Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Handelsblatt» zu deutsche Wirtschaft schrumpft

Die Verunsicherung im Land ist so groß, dass Haushalte und Unternehmen aus Angst vor noch schlechteren Zeiten immer noch mehr Geld zur Seite legen, anstatt es auszugeben oder zu investieren.

Die Sparquote liegt mit fast 15 Prozent viel höher als noch vor einigen Jahren und auch als im Ausland, die Investitionen entwickeln sich miserabel. Was tun? An dieser Stelle ließe sich wieder lange über bessere Rahmenbedingungen fabulieren. Damit allein ist es aber nicht mehr getan. Um das Vertrauen der Konsumentinnen und Unternehmen zurückzugewinnen, braucht es nicht weniger als eine gemeinsame Erzählung. Eine Idee, die den Leuten vermittelt: Ihr braucht euch nicht vor noch schlechteren Zeiten zu fürchten, wir sorgen dafür, dass bessere kommen. Das damit verbundene Reformpaket müsste diese gemeinsame Erzählung tragen, was nur funktionieren würde, wenn es den Verantwortlichen politisch wehtut - so wie Gerhard Schröders «Agenda 2010».


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu amerikanische Raketen in Deutschland

Das alte Argumentationsmuster, wonach man sich mehr vor amerikanischen Raketen in Deutschland fürchten müsse als vor den russischen, die jetzt schon auf Deutschland zielen, hat zumindest im Westen der Republik an Wirkung verloren, seit Putin in der Ukraine die letzte Maske fallen ließ.

Sogar die Grünen, die Kinder der Friedensbewegung sind, verstehen inzwischen, wie wichtig es ist, den Kreml verlässlich von Aggressionen abschrecken zu können. Für die Erhaltung des "Gleichgewichts des Schreckens" werden auch die in Rede stehenden Raketen benötigt. Der Kanzler hätte das ausführlicher erklären müssen. Im Fall von Mützenich und Co. wäre das zwar vergebliche Liebesmüh gewesen. Aber es gibt auch noch ein paar Millionen andere Deutsche, die bei Scholz Führung bestellt hatten.


«Stuttgarter Zeitung» zu Wahlrechtsreform

Der Bundestag wird künftig auf eine feste Größe von 630 Mandatsträger begrenzt - über 100 weniger als derzeit.

Damit hat die Ampel erreicht, was einer unionsgeführten Bundesregierung 15 Jahre lang nicht gelang. Das kleinere Parlament wird den Steuerzahler weniger kosten, es kann auch effektiver arbeiten als das bisherige Riesenparlament. Tatsächlich ist das einer der größten politischen Erfolge der an Erfolgen armen Ampel überhaupt. Nur in einem Punkt hat Karlsruhe den Bedenken der Union Rechnung getragen. Und auch das ist gut so. Der geplante Wegfall der Grundmandatsklausel hätte bedeuten können, dass die CSU trotz Siegen in fast allen ihren bayerischen Wahlkreisen aus dem Bundestag gefallen wäre, wenn sie bundesweit unter der 5-Prozent-Hürde geblieben wäre. Dieser hastig in letzter Minuten eingebrachte Zusatzpunkt der Reform war tatsächlich ein politisches Foulspiel.


«Rzeczpospolita»: Maduros Wortbruch ein Problem für die USA

WARSCHAU: Zu dem Wahlsieg, den Machthaber Nicolás Maduro in Venezuela für sich reklamiert, schreibt die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Dienstag:

«Ein Sturz des jetzigen Regimes und die Rückkehr demokratischer Institutionen, darunter unabhängiger Gerichte, unter (Oppositionskandidat Eduardo) González würde es erlauben, die Sanktionen aufzuheben. Das würde zu einem Rückgang des Weltölpreises führen. Venezuela hat geostrategische Bedeutung gewonnen nach dem Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine. Für Moskau und Peking ist es ein bequemes Werkzeug, um Druck auf Washington auszuüben. Drei US-Administrationen nacheinander haben scharfe Sanktionen gegen Venezuela unterhalten. Doch bei Geheimgesprächen in Katar haben Gesandte von Joe Biden zugestanden, einen Teil der Restriktionen für sechs Monate außer Kraft zu setzen, wenn Maduro dafür wirkliche Wahlen durchführt. Sein Wortbruch stellt das Weiße Haus nun vor Probleme.»


