Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Berliner Morgenpost» zu Agenda 2030 der Union

Mit der «Agenda 2030» will die Union die Wirtschaft auf Kurs bringen.

Die Anlehnung an Gerhard Schröders Agenda 2010, für Befürworter das wirtschaftliche Erfolgsrezept einer Dekade, für Kritiker ein sozialer Kahlschlag, ist alles andere als Zufall. Nun fordert die Union zu Recht eine neue Agendapolitik. Deutschland braucht Reformen, die Wirtschaft schrumpft, die Gesellschaft altert, die Sozialsysteme kriseln. Der Haken: Das Papier liest sich wie ein Wünsch-dir-was-Programm. Technologieführerschaft bei Künstlicher Intelligenz, bessere Kitas und Schulen, eine starke Bundeswehr - und das alles finanziert aus dem Wachstum, quasi selbst gemacht. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es wahrscheinlich auch. Reformen, die Wähler vergraulen könnten, etwa bei der Rente, finden sich im Programm nicht. Stattdessen forderte gerade erst die CSU, die Mütterrente für 4,45 Milliarden Euro pro Jahr auszuweiten. Die «Agenda 2030» ist von nun an ein Schlagwort, an dem Merz sich wird messen lassen müssen.


«Frankfurter Neue Presse» zu elektronischer Patientenakte:

Es wäre bedauerlich, wenn durch die von Ärzten und Kinderärzten beklagten Sicherheitsmängel ein Projekt scheitert, das eigentlich ein großer Fortschritt ist.

Zwar können alle der ePA widersprechen. Doch dafür gibt es keine einheitlichen Verfahren, und wer nicht weiß, wie das funktioniert, macht letztlich mit. Falls aber Sicherheitslücken nicht behoben werden, wird die ePA zur Operation am offenen Datenherzen. Es bleibt zu hoffen, dass sie gelingt.


«Handelsblatt» zu Scholz/Grönland

Natürlich hat der Kanzler in der Sache recht - Trumps Provokationen sind unerträglich und gefährlich.

Aber glaubt Scholz wirklich, dass demnächst amerikanische Truppen in Grönland stationiert werden? Klar, bei einem Egomanen wie Trump kann man nichts ausschließen. Aber so einfach wird es wohl nicht werden. Ganz anders die Gewaltfantasien anderer Mächtiger - und hier zeigt sich die außenpolitische Schwäche des Kanzlers. Einer, der sehr konkret an territorialen Verschiebungen arbeitet und auch offen darüber spricht, ist der mächtigste chinesische Führer seit Mao Zedong: Xi Jinping. Der chinesische Staats- und Parteichef rüstet seit Jahren das chinesische Militär massiv auf und lässt Militärstützpunkte errichten (.). Wo war die Empörung, wo die eilig anberaumte Pressekonferenz von Scholz, als Xi 2022 öffentlich erklärte, er schließe Gewaltanwendung bei der Einverleibung Taiwans nicht aus? Empörung kann unter bestimmten Umständen ein gutes Mittel sein. Aber sie muss durchdacht platziert sein.


«Frankfurter Rundschau» zu Waldbrände in Los Angeles

Das Flammeninferno im Raum Los Angeles ist brennende Ignoranz.

Dass Hunderttausende vor den Feuern flüchten müssen und Häuser abbrennen, ist allein der Tatsache geschuldet, dass die Verantwortlichen es versäumt haben, ausreichende Notfall- und Präventionsmaßnahmen zu treffen. Und das, obwohl schon seit Jahrzehnten bekannt ist, dass Kalifornien anfällig für Waldbrände ist. Die hohen Temperaturen und der fehlende Niederschlag, die als Brandbeschleuniger wirken, sind nicht neu, sondern für die Region typisch. Schon in der Vergangenheit hat es deshalb dort regelmäßig gebrannt. Sehenden Auges ist die Stadt in die Katastrophe geschlittert und jetzt nahezu machtlos gegen die Feuer. Schon oft hatten Politikerinnen und Politiker nach vergangenen Bränden versprochen, mehr zu tun, um sich auf Brände besser vorzubereiten. Geändert hat sich dann kaum etwas. Diese leeren Versprechen rächen sich jetzt.


