«Berliner Morgenpost» zu maroden Gebäuden der TU
Ohne die vielen Tüftler, Forscher, Jungunternehmer und Talente würde es den Wirtschaftsaufschwung, den Berlin in den vergangenen Jahren erlebt hat, nicht geben.
Die Technische Universität leistet den größten Beitrag. Was die Zahl der aus der Hochschule heraus gegründeten Unternehmen angeht, liegt sie auf Platz zwei in Deutschland. Umso skandalöser, wie dieser Senat ebenso wie seine Vorgänger zusieht, wie wichtige Gebäude vergammeln und die TU-Präsidentin ernsthaft über eine Einschränkung des Forschungs- und Lehrbetriebes nachdenken muss. Darum muss sich die Koalition schnellstens durchringen, für dringende Sanierungsvorhaben auch privates Geld zu akquirieren. Welche Spitzenwissenschaftlerin will schon in einer Bruchbude forschen? Und welcher Student in notdürftigen Räumen lernen? Wenn nicht schnell etwas passiert, nimmt Berlins Wissenschaft und in der Folge auch seine Wirtschaft schweren Schaden.
«Stuttgarter Zeitung» zu EU-Reise nach Kiew
Es ist ein wichtiges Zeichen, dass sich die EU-Außenminister nun in Kiew treffen und ihre Solidarität mit der Ukraine beweisen.
Diese Unterstützung darf am Ende aber nicht nur aus Worten bestehen. Will die Ukraine diesen Krieg für sich entscheiden, braucht sie in den kommenden Monaten mehr Raketen und auch Kampfjets. Zentral für die Unterstützung der Ukraine ist, dass die EU weiter geschlossen handelt. Deshalb ist es ein Alarmsignal, wenn aus dem wichtigen Nachbarland Polen nur der Vizeaußenminister nach Kiew anreist.
«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Warnzeichen aus Amerika
Dass die amerikanische Ukrainehilfe in den vergangenen Tagen zum Spielball eines Machtkampfs in der Republikanischen Partei wurde, kommt nicht überraschend, ist aber ein Hinweis auf ein Problem, das weit über den laufenden Haushaltsstreit auf dem Kapitol hinausgeht.
Die westliche Unterstützung der Ukraine beruhte von Anfang an auf amerikanischer Führung. Die Europäer waren militärisch zu schwach, um Kiew allein gegen den russischen Überfall zu stützen. Wenn einzelne EU-Länder aus der Ukraine-Allianz ausscheren, wie bisher Ungarn und nun womöglich die Slowakei, dann kann das vor allem in Brüssel Sand ins Getriebe streuen. Wirklich kritisch würde es für die Ukraine aber erst, sollte Amerika seine Militärhilfe einstellen.(...).
«Neatkariga Rita Avize»: Russland setzt auf strategisches Abwarten
RIGA: Die lettische Tageszeitung «Neatkariga Rita Avize» beschäftigt sich am Dienstag mit der Lage im benachbarten Russland und dessen Vorgehen im Ukraine-Krieg:
«In Russland ist Panik durch Entspannung ersetzt worden. Während der Krieg sich hinzieht und kein Ende in Sicht ist, gewinnt die Schlacht an der Informationsfront immer mehr an Bedeutung. Und hier gelingt es Russland, die mangelnden Erfolge auf dem Schlachtfeld weitgehend zu kompensieren. Wir können nur vermuten, welche Ressourcen Russland für Propaganda und die Rekrutierung einflussreicher Leute ausgibt. Doch allein die Tatsache, dass Russland in dieser Hinsicht über nahezu unbegrenzte Ressourcen verfügt, sollte immer im Hinterkopf behalten werden, wenn man über russische Agenten und «nützliche Idioten» in anderen Teilen der Welt und zu Hause spricht.
Wenn man die «großen» und «kleinen» Erzählungen der Kreml-Propaganda betrachtet, kommt man nicht umhin, einen deutlichen Rückgang der Panikgefühle zu bemerken. Die lang erwartete Gegenoffensive der Ukraine war zwar teils erfolgreich. Die Front ist aber nicht zusammengebrochen, was im Frühjahr eine große Sorge war - und worauf der tote Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hingewiesen hat. Russlands Armee hat (...) einige Erfahrungen gesammelt und wiederholt nicht mehr die Fehler, die sie anfangs gemacht hat.
Auch die russische Wirtschaft hat überlebt und ein weites Netzwerk von Parallelimporten und -exporten geschaffen, durch das die verhängten Sanktionen umgangen werden. Der neue strategische Plan ist einfach: Sitzen und abwarten, bis «unsere Leute» in verschiedenen Ländern Machtpositionen einnehmen. In Ungarn und der Slowakei ist das schon geschehen.»
