Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zu Krankenhausreform

In Deutschland werden viele Krebs- oder Herzpatienten in Kliniken behandelt, die darauf nicht spezialisiert sind und somit nicht die beste Expertise haben.

Weil es neben diesem Qualitätsmangel auch ein Finanzproblem gibt, ist es höchste Zeit, dass Bund und Länder eine Klinikreform angehen. Andernfalls droht ein Wandel durch die Hintertür, den niemand wollen kann. Dann müssten mangels einer gesicherten Finanzierung auch Häuser dichtmachen, die vor Ort nötig sind und die ihre Patienten gut versorgen. Bund und Länder sind zum Erfolg verdammt. Andernfalls verlieren alle: Die Patienten und die Politiker, die dann nicht wüssten, wie sie den Vertrauensverlust der Bürger mit politischem Handeln noch auffangen könnten.


«Frankfurter Rundschau» zu Gipfel in Moldau

Die fast 50 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Politischen Gemeinschaft haben mit dem Gipfel in Moldau dem russischen Aggressor deutlich gezeigt, wie isoliert Moskau in Europa ist.

Die EU beließ es zu Recht auch nicht bei Worten der Solidarität, sondern will das Gastgeberland mit einem Hilfspaket unterstützen. Das westliche Bündnis muss aber mit dem Elan des Gipfels auch die Folgeprobleme der versprochenen Integration Moldaus und der Ukraine in die Europäische Union und die Nato angehen. Für die EU steht dabei beispielsweise die Korruption in beiden Ländern im Weg. Und Teil der Nato kann die Ukraine frühestens nach Abzug der russischen Armee werden, damit kein Nato-Staat in den Krieg gezogen wird. Darüber hinaus wird das Bündnis langfristig den bedrohten Staaten beistehen müssen. Denn das Regime Putin wird weiter versuchen, mit einem langen Krieg die Ukraine zu schwächen und die europäischen Staaten zu ermüden.


«Handesblatt» zu ein Monat Deutschlandticket

Der Erfolg ist eher mau.

Zum einen helfen die Einnahmen der rund 700.000 Neukunden nicht aus, um die Verluste auszugleichen, die mit der Rabattaktion entstehen. Bleibt der Trost, dass derzeit die drei Milliarden Euro ausreichen dürften, die Bund und Länder den Verkehrsunternehmen zugesichert haben. Zum anderen verbessert sich die Klimabilanz nicht wesentlich. Statt die erhofften drei Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen, sind es derzeit nicht einmal eine Million im Jahr. Bisher bleibt nur ein Erfolg: Der Einheitstarif hat die verschlafene und konservative Branche durchgerüttelt. Hip ist Nahverkehr deswegen noch lange nicht.


«Münchner Merkur» zu Moldau/Gipfel

Putins dunkles Reich ist in Europa so isoliert wie kaum ein Land zuvor: Fast 50 europäische Staats- und Regierungschefs kamen in einer beispiellosen Demonstration der Geschlossenheit im Frontstaat Moldau zusammen, um die russische Aggression gegen die europäische Friedensordnung zurückzuweisen.

Wer historische Parallelen zu 2023 sucht, muss weit zurückblicken: 1814, auf dem Wiener Kongress, re-organisierte Europa seine Sicherheit nach der Niederringung Napoleons, 1945 ging es darum, die rauchenden Trümmer nach Hitlers Weltenbrand beiseite zu räumen. Wie vernichtend die Niederlage Putins schon heute ist, lässt sich am Beispiel Deutschlands studieren: Die Zentralmacht Europas hat sich aus der energiepolitischen Umklammerung durch Russland befreit und ist vom eifrigsten Anwalt des Moskauer Regimes zu dessen entschlossenem Gegner geworden. Doch den heißesten Wunsch, den Nato-Beitritt, wird Europa den tapferen Ukrainern auch künftig nicht erfüllen können.


«Latvijas Avize»: Lettland mit erfahrenem neuen Präsidenen

RIGA: In Lettland ist der bisherige Außenminister Edgars Rinkevics vom Parlament zum Staatspräsidenten gewählt worden. Dazu schreibt die Zeitung «Latvijas Avize» am Donnerstag:

«Es besteht kein Zweifel daran, dass Edgars Rinkevics über die richtige Erfahrung für das neue Amt verfügt. Er ist der am längsten amtierende Außenminister und Inhaber eines Regierungsposten in der Geschichte der Republik Lettland überhaupt. Zwölf Jahre im Amt bedeuten, dass Rinkevics mit außenpolitischen Themen bestens vertraut ist und alle Großen in anderen Ländern und der Welt kennt - und diese wiederum kennen ihn. So können wir sicher sein, dass er seine Politik vom Außenministerium nahtlos in das Rigaer Schloss übertragen wird. Wie er sich in der Innenpolitik schlagen wird, wird die Zeit zeigen.»


«Wall Street Journal»: Es musste einen Schulden-Kompromiss geben

NEW YORK: Im US-Schulden-Drama hat das Repräsentantenhaus den Gesetzentwurf gebilligt, mit dem eine Zahlungsunfähigkeit des Landes in letzter Minute abgewendet werden soll. Nun muss noch der Senat zustimmen. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Donnerstag:

«Einige Konservative nörgeln, dass die vom Vorsitzenden (des Repräsentantenhauses) Kevin McCarthy ausgehandelte Gesetzesvorlage zur Anhebung der Schuldenobergrenze Präsident Bidens Gesetzgebung aus den vergangenen zwei Jahren weitgehend unberührt lässt. Das ist nicht zu leugnen, aber wir fragen uns auch, auf welchem politischen Planeten diese Leute leben. (...) Was haben sie denn erwartet? Die Republikaner verfügen im Repräsentantenhaus über eine Vier-Stimmen-Mehrheit, die kleinste seit Jahrzehnten. Die Demokraten kontrollieren immer noch den Senat und das Weiße Haus. (...) In dieser geteilten Regierung musste es einen Kompromiss zur Schuldenobergrenze geben. Es musste einen geben, um einen Zahlungsausfall der Regierung zu vermeiden. So ist es immer gewesen.»