«Gazeta Wyborcza»: Trumps Grönland-Aussagen erinnern an Kreml-Rhetorik

WARSCHAU: Der künftige US-Präsident Donald Trump hat Gebietsansprüche auf das zum EU-Mitglied Dänemark gehörende Grönland erhoben. Dazu schreibt die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» am Donnerstag:

«Die Haare stehen einem zu Berge, wenn Politiker aus dem Umfeld (des designierten US-Präsidenten Donald) Trump versichern, wie gut es den Grönländern unter US-amerikanischer Herrschaft gehen wird. Die Rhetorik erinnert frappierend an die russischen Propagandabotschaften über die Krim, die vor elf Jahren der Ukraine entrissen wurde. Unter russischer Ägide sollte die Halbinsel zu einem Land werden, in dem Milch und Honig fließen.

Wenn Trump öffentlich verkündet, dass er die Entsendung von Truppen nach Grönland nicht ausschließt, um die Insel von Dänemark abzutrennen und zu annektieren, begibt er sich auf den Weg von Wladimir Putin. Es ist ein Weg, der mit dem Verstoß gegen das Völkerrecht begann und den russischen Diktator zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit geführt hat. So wird es jedem ergehen, der ihn beschreitet.

In Europa leben wir seit mehreren Jahren mit der Angst vor einem Angriff Russlands, der nach der Ukraine auch jedes andere Land der östlichen Nato-Flanke treffen könnte. Nach Trumps Worten könnte die Bedrohung für uns von Amerika ausgehen, unserem bisher unerschütterlichsten Verbündeten. Das düsterste Szenario war bisher, dass Trump die kämpfende Ukraine im Stich lassen würde. Jetzt zeigt sich, dass es alles noch schlimmer kommen könnte.»


«The Independent»: Statt Fakten Trump'sche Fiktion

LONDON: Der Meta-Konzern von Mark Zuckerberg beendet in den USA seine Kooperationen mit Faktencheck-Redaktionen. Dazu meint der Londoner «Independent» am Donnerstag:

«Facebook, Instagram und Thread könnten bald zu einem Schatten ihrer selbst werden, zu einer Plattform für Antisemitismus, Islamophobie und andere abwegige Ansichten, einschließlich üblem Rassismus. Es besteht die Gefahr, dass die amerikanische Politik noch unausgewogener wird, denn dies würde bedeuten, dass Social-Media-Plattformen (mit Ausnahme von Bluesky) als Motor für die Trump'sche Propaganda vereinnahmt werden könnten - in perfekter Übereinstimmung mit Fox News und anderen weit rechtsstehenden Sendern. (...)

Wie die Degeneration von X gezeigt hat, kann eine Social-Media-Plattform allzu leicht zu einer Echokammer für Bots und ausländische Agenten verkommen, die Unfrieden, Hass und Spaltung säen. Das größte Opfer ist dann die Wahrheit.

Dies ist von enormer Bedeutung. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die sozialen Medien zu Kanälen entwickelt, auf denen viele Menschen ihre Nachrichten finden - und Bestätigung für ihre Ansichten (oder ihre Vorurteile). Während der kommenden Trump-Präsidentschaft ist zu erwarten, dass sie zunehmend zu Plattformen für «Fake News», Ansammlungen von «alternativen Fakten» und unwissenschaftlichem Glauben werden. In einem derartigen Klima wird es für die Menschen immer schwieriger werden, Fakten von Trump'scher Fiktion zu unterscheiden.»


«Neatkariga Rita Avize»: Trump wie Putins Bruder im Geiste

RIGA: Zu den Aussagen und Gebietsansprüchen des designierten US-Präsidenten Donald Trump auf das zum EU-Mitglied Dänemark gehörende Grönland schreibt die lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» am Donnerstag:

«Man könnte Trumps Eskapaden als Showeinlagen abtun und einfach weglächeln. Doch die Erfahrungen der vergangenen Jahre sollten lehrreich genug sein, um solche Äußerungen ernster zu nehmen. Viel zu lange hat die Weltgemeinschaft über ähnliche Äußerungen (Wladimir) Putins gelacht und sich über die «Wahnvorstellungen» der Kreml-Propagandisten im Fernsehen lustig gemacht, ohne sie als ernsthafte Bedrohung zu sehen. Jetzt geschieht dasselbe mit Trump: Er rede nur und lasse sich leichtfertig hinreißen. Wir werden uns nicht so weit herablassen, seine Fantasien zu diskutieren, distanzieren sich «seriöse» politische Kommentatoren in ihrer üblichen Arroganz von dem, was er sagt. (...)