«de Volkskrant»: In der Slowakei gibt es auch Grund zur Hoffnung
AMSTERDAM: Zum Wahlsieg des Populisten Robert Fico in der Slowakei meint die niederländische Zeitung «de Volkskrant» am Dienstag:
«Mit Fico an der Seite von (Ungarns Ministerpräsident) Orban wird der antieuropäische Block im Herzen des Kontinents größer. Wenn zudem Polen in zwei Wochen erneut rechts wählt, kann Brüssel sich auf Schwierigkeiten gefasst machen.
Neben solchen Befürchtungen gibt es aber auch Grund zur Hoffnung. Die pro-europäische Partei Progressive Slowakei (PS) erhielt am Sonntag 18 Prozent der Stimmen und wurde damit auf Anhieb zur zweitstärksten Kraft des Landes. Ihre Wähler, die zumeist der jüngeren Generation angehören, blicken lieber in die Zukunft als in die Vergangenheit und sehen ihre Werte eher in den Möglichkeiten und Freiheiten der EU widergespiegelt als in der kommunistisch-autoritären Vergangenheit. Aber vorerst sind sie noch nicht an der Reihe. Kurzfristig ist zu hoffen, dass Fico, ganz patriotisch, erkennt, wie sehr sein Land von Europa und einer funktionierenden Demokratie profitiert.»
«Hospodarske noviny»: Wachsendes Misstrauen in der Slowakei
PRAG: Nach dem Sieg der linken Smer-Partei des umstrittenen Ex-Ministerpräsidenten Robert Fico bei der Parlamentswahl in der Slowakei schreibt die Zeitung «Hospodarske noviny» aus Tschechien am Dienstag:
«Nicht nur liberale Politiker, sondern auch Soziologen haben nach der Wahl in der Slowakei vom Wochenende Grund zur Depression: Die Nachwahlbefragungen haben total versagt. Der Unterschied zwischen dem, was die Menschen beim Verlassen der Wahllokale den Meinungsforschern sagten, und dem tatsächlichen Wahlergebnis war immens. (...) Tatsächlich holte die populistische Smer-Partei von Robert Fico knapp 23 Prozent der Stimmen und siegte über die Liberalen. (...) Der Misserfolg der slowakischen «exit polls» offenbart eine tiefere Erkenntnis: In der dortigen Gesellschaft gibt es sehr viele Menschen, die ihre Überzeugungen nicht offenlegen wollen. Und es werden immer mehr. Sie sind dem «System» gegenüber misstrauisch. Ihre Geheimniskrämerei halten sie für Widerstand. Populistische und extremistische Politiker befördern dieses Gefühl noch nach Kräften.»
«Le Monde»: Prorussische Strömungen gefährden Ukrainehilfe
PARIS: Zum Ergebnis der Wahlen in der Slowakei und der Abstimmung des US-Kongresses, der einen Übergangshaushalt ohne Gelder für die Ukraine vorsieht, schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Dienstag:
« (...) Die Wahlergebnisse in der Slowakei (...) und die Abstimmung im US-Kongress am Vortag (...) sind eine Warnung davor, den von Russland gegen die Ukraine geführten Krieg für innenpolitische Zwecke zu instrumentalisieren. In Bratislava, bisher ein starker Verbündeter Kiews, verspricht der Umschwung deutlich zu werden. (...) Der vom zukünftigen Regierungschef Robert Fico gepflegte Nationalpopulismus (...) stuft ihn eindeutig als prorussisch ein. (...) Das Aufkommen dieser Strömung könnte das europäische Engagement an der Seite der Ukraine belasten. (...)
Wie in der Slowakei ist das Votum des US-Kongresses noch nicht das Spiegelbild einer Grundströmung. (...) Die Zustimmung zu einer längeren Unterstützung der Ukraine setzt eine unermüdliche Aufklärung voraus. Durch die Erinnerung an die notwendige Achtung der territorialen Integrität und der Grenzen, aber auch durch eine Warnung. Die Unterstützung Kiews soll auch verhindern, dass die brutalste Gewalt zur einzigen Spielregel zwischen den Nationen wird.»
«Correio da Manhã»: Kriegsermüdung im Westen
LISSABON: Zum Treffen der EU-Außenminister in Kiew nach dem Wahlsieg des pro-russischen Linksnationalisten Robert Fico in der Slowakei und der Blockade der Ukraine-Hilfe in den USA schreibt die portugiesische Zeitung «Correio da Manhã» am Dienstag:
«Die Kämpfe (in der Ukraine) ziehen sich in die Länge. Jeder Quadratkilometer Vormarsch kostet Schweiß, Tränen und Menschenleben - sowie einen enormen finanziellen Aufwand für Waffen. Die Verlängerung des Krieges ermüdet zudem die Bürger der verbündeten Länder (...) Die Ermüdung macht sich im Westen bereits deutlich bemerkbar. In den USA erzwingt die Republikanische Partei eine Einstellung der finanziellen und militärischen Unterstützung. Doch der schlimmste Schlag, den die Ukraine einstecken musste, ereignete sich mitten in Europa mit dem Sieg einer pro-russischen Partei bei den Wahlen in der Slowakei.
