite CSU positionieren und das Original überflüssig machen. Die Freien Wähler profitieren vom sich abzeichnenden Rechtsruck in Bayern, und dasselbe deutet sich nach dem Misserfolg der Ampelregierung auch für die Bundestagswahl an. Die FW könnten auf manche Wähler anziehend wirken, als wählbare Alternative zur Alternative, jedenfalls für die, denen die Merz-Union zu mittig ist. Aiwangers Vorbild ist die Bauernpartei, die in den Niederlanden gerade das Parteiensystem umkrempelt.


«Handelsblatt» zu Studie zu den Wohnwünschen der Deutschen

Die Kaufinteressenten sind in der neuen Realität am Immobilienmarkt angekommen.

Statt ihre Pläne einfach zu begraben, beginnen sie, ihre Vorstellungen pragmatisch den Gegebenheiten anzupassen. Der Traum vom frei stehenden Eigenheim ist laut Studie in den Hintergrund gerückt - zugunsten realistischerer Wünsche. Mehr Menschen als noch vor einem Jahr würden eine geringere Wohnfläche, Kompromisse beim Grundriss oder die weniger zentrale Lage in Kauf nehmen - und wären bereit, dafür einen angemessenen Preis zu zahlen. Und: Immerhin ein Viertel der Befragten glaubt, dass der Markt bei allen Herausforderungen schon jetzt eine günstige Möglichkeit zum Einstieg bietet. So paradox es also klingen mag: Gerade das eher verhaltene Stimmungsbild, das die Umfrage zeichnet, ist ein positives Signal für den Markt. Der neue Realismus der Beteiligten lässt hoffen, dass nach Monaten der Schockstarre Bewegung in den Markt kommt.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Waffenstillstand in Nagornyj Karabach

Die gute Nachricht am schnellen Waffenstillstand in Nagornyj Karabach ist, dass ein weiterer blutiger Krieg vermieden wird.

(...) Der mächtige Herrscher aus Baku hat nach Jahrzehnten des Konflikts Fakten geschaffen, die den veränderten Machtverhältnissen in der Region entsprechen. (...) Doch selbst wenn die Karabach-Armenier ihre Waffen niederlegen, ist der Konflikt noch (...) nicht gelöst. Nach Jahrzehnten von Hass und Hetze werden die Menschen sich nicht einfach in Aserbaidschans Staat integrieren lassen. Die Sorgen vor ethnischen Säuberungen sind absolut begründet (...). Hier muss die internationale Gemeinschaft alles daransetzen, Einfluss auf Alijew zu nehmen, damit diese «Waffenruhe» nicht in einem nächsten Verbrechen endet. Denn dann stünde am Ende nicht nur die einstige Schutzmacht Russland als zahnloser Tiger da.


«DNA»: Paris-Besuch von Charles III. soll versöhnen

STRAßBURG: Zum Staatsbesuch des britischen König Charles III. in Paris und Bordeaux schreibt die ostfranzösische Regionalzeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace» am Mittwoch:

«Der erste offizielle Besuch des britischen Monarchen in Frankreich hat in erster Linie einen symbolischen Wert. Er soll die historischen und kulturellen Bande zwischen den beiden Ländern bezeugen und «ihr gemeinsames Engagement für die Erhaltung der Umwelt» aufwerten, wie es in der offiziellen Kommunikation heißt.

(...) Das Treffen der Staatschefs soll verdeutlichen, dass die verhärteten Fronten zwischen den beiden Ländern aufgeweicht werden, nachdem die Beziehungen mit Boris Johnson und Liz Truss eher angespannt waren. Die Rede des Königs vor dem Senat wird der Höhepunkt dieser Festigung der Verständigung sein.»


«Dagens Nyheter»: Richtet sich die US-Demokratie selbst zugrunde?

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) wirft am Mittwoch einen Blick auf die Lage der Demokratie in den USA:

«Kann Donald Trump wieder Präsident werden? Unter normalen Umständen wäre diese Frage absurd, beinahe lächerlich. Aber die Umstände in den USA sind nicht normal. Die einfache Antwort ist, dass Trump ohne Zweifel wieder gewinnen kann. Die Entwicklung der Demokratie in den USA geht eindeutig in die falsche Richtung. Werden die USA die erste reiche Demokratie, die sich selbst tötet? Niemals zuvor ist eine liberale Demokratie, die sowohl alt als auch reich ist, zu etwas anderem und finstereren verfallen - das gilt als eine staatswissenschaftliche Grundregel. Aber in Amerika balanciert man gerade sehr nahe an der Grenze.»


