Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Der Standard»: Vorgänge wie in Südkorea überall möglich

WIEN: Nach der Ausrufung des Kriegsrechts in Südkorea schreibt die österreichische Tageszeitung «Der Standard» in Wien:

«Mit Nordkorea hat der versuchte Putsch von Präsident und Militär, der sich am Dienstag in Südkorea abgespielt hat, wenig zu tun - auch wenn Staatschef Yoon Suk-yeol, der in Orwell'scher Verdrehung «zum Schutz der liberalen Demokratie» Parlament, Proteste, Medien- und Meinungsfreiheit hat aussetzen lassen, das behauptet. Es geht vielmehr um innenpolitische Fragen. (...)

Die Entwicklungen der vergangenen Jahre haben eine Atmosphäre geschaffen, in der Demokratieverächter an der Spitze auch weit entwickelter Staaten sich zu autoritären Schritten ermuntert fühlen. Wer bei Wahlen mit einer Stimme für solche Persönlichkeiten und Ideologien kokettiert, sollte seinen Blick in den nächsten Tagen nach Seoul richten. Was in Südkorea passieren kann, kann überall passieren.»


«Berliner Morgenpost» zu Dax

Deutschlands Wirtschaft kränkelt, die Börse boomt.

So kletterte der deutsche Aktienindex Dax auf ein Rekordhoch und übersprang die Marke von 20.000 Punkten. Man könnte meinen, dass es den deutschen Firmen gerade richtig gut geht. Doch die Dax-Entwicklung hat nichts mit dem Darben der Wirtschaft im Inland zu tun. Vor allem SAP, Siemens und der Allianz ist es in diesem Jahr ziemlich gut gelungen, den Bremsspuren der hiesigen Wirtschaft aus dem Weg zu gehen. Die Politik freilich wird nach der Wahl zunächst die reale Wirtschaft im Blick haben. Anders als SAP & Co. haben der Handwerker oder der 300-Mann-Betrieb nebenan meist kein florierendes Auslandsgeschäft. Gerade sie sind also darauf angewiesen, dass der Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig wird. Notfallmaßnahmen müssen also schnell erfolgen.


«Handelsblatt» zu Lindners Forderung/Milei/Musk

Müssen wir also die Kettensäge ansetzen, wie Herr Habeck es gefordert hat? Bei der Bürokratie sicherlich, in anderen Bereichen sollten wir jedoch nicht nur mit der Laubsäge arbeiten.

Wir haben inzwischen eine Staatsquote von über 50 Prozent, das heißt, jeder zweite Euro geht durch die Hände von Bürokraten, und das macht das System schwerfällig. Der Staat mischt sich in alles ein und gibt den Unternehmen Ziele vor. Von den berühmten Rahmenbedingungen, die der Staat setzt, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Sei es in der Klimapolitik, auf dem Miet- oder Energiemarkt. Alles ist durchzogen von Detailregelungen, die das Land lähmen. Ob Friedrich Merz oder Olaf Scholz, wer auch immer demnächst im Kanzleramt sitzt, eines sollten sie sich von Musk und Milei abschauen: Durchsetzungsvermögen auch bei wenig populären Maßnahmen.


«Münchner Merkur» zu Dax 20000

Zumindest für Aktienanleger ist Donald Trump viel besser als sein Ruf: Seit seiner Wahl kennen die Aktienmärkte nur noch eine Richtung - die nach oben.

Von Jubelgesängen auf die deutsche Wirtschaft ist trotz des Dax-Rekords abzusehen: Das bisherige Jahresplus von starken 19 Prozent war nur möglich, weil die deutschen Großkonzerne über 80 Prozent ihrer Umsätze im Ausland erwirtschaften, wo die Politik bessere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geschaffen hat. Für die Dax-Riesen ist der US-Markt, wo sie 22 ihres Umsatzes machen, sogar wichtiger als der heimische. Zum Vergleich: Der MDax der mittelgroßen, stärker auf den kriselnden deutschen Markt konzentrierten Unternehmen, unter ihnen viele kriselnde Autozulieferer, weist dieses Jahr ein Minus von 3 Prozent auf. Hier kommt dieses Jahr nicht Nikolaus Trump zu Besuch, sondern der Krampus in Gestalt von Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck.