«Politiken»: Venezuelas Zusammenbruch kann Trump zur Macht verhelfen

KOPENHAGEN: Die liberale dänische Tageszeitung «Politiken» kommentiert die Präsidentenwahl in Venezuela:

«Die Präsidentenwahl am Sonntag in Venezuela ist bislang so verlaufen, wie man es befürchten konnte: Begleitet von Vorwürfen, massiv Wahlbetrug betrieben zu haben, hat sich Nicolás Maduro, der seit elf Jahren an der Macht ist, zum Sieger einer Wahl erklärt, die von Anfang an zweifelhaft war. Maduro hat in seiner Amtszeit alles dafür getan, das Fundament eines modernen Rechtsstaates zu untergraben - von der Pressefreiheit bis hin zur Unabhängigkeit der Gerichte.

Obwohl es der venezolanischen Wirtschaft zuletzt wieder etwas besser ging, handelt es sich dort noch immer um den größten wirtschaftlichen Zusammenbruch der vergangenen 50 Jahre, der nicht von einem Krieg verursacht wurde. Und das in dem Land mit den größten Ölvorkommen. Fast acht Millionen Menschen - ein Viertel der Bevölkerung Venezuelas - haben die Hoffnung auf Veränderung aufgegeben und das Land verlassen.

Die allermeisten sind in andere lateinamerikanische Länder oder in die Karibik gezogen. Andere sind in die USA ausgewandert und es wird erwartet, dass ihnen nun noch mehr Menschen folgen werden. Damit werden Donald Trumps Republikaner noch mehr Futter für ihre Vorwürfe gegen Präsident Joe Biden und nicht zuletzt Kamala Harris bekommen, die als Vizepräsidentin einen Teil der Verantwortung dafür trug, die Migration aus dem Süden in die USA zu begrenzen.

Somit hat die Wahl in Venezuela auch eine globale Komponente, falls sie unglücklicherweise Donald Trump hilft, zurück an die Macht zu kommen. Maduro ist also nicht nur Venezuelas Problem.»


«Washington Post»: Jetzt ist die Stunde des Wandels in Venezuela

WASHINGTON: Zur Präsidentenwahl in Venezuela schreibt die «Washington Post»:

«Die jahrelange Krise in Venezuela ist jetzt auf ihrem Höhepunkt angelangt. Dringendes Handeln der USA und Demokratien auf der ganzen Welt sind jetzt gefordert. (...) Dieser offensichtliche Versuch des Wahldiebstahls darf nicht geduldet werden.

Jetzt ist die goldene Stunde des demokratischen Wandels: der Moment, nachdem die Stimmen abgegeben sind, und bevor sich der Diebstahl des Wahlergebnisses gefestigt hat. (...) Die USA und jede Nation, die den Wahlkampf, die Rechtsstaatlichkeit und demokratische Machtwechsel wertschätzen, sind verpflichtet, die Opposition als die wirklichen Sieger anzuerkennen, und von (Amtsinhaber Nicolás) Maduro zu verlangen, dass er sich dem Willen des Volkes beugt.»


«Pravda»: An Venezuelas Misere sind nicht nur USA schuld

BRATISLAVA: Die slowakische Tageszeitung «Pravda» zur Wahl in Venezuela mit Bezug auf einen historischen Hintergrund:

«Lateinamerika gedenkt dieses Jahr 200 Jahre Verkündung der Monroe-Doktrin. Aus den spanischen Kolonien wurden selbstständige Republiken, und 1824 entschieden die USA, dass sie Europa keinen neuen Kolonialismus erlauben würden. Lieber übernahmen sie diese Aufgabe selbst und machen seit Ende des 19. Jahrhunderts alles dafür, dass das auch so bleibt. Diese historische Beschreibung des ungleichen Verhältnisses erwähnt Präsident Nicolás Maduro gerne. (...) Die Monroe-Doktrin gilt noch immer. Nur wurde das Recht auf direkte militärische Intervention in Fällen wie Venezuela durch das Recht auf Wirtschaftssanktionen der Großmacht ersetzt.

Abgesehen vom argentinischen Präsidenten Javier Milei, der zum Einsatz der Armee gegen Maduro aufrief, wünscht wohl niemand ein Blutvergießen, das venezolanische Erdöl scheint aber dennoch ein viel zu verlockender Handelsartikel zu sein, um das Entscheidungsrecht darüber nur in den Händen Venezuelas zu lassen. (...) Die heutigen Probleme Maduros bestehen aber nicht nur im ungleichen Verhältnis zu den USA. Im Bemühen um eine unabhängige Politik hat (schon sein Vorgänger Hugo) Chavez zu sehr auf eine Öl-"Monokultur" gesetzt, die sich als nicht nachhaltig erwies. Die riesige Zahl an Menschen hat Venezuela nicht deshalb verlassen, weil sie fremden Interessen dienen will, sondern weil sie einfach nichts mehr zum Leben hat.»


