«Tages-Anzeiger»: Gibt noch viel über Kelloggs Ukraine-Plan zu reden
ZÜRICH: Zur Nominierung des früheren Sicherheitsberaters Keith Kellogg als US-Sondergesandter für die Ukraine und Russland heißt es am Freitag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:
«Kellogg ist der Ansicht, dass es «in Amerikas Interesse ist, sicherzustellen, dass Russland diesen Krieg verliert». Das deckt sich mit der Auffassung der meisten europäischen Regierungen.
Die konkreten Bedingungen allerdings dürften noch viel zu reden geben. Die USA sollten nach Kelloggs Auffassung nun möglichst rasch einen Waffenstillstand herbeiführen. Dafür müssten sie zunächst einmal mehr Waffen an die Ukraine schicken, um den Vormarsch der Russen zu stoppen, schrieb er in einem Buchbeitrag. Damit müssten die USA auch sicherstellen, dass Russland nach einer Waffenruhe nicht erneut angreife. Bedingung für die Hilfe sei aber, dass sich die Ukraine zu Verhandlungen bereit erkläre.
Russland soll als Gegenleistung die Garantie erhalten, dass die Ukraine mehrere Jahre lang nicht in die Nato aufgenommen wird. Auf die besetzten Gebiete solle die Ukraine nicht verzichten müssen, beteuert Kellogg. Aber deren Zukunft müsse durch Verhandlungen mit Russland statt durch militärische Operationen entschieden werden. Kellogg weiß, dass die Ukraine und ihre westlichen Unterstützer mit den Minsker Abkommen ähnliche Ansätze verfolgten, die Russland dann aber nie respektierte.»
«Stuttgarter Zeitung» zu Europas Wirtschaftskraft
Europas Wirtschaftskraft ist attraktiv genug, um Iran aus der engen Bindung mit Russland zu lösen.
Europa kann in der Konfrontation mit den USA als Makler auftreten. Wenn Teheran mehr und glaubwürdige Kontrollen seiner Atomanlagen ermöglicht, kann man die Wirtschaftssanktionen überdenken. Der Iran ist geopolitisch zu bedeutsam, als dass man ihn einfach Russland und China als Partner überlassen könnte.
«Frankfurter Rundschau» zu Rücktritt des FDP-Generalsekretärs
Der Rücktritt des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai und die späte Informationsoffensive der Parteispitze werden wohl kaum die selbstverschuldete Affäre der Liberalen beenden.
Dazu haben zu viele aus der Führungsriege zu lange behauptet, der Schlachtplan zum Ausstieg aus der Ampelkoalition existiere nicht. Schwerer wiegt allerdings, dass FDP-Chef Christian Lindner und sein Team mit all dem ihrer Glaubwürdigkeit schwer geschadet und viel Vertrauen verspielt haben. Wer soll ihnen nach diesen Lügengeschichten und Lindners dreister Inszenierung als Opfer noch irgendetwas glauben? Warum soll jemand die FDP wählen, die erst lieber nicht regieren, statt falsch regieren will, und dann später merkt, dass sie falsch regiert, aber statt selbst die Koalition aufzukündigen einen Plan entwirft, der andere dazu nötigen soll, dies zu tun? Die FDP und ihr Chef gehen schwer angeschlagen in den Wahlkampf. Da dürfte es schwer werden aus dem Umfragetief mit existenzbedrohenden Werten zu kommen.
«Münchner Merkur» zu FDP
Jetzt hat die FDP ihren D-Day, nur anders als geplant: Plötzlich läuft das Endspiel um das Überleben des politisch organisierten Liberalismus in Deutschland.