«Pravda»: Gerichtsklagen sollen Politik nicht ersetzen

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» schreibt zur Begnadigung des US-Präsidenten Joe Biden für seinen Sohn Hunter:

«Der scheidende Präsident wusste gut, wie die Chancen seines Sohnes stehen. Biden ist nicht der Erste, der Familienangehörige begnadigte: Bill Clinton seinen Stiefbruder und Donald Trump seinen Schwiegersohn. Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Biden argumentierte damit, dass der Fall seines Sohnes aufgebauscht worden und die Anschuldigungen politisch motiviert seien. Das ist möglich. Die Fakten sind aber klar. Hunter war kein Unschuldsengel. (...)

Wenn sich die Demokraten über einen politisch motivierten Prozess beschweren, sollten sie auch vor der eigenen Tür kehren. Denn waren nicht auch die Verfahren gegen Trump und seine Leute ebenso motiviert? Und hatten sie nicht vor allem das Ziel, Trump politisch zu vernichten? Es geht auf beiden Seiten um ein Spiel mit der Gerechtigkeit. (...)

Wir sind Zeugen neuer Sitten in der Politik. Der Wettstreit wird immer weniger mit Überzeugen der Wähler, besseren Programmen und Argumenten ausgetragen, sondern immer mehr durch totales Diskreditieren der Gegner, am besten über eine Gerichtsklage, wenn es einen auch noch so kleinen Vorwand dafür gibt. Dieses gegenseitige Kriminalisieren in der Politik führt aber nur dazu, dass sich das gegnerische Lager zusammenschließt und auf Rache sinnt und beide Lager sich zu feindseligem Eifer anstacheln. Dadurch entsteht ein trauriges Bild der Politik - nicht nur in den USA.»


«Rzeczpospolita»: Biden beschädigt das Ansehen der Demokratie

WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» befasst sich am Dienstag mit der Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, seinen Sohn Hunter zu begnadigen:

«Als er die Entscheidung traf, seinen Sohn Hunter zu begnadigen, schrieb US-Präsident Joe Biden: "Ich hoffe, dass die Amerikaner das verstehen." Das Problem ist nur, dass seine Entscheidung Folgen hat, die weitaus schwerwiegender sind als die Frage, ob die Wähler diesen Schritt verstehen oder nicht. Die Entscheidung des Präsidenten ist menschlich verständlich. Sie betraf einen Mann, der in die Maschinerie der Justiz hineingezogen wurde, weil sein Vater US-Präsident war.

Aber die Sache geht über Familienangelegenheiten hinaus. Es geht auch um die Demokratische Partei, die durch den scheidenden Präsidenten schwer beschädigt worden ist. (Bidens Entscheidung) ist auch ein Schlag gegen die liberale Demokratie als Ganzes. Denn sie ist Wasser auf die Mühlen der Verschwörungserzählungen, welche die identitäre Alt-Right-Bewegung nähren und das Vertrauen in die Staatsmacht, die Justiz und die Medien untergraben. Und jetzt macht Joe Biden plötzlich einen Schritt, der perfekt in dieses Narrativ passt. Er liefert all jenen ein Argument, die glauben, dass die Regierung sich um ihre Privilegien kümmert und die Medien und das Justizsystem (und in diesem Fall das Recht der Begnadigung) nutzt, um ihren Vorteil gegenüber den Massen aufrechtzuerhalten.»


«Hospodarske noviny»: E-Autos gefährden Arbeitsplätze

PRAG: Zu den Warnstreiks bei Volkswagen und den milliardenschweren Sparplänen des Autobauers schreibt die liberale Wirtschaftszeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien:

«Es ist offensichtlich, dass die europäische Industrie gegenüber der subventionierten asiatischen Konkurrenz ins Hintertreffen geraten ist - trotz der Einführung der sogenannten Ausgleichszölle für E-Autos aus China. Die ursprünglichen Befürchtungen, dass der Übergang zur Elektromobilität mit einer deutlichen Verringerung der Zahl der Arbeitsplätze in der Automobilbranche einhergehen wird, bestätigen sich nun.

