Zeitungen zum Geschehen am Freitag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Stuttgarter Zeitung» zu Olympia in Paris / mögliche deutsche Bewerbung

Olympische Spiele haben die Kraft, etwas in Bewegung zu bringen.

Im Sportsystem eines Landes, aber auch gesellschaftlich. Doch dafür braucht es gute Ideen, ein innovatives Konzept, einen Masterplan. All das fehlt bisher in Deutschland, ebenso wie charismatische Führungsfiguren in Politik und Sport. Dabei müsste man, gerade in schwierigen Zeiten, groß denken. Wenn Deutschland gegen die Konkurrenz nicht nur aus Indien und Arabien eine Chance haben will, braucht es eine Vision und starke Köpfe. Beides ist nicht in Sicht. Das ist eine Gefahr, denn auch in diesem Fall gibt es eine Kehrseite der Medaille: Eine weitere Bewerbungsblamage braucht niemand. Erst recht nicht, nachdem Paris gezeigt hat, wie es geht.


«Frankfurter Rundschau» zu Olympia-Bilanz

Frankreich feiert ganz ohne Fußball-WM sein Sommermärchen.

Respekt und Optimismus, Stolz und Zuversicht sind dort zurück, wo die öffentliche Debatte zuletzt von gesellschaftlicher Spaltung dominiert wurde. Deutschland wird, das geht bei der weitgehend kritikfreien Jubelberichterstattung bei ARD und ZDF fast unter, vermutlich noch schwächer als vor drei Jahren in Tokio abschneiden. Der Breiten- und Spitzensport abseits des Fußballs benötigt hierzulande eine größere Wertschätzung. Doch die Ampel hat dazu kein Konzept. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) unterzeichnete eine Absichtserklärung für eine Olympia-Bewerbung Deutschlands. Wer sieben Millionen Euro für Bewerbungskonzept und Machbarkeitsstudien das Maximum nennt, was eine Sportministerin dafür bis 2027 ausgeben kann, sollte es gleich bleiben lassen.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu ukrainischem Vorstoß in Kursk

Trotzdem ist der ukrainische Vorstoß - unabhängig von seinem Ausgang - politisch bedeutsam.

Er führt vor Augen, dass der Aggressor trotz seiner Überlegenheit verwundbar ist, wenn die Ukraine die Handlungsfreiheit hat, ihn an seinen schwachen Stellen zu attackieren. Kiew waren bisher von ihren westlichen Unterstützern viele Einschränkungen auferlegt worden, die es für Russland berechenbar machten. Deshalb ist es positiv, dass die Vereinigten Staaten den Kursker Vorstoß als rechtmäßig bezeichnen. Er sollte Anstoß sein, der Ukraine mehr Freiheit beim Einsatz der aus dem Westen gelieferten Waffen zu lassen. Eine Überraschung wie die von Kursk mag Putin wegstecken. Mehr davon könnte für ihn zum Problem werden.


«Pravda»: Europas moralische Krise ist hausgemacht

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Freitag über zunehmende Proteste und Krawalle in Europa:

«Von den Auswüchsen eines militanten Rassismus in Großbritannien, dem Aufstieg rechtsradikaler Nationalisten, von Terrorangriffen und Bauernprotesten oder der massenhaften Ablehnung von Errungenschaften der Pharmaindustrie bis zur Hinwendung zu Falschmeldungen im Internet: Das alles zeigt, dass Europa tief in Problemen steckt. Vom politischen Establishment hört man starke Worte moralischer Verurteilungen. (...)

Der im letzten Augenblick verhinderte Wahlsieg der Partei von Marine Le Pen und die Kritik an Viktor Orbans "antieuropäischer" Haltung werden als Kampf der Tapferen gegen eine Art Krankheit dargestellt, die grundlos den ansonsten makellosen Körper der liberalen Demokratie angreift. Ob es um Rassismus, Migrantenfeindlichkeit oder Impfgegnerschaft geht, sind wir gewohnt zu hören, dass dahinter nur eine unerwartet große Zahl an Chaoten stecke, die "unprovoziert" unsere Werte angreifen, ohne dass es dafür nachvollziehbare Ursachen gebe. (...)

