Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Stuttgarter Zeitung» zu Wahltermin

Die Menschen können nun erwarten, dass Union und FDP sachlich und ergebnisorientiert prüfen, welche weitgehend fertigen Projekte noch beschlossen werden sollten, weil sie wichtig für das Land sind.

Die Regeln für einen besseren Schutz der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgerichts müssen dringend noch vor der Wahl Realität werden. Die Institution darf nicht Populisten und Extremisten ausgeliefert sein. Hier müssen jetzt alle demokratischen Parteien zusammenstehen. Beim Ausgleich der Kalten Progression muss die FDP nur zeigen, dass es ihr um die Sache geht. Vielleicht gelingt das ja auch noch beim Deutschlandticket und der Kindergelderhöhung. Das Plenum kann noch einiges erreichen.


«Handelsblatt» zu Urteil/Shell

JETZT IST ES OFFIZIELL: Die Zeiten der grünen Wende sind vorbei.

Zumindest in der Ölindustrie. Was vor drei Jahren noch als großer Sieg der Klimaaktivisten gefeiert wurde, hat ein Zivilgericht im niederländischen Den Haag am Dienstag wieder aufgehoben. Der Öl- und Gaskonzern Shell muss seinen CO2-Ausstoß nicht um 45 Prozent senken. Weder den seiner Kunden, noch den eigenen. Mit dem überraschenden Urteil wird nun offiziell bestätigt, was viele befürchtet haben. Steigende Kosten, Stellenabbau und sinkende Wachstumsraten haben die öffentliche Debatte bestimmt, der Kampf gegen den Klimawandel gerät dabei immer mehr ins Hintertreffen. Sehr zur Freude von Big Oil. Die großen Öl- und Gaskonzerne dieser Welt verbuchen Milliardengewinne, während Klimawissenschaftler das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung ausrufen.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Neuwahl am 23. Februar

In Hessen und Hamburg weiß man schon, wie sich Wahlkampf im Winter anfühlt.

Wenn es so kommt, wie es die Einigung zwischen (.) Mützenich und Merz vorsieht, dann kommt auch der Rest der Republik bald in diesen Genuss: Dann wählt ganz Deutschland am 23. Februar einen neuen Bundestag. (.) Scholz versuchte, den ganzen Prozess ins nächste Jahr zu verschieben. Er begründete das mit Gesetzen, die er vorher noch beschlossen wissen wollte - zweifellos auch in der Hoffnung, damit die nicht berauschenden Wahlaussichten der SPD zu verbessern (.) Mit diesem Plan stieß der Kanzler ohne Mehrheit aber nicht nur in der Opposition auf Widerstand. Mit der Verzögerungstaktik bewirkte Scholz nur, dass am Ende andere darüber entschieden, wann gewählt wird - und wann er dafür die Vertrauensfrage zu stellen hat. (.).


«Münchner Merkur» zu Wahltermin 23. Februar

Na also, geht doch.

Am 23. Februar werden die Deutschen an die Wahlurnen gerufen, also einen Monat früher, als es der Kanzler zunächst vorgeschlagen hatte. Das ist ein guter Kompromiss, der einerseits der Notwendigkeit nach einem möglichst schnellen Neustart Rechnung trägt und den Parteien andererseits genug Zeit lässt, ihre Kandidaten zu bestimmen und den Wahlkampf vorzubereiten. Sogar die besorgte Bundeswahlleiterin glaubt nun ausreichend Zeit zu haben, den deutschen und befreundeten ausländischen Markt nach Papiervorräten für die Stimmzettel abzugrasen. Der Wahlkampf verspricht hart und heftig zu werden, nach dem Rosenkrieg in der zerbrochenen Ampel vielleicht sogar schmutzig. Den Ton hat der Kanzler mit seiner wütenden Abrechnung mit FDP-Chef Lindner gesetzt. Ob er allerdings auch der Kandidat sein wird, mit dem die SPD in die Wahlschlacht zieht, ist noch nicht ausgemacht.


