«Stuttgarter Zeitung» zu Verleihung des Friedensnobelpreises
Nun ist die Wahl auf die japanische Vereinigung der Atombomben- und Wasserstoffbombenopfer gefallen.
Die wenigen verbliebenen Zeitzeugen und eine große Zahl an Unterstützern fordern die japanische Regierung auf, die Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt anzuführen. Das ist aller Ehren wert. Ob sie damit wirklich den größten Nutzen für die Menschheit erbracht haben, steht freilich auf einem anderen Blatt. Aber man kann, nein, man muss das alles in einem größeren Gesamtzusammenhang sehen. Das Thema der Nuklearwaffen, es treibt das Nobelkomitee um. 2017 bekam die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen den Preis. 2005 die Internationale Atomenergieorganisation. Dazwischen wurde der Friedensnobelpreis an den damals frisch gewählten US-Präsidenten Barack Obama verliehen. Ausdrücklich auch deswegen, weil er auf eine atomwaffenfreie Welt hinarbeiten wollte. Mit mäßigem Erfolg, wie man heute weiß. Doch damals war es ein Preis in einer Welt voller Hoffnung. Inzwischen leben wir in einer Welt voller Angst.
«Handelsblatt» zu Elon Musks Robotaxi
Sicherlich, Elon Musk liebt die Show.
Aber nicht nur deswegen präsentierte der Tesla-Chef das Robotaxi «Cybercap» in den Hollywood-Studios von Warner Bros. (.) Das Grundstück hatte Tesla zuvor nach Bericht eines US-Hackers sorgfältig kartografiert. Schon diese Details zeigen, wie weit Tesla entfernt von einem autonom fahrenden Fahrdienst ist. Es besitzt für das Robotaxi keine Lizenzen, um auf öffentlichen Straßen zu fahren, und braucht detaillierte Karten, obwohl doch die Kameras in einem Tesla zusammen mit KI alle Fahrprobleme lösen sollen. (.) Es drängt sich der Eindruck auf: Musk will die Zukunft wie auf Kommando herbeirufen. Bei Tesla stehen die Mitarbeiter stramm, wie auch die geladenen und auserwählten Gäste auf Knopfdruck jubelten. Selbst die Aktionäre spielten bislang mit. Doch hat ihre Begeisterungsfähigkeit ihre Grenzen. Der Aktienkurs rutschte am folgenden Börsentag deutlich ins Minus. Die Anteilseigner ahnen: Die Wirklichkeit könnte anders aussehen als ein Hollywood-Studio.
«Neatkariga Rita Avize»: Wie kann so etwas passieren?
RIGA: Zu dem Großeinsatz von Polizei und Grenzschutz in Lettland, bei dem nach einer einstündigen Verfolgungsjagd insgesamt 46 illegale Grenzgänger in einem nachgebildeten Polizeifahrzeug aufgegriffen wurden, schreibt die lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» am Freitag:
«Wie kann es sein, dass in unserem Land, das 3 Prozent des BIP für seine Verteidigung ausgibt, 46 Migranten in einem Fahrzeug in den Farben der Staatspolizei einfach so durch die Landschaft fahren, oder waren es vielleicht feindliche Spezialeinheiten? Wie kann es sein, dass wir Unsummen ausgeben, um die Grenze mit Zäunen, Barrieren und Betonblöcken auszustatten, die sogenannten Migranten aber frei über alles hinwegmarschieren? Wie kann es sein, dass der Vorsitzende des zuständigen Parlamentsausschusses mehr als einen Tag nach dem Vorfall noch keine vollständigen Informationen über die Gründe für diesen Wahnsinn hat? Wird sich wieder herausstellen, dass niemand für irgendetwas verantwortlich ist? Oder wird der Übeltäter ein zwielichtiger einfacher Grenzbeamter sein? In was für einem Staat leben wir eigentlich?»
«The Irish Times»: Kühle Wahltaktik der Demokraten könnte sich rächen
DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» kommentiert am Freitag potenzielle Auswirkungen des Nahostkonflikts auf die US-Präsidentschaftswahl:
«Die Eskalation des vielschichtigen Konflikts im Nahen Osten zwischen Israel und den USA einerseits und dem Iran und seinen Stellvertretern andererseits kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der Druck im politischen Zyklus der USA am größten ist. Kamala Harris hat im US-Präsidentschaftswahlkampf zwar gewisse Signale ausgesendet, um sich von den israelischen Angriffen im Gazastreifen und im Libanon zu distanzieren. Aber ihre Partei kalkuliert, dass es wichtiger sei, jüdische und andere pro-israelische Wähler in Pennsylvania nicht zu verprellen, als arabisch-amerikanischen und Anti-Kriegs-Wählern in Michigan entgegenzukommen.