Zwar zeigen sich EU-Führung, französische Zentristen oder britische Konservative und Labour-Politiker schockiert. Aber sie haben mit ihrer antisozialen Politik, die die soziale Sicherheit zerstörten, den Rassismus direkt befeuert und dabei zynisch Sündenböcke in Kauf genommen, die sich dann besonders häufig unter Muslimen fanden. (...) Und es ist nicht überzeugend, sondern empörend, gerade aus dem Mund jener, die spätestens seit den Nato-Invasionen ab der Jahrtausendwende Islamophobie schürten, selbstgerechte und selektive Verurteilungen internationaler Verbrechen zu hören.»


«NZZ»: Ergebnis der ukrainischen Kursk-Offensive noch nicht absehbar

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Freitag den überraschenden ukrainischen Vorstoß über die Grenze in das russische Gebiet Kursk:

«Mehrere Ziele sind denkbar - realistische und weniger realistische. Kiew hat ein Interesse daran, von der alarmierenden Situation an der Donbass-Front abzulenken und der Bevölkerung neues Vertrauen in die eigene Schlagkraft einzuflößen. Es könnte auch um militärisch begrenzte Ziele gehen, darunter die Zerstörung von Infrastruktur auf der Gegenseite und die Überwältigung von russischen Soldaten, die dann gegen gefangene Ukrainer ausgetauscht werden können.

Schlecht begründet hingegen ist die Hoffnung, dass Moskau nun gezwungen sein könnte, größere Truppenteile vom Donbass nach Kursk zu verlegen. Noch verfügt der Kreml über genügend andere Reserven. Wenig überzeugend ist auch das Argument, Militäraktionen wie diese könnten Russlands Bevölkerung demoralisieren und gegen das Putin-Regime aufbringen. (.)

Noch ist unabsehbar, wie die Offensive ausgehen wird. Falls die Ukrainer den richtigen Moment für den Rückzug nicht verpassen, könnten sie einen taktischen Punktesieg erringen. Aber ein Krieg lässt sich auf diese Weise nicht gewinnen; strategisch stellt das Kursker Überraschungsmanöver eine Sackgasse dar.»


«L'Alsace»: Puigdemont säht Zwietracht in Spanien

MULHOUSE: Zum plötzlichen Auftritt des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont in Barcelona schreibt die französische Regionalzeitung «L'Alsace» am Freitag:

«Ob er schließlich verhaftet wird oder es ihm erneut gelingt ins Ausland zu fliehen, auf jeden Fall hat der ehemalige Präsident von Katalonien, Carles Puigdemont, es erneut geschafft, die Zentralmacht in Madrid zu demütigen. Er hat bewiesen, dass die Katalanen Herrscher in Katalonien sind, die in der Lage sind Entscheidungen der spanischen Justiz nicht durchzusetzen, selbst wenn diese vom Gerichtshof stammen. (...)

Die politische Ohrfeige, die Premier Pedro Sanchez erhalten hat, ist umso größer, als der derzeitige Regierungschef mit der katalanischen Unabhängigkeitspartei eine Vereinbarung getroffen hatte. (...)

Gemäß der Gewaltenteilung haben spanische Richter die Grundlage für dieses Amnestiegesetzes angefochten und erwirkten beim Obersten Gerichtshof am 1. Juli, dass Carles Puigdemont sich für bestimmte Straftaten verantworten muss. Nun ist Pedro Sanchez doppelt in Schwierigkeiten mit diesem berühmtesten Flüchtling Spaniens. Mehr als je zuvor kann Carles Puigdemont sich als politisches Opfer inszenieren. Damit treibt er weiterhin in gefährlicher Weise einen Unabhängigkeitskurs voran, der in ganz Spanien Zwietracht stiftet.»


«Politiken»: In Deutschland sind sie zu verbotenen Worten geworden

KOPENHAGEN: Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» meint zur Verurteilung einer Demonstrantin in Berlin wegen Rufens eines propalästinensischen Slogans:

««From the river to the sea, Palestine will be free» ist schon lange ein zentraler Stein des Anstoßes in der Debatte um den Krieg zwischen Hamas und Israel. Die Worte werden oft bei propalästinensischen Demonstrationen gerufen, aber es gibt einen großen Unterschied dabei, wie sie gedeutet werden. Manche verstehen den Slogan wie eine Aufforderung zu einer ebenbürtigen Koexistenz von Palästinensern und Israelis vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer. Andere verstehen ihn wie eine Aufforderung dazu, den Staat Israel auszuradieren.

