Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Stuttgarter Zeitung» zu Harris/Walz

Ein fähiger Stellvertreter kann Harris noch mehr Wind unter den Flügeln verleihen.

Er kann bisher unerreichte Wählergruppen ansprechen und im Wahlkampf auch Dinge sagen, wie es die Spitzenkandidatin selbst nicht kann. Tim Walz, der bisher landesweit eher unbekannte Gouverneur von Minnesota im Mittleren Westen, kann Harris in all diesen Punkten verstärken: Der Macher-Gouverneur steht zwar nicht an der Spitze eines Wechselwählerstaates. Doch mit seinem volksnahen Auftreten und seiner klaren Sprache kann er sich glaubwürdig vor allem an einen Teil der Trump-Wählerschaft - weiße Wähler aus der Arbeiterschicht in den wahlentscheidenden Staaten wie Michigan, Pennsylvania, Wisconsin und darüber hinaus - wenden.


«De Tijd»: Den Finanzmärkten tun Übertreibungen nicht gut

BRÜSSEL: Zum Beben an den internationalen Börsen meint die belgische Zeitung «De Tijd» am Dienstag:

«Vielleicht kehrt relativ bald wieder Ruhe an den Finanzmärkten ein, und die Anleger gewinnen den Glauben daran zurück, dass die wirtschaftlichen Fundamentaldaten alles in allem recht solide sind. In diesem Fall hätten die Turbulenzen nur zu einer Korrektur überbewerteter Aktien geführt, die möglicherweise durchaus willkommen war. Das ist das optimistische Szenario.

Aber die «animal spirits» - Instinkte und Emotionen -, die den Markt antreiben, sind schwer vorhersehbar. Sie könnten genauso gut in die andere Richtung gehen. Die Verkaufswelle könnte noch anschwellen und zu einer echten Finanzkrise führen. Das ist das pessimistische Szenario. (...)

Am besten wäre es, wenn alle wichtigen Wirtschaftsakteure - Groß- und Kleinanleger, Banken, Zentralbanker, politische Entscheidungsträger - einen kühlen Kopf bewahren. Den Finanzmärkten tun Übertreibungen nicht gut, weder in die eine noch in die andere Richtung.»


«Aftonbladet»: Rechtsextremisten versetzen Großbritannien in Schrecken

STOCKHOLM: Die sozialdemokratische schwedische Tageszeitung «Aftonbladet» kommentiert am Dienstag die Ausschreitungen in Großbritannien infolge der Bluttat von Southport:

«Der 29. Juli wird in die Geschichte eingehen. Aufgrund der Wahnsinnstat, aber auch aufgrund des Nachbebens. Mittlerweile kommt es rundum in Großbritannien zu Gewalttaten. Autos brennen, Geschäfte werden geplündert und Demonstranten stoßen mit der Polizei zusammen.

Dass die Menschen nach der brutalen Ermordung von drei Kindern enorme Wut verspüren, wundert nicht. Doch die Proteste und Unruhen haben schon bald eine unangenehme Wendung genommen. Es ist ein Molotowcocktail aus russischer Desinformation, Rechtsextremismus und Elon Musk.

Nach der Tat wurde auf der Plattform X das Gerücht verbreitet, der Täter sei ein Asylbewerber - was sich als russische Desinformation herausstellte, aber schnell von Rechtsextremisten aufgegriffen wurde.

Tommy Robinson, einer der Gründer der rechtsextremen Organisation English Defence League, wurde 2018 von der Plattform X (damals noch Twitter) verbannt, aber Elon Musk ließ ihn 2023 wieder hinein. Mit seinen rund 880.000 Followern ist Robinson eine treibende Kraft des Chaos, das gerade in Großbritannien herrscht.

Am Wochenende griffen Rechtsextreme eine Unterkunft für Asylbewerber an. Es zeigte sich, dass der Täter weder Muslim noch Asylbewerber war. Er ist in Großbritannien geboren und Christ. Sein Motiv ist bisher nicht bekannt. Der Trauerprozess der Familien der getöteten und verletzten Kinder wird von gewaltbereiten Rechtsextremisten gekapert, die das Land weiter in Schrecken versetzen.»


