Zeitungen zum Geschehen am Freitag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Frankfurter Rundschau» zur Wohnungs- und Mietkrise

Wohnen ist ein Grundrecht. Doch seit Jahren liegt es damit im Argen. Wohnraum ist knapp, vor allem in den Großstädten, und die Mieten dort explodieren förmlich. (.)

Das kann Parteien bei den anstehenden Neuwahlen auf die Füße fallen. Und so wird versucht, bei diesem wichtigen Thema Tatendrang zu demonstrieren, bis hinauf zu Bundeskanzler Scholz. Im Oktober plädierte er dafür, in Ballungszentren ganze neue Stadtteile auf der grünen Wiese zu bauen, so wie in den 1970er-Jahren. (.) Das zu wiederholen, wäre Unsinn. Vielmehr kommt es darauf an, andere Potenziale für mehr Wohnungen zu heben. (.)

Die Potenziale im Gebäudebestand sind enorm. Bis zu 330.000 zusätzliche Wohneinheiten pro Jahr könnten laut der Analyse mit Aufstockungen, Büro-zu-Wohnraum-Umwandlung, Aktivierung von Leerstand und Hausteilungen entstehen - und zwar meist schneller, kostengünstiger, klimafreundlicher und flächenschonender als beim klassischen Neubau.


«Stuttgarter Zeitung» zum Landeshaushalt Baden-Württembergs

Bedenklich stellt sich dar, dass der Haushalt nur mit Finanzmanövern gedeckt werden kann, die nicht beliebig wiederholbar sind.

Rücklagen werden aufgelöst, die Zuführungen in die beiden Fonds für die Beamtenversorgung gestoppt. Letzteres ist besonders misslich. Wieder einmal wird eine Bürde auf die Zukunft verschoben. Vor allem aber werden absehbar die Haushaltsüberschüsse aus den Vorjahren dahinschmelzen, mit denen sich bisher bequem alle Finanzierungsnöte lindern ließen. Für den neuen Etat standen aus den Jahren 2022 und 2023 Überschüsse in Höhe von 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Ohne dieses Geld wäre die Landesregierung schon jetzt nackt. Der Strukturwandel wird sich nicht schmerzfrei vollziehen, auch und schon gar nicht in der Autoindustrie und bei deren Zulieferern. Helfen wird die erwartbare Lockerung der Schuldenbremse. Aber Geld für dieses und jenes wird es künftig nicht mehr geben.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Herausforderung nach der Wahl

Die Rumpfregierung unter Scholz will noch möglichst viel liefern, die FDP nicht als Totalverweigerin auch eigener Projekte dastehen.

Und die Union will dem Koalitionsrest keinen unnötigen Gefallen tun, sondern nach der Wahl lieber selbst Wohltaten beschließen. Es wird freilich auch nach der Neuwahl des Bundestages eine Herausforderung bleiben, nicht nur eine Koalition eines echten Neuanfangs auf die Beine zu stellen, sondern auch im Fall des Falles übergreifende Mehrheiten zu organisieren. Was für das Land nötig ist, muss getan werden. Wenn dazu etwa eine neue Verfassungsänderung erforderlich ist, müssen alle demokratischen, rechtsstaatlichen Parteien zusammenstehen (.) Das kann Veränderungen der Kompetenzordnung betreffen, ein neues Sondervermögen oder eine Neujustierung der Schuldenbremse.


«Information»: Großmächten und Türkei geht es nicht um Syriens Zukunft

KOPENHAGEN: Die linksliberale dänische Tageszeitung «Information» meint am Freitag zur Lage in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes:

«Es ist keine Untertreibung zu sagen, dass es rivalisierenden Großmächten und regionalen Akteuren im Nahen Osten in erster Linie darum geht, Einfluss auf das nächste Regime in Syrien zu erlangen - auch mit militärischer Gewalt.

Sie alle sehen eine einzigartige Chance und einen kurzen Moment, bevor eine neue Führung die Kontrolle über den Großteil des syrischen Territoriums erlangt hat, um ihre eigenen Sicherheitsinteressen voranzutreiben.

An der Spitze stehen Israel, die Türkei und die USA. Keine dieser Nationen scheint mit ihren militärischen Schlägen die notwendige Stabilität zu priorisieren, die eine Voraussetzung für ein freies Syrien ist. Ein neuer Staat, gegründet auf Basis einer neuen Verfassung, die zu freien und demokratischen Wahlen führen kann.

Das haben die Syrer verdient, nachdem sie von der internationalen Gemeinschaft unter dem tyrannischen Regime des al-Assad-Clans und während eines zerstörerischen Bürgerkrieges im Stich gelassen wurden. Aber wenn man sich die ersten militärischen Schritte Israels, der USA und der Türkei ansieht, scheinen sie das nicht zu bekommen.

