Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zum Onlinezugangsgesetz

Was die GroKo verschlafen hatte - die Verwaltung zu digitalisieren -, das schaffte die Ampel per Hauruckaktion auch nicht.

Jetzt also der abgeschwächte Neuanlauf, und schon wieder liegen die Prioritäten von Innenministerin Nancy Faeser offensichtlich andernorts: Nach Informationen aus Regierungskreisen wurde noch am Dienstagabend verhandelt. Am Mittwoch um elf Uhr stimmte das Kabinett dem 76-seitigen Entwurf und dem Begleitpapier zu. Ein Erfülldatum, bis zu dem Bund und Länder die digitalisierte Verwaltung liefern müssen, hat man sich nicht mehr ins Gesetz geschrieben. Hier müsste dringend nachgebessert werden, sonst bleibt das OZG ein zahnloser Tiger. Diese Trägheit auf einem Politikfeld, in dem Deutschland im europäischen Vergleich auf den hinteren Plätzen liegt, ist besorgniserregend. Die Art, in der in dieser Regierung Digitalpolitik koordiniert wird, ist wirklich unterirdisch.


«Stuttgarter Zeitung» zu den Razzien gegen Klimaaktivisten

Wenn sich notorische Klimadesperados von Strafen nicht abschrecken lassen, demonstrativ als Wiederholungstäter in Erscheinung treten und Gleichgesinnte mit Spenden ihre Geldstrafen finanzieren, verhöhnen sie damit Recht und Gesetz.

Man muss den Aktionismus der Letzten Generation nicht für «bekloppt» halten wie der Kanzler, um seiner Innenministerin beizupflichten: Der Rechtsstaat darf sich auch von Leuten, die in guter Absicht gesetzwidrig handeln, nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Die bundesweiten Razzien an diesem Mittwoch treffen die Letzte Generation hart: Ohne die beschlagnahmte Kriegskasse werden die Heroen von der Klebefront künftig selbst für die Kosten ihres gelegentlich ziemlich unzivilisierten Ungehorsams aufkommen müssen. Das ist nur recht und billig.


«Frankfurter Rundschau» zu DeSantis' Bewerbung zur Präsidentschaftskandidatur

Es ist keine gute Nachricht, wenn sich Floridas Gouverneur Ron DeSantis neben Ex-Präsident Donald Trump um die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner bewirbt.

Die verbalen und inhaltlichen Attacken der beiden aussichtsreichsten Kandidaten der Grand Old Party lassen nicht nur eine Schlammschlacht erwarten, sondern auch einen Wettstreit um noch extremere Positionen. Trump hat bereits mit Schmähvideos vorgelegt. DeSantis wird zwar seinem Ruf eines "Trump mit Hirn" gerecht werden müssen und sich verbal deshalb zügeln. Doch mit seinen ultrakonservativen Positionen wird er dazu beitragen, dass die Republikaner sich weiter radikalisieren. Dies wird das politische Klima in den USA weiter vergiften. Schon jetzt haben die beiden Lager kaum noch Gemeinsamkeiten. Joe Biden und seine Demokraten sollten aber nicht allein darauf setzen, dass die radikalen Parolen Wechselwählerinnen und -wähler in ihre Arme treiben. Sie werden sich anstrengen müssen, ihre Stammklientel an sich zu binden.


«Handelsblatt» zu Folgen generativer KI für Beraterbranche

INSGESAMT GILT: Nirgendwo liegen die Chancen und Risiken der KI so dicht beieinander wie in der Beraterbranche.

Die Berater müssen sich wie alle anderen gehobenen Dienstleistungsberufe - wie Juristen, Journalisten oder Architekten auch - auf ihre Kernkompetenzen besinnen. Sie müssen auf der Basis verlässlich erhobener Daten analysieren, Strategien entwickeln und dann auch die Transformation verantwortlich mit begleiten. Denn wie erklärte jüngst Krishnan Rajagopalan, CEO einer der weltweit führenden Personalberatungen Heidrick & Struggles: "KI wird das Topmanagement auf ein neues Niveau heben." Nach Abschaffung oder Abdankung klingt das nicht.


«Münchner Merkur» zu Klima-Kleber/Bayern

Seit über einem Jahr schon spielt die "Letzte Generation" Katz und Maus mit unserem Rechtsstaat.