Mit gezinkten Karten spielen zwar alle in der Politik, auch bei der Empörung des Kanzlers über die treulose FDP ist viel Heuchelei im Spiel. Doch sollte man sich nicht in flagranti ertappen lassen. Genau das aber passierte den Liberalen, weil sie mit Verkehrsminister Wissing einen Spion in ihren Reihen hatten, der die Gegenseite mit Informationen aus dem Innersten der Partei fütterte. Dafür, dass das Thema im Wahlkampf nicht in Vergessenheit gerät, sorgt gewiss die ganz große Koalition jener in Parteien und Medien, die just die FDP, die am wenigsten kann für die desolate Lage des Landes, seit vielen Jahren mit Inbrunst zum Grundübel der deutschen Politik erklärt. Als notorischer Prügelknabe darf die FDP mit Schonung nicht rechnen.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu FDP
Freilich hat die FDP, nicht untypisch, immer zweierlei Signale ausgesendet: Einerseits hat sie deutlich gemacht, nicht einfach aus der Regierungsverantwortung weglaufen zu wollen.
Andererseits hat sie auch klargestellt, dass es mit der Ampel zu Ende ist, wenn sich bestimmte Dinge nicht ändern. Erstaunlich ist weniger das Strategie-PR-«Mitarbeiter»-Papier zum Ausstieg aus der Ampel, das die Partei nun in einer Art Vorne-Verteidigung veröffentlicht hat, als der Umgang einiger FDP-Politiker mit ihm. (.) Die FDP hätte viel früher und konsequenter in die Offensive gehen können, wie das der FDP-Vorsitzende Lindner anfangs vormachte. Jetzt fällt auch auf ihn ein Schatten - denn nicht die Krise ist entscheidend, sondern der Umgang mit ihr.
«Handelsblatt» zu FDP-Krise
Diese Rücktritte werden allerdings bei weitem nicht ausreichen, um das Vertrauen in die Partei wiederherzustellen.
Der entstandene Schaden ist zu groß - für die FDP selbst, aber auch für das Land. Die Planspiele der Partei und die Täuschungsversuche, die dahintersteckten, widersprechen zutiefst dem notwendigen Anspruch, verantwortungsvoll zu regieren. (.) Kaum vorstellbar, wie sich die Partei in nur drei Monaten bis zur Bundestagswahl aus diesem Desaster wieder herausmanövrieren kann. Den Willen für eine selbstkritische Aufarbeitung lässt die Parteiführung bisher vermissen. (.) Deutschland braucht eine liberale Partei, allerdings eine, die verantwortungsvoll für das Land und nicht nur für sich selbst agiert. Eine liberale Partei, die nicht beschwichtigt oder gar lügt, um skandalträchtiges Verhalten zu vertuschen, sondern eine, die ihre liberalen Werte auch lebt.
«Jyllands-Posten»: Mit, aber nicht wie Populisten sprechen
AARHUS: Die rechtsliberale dänische Tageszeitung «Jyllands-Posten» (Aarhus) kommentiert den Vormarsch von Populisten in verschiedenen Ländern des Westens:
«Der Mythos von der großen schweigenden Mehrheit, die nicht zu Wort kommen kann oder es nicht wagt, ist wohl einer der hartnäckigsten, wenn es um die Erklärung von Populismus geht. Es ist ein Narrativ, das Donald Trump übernommen hat und mit dem man Wähler mobilisieren kann. Unter sonst gleichen Bedingungen ist es einfacher, zu schweigen und trotzig zu sein, als aufzustehen, zu versuchen, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, und Verantwortung zu übernehmen. Es gibt die sogenannten Stillen. Die Frage ist, ob sie eine Mehrheit bilden, ob sie es werden und wie die Macht verwaltet wird, falls dies geschieht.
Der Populismus ist nicht größer als die Stärke, die ihm andere verleihen. Das Spiel findet in der Arena statt, und alle Ehre an diejenigen, die in der demokratischen Debatte einen Einsatz leisten. Nicht durch Distanzierung, Verleugnung oder Herabwürdigung der Menschen, die etwa für Trump, die AfD, die Schwedendemokraten oder die Partei für die Freiheit stimmen. Auch nicht, indem man sie umarmt und kopiert. Sondern indem man argumentiert und zeigt, dass es andere Lösungen für die Herausforderungen der Zeit gibt. Sprecht mit den Populisten, sprecht zu ihnen, aber sprecht nicht wie sie.»