Es besteht das Risiko, dass es für Syrien so weitergeht wie unter russischem und iranischem Einfluss - als Spielfigur in einem skrupellosen geostrategischen Machtspiel im Nahen Osten.

Wie werden die Syrer wohl reagieren, wenn sie nach dem Jubel darüber, den Diktator losgeworden zu sein, der unangenehmen Realität ins Auge blicken müssen: dass ihre Souveränität von fremden Mächten unterminiert wurde?»


«Le Figaro»: Politischer Stillstand lähmt Frankreichs Wirtschaft

PARIS: Zur Lage in Frankreich nach dem Regierungssturz schreibt die französische Zeitung «Le Figaro» am Freitag:

«(...) Ohne Haushalt und Regierung wirkt Frankreich wie ein betrunkenes Schiff ohne Kurs und Ruder. Für ein Unternehmen, das mit den harten Realitäten des wirtschaftlichen Wettbewerbs konfrontiert ist, in dem jeder Euro zählt, wirkt diese große Unklarheit wie eine Lähmung. Keine Klarheit, keine Investitionen. Keine Investitionen, keine Aktivität. Keine Aktivität, keine Einstellungen. Und um den Kreis zu schließen, auch keine Verteilung der Kaufkraft, die alle versprechen.

Man muss sich anhören, wie Unternehmer beschreiben, wie innerhalb weniger Wochen das Gerüst zerstört wurde, das Emmanuel Macron geduldig aufgebaut hatte, um die Attraktivität des Landes wiederherzustellen. (...) Während der strategischen Spiele der Parteien wird das Defizit immer größer. Niemand glaubt mehr an die Sanierungsversprechen, die nach Brüssel und zu den Ratingagenturen geschickt werden.

Die Unternehmen (...) befürchten das Schlimmste für die Zukunft. Der bisherige Premier Michel Barnier hat ihnen eines bestätigt: Eine Regierung, und sei sie auch noch so rechts, klopft immer lieber auf die Muskeln der Privatwirtschaft als auf das Fett des öffentlichen Sektors. Sie haben also keinen Zweifel: Der nächste Haushalt, erst recht, wenn er von den Sozialisten abgesegnet werden soll, wird das schlafende Frankreich verschonen, um seine treibenden Kräfte, die den Wohlstand schaffen und sein Sozialmodell finanzieren, in die Pflicht zu nehmen. Dies ist nicht der beste Weg, um wieder voranzukommen.»


«El País»: Syrien ist noch kein sicheres Land

MADRID: Zum Umsturz in Syrien meint die spanische Tageszeitung «El País» am Freitag:

«In einigen Regionen (Syriens) hält die Gewalt unvermindert an. Dennoch haben bis zu elf europäische Länder, darunter Deutschland, das Vereinigte Königreich und Italien, angekündigt, die Bearbeitung von Asylanträgen syrischer Staatsbürger vorerst einzufrieren. Österreich ist unter dem Druck rechtsextremer Kräfte noch weiter gegangen und hat ein Abschiebeprogramm ins Leben gerufen. Die Idee einer massenhaften Rückführung beginnt die politischen Debatten zu prägen - und das, obwohl offensichtlich ist, dass es viel zu früh ist, Syrien als sicheren Ort einzustufen. (...)

Die Übergangsregierung Syriens ruft im Ausland lebende Bürger zur Rückkehr auf, und Tausende versuchen bereits, die Grenze zur Türkei wieder zu passieren. Doch der Sturz des Diktators (Baschar al-Assad) allein reicht nicht aus, um die europäische Asylpolitik für ein Land zu ändern, das die meisten Anträge an die EU stellt. (...) Die vorsichtige Haltung Spaniens ist in diesem Moment der Ungewissheit die richtige. Mit Spannung wird derweil das Ministertreffen am Montag in Brüssel erwartet, bei dem eine gemeinsame Strategie beschlossen werden soll. Der Plan sieht vor, Zwangsrückführungen zu vermeiden, aber freiwillige Rückkehrer aktiv zu ermutigen.»


«La Stampa»: Macron ist gescheitert

ROM: Die italienische Tageszeitung «La Stampa» vertritt die Meinung, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gescheitert ist:

«Die Fünfte Republik wurde von General Charles de Gaulle nach der Krise des Algerien-Kriegs in den 1950er und 1960er Jahren gegründet, um das System von der Ohnmacht des parlamentarischen Babels zu befreien. Der vom Volk gewählte Präsident wurde zum überlegenen Herrscher eines Systems, in dem das Parlament virtuos die Form und Linie des Führers interpretierte. Und heute? Die Realität hat sich umgekehrt: Macron scheint Gefangener einer mehrheitlich gegen ihn gerichteten Nationalversammlung zu sein.