Klima-Radikale, die am Vormittag rechtskräftig verurteilt wurden, kleben sich manchmal schon am Nachmittag desselben Tages auf der nächsten Straße fest. Das bleibt für sie, auch wenn sie sich gern zu Märtyrern aufspielen, meist folgenlos, weil die Täter über ein dubioses Spendennetzwerk mit reichen Geldgebern aus den USA von Strafen freigekauft werden. Das ist nicht nur "bekloppt", wie der Kanzler etwas verniedlichend findet. Nein: Dieses System trägt klar Züge der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Auch wenn sich die links-grüne Blase jetzt wieder ganz fürchterlich über Bayern aufregt: Man muss der Münchner Generalstaatsanwaltschaft sehr dankbar sein, dass sie als erste Strafverfolgungsbehörde in Deutschland den Mut aufbringt, das Recht vor dem Faustrecht selbst ernannter Klimaretter zu schützen.


«Washington Post»: US-Zahlungsunfähigkeit wäre ein Irrsinn

WASHINGTON: Die «Washington Post» kommentiert am Mittwoch den Streit um die Schuldenobergrenze in den USA:

«Während unter den Demokraten der Ruf lauter wird, Präsident Biden solle den Streit über das Schuldenlimit beenden, indem er diesen für verfassungswidrig erklärt, hat der Präsident selbst deutlich gemacht, dass die Anwendung des 14. Zusatzartikels der Verfassung (...) Washington nicht aus dem Schlamassel herausführen wird. (...)

Die Wahrheit ist, dass es jetzt, wo die Nation am Rande einer katastrophalen Zahlungsunfähigkeit steht, nur eine praktikable Lösung gibt: Eine Einigung zwischen Biden und dem republikanischen Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Der 1. Juni scheint als Frist festzustehen. (...)

Ein Zahlungsausfall wäre ein Irrsinn. Dieser würde die Märkte und die Wirtschaft erschüttern und, was vielleicht am schlimmsten wäre, dem Ansehen der USA in der Welt schaden. Die Nation braucht diese Woche eine Einigung. Die Zeit der Posen und des Spiels mit dem Feuer ist vorbei.»


«Le Figaro»: Angriff auf Belgorod zeigt neue Möglichkeiten im Krieg

PARIS: Zum Angriff auf das russische Belgorod, der womöglich von militanten russischen Kämpfern durchgeführt wurde, schreibt die konservative französische Tageszeitung «Le Figaro» am Mittwoch:

«Dieser Angriff verändert den Krieg nicht radikal, aber er ist lehrreich genug, um den Kreml «zutiefst zu beunruhigen». Es zeigt die Verwundbarkeit des größten Landes der Welt, das kaum in der Lage ist, seine 1500 km lange Grenze zur Ukraine zu schützen. Es zeigt auch das Vermögen zur Ablenkung und zur Überraschung, das Kiew zum Zeitpunkt seiner angekündigten Gegenoffensive nutzen kann. Und es zeigt, dass alles möglich ist. Auch eine Ausweitung des Konflikts, die die vom Westen gelieferten Waffen nicht erfordert. Nicht in Form eines Hirngespinsts von einer Invasion Russlands, aber in einer Strategie der Tausend Stiche, die den Bären des Kreml wahnsinnig machen sollen. In diesem Krieg, in dem wir noch nicht alles gesehen haben, haben die Ukrainer gerade eine neue Waffe gezogen - die russische.»


«Dagbladet»: USA am Rande des Zusammenbruchs

OSLO: Die norwegische sozialliberale Boulevardzeitung «Dagbladet» (Oslo) kommentiert am Mittwoch den Schuldenstreit in den USA:

«Der Streit um die Schuldenobergrenze zeigt, wie nach innen gerichtet, kleinlich und unzuverlässig die US-Politik geworden ist. Das Undenkbare kann nun passieren. Die USA könnten ihren Staatsschulden nicht nachkommen, wenn bis zum 1. Juni keine Einigung zwischen Joe Biden und dem Kongress erzielt wird. Das ist noch nie passiert. Der Ernst der Lage wird dadurch unterstrichen, dass Biden eine Asienreise abgesagt hat, um in Washington zu sein.