Ein Gericht in Berlin hat neulich eine 22-jährige Deutsch-Iranerin zu einer Geldstrafe verurteilt dafür, die Worte gerufen zu haben. Sie könnten somit für 80 Millionen Menschen südlich der dänisch-deutschen Grenze verboten werden.

Natürlich muss es eine Grenze geben dafür, was man im öffentlichen Raum äußern darf. Die Grenze verläuft in unserem Land bei der Billigung von Terror und der Aufforderung zu Gewalt. Mit dem Urteil bewegt sich Deutschland leider weiter in die Richtung einer problematischen europäischen Tendenz, bei der politische Äußerungen und Handlungen immer mehr kriminalisiert werden.

In Wirklichkeit handelt es sich hierbei um eine besorgniserregende Einschränkung der Meinungsfreiheit, von der zu befürchten ist, dass sie sowohl eskalieren als auch auf andere Länder anfärben könnte. Möge Dänemark eine Ausnahme von dieser unglücklichen Tendenz bleiben.»


«Washington Post»: Nur zaghafte Reaktion auf Maduros Diktator-Taktik

WASHINGTON: Zu der von Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl in Venezuela und der Verfolgung der Opposition seitens der autoritären Regierung von Staatschef Nicolás Maduro schreibt die «Washington Post» am Freitag:

«Anstatt seine Niederlage einzugestehen, griff Maduro auf das Handbuch des Diktators zurück. (...) Die weltweite Reaktion darauf war unangenehm zaghaft. Die Staatschefs Brasiliens, Kolumbiens und Mexikos forderten eine unparteiische Überprüfung der Ergebnisse - natürlich ein erster guter Schritt. Aber sie gingen nicht so weit, (Oppositionskandidat Edmundo) González zum Sieger zu erklären oder Maduro zum Rücktritt aufzufordern.

Die USA haben anerkannt, dass González die Mehrheit der Stimmen gewonnen hat, sich aber damit zurückgehalten, ihn als gewählten Präsidenten zu bezeichnen. Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris haben sich nicht geäußert.

Die Europäische Union äußerte sich «ernsthaft besorgt» über die Festnahmen und Schikanen gegen die Opposition, sagte, dass González «der Sieger zu sein scheint» und forderte eine Überprüfung der Ergebnisse. Maduro hat all diese Erklärungen bislang beharrlich ignoriert.»


«The Irish Times»: Wahlkampfstrategie der Demokraten ist richtig

DUBLIN: Zum Präsidentschaftswahlkampf der Demokraten in den USA meint die in Dublin erscheinende «Irish Times» am Freitag:

«Donald Trump ist nicht dafür bekannt, dass er es mit der Wahrheit so genau nimmt, aber der ehemalige US-Präsident hatte wahrscheinlich recht, als er sagte, die Bedeutung der Kandidaten für die Vizepräsidentschaft werde überschätzt. Die Entscheidung von Kamala Harris für den Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, als Vizekandidat sollte daher zwar als wichtig, aber nicht unbedingt als ausschlaggebend für das Rennen um das Weiße Haus betrachtet werden. Sie ist allerdings ein weiterer Beleg dafür, dass die Wahlkampfstrategie, die nach dem Rücktritt von Joe Biden innerhalb weniger Tage entwickelt wurde, nahezu frei von Fehlern ist.

Der Schlüssel dieser Strategie ist Konsolidierung. Harris hat zunächst den Boden zurückgewonnen, den Biden nach seinem desaströsen Auftritt in der TV-Debatte gegen Trump verloren hatte. Seitdem hat sie bei wichtigen Teilen der demokratischen Basis, insbesondere bei schwarzen Wählern, jungen Leuten und Progressiven, Unterstützung zurückgewonnen und neue Begeisterung geweckt. (...) Mit der Entscheidung für Walz wurde zudem das Risiko interner Streitigkeiten in der Demokratischen Partei über den Gaza-Krieg verringert, die durch die Wahl des Gouverneurs von Pennsylvania, Josh Shapiro, der ein starker Unterstützer Israels ist, womöglich neu entfacht worden wären.»


