«Stuttgarter Zeitung» zu Weidel/Musk
Langfristig bleibt die große Frage, wie der Trend zur immer stärkeren Aufspaltung der Gesellschaft in eigene Welten - gerade, aber nicht nur am rechten Rand - aufgehalten werden kann.
Eine einfache Antwort und erst recht einen einfachen Weg gibt es nicht. Gefordert sind Politiker, die auch jenseits von Wahlkämpfen ständig das Gespräch mit den Menschen suchen. Doch auch jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten. Ein Problem ist aber nur schwer lösbar: Da die Algorithmen der großen Kommunikationsplattformen oft entscheiden, was wir sehen und was nicht, haben Menschen wie Elon Musk enorme Macht - ohne demokratische Legitimation. Unternehmerisches Genie bringt gesellschaftliche Verantwortung mit sich. Wenn Menschen wie Musk oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg diese Schuhe zu groß sind, können Gesellschaften darüber ins Stolpern geraten.
«Frankfurter Rundschau» zu Strafmaß im Urteil gegen Trump
Wenn ein US-Gericht Donald Trump im Schweigegeldprozess für schuldig befindet, den künftigen US-Präsidenten aber nicht bestraft, damit er in Ruhe arbeiten kann, dann passt das zu dieser Farce von Verfahren.
Die Vorfälle liegen etwa neun Jahre zurück, die Anklage zwei und das Urteil wurde im Mai vergangenen Jahres gefällt. Der US-Justiz ist es mit anderen Worten nicht gelungen, einen mächtigen Milliardär in die Schranken zu weisen. Trump und seine Anwälte konnten mit juristischen Tricks das Verfahren verzögern. Ähnliches gilt für die anderen Prozesse gegen Trump. Die Dokumentenaffäre, die Vorwürfe der Wahlmanipulation in Georgia oder die Verwicklung Trumps in den Putschversuch haben eines gemeinsam: Die Verfahren blieben fast ergebnislos. Im Schweigegeldprozess gab es allerdings ein Urteil. Trump ist der erste als Straftäter verurteilte US-Präsident. Dieser Schandfleck wird den Narzissten schmerzen. Politisch schadet es ihm jedoch nicht. Das wundert inzwischen aber niemanden mehr.
«Münchner Merkur» zu Söder/Klimaziel
Eine Blamage.
Anders ist es kaum zu beschreiben, dass der bayerische Löwe auch bei den Klimazielen alle anderen ausstechen wollte und jetzt als Bettvorleger landet. Ohne Atomenergie sei die CO2-Neutralität bis 2040 nicht erreichbar, sagt Markus Söder. Recht hat er. Doch hätte man das auch schon 2021 wissen können, als er und seine Staatsregierung großspurig das Zieljahr 2040 ausgaben, um die Klimaparteien Grüne und SPD zu übertrumpfen, die sich mit 2045 begnügten. Jetzt haben CSU und Freie Wähler erkannt, dass es so, wie Deutschland die Energiewende versucht hat, nicht geht, dass sein überschießender Moralismus weltweit nicht mehr bewundert, sondern belächelt wird. Heute locken die Herolde der Transformation die Wähler nicht mehr an, sondern schrecken sie mit ihren unbezahlbaren Verheißungen ab. Deswegen setzen sich Söder und Aiwanger vor der Bundestagswahl wieder an die Spitze. Diesmal beim Rückzug.
«Rzeczpospolita»: Musk und Trump als mächtige Stand-up-Comedians
WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» schreibt am Freitag zu den politischen Aktivitäten des US-Milliardärs Elon Musk:
«Der Wettbewerb unter Stand-up-Comedians ist groß. Also überschreiten sie Grenzen, um ihrer Konkurrenz voraus zu sein. Sie suchen eifrig nach Themen, die schockieren können. Sie brechen Tabus, je nach Publikum geht es dabei um Geschlecht, Religion, Nation, Gender, Hautfarbe. Manchmal ist es lustig, manchmal ist es reinigend, manchmal ist es geschmacklos. Jetzt haben die Stand-up-Comedians, die in Gemeindezentren oder vor anonymen Zuschauern im Internet auftreten, neue Konkurrenten. Donald Trump und Elon Musk, gewählter Präsident und inoffizieller Co-Präsident, haben die größte Bühne betreten.