Viel wird von der Entschlossenheit der Reformsozialisten abhängen, sich vom Joch der Neuen Volksfront und Jean-Luc Mélenchon zu befreien. (...) Die Lösung ist schwierig, denn das Präsidialsystem hat eine Praxis der direkten Konfrontation verankert, und wenn die Politik so schwach ist wie heute in Frankreich, gibt es kein System, das Bestand hat. Emmanuel Macron ist politisch gescheitert, weil er es nicht geschafft hat, wie versprochen eine Bewegung zu etablieren, die zugleich rechts wie links ist.»


«The Irish Times»: EU würde von Stabilität in Syrien profitieren

DUBLIN: Zur Lage im Nahen Osten nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien meint die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Freitag:

«Der Iran und Russland haben sich als unfähig erwiesen, das Assad-Regime militärisch zu schützen. Dadurch haben sie in der Region erheblich an Einfluss verloren, wie auch das schiitische Regime im benachbarten Irak. Arabische Staaten wie Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und die Golfstaaten prüfen, wie sie dieses Vakuum füllen und ein Übergreifen der syrischen Rebellion auf ihre eigenen Regime verhindern können. (...)

Die USA haben sich wie China bisher relativ passiv verhalten, während die Mächte des Nahen Ostens immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das eröffnet Raum für Multilateralismus, sowohl bei den Vereinten Nationen als auch bei der Europäischen Union. Die EU und ihre Mitglieder haben hier eine echte diplomatische Verantwortung. Gemeinsam sind sie potenzielle Nutznießer einer Stabilität, die sich aus einem friedlichen, florierenden und wiederaufgebauten Syrien ergeben könnte - oder aber Verlierer, sollte das Land in ein von regionalen Mächten geschürtes Chaos zurückfallen.»


«De Standaard»: Netanjahus rohe Machtpolitik ist ein Irrweg

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Freitag die Angriffe Israels auf militärische Ziele in Syrien:

«Jede Krise ist auch eine Chance: Das muss sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gedacht haben, als in Syrien das Assad-Regime zusammenfiel. Unverzüglich begannen die israelischen Streitkräfte mit schweren Bombardements auf Einrichtungen der syrischen Armee. (.)

Netanjahu setzt damit - wie zuvor schon im Gazastreifen und im Libanon - auf ein Sicherheitskonzept, das sich nicht um internationale Regeln, UN-Vereinbarungen, Menschenleben oder die Stabilität der benachbarten Länder schert. Diese rohe Machtpolitik hält der Ministerpräsident offenbar für den einzigen Weg, um Israels Lebensfähigkeit dauerhaft zu sichern. (.)

Doch auf lange Sicht betrachtet ist ein Sicherheitskonzept, das auf militärischer Kontrolle, Unterdrückung und Zerstörung der Nachbarländer beruht, ein Irrweg. Dadurch entstehen so viel Frust, Schmerz und Zorn, dass es früher oder später zu gewaltsamen Racheakten kommt, die Israel und die Region noch weiter zerrütten werden.»


«NZZ»: Grüne sind ideologisch unbeirrbar

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Freitag mit dem Wahlkampf der Grünen in Deutschland:

«Grüne, die Vernunft als «Einsicht in die Notwendigkeit» definieren - natürlich in genau die Notwendigkeit, die man selbst für richtig hält -, müssen nicht zweifeln und brauchen keine Kompromisse zu machen.

Damit triumphieren sie gegenüber Christdemokraten, die sich nicht mehr trauen, «konservativ» zu sein. Gegenüber Sozialdemokraten, deren Sozialstaatsphantasien an ein Ende gekommen sind. Und gegenüber Freien Demokraten, die die Grünen in der Gesellschaftspolitik gern links überholen würden und darüber ihre Kernklientel der Selbständigen vergessen.

Wegen ihrer ideologischen Unbeirrbarkeit setzen sich Grüne in Koalitionen stets überproportional durch. Das aber nimmt die Stammwählerschaft der jeweiligen Koalitionspartner übel. (.)

Die Grünen wirken sogar auf die Opposition. Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, wagt es nicht, ein Bündnis mit ihnen klar auszuschließen - das könnte ihm aus den eigenen Reihen als reaktionär angelastet werden. Zugleich erzürnt diese Vagheit aber CDU-Wähler, die sich auch in den Bundesländern über prohibitive Landwirtschafts- oder blauäugige Asylpolitik ärgern.»

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