Russlands Krieg in der Ukraine und die offenen Ansprüche auf mehrere ukrainische Gebiete, die Russland sich bereits offiziell einseitig einverleibt hat, machen der Welt deutlich, dass die Dinge nicht mehr so sein werden, wie sie waren. Nun wird es so sein: Wer die Macht hat, hat recht. Die Gefahr von Trumps Äußerungen liegt gerade darin, dass er im Grunde Putin unterstützt. Die relativ große Unterstützung für Putin in Russland und für Trump in den USA sowie die relativ große Zahl von Anhängern beider weltweit zeigen, dass der Welt schwierige Zeiten bevorstehen.»


«Rzeczpospolita»: Die Welt sollte immun sein gegen Trumps Chaos

WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» schreibt am Donnerstag zu den jüngsten Äußerungen des designierten US-Präsidenten Donald Trump:

«Donald Trump ist in Form. Im Laufe einer eineinhalbstündigen Pressekonferenz in seiner Sommerresidenz Mar-a-Lago hat der 78-Jährige so viele Lügen und Verschwörungserzählungen aufgetischt wie auf dem Höhepunkt seiner ersten Amtszeit. So war zu hören, dass der Panama-Kanal von den Chinesen übernommen worden sei und von ihnen zurückerobert werden müsse, vielleicht mit Gewalt. Es wurde postuliert, dass ungewiss sei, ob Grönland den Dänen gehöre, und dass die USA ihnen diese größte Insel der Welt auf jeden Fall wegnehmen müssten. Es war die Rede von der Umbenennung des Golfs von Mexiko in Golf von Amerika.

Die Welt sollte mittlerweile immun gegen dieses Chaos sein. Als Donald Trump von 2017 bis 2021 an der Spitze der USA stand, griff auch er immer wieder zu Drohungen, die er nie einlöste. Noch im Wahlkampf hat er versichert, er werde «innerhalb von 24 Stunden» Frieden in der Ukraine schaffen. Jetzt hat er sich dafür bereits sechs Monate gegeben.

Dennoch gibt Trumps Haltung Anlass zur Beunruhigung. Er übernimmt die Macht zu einer Zeit, in der Amerika mit einer sehr realen Bedrohung durch Russland und China konfrontiert ist. Die autoritären Führer beider Länder bereiten sich auf die Ankunft eines neuen US-Präsidenten vor, und auch dieser wird mit einer durchdachten Strategie reagieren müssen. Bislang ist davon nicht viel zu sehen.»


«The Telegraph»: Grönländer müssen selbst über Zukunft entscheiden

LONDON: Der künftige US-Präsident Donald Trump will Grönland erklärtermaßen unter die Kontrolle der USA bringen. Dazu meint die britische Zeitung «The Telegraph» am Donnerstag:

«Dänemark, das die Souveränität über die autonome Insel ausübt, hatte bereits während Donald Trumps erster Amtszeit einen entsprechenden Versuch abgewehrt. Und es hat seine Haltung seitdem nicht geändert. Im Jahr 2019 sagte der US-Präsident einen Staatsbesuch ab, nachdem Mette Frederiksen, Dänemarks Ministerpräsidentin, die Idee als «absurd» bezeichnet hatte. Sie hatte offenbar vergessen, dass die Dänen 1917 ihren Teil der Jungferninseln für 25 Millionen Dollar in Gold an Amerika verkauft hatten.

Donald Trump hat den Einsatz militärischer Gewalt zur Übernahme Grönlands nicht ausgeschlossen, doch gegen ein solches Säbelrasseln sollte man sich zur Wehr setzen. Welches Signal würde es an China senden, das Taiwan unter die Oberhoheit Pekings bringen will? Hinter Trumps Rhetorik - und seiner Kritik an der Entscheidung Großbritanniens, die Chagos-Inseln an Mauritius abzutreten - steht die Angst vor chinesischem Expansionismus. Aber dies muss eine Angelegenheit der Grönländer sein. Lasst sie über ihre Zukunft selbst entscheiden.»