«La Stampa»: Die Armenier sind auf sich allein gestellt

ROM: Zum Angriff Aserbaidschans auf die von Armeniern bewohnte Südkaukasus-Region Berg-Karabach schreibt die italienische Zeitung «La Stampa» am Mittwoch:

«Die Armenier sind auf sich allein gestellt. Die (russische) Invasion in der Ukraine hat die Verflechtung zwischen dem Bedarf an Energielieferungen, sprich Gas, und der Verteidigung von Völkern und Menschenrechten unentwirrbar gemacht. Die Bevölkerung von Berg-Karabach ist zu einem entbehrlichen Spielball geworden. Und fast unmöglich zu schützen. Obwohl sich (Russlands Präsident Wladimir) Putin als Verteidiger der christlich-orthodoxen Zivilisation bezeichnet, hat Russland die Enklave praktisch aufgegeben. Es unterhält zwar ein Kontingent von Friedenstruppen, hat aber drei Monate fast nichts gegen die von Baku verhängte Blockade unternommen.

Der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan erkannte, vielleicht zu spät, die Kehrtwende des Zaren, der mehr an guten Beziehungen zur Türkei als an der Rettung seiner Glaubensbrüder interessiert war. Paschinjan drohte mit dem Ausstieg aus dem von Moskau geführten OVKS-Verteidigungspakt und bat die USA um Hilfe. Washington reagierte mit der Entsendung von 85 Mann der Nationalgarde. Dies war jedoch kaum mehr als eine symbolische Geste. Ebenso wie die «tiefe Besorgnis», die Außenminister Antony Blinken zum Ausdruck brachte.»


«Lidove noviny»: Junge Menschen kehren der Slowakei den Rücken

PRAG: Vor der Parlamentswahl in der Slowakei am 30. September liegt die Partei Smer-SD des Ex-Ministerpräsidenten Robert Fico in Umfragen vorn. Dazu schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Mittwoch:

«Für seine Rückkehr an die Macht unternimmt Fico alles Mögliche und Unmögliche. Von einem Sozialdemokraten hat er sich längst zu einem Populisten, wenn nicht gar Extremisten gewandelt. Der einst proeuropäische Politiker ist nun ein Anhänger des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Sein engster Verbündeter ist der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. Fico hat angedroht, dass die Slowakei die Ukraine nach seinem Sieg nicht länger mit Waffen- und Munitionslieferungen unterstützen würde.

Ein Wechsel der außenpolitischen Orientierung ist eine der größten Gefahren, die von einem Sieg Ficos bei der Parlamentswahl ausgeht. (...) Die derzeitige politische und gesellschaftliche Situation in der Slowakei stört wohl am meisten die jungen Menschen. Nach einer Umfrage des slowakischen Jugendrats denken bis zu 30 Prozent der jungen Slowaken über eine Emigration nach, falls die Wahl nicht nach ihren Vorstellungen ausfällt. Die Abwanderung ist für die Slowakei ohnehin ein großes Problem.»


«The Times»: Kanadas Mordvorwurf gegen Indien ist Anlass zur Sorge

LONDON: Kanada wirft Indien vor, einen kanadischen Staatsbürger ermordet zu haben. Dazu meint die Londoner «Times» am Mittwoch:

«Ein Land wie Kanada würde ein als befreundet geltendes Land - noch dazu einen wichtigen Partner im Commonwealth - nicht ohne triftigen Grund des Mordes an einem kanadischen Bürger auf kanadischem Boden beschuldigen. Die Erklärung von Premierminister Justin Trudeau, wonach Indien für die Erschießung eines kanadischen Sikh-Aktivisten in einem Vorort von Vancouver im Juni verantwortlich ist, ist daher Anlass zur Sorge.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind in Froststarre verfallen, während die kanadischen Behörden «glaubwürdigen Anschuldigungen» nachgehen, dass «Agenten der indischen Regierung» an der Ermordung von Hardeep Singh Nijjar beteiligt waren - einem Sikh-Nationalisten, prominenten Mitglied der Sikh-Diaspora in Kanada, der dem indischen Premierminister Narendra Modi ein Dorn im Auge war. (...) Sollte diese Anschuldigung zutreffen, könnte dies einen Wendepunkt in der internationalen Wahrnehmung Indiens, der größten Demokratie der Welt, markieren. Modi, eine wichtige Persönlichkeit in der Weltpolitik, könnte dann neben Wladimir Putin als Schurke dastehen.»