«El Mundo»: Politische Kämpfe gefährden Schutz vor neuem Extremwetter
MADRID: Zu den verheerenden Unwettern im Süden und Osten Spaniens vor einem Monat - am 29. Oktober - mit bisher 230 bestätigten Toten sowie der Gefahr künftig drohender Extremwetterlagen schreibt die spanische Zeitung «El Mundo»:
«Der politische Umgang mit der Tragödie war erbärmlich. Die Konfrontation zwischen den Parteien hat überwogen - und tut es immer noch - und die Institutionen waren der Aufgabe nicht gewachsen. Aber darüber hinaus muss sich unser Land - sowohl die Behörden als auch die Bevölkerung - der Gefahr bewusst werden, der ein großer Teil des Territoriums ausgesetzt ist, und einen großen nationalen Pakt in Angriff nehmen (...). Spanien und insbesondere der Mittelmeerraum sind dem Klimawandel besonders ausgesetzt, sodass Extremereignisse häufiger und intensiver werden (...). Außerdem leben immer noch fast fünf Millionen Spanier in hochwassergefährdeten Gebieten.
Die Herausforderung besteht darin, all diese Gebiete anzupassen und vorzubereiten. Die erforderlichen Maßnahmen, die je nach Gebiet unterschiedlich sind, erfordern in vielen Fällen drastische und kostspielige Entscheidungen, die nur sehr schwer umgesetzt werden können, wenn es keine Bereitschaft zur Einigung gibt. Die Kämpfe zwischen den Parteien, die solche Tragödien oft begleiten, können wichtige Projekte wie die Umsiedlung von Wohnhäusern, Wasserbauarbeiten oder die Entwicklung besserer Warnsysteme lähmen.»
«de Volkskrant»: USA könnten Kiew zu Verhandlungen zwingen
AMSTERDAM: Donald Trump hat den früheren Sicherheitsberater Keith Kellogg zum Sondergesandten für die Ukraine und Russland nominiert. Dazu heißt es am Freitag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:
«Keith Kellogg hat in seiner derzeitigen Funktion als Berater des America First Policy Institute, einer Trump nahestehenden Denkfabrik, einen Plan ausgearbeitet. Die Strategie besteht aus drei Säulen. Nach Ansicht von Kellogg und seinen Mitverfassern sollten die USA so schnell wie möglich einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen erzwingen.
Zu diesem Zweck müsse der Krieg entlang der derzeitigen Front eingefroren werden. Um die ukrainische Regierung an den Verhandlungstisch zu bringen, wird die Teilnahme an Friedensgesprächen zur Bedingung für weitere militärische Unterstützung durch die USA gemacht. Zugleich soll eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine «für einen längeren Zeitraum» ausgeschlossen werden.
Um die Sicherheit der Ukraine zu gewährleisten, müssten die Amerikaner einen bilateralen Vertrag mit dem Land abschließen. Sollte Moskau auch dann nicht einlenken, befürworten Kellogg und seine Kollegen die Androhung weiterer militärischer Unterstützung für die Ukraine. In dem Plan steht zwar nicht schwarz auf weiß, dass die Ukraine russisch besetzte Gebiete aufgeben muss. Aber das ist die implizite Schlussfolgerung, die die Ukrainer daraus ziehen.»
«NZZ»: Wirtschaftliche Realitäten engen Trumps Spielraum ein
ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Freitag mit den Aussichten auf die Politik Donald Trumps in seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident:
«Ein wichtiges und populäres Wahlversprechen Trumps ist die Eindämmung der illegalen Einwanderung. Mit Tom Homan hat er zu diesem Zweck einen kampferprobten Loyalisten und Hardliner zum Beauftragten für Grenzfragen nominiert. Wie Trumps jüngste Drohungen gegenüber Kanada und Mexiko deutlich machen, soll auch die Handelspolitik in den Dienst dieses Ziels gestellt werden. Doch die wirtschaftlichen Realitäten dürften den Spielraum stark einengen.