Doch an der Elektromobilität führt kein Weg mehr vorbei. Immer mehr Unternehmen setzen auf nachhaltige Strategien in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Und einer der einfachsten Wege, einen Teil dieser Kriterien zu erfüllen, ist die Beschaffung von E-Autos für die Unternehmensflotte.

Der Warnstreik bei Volkswagen ist nur ein Vorbote dessen, was der Automobilindustrie - nicht nur in Deutschland - in den nächsten Jahren bevorsteht. Tschechien als bedeutender Zulieferer des deutschen Autolands wird davon nicht unberührt bleiben.»


«DNA»: Frankreich droht bei Regierungssturz Instabilität

STRAßBURG: Zum drohenden Sturz der Regierung in Frankreich nach dem Entzug des Vertrauens durch das rechtsnationale Rassemblement National (RN) schreibt die französische Zeitung «Les Dernières Nouvelles d'Alsace»:

«(...) Das Rassemblement National bestimmt nun den Gang der französischen Politik. (...) In den kommenden Tagen wird der vom Linksbündnis eingebrachte Misstrauensantrag, sofern er nicht noch einmal umgestoßen wird, über das RN und seine Abgeordneten umgesetzt werden, ohne dass dies die Befürworter sonderlich beunruhigt. Daumen hoch, Daumen runter: In gewisser Weise liegt die Macht bereits in den Händen der rechtsnationalen Partei. (...)

Es sind jedoch die Bürger, auf denen nun das Risiko dieses gefährlichen Wagnisses der Zensur lastet. Das von der Regierung für den Fall, dass es keinen Haushalt 2025 gibt, versprochene Chaos ist zwar nicht sicher, aber es droht zumindest Instabilität. Sie wirkt sich bereits auf die Märkte aus und lässt einen Anstieg der Zinssätze befürchten. Sollte der Haushalt 2024 fortgeschrieben werden, droht den Steuerzahlern eine Steuererhöhung, da die Inflationsrate des vergangenen Jahres nicht berücksichtigt wird.

Am Montag wollte Marine Le Pen beweisen, dass sie die Mittel hat, um in der Auseinandersetzung mit Premier Michel Barnier die Oberhand zu gewinnen. In diesem Duell ist aber nicht sicher, dass nur die Regierung die Leidtragende ist.»


«El País»: Frankreich wegen Macrons Fehler in schwieriger Lage

MADRID: Im Streit um einen Sparhaushalt hat das oppositionelle Linksbündnis in Frankreich einen Misstrauensantrag gegen die Mitte-Rechts-Regierung von Premier Michel Barnier eingereicht. Dazu schreibt die spanische Zeitung «El País»:

«Frankreich erlebt eine neue Episode politischer Instabilität, die zu dem fiskalischen Schock hinzukommt, den es auf den Anleihemärkten aufgrund der Schwierigkeiten, einen glaubwürdigen Haushalt mit sehr hohen Defizit- und Verschuldungszahlen in Einklang zu bringen, erlitten hat. Frankreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas, und sowohl Brüssel als auch Frankfurt verfolgen die Entwicklung aufmerksam.

Besorgniserregend ist jedoch eine politische Krise, die zu erwarten war, seit Präsident Emmanuel Macron die riskante Entscheidung getroffen hatte, Marine Le Pen faktisch den Schlüssel zur Regierung auszuhändigen. Die Stabilität der Regierung des konservativen Michel Barnier hat so lange gedauert, wie es der rechtsextremen Führerin für ihre Interessen gelegen kam: kaum drei Monate. (...)

Schlimmer noch, es war eine Entscheidung, die sich gegen das richtete, wofür die Franzosen im Juli gestimmt hatten: Mit dem Ziel, die extreme Rechte - die Liste mit den meisten Stimmen in der ersten Runde der Parlamentswahlen - zu stoppen, mobilisierten sich die Franzosen in einer republikanischen Front, der Macron selbst angehörte, bis zu dem Punkt, an dem sich die Umfragen drehten und die Vereinigung der Linken zur Kraft mit den meisten Sitzen wurde. Macrons Entscheidung, diesen Umschwung zu ignorieren und Le Pen die Führung der künftigen Regierung zu überlassen, war ein Fehler, der ihn und Frankreich nun in eine schwierige Lage bringt.»


