«Stuttgarter Zeitung» zu Streit um Strafzölle gegen China
Die Probleme der Europäer im wachsenden E-Auto-Segment sind zu groß, um sie durch Zölle zu lösen.
Die staatlich gelenkte Wirtschaft Chinas hat sich als zielstrebiger bei der Erschließung und Verarbeitung von Batterierohstoffen erwiesen als die vielstimmigen Europäer. Auch geringere Energie- und Arbeitskosten begünstigen die Produktion in China. Den Herstellern bleibt gleichwohl nicht erspart, zentrale Probleme selbst zu lösen: Vielen fehlen derzeit noch Elektroautos, die in puncto Geschmack und Preis den Kunden gefallen. Und die Abhängigkeit vom Absatz in China kann nur verringert werden, in dem neue Märkte beherzter erschlossen werden, etwa Südostasien und Indien. Das viel zitierte "De-Risking" hat aber Grenzen: China, der aktuell größte Automobilmarkt der Welt, ist dadurch nicht zu ersetzen.
«Frankfurter Rundschau» zu Strafzölle/EU gegen chinesische E-Autos
Westliche Hersteller werden in China nicht nur aus dem Markt gedrängt, sie müssen auch damit rechnen, dass sie die chinesische Konkurrenz künftig in den eigenen Heimatmärkten angreift.
Die gewaltige Flotte an Autotransportschiffen, die chinesische Hersteller gerade bauen lassen, ist mehr als nur eine Warnung. Die EU-Kommission hat diese Gefahr erkannt, und es ist richtig, dass sie gegen unfaire Wettbewerbspraktiken Chinas vorgeht. Selbst ohne staatliche Subventionen werden chinesische Hersteller wegen ihrer Größe sowie niedrigerer Produktions- und Rohstoffkosten einen Wettbewerbsvorteil haben. Ja, durch Strafzölle steigt die Gefahr eines Handelskonfliktes. Aber mit dieser Gefahr muss Europa, muss Deutschland und müssen die deutschen Autobauer umgehen. Angesichts der Konfrontation mit den USA dürften sich die Machthaber in Peking zwei Mal überlegen, ob sie auch mit der EU eine Eskalation riskieren wollen. Die Umsätze der deutschen Autoindustrie in China werden so oder so weiter sinken.
«Münchner Merkur» zu 7. Oktober/Jahrestag
Als Hamas-Chef Sinwar am Morgen des 7.
Oktober 2023 seine Mordtrupps von Gaza nach Israel ausschwärmen ließ und sein Hisbollah-Kollege Nasrallah tags darauf den Beschuss Nordisraels anordnete, ahnten beide und auch ihre Terrorpaten in Iran nicht, dass sie damit einen im Wortsinn selbstmörderischen historischen Fehler begingen. Den Europäern ist Netanjahus seither verfolgte brachiale Kriegspolitik ein Graus. Doch müssen sie sich eingestehen, dass ihre Strategie, die Mullahs durch Appeasement von ihren furchtbaren Vernichtungsplänen abzubringen, gescheitert ist. Ihr ängstliches Zurückweichen vor der Religionsdiktatur hat das Chaos in Nahost nicht beseitigt, sondern zur einer tödlichen Gefahr heranreifen lassen. Den Preis dafür müssen viele unschuldige Menschen zahlen. Als erste die 1135 Israelis, die vor einem Jahr auf bestialische Weise ihr Leben verloren. Warum also sollte man in Jerusalem nochmal auf die Europäer hören?.
«Kommersant»: Europäische Staaten wollen Krieg beenden
MOSKAU: Die russische Tageszeitung «Kommersant» sieht am Freitag eine wachsende Entschlossenheit Deutschlands und anderer Staaten, auf ein Ende des Krieges in der Ukraine hinzuwirken:
«Parallel zu Überlegungen über Friedensperspektiven haben Deutschland, Italien und die Schweiz der Ukraine in den vergangenen Wochen verschiedene Hilfspakte zugesagt. Nach Worten von (Bundeskanzler) Olaf Scholz sollen diese Schritte dem (ukrainischen Präsidenten Wolodymyr) Selenskyj signalisieren, dass die Unterstützung nicht nachlässt. Doch unter den europäischen Staaten wächst offenbar die Entschlossenheit, den Konflikt in der Ukraine zu beenden. In privaten Gesprächen äußern einige europäische Diplomaten, dass der Krieg sich festgefahren habe. Man müsse ihn beenden, weil er zu einer Zerstörung der Ukraine und zum Verfall der Wirtschaft in den europäischen Staaten führe.»
«The Telegraph»: Verzicht auf Chagos-Archipel ist ein Skandal
LONDON: Der Londoner «Telegraph» kritisiert am Freitag die Entscheidung der britischen Regierung, die Souveränität über den Chagos-Archipel an Mauritius abzutreten:
«Dass die Regierung den Chagos-Archipel an Mauritius abtritt, ist ein nationaler Skandal. Premierminister Keir Starmer und Außenminister David Lammy haben einen der wichtigsten strategischen Aktivposten Großbritanniens im Indischen Ozean ohne sichtbaren Nutzen an einen Verbündeten Chinas abgetreten, anscheinend über die Köpfe der Chagos-Insulaner hinweg.