Schon jetzt versucht der designierte amerikanische Co-Präsident Musk, Veränderungen auf den politischen Bühnen verbündeter Länder zu erzwingen. Er will Einfluss darauf nehmen, wer in Großbritannien regiert oder in Deutschland, wo er die AfD unterstützt. Er nutzte seine Plattform X, um für die Chefin der systemfeindlichen deutschen Rechtsaußenpartei, Alice Weidel, zu werben. Die US-Doppelspitze beeinflusste auch Polen, indem sie darauf drängte, den vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zu den Gedenkfeiern in Auschwitz einzuladen. Gibt es eine gute Lösung? Man kann die Stand-up-Comedians nicht anschauen und soziale Medien abschalten. Aber es ist schwer vorstellbar, dass sie aufhören zu existieren.»
«La Repubblica»: Musk überlässt Weidel größte Bühne der Welt
ROM: Zum Online-Talk der AfD-Chefin Alice Weidel mit dem US-Milliardär Elon Musk auf dessen Plattform X schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Freitag:
«Der wohlhabendste Mann der Welt, Elon Musk, mehr als 200 Millionen Follower bei X, überlässt der Chefin der rechtsextremen AfD die größte Bühne der Welt - seine soziale Plattform. Die beiden scheinen sich wohlzufühlen und lachen viel. Aber in den falschen Momenten. Als Musk zum Beispiel sagt, dass «jede Zivilisation, die etwas auf sich hält, mindestens zwei Planeten besiedeln sollte», bleiben sie ernst. Und auch als Weidel sagt, Hitler sei Kommunist gewesen.
Bibliotheken mit Geschichtsbüchern stehen in Flammen, aber die 200.000, die dem seltsamen Paar bei X zuschauen, stürzen sich in begeisterte Kommentare. Das Ziel der Show ist ganz klar, Musk wiederholt es zweimal: «Nur die AfD kann Deutschland retten.» Als Musks Unterstützung für die AfD kommt, ist es, als blühe Weidel auf. Nach gut einer Stunde, als Weidel Musk nach dem Mars fragt und ob er an Gott glaubt, ist das Publikum erschöpft und die Show vorbei.»
«La Vanguardia»: Trump schlachtet die Katastrophe aus
MADRID: Zu den Waldbränden im Großraum Los Angeles schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Freitag:
«Die jüngsten Ereignisse sind ein weiteres klares Beispiel für die Folgen des Klimawandels: Naturkatastrophen treten nicht nur häufiger auf, sondern auch mit zunehmender Intensität. Die extreme Trockenheit in Los Angeles und in der Umgebung - nach einem der wärmsten und trockensten Winter, die jemals verzeichnet wurden - hat die Region in einen idealen Brandherd verwandelt. Verstärkt wird die Situation durch die ungewöhnlich starken Santa-Ana-Winde (...). Diese haben selbst kleine Feuer zu gigantischen Flammenstürmen anwachsen lassen, die alles zerstören, was sich ihnen in den Weg stellt. (...)
Der designierte Präsident Donald Trump hat versucht, die Katastrophe politisch auszuschlachten, indem er die Arbeit des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom kritisierte. Das ist kein Zufall: Newsom gilt als eine der vielversprechendsten Figuren der Demokratischen Partei. Er könnte Trump in Zukunft auf nationaler Ebene herausfordern. (...) Trumps Absicht ist es nicht nur, die Arbeit der Demokraten zu diskreditieren, sondern auch, von der wahren Ursache der Katastrophe - dem Klimawandel - abzulenken.»