«Rossijskaja Gaseta»: Scholz wollte Merz in Kiew zuvorkommen

MOSKAU: Die russische Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta» schreibt am Dienstag zum Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Ukraine:

«Scholz besuchte Kiew zwei Wochen, bevor am 16. Dezember der Bundestag über das Vertrauen in die Bundesregierung abstimmt und es ihr höchstwahrscheinlich nicht aussprechen wird. Für den Fall steht dem Land eine vorgezogene Neuwahl im Februar 2025 bevor. (Der ukrainische Präsident Wolodymyr) Selenskyj hat vor dem Scholz-Besuch den Führer der oppositionellen CDU, Friedrich Merz, eingeladen.

Viele Deutsche schließen nicht aus, dass der Kanzler seinem wichtigsten politischen Gegner zuvorkommen wollte. Merz hat Russland für den Fall seines Sieges ein Ultimatum angedroht, dass es binnen eines Tages Schläge auf die ukrainische Infrastruktur einstellen soll. Sonst verspricht er, der Ukraine Marschflugkörper zu schicken.»


«The Telegraph»: Biden macht sich der Heuchelei schuldig

LONDON: Die britische Zeitung «The Telegraph» kommentiert am Dienstag den Entschluss des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, seinen verurteilten Sohn Hunter zu begnadigen:

«Zweifellos verstehen das viele: Die Familie steht an erster Stelle. Bidens Problem ist jedoch, dass er ausdrücklich erklärt hatte, er werde dies nicht tun, und er Donald Trumps exekutive Begnadigungen während dessen erster Amtszeit kritisiert hatte. Der scheidende Präsident macht sich einer atemberaubenden Heuchelei schuldig und untergräbt damit den ohnehin schon zynischen Blick der amerikanischen Öffentlichkeit auf Politiker und deren Ethik.

Präsident Biden sagt, sein Sohn sei das Opfer eines politisierten Justizsystems gewesen, das ihn aufgrund seiner Position härter behandelt habe als andere. Das ist genau das, was Trump in Bezug auf die gegen ihn angestrengten Verfahren erklärt hat, nämlich dass sie im Wesentlichen ein Missbrauch des Rechtssystems für die Verfolgung politischer Gegner seien. Man könnte argumentieren, dass die Anschuldigungen gegen Trump anderer Natur sind, aber der Punkt ist derselbe.»


«De Standaard»: Biden gab Verschwörungstheorien Auftrieb

BRÜSSEL: Zur Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, seinen verurteilten Sohn Hunter zu begnadigen, meint die belgische Zeitung «De Standaard»:

«Joe Biden war bereits einer der tragischsten Präsidenten der US-Geschichte, aber jetzt, da er seinen Sohn Hunter begnadigt hat, wird sein Erbe noch problematischer. Über Bidens Verantwortung für die Wiederwahl Donald Trumps wurde bereits viel geschrieben. Wie anders hätte die Welt aussehen können, wenn Biden im Frühjahr mit seiner beachtlichen wirtschaftlichen Bilanz zur Seite getreten wäre und mit einer großen Geste den Weg für einen starken demokratischen Präsidentschaftskandidaten freigemacht hätte? (...)

Nun kommt auch noch die umstrittene Begnadigung eines Sohnes hinzu, der wegen Steuerhinterziehung und des Verschweigens einer Kokainsucht beim Kauf einer Waffe verurteilt wurde. (...) Biden hat getan, was niemand von ihm gedacht hätte: Er hat Verschwörungstheorien Auftrieb gegeben, die Trump nutzen wird, um unabhängige Beamte, Ermittler und Richter aus der US-Justiz und den Sicherheitsdiensten zu entfernen.»