Die Regierung hat versucht, ihre Entscheidung zu rechtfertigen, indem sie erklärte, dass sie Zweifel und Unsicherheiten über die Zukunft des britisch-amerikanischen Stützpunkts auf (dem zum Chagos-Archipel gehörenden Atoll) Diego Garcia beseitigt hat. In gewissem Sinne ist das auch der Fall: Großbritannien wird zwar 99 Jahre lang die Souveränität über den Stützpunkt behalten, doch scheint nun klar zu sein, dass er letztendlich verloren geht. (...)
Es ist ein Abkommen, das Großbritannien sowohl ärmer als auch unsicherer macht. Und es ist eines, das die Tür für weitere Verluste öffnet. Denn Sir Keir dürfte kaum Schwierigkeiten haben, Partner zu finden, die darauf aus sind, Großbritannien zu schröpfen. So wird Brüssel sicher gern über den Status von Gibraltar verhandeln wollen, und Buenos Aires über die Falklandinseln.»
«De Standaard»: Unverhältnismäßige Gewalt schafft keinen Frieden
BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Freitag das militärische Vorgehen Israels gegen seine Feinde im Nahen Osten:
«Wenn Israel seine Feinde langfristig im Würgegriff halten will, sind dafür sehr kostspielige und zudem umstrittene Mittel erforderlich. Eine langfristige Besetzung des Gazastreifens. Noch mehr Unterdrückung im Westjordanland. Eine neue Besetzung Südlibanons. Ein Aspekt, von dem Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seine Minister überhaupt nichts hören wollen, ist die Tatsache, dass ihre unverhältnismäßige Kriegsführung Generationen voller Hass hervorbringen wird.
Wer ein Kind, eine Schwester oder einen anderen geliebten Menschen durch ein feindliches Bombardement verliert, ist nie mehr derselbe. Tiefe Trauer führt oft zu Rachegefühlen und Radikalisierung. Netanjahu behauptet, die Hamas, die Hisbollah und die Ajatollahs niederringen zu wollen, aber in Wirklichkeit organisiert er das künftige Wiedererstarken dieser extremistischen Kräfte. Das ist der naive Trugschluss der israelischen Regierung, denn mit unverhältnismäßiger Gewalt schafft man keinen Frieden, sondern nur mehr Krieg.»
«NZZ»: Nahostkonflikt könnte Inflation antreiben
ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» beschäftigt sich am Freitag mit der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB):
«Die EZB hat die Zinsen seit der Zinswende im Juni zweimal um jeweils 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Bis zu den jüngsten Inflations- und Konjunkturdaten hatten viele Marktteilnehmer mit einem weiteren solchen Schritt im Dezember gerechnet. Doch dieses Bild ändert sich jetzt. Zahlreiche Ökonomen erwarten nun einen Zwischenspurt bei den Zinsreduktionen. An den Märkten wird zu 80 Prozent mit einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte auf dann 3,25 Prozent im Oktober gerechnet, wie sich aus einschlägigen Daten ablesen lässt. Danach könnten weitere solcher Schritte im Dezember, März und Juni folgen.
Das Szenario ist plausibel, und eine Senkung im Oktober lässt sich angesichts der jüngsten makroökonomischen Daten rechtfertigen. Allerdings hat die Unsicherheit gerade in den vergangenen Tagen wieder zugenommen. Sollte der Krieg zwischen Israel und seinen Todfeinden im Nahen Osten eskalieren, könnte dies zu einem starken und damit inflationstreibenden Anstieg der Erdölpreise führen. Dies würde wiederum die Konjunktur belasten. Sollte sich dieses dramatische Szenario realisieren, könnten auch die Karten für die Zinsentscheidung der EZB in zwei Wochen neu gemischt werden.»
«Boston Globe»: Wehrhaftes Israel ist im Interesse der USA
BOSTON: In den USA wachsen die Proteste gegen US-Unternehmen, die Waffen und Militärtechnik für Israel herstellen. Dazu schreibt der «Boston Globe» am Donnerstag:
«Es ist sicher angebracht, mit der Art nicht einverstanden zu sein, wie Israel seinen Krieg in Gaza führt, und Gegner können die Vereinigten Staaten drängen, diplomatische und wirtschaftliche Hebel zu nutzen, um Israels Regierung zu einem Kurswechsel zu bewegen. Aber eine Schwächung der israelischen Verteidigungsfähigkeit würde die israelische Zivilbevölkerung gefährden - und Amerikas strategische Interessen im Ausland. (...)
Die Bedrohung durch den Iran geht über Israels Grenzen hinaus. Der Iran und seine Stellvertreter, die Huthi, haben die Sicherheit der Handelsschifffahrt im Roten Meer bedroht. Vom Iran unterstützte Cyberangriffe zielen auf eine Untergrabung der US-Wahlen ab. Der Iran versucht, Amerikas arabische Verbündete im Nahen Osten wie Saudi-Arabien und Jordanien zu destabilisieren. Er hat sogar Russland im Krieg gegen die Ukraine bewaffnet. (...)
Die USA haben ein starkes Interesse an regionaler Stabilität, und der Iran hat gerade 180 Raketen auf einen US-Verbündeten abgefeuert, der in jener Region ein Bollwerk der Demokratie darstellt. Geld von Unternehmen abzuziehen, die für die Selbstverteidigung Israels von entscheidender Bedeutung sind, ist das Letzte, was eine US-Regierung oder US-Institution derzeit wollen sollte.»