«de Volkskrant»: Maduros repressives Regime hat wenige Freunde

AMSTERDAM: Zur Präsidentenwahl in Venezuela heißt es am Dienstag in der niederländischen Zeitung «de Volkskrant»:

«Es ist keine Überraschung, dass Maduro sich selbst zum Wahlsieger erklärt hat. Er ist immer noch der mächtige Führer eines allgegenwärtigen repressiven Staatsapparats, auch wenn sich die meisten Venezolaner nach Veränderungen sehnen. Die Frage ist, wie weit Maduro den Bogen noch überspannen kann.

Der linke chilenische Präsident Gabriel Boric sprach am Sonntagabend auf X als einer der ersten Staats- und Regierungschefs aus, was viele dachten: «Diese Ergebnisse sind schwer zu glauben.» Auch in anderen Ländern der Region wurde Misstrauen laut. Brasilien, Kolumbien, die USA - sie alle forderten Beweise für Maduros dreiste Behauptung. (...)

Internationale Vermittlung zwischen dem Regime und der Opposition hatte dazu geführt, dass die Wahlen am Sonntag abgehalten und die Sanktionen der USA (vorübergehend) aufgehoben wurden. Doch nun bleibt Venezuela wieder einmal nur der kleine Klub von Verbündeten: Kuba, Nicaragua, Bolivien, Russland und China.»


«Tages-Anzeiger»: Wahlen in Venezuela offensichtlich manipuliert

ZÜRICH: Zur Präsidentenwahl in Venezuela heißt es am Dienstag im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Kaum jemand hat damit gerechnet, dass die Wahlen in Venezuela fair und frei ablaufen würden. Die dreiste Art, mit welcher sich Nicolás Maduro gegen den Volkswillen an die Macht klammert, übertrifft aber alle Befürchtungen. (.)

Tatsächlich wurde das Wahlresultat offensichtlich manipuliert. Sowohl die Umfragen am Sonntag als auch die ersten veröffentlichten Resultate einzelner Wahllokale zeigten einen klaren Sieg des oppositionellen Kandidaten Edmundo González. Demnach hat González etwa doppelt so viele Stimmen erhalten wie Maduro. (.)

Wie geht es weiter? Wichtig ist, dass ausländische Staaten die Wahl nicht anerkennen und eine manuelle Nachzählung verlangen. Kommt Maduro mit dem Betrug durch, hätte das auch über die Landesgrenzen hinaus Folgen. Die desaströse Wirtschaftslage könnte weitere Millionen Menschen zur Flucht ins Ausland zwingen. Unter Maduro florieren einzig illegale Geschäfte, Venezuela hat sich zu einem wichtigen Transitland für den internationalen Drogenhandel entwickelt. Das sozialistische Regime ist zudem ein Vorbild für andere autokratische Staaten in Lateinamerika wie Kuba und Nicaragua. Nur wenn Venezuelas Opposition an die Macht kommt, wird die Demokratie in der Region gestärkt.»


«NZZ»: In Venezuela deutet alles auf Wahlfälschung hin

ZÜRICH: Bei der Präsidentenwahl in Venezuela ist der autoritäre Staatschef Nicolás Maduro erneut zum Sieger erklärt worden. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Alles deutet darauf hin, dass Venezuelas Regime die Wahlen gefälscht hat. Wieder einmal. Es ist unwahrscheinlich, dass die Mehrheit der Venezolaner für den Machthaber Nicolás Maduro gestimmt hat. Die Manöver der Wahlbehörde nach Schließung der Wahllokale deuten darauf hin. Venezuela hat ein modernes elektronisches Wahlsystem, das angeblich wegen eines Hackerangriffs ausgeschaltet wurde. Doch auch unabhängige Nachwahlerhebungen ergaben, dass deutlich weniger für Maduro gestimmt haben als für die Opposition.

Das ist bitter für die Opposition und all jene, die seit Jahren auf einen Rücktritt Maduros gehofft hatten, um einen demokratischen und wirtschaftlichen Wandel in dem sechstgrößten Staat Lateinamerikas nach Bevölkerung und Fläche zu ermöglichen. Die Opposition hat sich zuletzt einer Siegesgewissheit hingegeben, doch Maduro hat wohl nie an Rücktritt gedacht. (.) Dennoch war es richtig, dass die erstmals geeint auftretende Opposition einen mutigen Wahlkampf geführt hat. Jetzt kann keiner mehr behaupten, Maduros Regime sei demokratisch gewählt.»

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