«The Times»: Regierung muss Zuwanderung auf faire Weise reduzieren

LONDON: Zu den antimuslimischen Krawallen in britischen Städten meint die Londoner «Times» am Dienstag:

«Während es in den Straßen von Englands Städten immer noch brodelt, ist Premierminister Keir Starmer seiner wichtigsten Herausforderung gerecht geworden. Kein Zentimeter darf den rechtsextremen Schlägern und Hooligans zugestanden werden, die auf die Straße gegangen sind, um Zwietracht zu säen, Asylsuchende rassistisch zu beschimpfen und sich in sinnlosem Vandalismus zu ergehen. Dieses Rowdytum hat in einer zivilisierten Demokratie keinen Platz, und der Premierminister hat recht, wenn er sagt, dass die gewalttätige Minderheit, die sich daran beteiligt, hinter Gitter gehört. (...)

Sir Keirs nächste Herausforderung ist allerdings komplexer. Schon bevor legitime Sorgen über die Migration von Krawallmachern gekapert wurden, fand die britische Einwanderungspolitik nicht die Zustimmung der Öffentlichkeit. Der Premierminister selbst hat dies wiederholt gesagt. (...) Seine Regierung muss nun zeigen, dass Politiker der Mitte nicht nur jene verurteilen können, die auf Probleme auf dem Wohnungsmarkt, bei den öffentlichen Diensten und der Integration mit grober Diskriminierung reagieren, sondern auch in der Lage sind, die Zuwanderung auf faire und gerechte Weise zu reduzieren.»


«Wall Street Journal»: USA müssen für Venezuela einstehen

NEW YORK: Die USA und weitere Staaten haben den Oppositionskandidaten Edmundo González Urrutia als Sieger der umstrittenen Präsidentenwahl in Venezuela anerkannt. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Dienstag:

«Die Frage ist, ob die USA bereit sind, etwas anderes zu tun, als aus Protest mit den Füßen zu stampfen. (...) Maduro wird von Kuba, Russland und China unterstützt. Die beiden linken Regierungen Brasiliens und Kolumbiens beanspruchen für sich, für die Demokratie einzustehen und fordern die Veröffentlichung der Ergebnisse der Wahlbehörde CNE. Aber sie sollten wissen, dass die CNE vollständig von Maduros Handlangern kontrolliert wird.

Maduro sehnt sich zumindest nach dem Anschein demokratischer Legitimität, den ihm die Regierung von (US-Präsident Joe) Biden gewährte, indem sie die Ölsanktionen gegen Venezuela im Gegenzug für das Versprechen einer fairen Wahl lockerte. (...) Aber Maduro und Kuba ließen (US-Außenminister Antony) Blinken und Biden naiv aussehen.

Werden die USA jetzt mehr tun (...)? Werden sie die Ölsanktionen wieder einführen und insbesondere Sanktionen gegen Einzelpersonen des Regimes verhängen, die Wahlbetrug begehen? Das venezolanische Volk hat seinen Mut bewiesen (...). Das Mindeste, was sie verdienen, ist, dass der Präsident der Vereinigten Staaten in ihrem Namen spricht und handelt.»


«La Vanguardia»: Erste große Herausforderung für Starmer

MADRID: Zu den Krawallen extremer Rechter in Großbritannien schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Dienstag:

«Das Vereinigte Königreich erlebt derzeit die schlimmste Krise der öffentlichen Ordnung seit den Unruhen in Tottenham 2011. (...) Am Montag voriger Woche hat ein verstörter Teenager, der in Wales als Sohn ruandischer Eltern geboren wurde, in einem Tanz-Workshop in Southport im Westen des Landes mehrere Mädchen unter zehn Jahren niedergestochen und drei getötet (...) Das Verbrechen ist abscheulich und von extremer Niedertracht. Doch es ist empörend, wie berüchtigte rechtsextreme Hetzer die sozialen Medien missbraucht haben, um diese Tat fälschlicherweise als direkte Folge illegaler Einwanderung darzustellen. Sie haben dadurch extremistische Hooligans angestachelt, ihren Hass auf gefährliche Weise zum Ausdruck zu bringen. Dieses Verhalten ist inakzeptabel und niederträchtig. (...)

Die Regierung (von Premierminister Keir) Starmer muss mit aller Entschlossenheit reagieren, die Unruhestifter festnehmen und bestrafen und den Frieden auf den Straßen wiederherstellen. Dies ist ihre erste große Herausforderung. Sie darf sich nicht mit einer unvollständigen Lösung zufriedengeben, die einer Wiederholung Vorschub leisten könnte.»