«Die Presse»: Taylor Swift ist Päpstin der Lebensfreude

WIEN: Zu den Anschlagsplänen auf ein Taylor-Swift-Konzert in Wien schreibt die österreichische Tageszeitung «Die Presse»:

«Es ist also nicht nur die Ansammlung vieler Menschen, die Popkonzerte zu idealen Angriffszielen machen. Es wird auch kein Zufall sein, dass ausgerechnet das Taylor-Swift-Konzert ausgesucht worden ist. Islamistische Propaganda überlässt symbolisch selten etwas dem Zufall, sie kennt ihr Ziel besser als wir den Absender.

Swift ist nun einmal nicht nur der größte Popstar unserer Zeit, also die Päpstin der Lebensfreude. Sie ist weiblich. Wie die meisten ihrer Fans. "Fuck the Patriarchy" singen sie gemeinsam in ihren Konzerten. Es wirkte bisher nicht einmal sonderlich böse gemeint, bezog sich wohl eher auf Teile des Musikbusiness oder freche Boyfriends. Die Anhänger des Kalifats aber sind hellhörig. Und die Swifties verstehen vielleicht langsam, welches Patriarchat wirklich «fucked» werden sollte.»


«De Standaard»: Walz könnte bei konservativeren Wählern punkten

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Freitag den Wahlkampfstil des Vizekandidaten von Kamala Harris:

«Wahlen sind mehr als nur ein rationaler Kampf um politische Positionen. Sie sind auch Teil eines Kulturkampfes, in dem die Kandidaten zu beweisen hoffen, dass sie - und nicht die der anderen Partei - mit den Wählern wirklich auf einer Wellenlänge liegen.

Tim Walz könnte einen Nerv bei konservativeren Wählern treffen. Sie mögen wenig Sympathie für eine Anwältin aus San Francisco wie Kamala Harris empfinden, haben aber vielleicht genug von Trumps aggressivem Gebrüll. Und mit dem humorvollen Hinweis, dass Trump nicht ins Weiße Haus, sondern in die Psychiatrie gehöre, kann Walz zweifelnde Wähler womöglich in sein gesellig wirkendes Lager locken - dass er damit glühende «Make America Great»-Wähler noch wütender macht, ist zweitrangig.

In diesem Sinne kann Walz vielleicht auch europäische Politiker inspirieren. Denn wer sich ernsthaft auf den Stil von Extremisten einlässt, hat anscheinend schon verloren. Wer aber authentisch bleibt und mit gelassener Unerschrockenheit die dunkle Welt extremistischer Politik auf die Schippe nimmt, hat bessere Chancen, am Ende zu triumphieren.»


«Rzeczpospolita»: Verzweifelter Akt von Separatistenführer Puigdemont

WARSCHAU: Zum plötzlichen Auftritt des katalanischen Separatistenführers Carles Puigdemont in Barcelona schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Freitag:

«Carles Puigdemont hat die spanische Regierung gedemütigt. Zumindest glaubt das die rechte Opposition in Madrid. Der ehemalige Chef der Regionalregierung, der vor sieben Jahren ein illegales Unabhängigkeitsreferendum organisiert hatte und danach außer Landes fliehen musste, erschien erneut in Barcelona. Doch nach einem kurzen öffentlichen Auftritt vor seinen Anhängern verschwand er und entging so der Verhaftung durch die Polizei.

In Wirklichkeit war dies nur ein verzweifelter Versuch von Puigdemont, im Spiel zu bleiben. Am selben Tag ernannte das Parlament in Barcelona zum ersten Mal seit 20 Jahren einen Abspaltungsgegner, den Sozialisten Salvador Illa, zum Ministerpräsidenten Kataloniens. Im Gegensatz zu seinem konservativen Vorgänger Mariano Rajoy hat sich Premierminister Pedro Sánchez für den Dialog mit den Katalanen entschieden, was sich für Spanien als vorteilhaft erweist. Die Separatistenbewegung hat sich gespalten, weil Teile von ihr nicht mehr glauben, dass eine offene Konfrontation mit Madrid zu einem unabhängigen Staat führen wird. Umfragen zeigen, dass nur fünf Prozent der Katalanen glauben, dass sie eines Tages in einem unabhängigen Staat leben werden.»

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