«Corriere della Sera»: Neuer Streit zwischen USA und EU in Sicht

ROM: Die italienische Zeitung «Corriere della Sera» meint am Donnerstag zum Beschluss von Meta-Chef Mark Zuckerberg, auf seinen Internet-Plattformen in den USA auf die Prüfung von Fakten zu verzichten:

«Die traditionelle Information - zunächst Zeitungen, dann auch Radio und Fernsehen -, die 200 Jahre lang die politische Debatte und die Entwicklung der Demokratien geprägt hat, ist durch die unregulierte Entwicklung der sozialen Medien längst an den Rand gedrängt worden. Da die Politik nicht eingreifen kann, sind die einzigen Grenzen die internen Regeln, die sich diese Organisationen selbst gegeben haben, um Auswüchse einzudämmen. Regeln, die oft fragwürdig sind, aber nichtsdestotrotz auf der Erkenntnis beruhen, dass die ins Netz gestellten Inhalte gefiltert werden müssen, um zumindest Verleumdungen, Hass und offensichtliche Unwahrheiten zu unterbinden.

Doch der Fokus auf Faktenüberprüfung, der die erste Wahl von (US-Präsident Donald) Trump gekennzeichnet hatte, hat sich aufgelöst, und Zuckerbergs Entscheidung begräbt ihn in den USA für immer. Trumps Fähigkeit, Informationen zu kontrollieren, wird noch größer. Und das Risiko von Konflikten zwischen Amerika und Europa wächst: nicht nur wegen der Nato und der Zölle, sondern auch wegen der Regeln fürs Internet.»


«Público»: Auch in Grönland steht Europas Zukunft auf dem Spiel

LISSABON: Der künftige US-Präsident Donald Trump hat Gebietsansprüche auf das zum EU-Mitglied Dänemark gehörende Grönland erhoben. Dazu schreibt die portugiesische Zeitung «Público» am Donnerstag:

«In diesen Wochen wird Dänemark und damit auch Europa immer deutlicher bewusst, dass es eine weitere Bedrohung gibt, die nicht aus dem Osten kommt, sondern aus der Nato selbst. Donald Trumps Wunsch, Grönland in die Vereinigten Staaten einzugliedern und dabei den Einsatz von Gewalt zuzulassen, stellt eine neue, noch nie dagewesene Herausforderung für die Integrität des europäischen Territoriums dar. Wenn die Dänen nicht zögern, ihre Grenzen zu verteidigen, dürfen auch die Europäer nicht zögern. Und die entschlossene Reaktion der Franzosen und Deutschen ist ein Zeichen in die richtige Richtung.

Wir sind gewarnt worden, dass wir uns immer mehr auf uns selbst verlassen müssen in einer Welt, die den demokratischen und liberalen Grundsätzen, auf denen der Kontinent nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut wurde, zunehmend feindlich gegenübersteht. Die Ukraine mag weit weg sein, aber dort steht unsere Zukunft auf dem Spiel. Grönland wird nicht anders sein.»


«NZZ»: Wer sich provozieren lässt, hat schon verloren

ZÜRICH: Zu den verbalen Attacken des US-Unternehmers Elon Musk gegen europäische Politiker meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Donnerstag:

«Vielleicht will Musk es den Europäern einfach heimzahlen, dass sie seine digitale Plattform X stärker regulieren als die Amerikaner, oder den Deutschen, dass aufgrund ihrer halsbrecherischen Energiepolitik die Strompreise eskalierten. Das schadet der Profitabilität seiner Tesla-Gigafactory in Berlin-Brandenburg, in die er rund 6 Milliarden Euro investiert hat. (.)

Das alles könnte, sollte man als die privaten Flausen eines Mannes abtun, der sein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnimmt wie jeder andere Bürger, wenn auch mit einer Reichweite von über 200 Millionen Followern. Doch Musk ist in den USA inzwischen zu einem politischen Machtfaktor geworden, dank seiner Nähe zu Trump. In Berlin, London und Brüssel rätselt man deshalb wohl beunruhigt: Welche Interessen vertritt Elon Musk? Seine eigenen oder die der künftigen amerikanischen Regierung? (.)

Im schlimmsten Fall könnte Elon Musk zum Mann fürs Grobe in der Trumpschen Außenpolitik werden. Im besten Fall geht es Musk nur um die freie Meinungsäußerung. Sowohl in der Debatte wie in der Diplomatie gilt allerdings dieselbe Regel: Wer sich provozieren lässt, hat schon verloren.»

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