«LRT»: Ampel-Aus ohne Folgen für Brigade-Zusage

VILNIUS: Zu den Auswirkungen des Endes der Ampel-Koalition auf die geplante Stationierung einer Bundeswehr-Brigade in Litauen meint ein Kommentator des litauischen Rundfunks:

«Welche Konsequenzen hat dies für die strategischen Vorhaben Deutschlands, einschließlich des Einsatzes der Brigade in Litauen? Darüber herrscht unter den großen Parteien ein breiter Konsens. Selbst wenn sich die Koalition ändern sollte, wird das Projekt also voranschreiten. Zumal die Christdemokraten versprechen, nicht vor der Aggression des Kremls zurückzuschrecken.

Die überraschende Popularität des SPD-Verteidigungsministers Boris Pistorius sollte ebenfalls Optimismus verbreiten. Er ist es, der der Brigade in Litauen Vorrang einräumt und der angesehenste Politiker des Landes ist. Umfragen zeigen, dass die Wähler nicht (Olaf) Scholz, sondern ihn gerne als Kanzler sehen würden. Pistorius selbst sagt, er wolle Verteidigungsminister bleiben, weil er noch etwas zu erledigen habe. Und vieles davon ist von unmittelbarer Bedeutung für Litauen.»


«Dagens Nyheter»: Trumps Wahlsieg hat Klimakonferenz Energie genommen

STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert den Beginn der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan:

«Auch wenn 2024 wahrscheinlich das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird, ist die Stimmung bei der UN-Klimakonferenz kühl. Dabei geht es nicht nur darum, dass Führungspersönlichkeiten wie Joe Biden, Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen der Veranstaltung fernbleiben, sondern auch darum, dass die Veranstaltung als ein «Zwischentreffen» vor der Konferenz in Brasilien im nächsten Jahr beschrieben wird.

Hinzu kommt, dass Donald Trumps Wahlsieg den Verhandlungen viel Luft und Energie genommen hat und es deutlich schwieriger machen wird, eine Vereinbarung zu erzielen. Teils, weil es in den nächsten zwei Wochen um Geld gehen wird, was im Klartext wirtschaftliche Unterstützung von reichen für arme Länder bedeutet und der große Beitrag der USA in der internationalen Finanzierung deutlich sinken wird, wenn Trump ins Weiße Haus einzieht. Teils, weil der Wahlausgang einen psychologischen Effekt hat, da Trump das Pariser Abkommen verlassen will, was bedeutet, dass die globale Klimawende bald riskiert, führerlos dazustehen. Das Resultat der Klimakonferenz wird zeigen, wer - wenn überhaupt jemand - bereit ist, in die Bresche zu springen.»


«El País»: Trump priorisiert Loyalität und Radikalität

MADRID: Zu den ersten Personalien für die zweite Amtszeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump schreibt die spanische Zeitung «El País» am Dienstag:

«Der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, wird erst am kommenden 20. Januar vereidigt. Er hat jedoch bereits damit begonnen, diejenigen auszuwählen, die in seinem Team für seine zweite Amtszeit mitwirken werden. (...) Dabei priorisiert er Loyalität und Radikalität. (...) Diese ersten Schritte sind besorgniserregend, weil sie darauf hindeuten, dass er bereit ist, die von den Republikanern erhaltenen Befugnisse zu nutzen, um die Grenzen der Institutionen auszutesten. Gleichzeitig zeigen sie die harte Linie, mit der Trump seine Amtszeit beginnen will. (...)

Die ersten Ernennungen Trumps - nach den autoritären Botschaften seiner Wahlkampagne - werfen Zweifel auf, ob sich wie 2016 erneut Personen finden werden, die der Verfassung treuer bleiben als dem Chef und versuchen werden, seine Exzesse zu bremsen. (...) Während er sein Team zusammenstellt, bereitet Trump Maßnahmen für seinen ersten Tag im Amt vor - einen Tag, an dem er wie ein «Diktator» agieren will, wie er sagte. Ob die ersten Dekrete die dem Präsidenten verfassungsmäßig zugewiesenen Befugnisse überschreiten oder nicht, wird ein weiterer wichtiger Hinweis darauf sein, was in den nächsten vier Jahren zu erwarten ist.»