«NZZ»: EU braucht geregelte Beziehung zur Türkei

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» aus der Schweiz kommentiert am Donnerstag das Verhältnis der EU zur Türkei:

«Es gibt jetzt wieder Stimmen im Europäischen Parlament, die den Beitrittsprozess der Türkei aktiv beenden wollen. Den Türken sei reiner Wein einzuschenken. Es sei schließlich klar, dass aus beider Perspektive eine Mitgliedschaft unerwünscht sei. Doch das wäre töricht. Es besteht kein Grund, auf einer «Stunde der Wahrheit» zu beharren und die Türken vor den Kopf zu stoßen. Das würde bloß das Feindbild Europa verstärken, von dem der türkische Nationalismus profitiert.

Vielmehr ist es Zeit, dass sich die EU ernsthaft Gedanken macht, wie eine geregelte und stabile Beziehung mit der Türkei aussehen könnte. Denn es ist klar, dass die Union mindestens so stark auf die Türkei angewiesen ist wie umgekehrt. Das zeigt nur schon der Blick auf die Karte. Das Land zwischen Südosteuropa, dem Kaukasus und dem Nahen Osten ist als geopolitisches Scharnier für die EU von größter Bedeutung. Der Krieg in der Ukraine hat das noch unterstrichen.»


«Hospodarske noviny»: Prag schweigt zu umstrittenem Gesetz in Polen

PRAG: Zu einem polnischen Gesetz, das die Einberufung einer Untersuchungskommission zur Einflussnahme Russlands vorsieht, schreibt die tschechische Zeitung «Hospodarske noviny» am Donnerstag:

«Das Gesetz ermöglicht es der polnischen Regierung, mittels einer vorgeschobenen Kommission de facto ihre Gegner aus dem politischen Leben auszuschließen. Mit Demokratie hat das nichts gemein. Tschechien schweigt dazu. Das überrascht nicht, denn die Demokratische Bürgerpartei (ODS) des tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala ist im EU-Parlament mit Polens regierenden Ultrakonservativen verbündet. Dennoch könnte sich Fiala, der ansonsten gerne auf das Erbe Vaclav Havels verweist, anders verhalten. Strategisch wichtig ist für Tschechien Polen als Nachbarland - nicht die derzeitige polnische Regierung.»


«El País»: China gewinnt an Einfluss in Lateinamerika

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Donnerstag Chinas immer größeres Engagement in Lateinamerika:

«Seit einiger Zeit hat fast alles, was in Lateinamerika geschieht, mit China zu tun. Am Anfang der Beziehungen bezog China vor allem Rohstoffe. Dann wurde Lateinamerika mit Konsumgütern überschwemmt und inzwischen auch mit Maschinen und Elektronik. Als die Defizite in der Handelsbilanz vieler lateinamerikanischer Länder stiegen, begann Peking mit Direktinvestitionen in den Energie- und Rohstoffsektor. Zugleich finanzierte die Region Infrastruktur mit chinesischen Krediten. Engere Wirtschaftsbeziehungen brachten auch mehr diplomatischen Einfluss Chinas, was sich etwa im Abbruch der diplomatischen Beziehungen mehrerer Länder Lateinamerikas zu Taiwan zeigt.

Die USA und die EU haben es Peking aber auch sehr leicht gemacht. Sie haben die Bedeutung von Handels- und Investitionsabkommen mit Lateinamerika unterschätzt. Europa muss sich klar werden, dass die Verringerung seiner Abhängigkeit von China einen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit anderen Regionen wie etwa Lateinamerika erfordert. Spanien wird während seiner EU-Ratspräsidentschaft daran arbeiten. Fraglich bleibt, ob die Stagnation der vergangenen Jahrzehnte überwunden werden kann.»


«Pravda»: Energiewende kann zu Neokolonialismus führen

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt am Donnerstag über Risiken der europäischen Energiewende:

«Das optimistische Szenario der grünen Wende klingt einfach: Wir ersetzen fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen und veraltete, verunreinigende Technologien durch neue, saubere. Aber für die Nutzung von Sonnen- oder Windenergie ebenso wie für die Batterien von Elektroautos brauchen wir eine Menge an Rohstoffen. Und damit entsteht für Europa ein praktisches wie auch ethisches Problem. Denn einige dieser Rohstoffe sind selten, zum Beispiel Kobalt, Nickel, Lithium, Mangan, seltene Erden. Viele davon importiert Europa derzeit aus einer kleinen Gruppe von Ländern, vor allem aus China.

Damit droht, dass wir die bisherige Energie-Abhängigkeit von Moskau durch eine von Peking ersetzen. Und weil eine umweltbelastende Förderung solcher Rohstoffe in Europa kaum irgendwo erwünscht ist, empfehlen einige EU-Staaten und ein Teil der EU-Parlamentarier, sie in Drittländern zu suchen. De facto bedeutet das ein Auslagern von Umweltschäden vor allem in ärmere Länder, mit schwächerem Umweltschutz oder mit Regierungen, die bereit sind, sich über lokalen Widerstand hinwegzusetzen.»

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