«The Irish Times»: Zentralbanken vor einem Dilemma

DUBLIN: Die in Dublin erscheinende «Irish Times» beschäftigt sich am Dienstag mit möglichen Folgen der Börsenturbulenzen für die Zinsentscheidungen der Zentralbanken:

«Die jüngsten Marktturbulenzen könnten die Wetten auf eine baldige Senkung der internationalen Kreditkosten ansteigen lassen, doch die Aussichten bleiben ungewiss. Das Dilemma der Zentralbanken besteht darin, dass die Inflation nur langsam auf das Zielniveau sinkt, während das Wirtschaftswachstum in Europa schwach ist und auch in den USA die Aussichten mit Risiken behaftet sind.

Die amerikanische Notenbank Fed muss dies bei ihren Entscheidungen berücksichtigen, wobei die US-Arbeitsmarktdaten vom vergangenen Freitag die Angst vor einer Rezession wieder aufleben ließen. Wenn diese Befürchtungen zunehmen, wird die Fed unter Druck geraten, die Zinsen schneller zu senken. (...)

Es ist richtig, wenn die Zentralbanken die Zinssätze vorsichtig senken. Die Inflation ist zwar nicht so weit oder so schnell zurückgegangen wie erhofft, aber der Preisdruck hat dennoch deutlich nachgelassen. Der Abwärtstrend bei den Zinssätzen wird sich fortsetzen, aber das Tempo wird ungewiss und ungleichmäßig sein.»


«NZZ»: Für Kurskorrekturen gibt es Gründe

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Dienstag die weltweite Talfahrt der Aktienmärkte:

«Für weitere Korrekturen gibt es Gründe. Bis heute ist nicht wirklich ersichtlich, wie sich die Tech-Euphorie schnell in Produktivitäts- und Ertragssprüngen von Firmen niederschlagen soll. (.)

Überfällig ist somit eine Kurskorrektur der vor allem im Tech-Bereich überschäumenden Euphorie. Auch scheinen eher verhaltene Wachstumsaussichten realistisch. Das heißt jedoch nicht, dass sich das Geschehen deswegen zwingend zu einem eigentlichen Crash auswachsen muss. Das wird davon abhängen, wie stark das unter den Anlegern dominierende Narrativ nun kippt.

Die vielerorts als Auslöser angeführte Interpretation der letzten US-Arbeitsmarktdaten wirkt übersteigert und begründet keine schwere Eintrübung der Erwartungen. Doch sollte die Mehrheit der Anleger plötzlich davon ausgehen, dass die USA und mit ihr die Weltwirtschaft in eine Rezession kippen werden, könnte das zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden. »


«Corriere della Sera»: Hisbollah muss Angriff sehr genau abwägen

MAILAND: Zu den möglichen Konsequenzen eines gemeinsamen Angriffs mit dem Iran auf Israel für den Libanon schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Dienstag:

«Wie viel sind der Iran und seine Verbündeten bereit zu zahlen, um die Demütigung der gezielten Tötung von Ismail Hanija und all der anderen Kommandeure, die von Israel getötet wurden, wegzuwaschen? (...) Zwischen dem Für und Wider, das man in Teheran und Beirut in Erwägung zieht, gibt es jedoch zwei sichere Faktoren: Der Iran und die Hisbollah verfügen über ein Arsenal, das Israel direkt in seinen Städten ernsthaft verletzen könnte, aber gleichzeitig wissen sowohl der Iran als auch insbesondere der Libanon, dass sie unter einer solchen Wut von Rachebomben leiden würden, die sie für Jahre in die Knie zwingen würde.

Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah behauptet, die verlorenen Menschenleben an der Grenze zu Israel seien ein notwendiger Preis. (...) Doch je länger die Kämpfe andauern, je mehr Kommandeure sterben, je mehr Investoren und Touristen fliehen, desto mehr schwindet das politische Kapital der Hisbollah. (...) Die Hisbollah kann Israel angreifen. Doch Nasrallah muss auch wissen, dass alle, die vor ihm versucht haben, Israel anzugreifen, gescheitert sind: von Ägypten bis Syrien, vom Irak bis Jordanien. Dies könnte ihn 20 Jahre politisches Wachstum und Einfluss innerhalb des Libanon kosten. Ist Nasrallah wirklich so arrogant?»

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