«Tages-Anzeiger»: Faeser erwies sich als doppelt überfordert

ZÜRICH: Zur Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) heißt es am Mittwoch im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Faesers politisches Geschäftsmodell ist an eine Grenze gestoßen. Alle zur Schau gestellte Entschlossenheit nützt wenig, wenn es an Glaubwürdigkeit fehlt. Dabei hatte sich die erste Frau, die das deutsche Innenministerium führt, alles so schön ausgedacht. Das überraschende Amt in Berlin sollte der Sozialdemokratin als Sprungbrett dienen, um in ihrer hessischen Heimat die CDU nach 24 Jahren endlich von der Macht zu vertreiben und um Ministerpräsidentin zu werden. Gelänge es ihr nicht, bliebe ihr ja immer noch das Ministerium in Berlin.

Warnungen schlug sie in den Wind. Doch dann kam es exakt so, wie viele befürchtet hatten: Faeser erwies sich als Innenministerin und als Wahlkämpferin doppelt überfordert. In Berlin schlugen die neuste Migrationskrise und die zweifelhafte Abberufung eines Spitzenbeamten über ihr zusammen, in Hessen drang sie mit ihrem Wahlkampf, der auf das Thema Bildung setzt, nicht durch. (...) Erstmals seit 2016 erwartet Deutschland heuer wieder mehr als 300.000 Asylanträge - eine Million Ukrainerinnen, die seit letztem Jahr hier leben, nicht mitgezählt. Aus Sicht der Gemeinden, die die Ankommenden versorgen müssen, ist die Lage längst außer Kontrolle. Faeser werfen sie vor, sie habe ihre Klagen zu lange nicht erhört und nicht genug Unterstützung vom Bund organisiert.»


«NZZ»: Aserbaidschan will Armenier mit Bomben vertreiben

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Mittwoch den Angriff Aserbaidschans auf die von Armeniern bewohnte Südkaukasus-Region Berg-Karabach:

«Noch fehlt der Überblick über das Kampfgeschehen, aber eine Prognose drängt sich auf. Am Ende dieses Angriffskrieges wird der 32 Jahre alte, international nie anerkannte Kleinstaat Nagorni Karabach (Republik Arzach) wahrscheinlich von der Landkarte verschwunden sein. Ebenso ist damit zu rechnen, dass seine Bevölkerung von einst rund 120.000 Einwohnern weitestgehend einer brutalen «ethnischen Säuberung» zum Opfer fallen wird.

Bereits hat Aserbaidschan «humanitäre Korridore» eingerichtet. Das ist ein schönfärberischer Ausdruck dafür, dass man die Bevölkerung aus ihrer Heimat vertreibt, nachdem man sie neun Monate lang mit einer Blockade ausgehungert hat und ihr nun mit einem Bombenhagel das Leben endgültig zur Hölle macht.

Nach 2000 Jahren armenischer Siedlungsgeschichte in dieser Gebirgsregion scheint sich jetzt ein Kapitel missglückter Staatlichkeit gewaltsam zu schließen. Mit absoluter Sicherheit steht dieses Schreckensszenario zwar noch nicht fest - in jedem Krieg sind Überraschungen möglich. Aber die aserbaidschanische Diktatur verfügt sowohl über das Motiv als auch über die Mittel für die angestrebte «endgültige Lösung».»


«Wall Street Journal»: Die Weltordnung liegt in Trümmern

NEW YORK: Zur Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York schreibt das «Wall Street Journal» am Mittwoch:

«Was wird diese Woche inmitten der vielen Worte erreicht werden? Was nützen die Vereinten Nationen noch in dieser neu entstehenden Weltordnung von Schurkenstaaten und multipolaren Machtzentren? (...) Multilateralismus, wie er in den UN praktiziert wird, wird zunehmend irrelevant, da China, Russland, der Iran und andere Schurken ihre Macht behaupten.

Die liberalen Internationalisten in der Regierung von (US-Präsident Joe) Biden können ihre Vision von Gruppen von Ländern, die sich treffen, um ihre Differenzen in Frieden beizulegen, nicht aufgeben. Aber die Wahrheit über die heutige Weltordnung liegt in den Trümmern von Bachmut.»

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