Er warnt davor, sich nicht als Geisel nehmen zu wollen lassen und extremen Forderungen nach Kürzungen sowohl der Klimainvestitionen als auch der Ausgaben für Gesundheit und Sozialversicherung nicht nachkommen zu wollen. Biden ist wohl nicht der einzige, der sich von Extremisten entführt fühlt. Wenn die größte Volkswirtschaft der Welt am Rande des Zusammenbruchs ist, schwitzt auch der Rest der Welt. Niemand wagt, darauf zu wetten, dass die heutigen Republikaner bluffen.»


«El Mundo»: Ein moralischer Schlag gegen Putin

MADRID: Zu den blutigen Angriffen in der russischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine schreibt die spanische Zeitung «El Mundo» am Mittwoch:

«Der Angriff in Belgorod, der von russischen Freiwilligen durchgeführt wurde, die gegen die Invasion in der Ukraine sind, hat eine neue interne Front für Putin eröffnet. Er offenbart die Verwundbarkeit Russlands und die Unfähigkeit des Militärs des Landes, das eigene Gebiet zu schützen. Zu der Schwäche, die Moskaus Truppen an der Front zeigen, wo sie seit Monaten in der Defensive verharren und außer der von den Wagner-Söldnern behaupteten Einnahme von Bachmut keine Fortschritte erzielt haben, kommt die wachsende Unsicherheit der russischen Bürger im eigenen Land hinzu.

(...) Die Militäraktion in Belgorod, die zur Evakuierung von neun Dörfern geführt hat, ist ein moralischer Schlag, der Putin erniedrigt hat. Der Krieg überschreitet die Grenze und rückt damit immer näher an das tägliche Leben der Russen heran, die zunehmend befürchten, dass sich solche Attacken im ganzen Land ausbreiten könnten.»


«NZZ»: Vollständiger Schutz vor Luftangriffen ist illusorisch

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Mittwoch mit dem von Bundeskanzler Olaf Scholz im vergangenen Jahr angeregten Aufbau eines europäischen Luftverteidigungssystems:

«Mit seiner European Sky Shield Initiative traf Scholz einen Nerv - sowohl im eigenen Land als auch im Ausland. Bis heute terrorisiert Russlands Machthaber Wladimir Putin die Ukraine mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern. Aufgeschreckt registrierten Politiker und Bürger in Europa, dass sie im Ernstfall blank wären. (...)

Im Militär gibt es Modelle, mit deren Hilfe berechnet wird, wie viele Raketen welchen Typs in einem Krieg zu erwarten wären. Doch das sind immer nur Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Niemand weiß heute, wie viele Mittelstreckenraketen etwa Russland in zehn oder zwanzig Jahren einsetzen kann.

Um sich gegen alle Eventualitäten zu wappnen, müsste also ein von Olaf Scholz skizzierter Abwehrschirm aus einer Vielzahl von Arrow-3-, Patriot- und anderen Flugabwehrsystemen, etwa dem deutschen Iris-T SLM, bestehen. Doch das ist illusorisch. Nicht nur, weil jede neue Verteidigungswaffe immer wieder die Entwicklung einer neuen, noch leistungsfähigeren Angriffswaffe zur Folge hat. Sondern auch, weil ein flächendeckendes Luftverteidigungssystem selbst für ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland finanziell nicht zu leisten wäre.»


«Hospodarske noviny»: Chance auf Einlenken in letzter Minute

PRAG: Zum Streit um eine Anhebung der US-Schuldenobergrenze schreibt die liberale Wirtschaftszeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Mittwoch:

«Die historische Erfahrung zeigt, dass die Chance auf eine Einigung in letzter Minute groß ist, auch wenn sich Demokraten und Republikaner derzeit außerordentlich unnachgiebig geben. Falls die US-Politiker dennoch von der Klippe springen sollten, fallen Amerika und die Welt in kalte Gewässer. (...) Der US-Dollar, immer noch die wichtigste Weltwährung, würde an Wert verlieren. Ein Einbruch der Börsen wäre sicher. Das Wirtschaftswachstum würde einen ordentlichen Schlag bekommen. Eine Spirale nach unten würde in Gang gesetzt. Wenngleich sich die politischen Lager in Washington unversöhnlich gegenüberstehen, werden sie eine solche finanzielle Apokalypse doch lieber verhindern wollen.»

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