«De Standaard»: Klimaschutz braucht auch private Investitionen

BRÜSSEL: Die belgische Zeitung «De Standaard» kommentiert am Dienstag den UN-Klimagipfel in Baku:

«Die Tagesordnung dreht sich diesmal mehr um Geld als um die Reduzierung von Treibhausgasen. Wie kann ein Fonds finanziert werden, der die Entwicklungsländer bei der Reduzierung der Emissionen sowie bei der Anpassung an den Klimawandel und der Beseitigung von Schäden nach klimabedingten Katastrophen unterstützt? Die Summen, um die es geht, sind schwindelerregend: bis zu 1.000 Milliarden Dollar jährlich. Die Debatte dreht sich um alle möglichen Fragen: Wer soll zahlen, wer soll Geld erhalten, wofür genau darf das Geld verwendet werden?

Europäische Regierungen sind nicht in der Stimmung, ihre Brieftaschen zu öffnen. (...) Parteien, die es doch machen wollen, haben es schwer. Hinzu kommen noch andere Herausforderungen. Die russische Bedrohung und die Folgen der erneuten Wahl von Donald Trump werden höhere Verteidigungsausgaben erfordern.

Deshalb wird privates Geld benötigt. Damit stellt sich die Frage, wie ein Rahmen geschaffen werden kann, der entsprechende Investitionen attraktiv macht. Das reicht von großen Unternehmen bis hin zu Bürgern mit Ersparnissen auf der Suche nach einer ansehnlichen Rendite.»


«Corriere della Sera»: Amerikaner sehen sich gegenseitig als Feinde

MAILAND: Zur Stimmung in den USA nach der gewonnenen Wahl von Donald Trump schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Dienstag:

«Das Land ist gespalten. Bis eben noch konnten Freunde, deren Ansichten nicht unterschiedlicher sein könnten, sich trotzdem nahe sein. Jetzt sehen sie sich als Feinde. Die Beziehungen der Menschen sind schwierig geworden, und Intoleranz siegt über Verständnis, wie in einem Bürgerkrieg, der zum Glück nur theoretisch und meist verbal geführt wird. (...)

Was ist aus dem Land geworden, das aus Menschen besteht, die aus aller Welt gekommen sind und nun gegen die Neuankömmlinge wüten? (...) Niemand kann erklären, warum so viele Menschen, die von Donald Trump beleidigt wurden, wie Latinos, wie Afroamerikaner, für ihn gestimmt haben. Viele führen dies auf die schwere Wirtschaftskrise und die Inflation zurück.

In Wahrheit aber haben moderne Probleme tief verwurzelte Identitätsvorstellungen infrage gestellt. Viele rechtfertigen ihr Dasein in der Welt mit einer monolithischen Identität, sei sie religiös oder kulturell, und wenn diese infrage gestellt wird, geraten sie in einen solchen Angstzustand, dass sie den anderen nicht mehr als Menschen, sondern nur noch als Feind sehen. Daher der irrationale Rückschritt, der dem Stärksten und Anmaßendsten Raum gibt.»


«Tages-Anzeiger»: Rasche Einigung über Wahltermin wäre wichtig

ZÜRICH: Zu den Debatten in Deutschland um den Termin für die Bundestagswahl heißt es am Dienstag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Ein möglichst kurzer Wahlkampf, fokussiert auf die Wirtschaftskrise, wäre für CDU/CSU ideal. (.) Merz' Pech ist, dass über den Termin, an dem Scholz die Vertrauensfrage stellt, nur der Kanzler bestimmt. Niemand kann ihn zwingen, schon gar nicht der Oppositionsführer. Und aus Scholz' Sicht sieht die Lage eben anders aus: Seine Regierung ist zwar am Ende, aber er braucht Zeit für seinen Wahlkampf. 2021 wurde er Kanzler, indem er in den letzten zwei Monaten vor der Wahl 11 Prozentpunkte auf CDU/CSU aufholte. Dieses Wunder will Scholz wiederholen. (.)

Möglich wäre, dass CDU/CSU für die Zusage zu einem früheren Termin versprechen, einigen Vorhaben eine Mehrheit zu verschaffen, die sie ohnehin richtig finden: dem Schutz des Verfassungsgerichts vor Extremisten etwa, der Abschaffung des deutschen Lieferkettengesetzes, der Senkung der Strompreise oder zusätzlicher Hilfe für die Ukraine. Eine schnelle Einigung wäre nützlich, auch weil es wichtigere Fragen gibt, als ob Mitte Februar oder Anfang März gewählt wird: wie Deutschland aus der schweren Wirtschaftskrise herausfindet etwa oder einem Präsidenten namens Donald Trump begegnet.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.