«Corriere della Sera»: Biden massakriert Justiz

MAILAND: Die italienische Zeitung «Corriere della Sera» kritisiert die Begnadigung des US-Präsidenten Joe Biden für seinen Sohn Hunter:

«In der öffentlichen Meinung entsteht eine Situation, die den Italienern vertraut ist. Die Justiz wird als eine politisierte Korporation wahrgenommen. Wenn sie sich «meine» politische Seite vornimmt, missbraucht sie ihre Macht; wenn sie gegen «meine Feinde» vorgeht, wird endlich Recht gesprochen. Wer dieser Stammeslogik nicht gehorcht, verfällt dem Zynismus. Die Regel lautet: «So machen es alle.»

Es sieht so aus, als würden wir Zeuge eines Massakers an der Glaubwürdigkeit der Institutionen: Wer die Wahlen gewinnt, benutzt die Justiz als Knüppel gegen die Gegner, in einer Spirale gegensätzlicher Ziele, die wir normalerweise mit illiberalen Regimen in Verbindung bringen. Der einzige Trost ist, dass die amerikanische Republik auch in der Vergangenheit düstere Zeiten wie diese überstanden hat.»


«de Volkskrant»: Biden erweist seinem Land einen Bärendienst

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert die Entscheidung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden, seinen verurteilten Sohn Hunter zu begnadigen:

«Mit dieser bis vor einigen Jahren noch beispiellosen Begnadigung erweist Biden sich selbst, seiner Partei, seiner Präsidentschaft und seinem Land einen Bärendienst. Mit einem Federstrich ist er zudem auf ein für einen Präsidenten unwürdiges Verhalten herabgesunken, wie es bisher vor allem sein Vorgänger (und auch Nachfolger) an den Tag gelegt hat.

Vetternwirtschaft und das Misstrauen gegenüber dem Justizsystem können nun definitiv nicht mehr als typisch trumpistisch bezeichnet werden. (.) Das macht es schwieriger, Trump für seinen zügellosen Nepotismus zu kritisieren, selbst wenn er seiner halben Familie Jobs in der Regierung verschafft.»


«Nepszava»: Rumäniens warnendes Beispiel

BUDAPEST: Zum Erstarken der Ultrarechten in Rumänien schreibt die links-liberale Budapester Tageszeitung «Nepszava»:

«Nach der Parlamentswahl (am letzten Wochenende) bleibt Ungarns östlichem Nachbarn zwar vorerst eine Regierung der extremen Rechten erspart. Doch es handelt sich nur um eine vorläufige Atempause. (...) Die verworrenen Botschaften der extremen Rechten haben, mit etwas Unterstützung seitens der (orthodoxen) Kirche, alle Schichten einer Bevölkerung erreicht, die ihre Informationen aus den sozialen Medien bezieht. (...)

Die meisten dieser Menschen glauben an Verschwörungstheorien oder sind fanatisch gläubig. (...) Es hat sich erwiesen, dass die Verflechtung von Politik und Kirche, kombiniert mit einer russischen Desinformationskampagne, die sich über eine Internet-Plattform in chinesischem Besitz (Tiktok) ungehindert auszubreiten vermochte, sowie mit gängigen Verschwörungstheorien, für die demokratische Zukunft Europas toxisch und fatal sein kann.»


«NZZ»: Begnadigung des Sohnes beschädigt Bidens Image

ZÜRICH: Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Joe Biden seinen verurteilten Sohn Hunter begnadigt. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Präsident Biden sucht in seiner Mitteilung Verständnis bei den Bürgern zu wecken: Welcher Vater würde sich nicht ähnlich mitfühlend für seinen Sohn einsetzen, wenn er könnte? Doch das trifft die Sache in keiner Weise. Biden ist nicht irgendein Vater. Er ist der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Als solcher unterliegt er anderen moralischen Anforderungen - und daraus folgenden Bürden - als jeder normale Bürger.