Die Europäische Union reagierte auf den Schock mit einem Treffen der Außenminister in Kiew. Eine wichtige symbolische Unterstützung, aber das war es auch schon. Vielleicht ist es an der Zeit, über Verhandlungen über einen Friedensplan nachzudenken. (...) Politik und Diplomatie sind der beste Weg, um den Krieg zu beenden. Kompromisse werden auf beiden Seiten nötig sein. Europa muss der Ukraine bei der Verteidigung helfen, aber es darf nicht die Eroberung von Territorium auf der Krim finanzieren, denn das heizt den Krieg nur an.»
«Financial Times»: Ukrainer brauchen Gewissheit
LONDON: Zur Unterstützung des Westens für die Ukraine meint die Londoner «Financial Times» am Dienstag:
«Um die stark befestigten russischen Linien zu durchbrechen und Gebiete zurückzuerobern, muss die Ukraine mit den notwendigen Mitteln ausgestattet werden - einschließlich F16-Kampfjets und Langstreckenraketen. Das ukrainische Militär muss modernisiert und stärker auf Nato-Standardwaffen umgestellt werden. Die westliche Ausbildung der Truppen sollte gründlicher und umfassender sein, aber mehr auf die von den Ukrainern bevorzugte Taktik zugeschnitten werden.
Die Ukrainer brauchen auch die Gewissheit, dass ihr Land eine gesicherte Zukunft in den euro-atlantischen Institutionen hat. Der Nato-Gipfel im Juli endete mit einer peinlichen Fehlleistung. Auf dem EU-Gipfel im Dezember sollte jedoch die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Kiew zugesagt werden - vorausgesetzt, die Ukraine erfüllt die vereinbarten Ziele in Bezug auf Reformen und Korruptionsbekämpfung.
In Zeiten hoher Lebenshaltungskosten fällt es populistischen Parteien leicht, darauf zu pochen, dass Ausgaben für inländische Belange Priorität haben. Doch Kiews Unterstützer haben ein starkes Argument, das sie lautstark verbreiten sollten: Die Kosten für die Unterstützung des ukrainischen Kampfes sind winzig im Vergleich zu den Kosten, die entstehen, wenn man Putins Russland die Vorherrschaft überlässt.»
«NZZ»: Prorussische Rhetorik wirkt wie Gift
ZÜRICH: Zum Wahlsieg des Linkspopulisten Robert Fico in der Slowakei meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:
«Fakt ist, dass keine Regierung in Europa derzeit wirkliche Rezepte zur Bekämpfung der multiplen Krisen der letzten Jahre hat. Dies ebnet den Weg für Scheinlösungen: Politiker wie Fico und (der ungarische Ministerpräsident) Orban reden den Menschen ein, es werde wieder alles wie früher, wenn der Westen nur mehr Rücksicht nehme auf Russland. Die aus Moskau drohende Gefahr lässt sich so kurzfristig verdrängen, aber der nationale Sonderweg eines Kleinstaats in gefährlicher Nachbarschaft führt in die Schutzlosigkeit. Als Weg des geringsten Widerstands könnte diese Taktik dennoch Schule machen. Das ist die ernüchternde Lehre der slowakischen Wahl. Gefährlich ist die Janusköpfigkeit dieser Politik allemal: Die prorussische Rhetorik wirkt wie Gift auf die westliche Einheitsfront, und sie macht Hilfe für die Ukraine immer schwieriger vertretbar, je länger sich der Konflikt hinzieht.»
«Dagens Nyheter»: Wahl in Polen kann Einigkeit in der EU gefährden
STOCKHOLM: Die liberale schwedische Tageszeitung «Dagens Nyheter» (Stockholm) kommentiert am Dienstag die bevorstehende Parlamentswahl in Polen:
«Das meiste deutet darauf hin, dass die radikale Regierung in Warschau ihre Machtposition festigen wird, und man sollte die Folgen davon nicht unterschätzen. Auf nationaler Ebene dürfte der Abbau der Demokratie weitergehen. Regional wächst eine Art semi-autoritäres Machtzentrum rund um Ungarn, Polen und die Slowakei heran, das klare Verbindungen zu nationalpopulistischen Kräften in Westeuropa hat. Diplomaten in Brüssel sprechen von einer strategischen Allianz, die die EU-Zusammenarbeit lahmlegen und im schlimmsten Fall die Möglichkeiten beschränken könnte, die Verteidigungsbemühungen in der Ukraine zu unterstützen.
Eine solche Entwicklung wäre noch vor knapp einem Jahr kaum vorstellbar gewesen. Derzeit befinden sich Warschau und Kiew aber in einer offenen Verbalfehde. Vielleicht ist das Wahltaktik. Vielleicht signalisiert es eine umfassendere strategische Neuausrichtung der polnischen Außenpolitik. Auf jeden Fall sollte man das sehr ernst nehmen.»