«Aftonbladet»: Sanktionen gegen russische Schattenflotte notwendig
STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» (Stockholm) kommentiert am Freitag die jüngsten Kabelschäden in der Ostsee, zu denen Ermittlungen gegen ein mutmaßliches Schiff der sogenannten russischen Schattenflotte laufen:
«Das finnische Entern des Schiffs «Eagle S» im Finnischen Meerbusen an Weihnachten war dringend notwendig. Finnland reagierte auf den Verdacht der Sabotage eines Stromkabels in der Art und Weise, wie es ein Staat tun sollte. Neben der Verfolgung der Tat wurde damit auch ein Signal an alle anderen Akteure gesendet, die so etwas versuchen möchten.
Doch um die sogenannte Schattenflotte in der Ostsee loszuwerden, braucht es mehr als nur spektakuläre Enterungen. Die Flotte ist eine Gegenmaßnahme Russlands, um die wegen der Aggression gegen die Ukraine verhängten Sanktionen zu umgehen. Es handelt sich um alte Schiffe mit mangelhafter Wartung und ohne funktionierende Versicherung. Die Schiffe füllen nicht nur die russische Kriegskasse, sie stellen auch eine Gefahr für die Umwelt dar. Wir sollten Sanktionen gegen die russische Schattenflotte einführen.»
«The Irish Times»: Trumps Drohungen sind alarmierend
DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» kommentiert am Freitag die Äußerungen von Donald Trump zu Grönland, Panama und Kanada:
«Es ist alarmierend, dass Trump militärischen Zwang im Namen der nationalen Sicherheit der USA nicht ausschließt, um sowohl Grönland - ein halbautonomes dänisches Gebiet und damit ein durch die Klausel über gegenseitige Verteidigung geschütztes Nato-Mitglied - als auch den Panamakanal zu annektieren. Zudem hat er angedeutet, Kanada könne durch wirtschaftlichen Druck gezwungen werden, der 51. Staat der Union zu werden, während ein unkooperatives Dänemark mit einem Blitz von Zöllen konfrontiert werden könne, um es in Bezug auf Grönland gefügig zu machen. (...)
Trump ergeht sich in maßlosen Übertreibungen als Verhandlungsinstrument, und viele vermuten, dass seine impliziten Drohungen mit Gewaltanwendung genau das sind und nicht ernst genommen werden sollten. Gänzlich unwahrscheinlich ist es aber nicht. Erst 1989 sind die USA in Panama einmarschiert, um den Drogenboss Manuel Noriega zu stürzen. Heute wird Chinas Einfluss in der Region als direkte Bedrohung der US-Schifffahrtsinteressen angesehen. Zumindest dürfte es Trump um bessere Geschäfte und mehr Einfluss in diesen Schlüsselregionen gehen.»
«NZZ»: EU muss sich jetzt in Syrien engagieren
ZÜRICH: Zur Syrien-Politik der EU meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Freitag:
«Es ist höchste Zeit, dass die EU-Außenbeauftragte den Blick einmal nach Süden wendet. Kaja Kallas, der Russland-Falke in Brüssel, sollte jetzt schnell eine Syrien-Politik entwerfen. Stattdessen sagt sie, eine substanzielle Unterstützung der EU hänge «vom Fortschritt vor Ort» ab.
Das ist der falsche Ansatz. Syrien ist für Europa strategisch wichtig. Brüssel und die europäischen Hauptstädte sollten schnell mit konkreter Aufbauhilfe zur Stabilisierung des Landes beitragen. Der Erfolg ist natürlich ungewiss.
Stehen die Europäische Union und die Vereinigten Staaten aber abseits, wachsen die Risiken, dass das Land erneut in einem Bürgerkrieg versinkt. Es ist dann mehr als wahrscheinlich, dass sich ein neuer Flüchtlingsstrom Richtung Europa bewegt. Umgekehrt bedeutet eine Beruhigung der Lage, dass ein Teil der syrischen Kriegsflüchtlinge in die Heimat zurückkehren kann.»