Das trifft besonders auf einen Präsidenten zu, der 2020 als angeblicher Gegenpol zu Donald Trump antrat: als der moralisch überlegene Mann, der die USA nach vier Jahren unter dem verkommenen Narzissten Trump wieder auf den rechten Weg zurückführen werde. Nun steht derselbe Präsident Biden nackt da, entblößt von seiner eigenen moralischen Heuchelei. Als ein Mann, der das Familieninteresse über die hohen Standards seines Amts und des Rechtsstaates stellt. (.)

Biden schädigt mit der Schwäche für seinen Sohn nicht nur sein eigenes, sorgfältig poliertes Image als Saubermann. Er liefert ausgerechnet seinem Nachfolger die Vorlage dafür, sich selbst eigennützig der Justiz zu bedienen.»


«Tages-Anzeiger»: Scholz' Kiew-Reise war Teil seines Wahlkampfes

ZÜRICH: Zur Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz in die Ukraine heißt es am Dienstag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Wie alles, was deutsche Politiker derzeit tun und sagen, war Scholz' Besuch in Kiew aber auch bereits Teil seines Wahlkampfs. Der 66-jährige Sozialdemokrat empfiehlt seine Ukraine-Politik als einen «besonnenen» Mittelweg: Er sorge dafür, dass Deutschland die Ukraine weiterhin nach Kräften unterstütze, und verhindere gleichzeitig, dass das Land in den Krieg mit Russland hineingezogen werde.

Am Samstag hatte Scholz beim Wahlkampfauftakt der SPD alle anderen Parteien scharf angegriffen: Die «Kreml-Lautsprecher» der Alternative für Deutschland und von Sahra Wagenknecht drängten die Ukraine zur Kapitulation, die «Heißsporne»von CDU/CSU und Grünen hingegen würden die Gefahren einer Eskalation verkennen. (.)

Scholz' Besuch in der Ukraine wurde kurzfristig geplant, nach einem Telefongespräch mit Selenskyj am Freitag. Im Kanzleramt gab man sich zwar Mühe, zu betonen, dass eine Reise lange geplant gewesen sei - zwischen der Wahl in den USA Anfang November und der Amtsübernahme des neuen Präsidenten Ende Januar. Gerüchten zufolge könnte für den schnellen Aufbruch aber eine andere Überlegung eine Rolle gespielt haben: Auch Merz hatte eine Einladung von Selenskyj - Scholz habe seinem Rivalen schlicht zuvorkommen wollen.»


«Washington Post»: Begnadigung beschädigt Bidens politische Karriere

WASHINGTON: Der scheidende US-Präsident Joe Biden hat entgegen vorheriger Aussagen seinen Sohn Hunter begnadigt. Dazu schreibt die «Washington Post»:

«Um es klar zu sagen: Juristisch hatte Biden das unbestreitbare Recht, seinen Sohn Hunter zu begnadigen. Aber indem er dies am Sonntag tat, verunglimpfte er das Justizministerium und lud Trump dazu ein, die Begnadigung von Hunter Biden mit Trumps künftigen Maßnahmen gegen die unparteiische Justizverwaltung gleichzusetzen. Er riskiert, den Verdacht vieler Amerikaner zu verstärken, dass das Justizsystem mit zweierlei Maß misst, und rechtfertigt damit Trumps Bestreben, es umzugestalten - oder es zum eigenen Vorteil zu nutzen, weil es als fair gilt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. (...)

Jeder Demokrat, der sich diese Woche weigert, Bidens Begnadigung zu verurteilen, wird weniger Glaubwürdigkeit haben, um Trump, seine Einmischung in das Justizministerium und seine Entscheidungen für Schlüsselpositionen in dieser Behörde zu kritisieren. Niemanden sollte überrascht sein, wenn sich Trump auf die Begnadigung von Hunter Biden beruft, um die Begnadigung vieler weiterer seiner Verbündeten zu rechtfertigen, möglicherweise auch für diejenigen, die am Sturm auf das Kapitol am 6. Januar teilnahmen. Mit dieser einen maßlosen, egoistischen Handlung hat der Präsident die erhabenen Gründe, mit denen er vor vier Jahren die Präsidentschaft anstrebte, im Nachhinein untergraben und das letzte Kapitel seiner politischen Karriere unauslöschlich beschädigt.»

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