Das könnte sich rächen, denn jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass es unter muslimischen Wählern einen Schwenk in Richtung Donald Trump gibt, und zwar ungeachtet seiner früheren islamfeindlichen Äußerungen. Ein derart kühle Wahltaktik kommt nicht gut an bei Kritikern, die besorgt sind wegen der humanitären Katastrophe im Gazastreifen, der steigenden Zahl ziviler Todesopfer im Libanon und der Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung im besetzten Westjordanland. Obwohl die USA der engste Verbündete Israels sind und einen Großteil der bei diesen Militäreinsätzen verwendeten Waffen liefern, scheinen sie nach wie vor nicht willens oder in der Lage zu sein, mit genügend Druck für Zurückhaltung zu sorgen.»
«The Guardian»: Wahlsieg Trumps wäre schlecht für den Klimaschutz
LONDON: Die britische Zeitung «The Guardian» kommentiert am Freitag die politische Debatte in den USA angesichts der Zerstörungen durch die Hurrikane in Florida:
«Was Florida so besonders macht, ist die Diskrepanz zwischen der Besorgnis, die den Folgen der Hurrikane zu Recht entgegengebracht wird, und dem weit verbreiteten Unwillen vieler Menschen, die Ursachen extremer Wetterereignisse anzuerkennen - und noch weniger die Rolle, die die USA dabei spielen. Unter den zehn größten Umweltverschmutzern verursachen sie die meisten Treibhausgasemissionen pro Kopf. Die Erderwärmung macht die Vorbereitung auf solche Ereignisse und die Bewältigung ihrer Folgen wichtiger denn je. Es ist jedoch absurd, solche Vorkehrungen zu treffen, ohne sich auch mit den Ursachen zu befassen, die diese Wetterereignisse immer extremer und häufiger werden lassen. (...)
Donald Trump hat die Klimakrise als «Schwindel» und «Betrug» bezeichnet. Sein Wahlkampfteam hat für den Fall der Wiederwahl Trumps angekündigt, dass die USA erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen werden und er die von der Biden-Administration getroffenen Maßnahmen für saubere Energie rückgängig machen wird. (...) Die Wähler, die im nächsten Monat ihre Stimme abgeben, sollten bedenken, dass die Rückkehr Trumps ins Weiße Haus die Gefahr, die die Klimakrise für die Menschen in den USA und anderswo darstellt, noch vergrößern würde.»
«Sydsvenskan»: Orban spricht nicht im Namen des Friedens
MALMÖ: Die liberale schwedische Tageszeitung «Sydsvenskan» (Malmö) kommentiert den Auftritt des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, im Europäischen Parlament:
«Bevor er ins EU-Parlament in Straßburg fuhr, sprach Orban davon, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland nicht gewinnen könne. Er forderte die Parteien auf, Friedensgespräche einzuleiten. Wobei es ihm auch darum geht, dass die EU ihre Einstellung zu dem Krieg ändert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte im Parlament fest, dass es keine europäische Sprache gebe, in der Frieden synonym zu Kapitulation und Souveränität synonym zu Besatzung sei.
Die EU als ein Friedensprojekt ist geglückt, wird nun aber von innen bedroht und außerdem von dem Land, das die Ratspräsidentschaft innehat. Orban kümmert sich wieder einmal um die Anliegen Putins. Er spricht nicht im Namen des Friedens. Die EU darf sich nicht von der weißen Friedensflagge täuschen lassen, die von prorussischen Kräften gehisst wird. Damit ein richtiger Frieden in Europa möglich ist, ist es Russland, das kapitulieren muss - nicht die sich verteidigende Ukraine.»
«NZZ»: Nobelkomitee wollte mit Physikpreis den Zeitgeist treffen
ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kritisiert am Freitag die diesjährige Verleihung des Physik-Nobelpreises für Erfindungen, die maschinelles Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen ermöglichen:
«Die prämierten Forscher Geoffrey Hinton und John Hopfield haben kein Physikproblem gelöst. Sondern sie haben dazu beigetragen, einige der Instrumente im KI-Werkzeugkasten zu entwickeln. Die Verleiher betonten, wie wichtig diese Werkzeuge für die heutige Physik seien. Doch mit dieser Begründung hätte man den Forschern genauso gut den Nobelpreis für Medizin verleihen können. Es wirkt, als habe das Nobelkomitee relevant sein und beim durch Chat-GPT ausgelösten KI-Hype mitmachen wollen - und dann beschlossen, dass Physik die geeignetste Kategorie für einen KI-Nobelpreis sei. (.)
Viele Physiker haben missmutig auf die Prämierung von KI regiert. Das ist verständlich. Schließlich gäbe es in ihrem Fachbereich genug Arbeiten, die man hätte belohnen können. Und im Fachbereich Informatik gibt es eigene Preise. (.) Das Nobelkomitee hoffte wohl, mit dem Physikpreis für KI den Zeitgeist zu treffen. Das Gegenteil ist der Fall. Wie Leute über dreißig, die «cringe» sagen, um hip zu sein, wirkt die Prämierung eher verzweifelt. Das Komitee täte besser daran, sich auf die eigene Aufgabe und Kompetenz zu besinnen und Leute auszuzeichnen, die Großes zur Physik beigetragen haben.»