Die faktische Kündigung des Freihandelsabkommens mit den zwei wichtigsten Handelspartnern hätte enorme negative Auswirkungen auf amerikanische Arbeitsplätze, Einkommen und die Geldwertstabilität. Dasselbe gilt für die von Trump versprochene massenhafte Ausweisung von Millionen illegaler Aufenthalter, die in vielen amerikanischen Branchen und Regionen dringend benötigt werden.
Mit Marco Rubio hat Trump zudem einen erfahrenen und angesehenen Politiker für den Posten des Außenministers nominiert. Er dürfte von Trumps Powerplay strapazierte Beziehungen zu wichtigen Partnern wieder zu glätten suchen. Kulturkampf und Wirtschaft werden die Prioritäten Trumps für seine zweite Präsidentschaft sein. Ersteres dient der Befriedigung seiner loyalsten Anhänger, wird insgesamt aber eher wenig Schaden anrichten. Letzteres wird Priorität haben - und weitaus wichtiger für die USA sein.»
«La Repubblica»: Kritik an Social-Media-Gesetz in Australien
ROM: Die italienische Tageszeitung «La Repubblica» stellt den Beschluss des australischen Parlaments infrage, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zugang zu sozialen Medien zu verbieten:
«Sind wir sicher, dass es nicht besser wäre, aufzuklären statt zu verbieten? Junge Menschen sollten vorbereitet werden und das nötige Rüstzeug erhalten, um zu verstehen, was ihnen vorgesetzt wird. Wir sollten ihnen erklären, wie sie echte von gefälschten Nachrichten unterscheiden können, wie sie interagieren können, ohne überwältigt zu werden, wie sie sich vernetzen können, ohne verletzlich, anfällig, isoliert und manipulierbar zu werden. Wir sollten ihnen beibringen, sich vom Internet zu entfernen, wenn sie erkennen, dass es gefährlich ist.
Ein Verbot der sozialen Medien mag wie eine starke und einfache Lösung erscheinen, aber es birgt die Gefahr, dass auch das Positive dieser Plattformen weggefegt wird: Junge Menschen fühlen sich als Teil eines riesigen Netzwerks, als Bürger des Internets, einige haben dort Anerkennung und Akzeptanz gefunden. Sind wir sicher, dass es sich lohnt, dies zu verbieten?»
«Wall Street Journal»: Wirtschaft auf dem deutschen Stimmzettel
NEW YORK: Bei der vorgezogenen Bundestagswahl in Deutschland wird sich die CDU mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz beim Thema Wirtschaftswachstum gut positionieren können, schreibt die US-Zeitung «Wall Street Journal» am Donnerstag (Ortszeit):
«Deutschland ist Europas größte Volkswirtschaft und ein Bollwerk für die Euro-Währung, und was dort passiert, ist für die USA von Bedeutung. Daher ist es eine Erleichterung zu sehen, dass das Land endlich das bekommen könnte, was es und Europa dringend brauchen: einen Wahlkampf, bei dem das Wirtschaftswachstum auf dem Stimmzettel steht. (...) Ursprung des Problems ist ein seit zwei Jahrzehnten anhaltender, erzwungener Marsch Richtung Netto-Null-Klimapolitik, der die Energiepreise in die Höhe getrieben hat. (...)
Merz fordert Sozialreformen zur Förderung der Beschäftigung und Steuersenkungen (...). Das Programm der CDU schlägt eine Umstellung auf eine technikneutrale Klimapolitik vor, die die Bevorzugung von Wind-, Solar- und batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen auf Kosten anderer Optionen wie etwa Wasserstoffantrieb beenden würde. Er (Merz) muss einer Wählerschaft, die auf einen Netto-Null-Glaubenssatz getrimmt ist, auch etwas Klimapolitik anbieten. Aber das lenkt diese Politik zumindest in Richtung Marktprinzipien. (...)
Immigration ist ebenfalls ein großes Thema für die Wähler. (...) Eine Möglichkeit, der AfD die Unterstützung abzugraben, besteht darin, eine strengere Einwanderungspolitik neben wachstumsfördernden Wirtschaftsideen anzubieten (...). Darauf scheint Merz zu setzen.»