Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zur Zukunft des 49-EUR-Tickets

Wenn es schlecht läuft, könnte das Deutschlandticket schon bald wieder Geschichte sein.

So weit darf es auf keinen Fall kommen. Die Politik hat ein erfolgreiches Angebot auf den Weg gebracht, das sie jetzt auch dauerhaft absichern muss.


«Stuttgarter Zeitung» zur Debatte um Verschärfung des Ausländerrechts

Man muss ja nicht gleich radikal sein, um sich der Forderung anzuschließen, dass straffällige Flüchtlinge ihr Bleiberecht verlieren können.

Man muss auf der anderen Seite nicht das Ende aller Menschlichkeit herbeireden, wenn bestehende Standards auf den Prüfstand kommen. Aber man muss in sachlicher Weise Fakten benennen. Man muss sagen, wie Maßnahmen umgesetzt werden könnten, und auch, dass internationale Vereinbarungen, wie die Genfer Konventionen, manch einem Stammtischwunsch entgegen stehen. Und wenn man an diesen international anerkannten Standards rütteln will, dann muss man das auch klar sagen - mit allen Konsequenzen.


«Handelsblatt» zur Netzsicherheit

Auch interne Untersuchungen der Unternehmen hätten zu dem Schluss kommen können, dass Ausrüster aus der Volksrepublik ein Sicherheitsrisiko für Deutschlands Netze darstellen.

Dennoch stellten sie wirtschaftliche Überlegungen vor die Sicherheit der Netze. Dass die Betreiber nun die Hand aufhalten und die Bundesregierung mit Drohungen überziehen, dass der Netzausbau verzögert wird und gar Schadensersatzklagen vorbereiten, ist vor diesem Hintergrund mindestens irritierend.


«Frankfurter Rundschau» zu Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen

Die Industriestaaten müssten endlich ihr Versprechen erfüllen, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden.

Dass die Bundesregierung die Mittel für die weltweite Entwicklungskooperation 2024 um 600 Millionen Euro - mehr als fünf Prozent - kürzen will, kratzt an Deutschlands Glaubwürdigkeit bei den Partnern im Globalen Süden. Reputation gewinnen und eine Vorreiterrolle einnehmen könnte Deutschland, wenn künftig alle Gesetzesvorhaben, Handelsvereinbarungen und Außenwirtschaftsprojekte einen Nachhaltigkeits-Check durchlaufen müssten. Denn immer noch richtet unser Konsum immense Schäden im Globalen Süden an und bremst die betroffenen Staaten dabei, die Nachhaltigkeitsziele für ihre Bevölkerung zu erreichen. So könnte aus Visionen und Versprechungen Politik werden.


«Münchner Merkur» zu Faeser

So regiert man an den Menschen vorbei: Auf dem Höhepunkt der zweiten Migrationskrise zieht Bundesinnenministerin Faeser mit der Forderung nach einem Wahlrecht für Flüchtlinge in den Hessen-Wahlkampf.

Für die Ampel-Ministerin, von der die Bürger eigentlich erwarten, dass sie Zuwanderung begrenzt und Willkommensanreize reduziert, ist das eine Themaverfehlung. Und zwar eine, die, nach dem Versagen der (Selbst-)Verteidigungsministerin Christine Lambrecht auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit, erneut Zweifel an der Regierungsfähigkeit der SPD weckt. Denn am Umgang mit der Asylpolitik, dem neben dem Ukraine-Krieg aktuell wichtigsten Aktionsfeld deutscher Politik, entscheidet sich, wem die Bürger eher zutrauen, die Probleme des Landes zu lösen. Den etablierten Parteien. Oder doch den Rechtspopulisten. Was muss eigentlich noch geschehen, damit der durch die Zeitenwende schlafwandelnde Kanzler aufwacht?.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu Aserbaidschan beschießt Nagornyj Karabach

Aserbaidschans Herrscher Ilham Alijew hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er ganz Nagornyj Karabach beansprucht.

(.) Für die Armenier, die auch heute noch tief vom Trauma des Völkermords geprägt sind, bedeutet das nichts Gutes: Sie können sich großer Sympathie aus aller Welt sicher sein, haben aber nichts zu bieten, das sich im Streit der Interessen nutzen ließe. (.) Der Westen muss zeigen, dass er trotz aller Abhängigkeit von Bakus Gas Druck ausüben kann und will. Denn die Sorgen der Armenier vor ethnischen Säuberungen sind begründet. Nach Jahrzehnten des Konflikts ist nicht nur die Rhetorik der Kriegsparteien verroht. Alijew hat diesen Hass auf Armenien stets für seine Zwecke genutzt (.). Vor allem aber hat er deutlich gemacht, dass sich seine Ansprüche nicht unbedingt auf Nagornyj Karabach beschränken.


«Trouw»: Entscheidungsfindung in der EU muss reformiert werden

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «Trouw» kommentiert am Dienstag die Debatte um die EU-Erweiterungspolitik:

«Je mehr Länder, desto schwerfälliger die Entscheidungsfindung. Deshalb müssen Verfahren reformiert werden. Das wird weh tun, denn es geht auf Kosten der Macht einzelner Mitglieder. Und die neuen Länder werden nicht die reichsten in der EU sein, was finanzielle Folgen für alle anderen haben wird.

Zudem haben Entwicklungen in Ungarn und Polen die EU traumatisiert. Dort haben autokratische Politiker unter Verletzung europäischer Werte die Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt; und die EU musste letztlich ziemlich hilflos zusehen. Es ist zu befürchten, dass mit den relativ unreifen Demokratien auf dem Balkan ein weiteres autokratisches trojanisches Pferd hereingelassen wird.

Doch diese Angst darf nicht lähmend wirken. Im Vergleich zum Jahr 2004, als Ungarn und Polen der EU beitraten, gibt es inzwischen bessere Mechanismen zum Eingreifen. Wenn die EU nicht nur ein Club sein will, der auf ängstlich behüteten Eigeninteressen beruht, sondern auch eine Wertegemeinschaft, die auf der Weltbühne eine selbstbewusste Rolle spielt, sollte sie sich nicht einigeln, sondern es gelegentlich wagen, eigene Ängste zu überwinden.»


«Corriere della Sera»: Putin setzt auf Erschöpfung des Westens

ROM: Zu den möglichen Folgen einer ukrainischen Niederlage im Krieg gegen Russland schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» am Dienstag:

«(Russlands Präsident Wladimir) Putin hat die Ukraine nicht auf die Schnelle erobern können, sondern auf einen Stellungskrieg umschwenken müssen. Jetzt setzt er auf die Erschöpfung des Westens und die Unbeständigkeit unserer öffentlichen Meinungen, um die begehrte Trophäe zu erobern oder zumindest die Kontrolle über die eroberten Gebiete zu behalten.

Wenn das geschähe, stünde die westliche Welt und insbesondere Europa vor ernsten Problemen. Nicht nur wären wir Zeugen eines Dramas, weil die ukrainische Bevölkerung den Racheakten einer skrupellosen Macht ausgesetzt wäre. Auch verschöben sich die geopolitischen Kräfteverhältnisse radikal. Die Glaubwürdigkeit der Nato und der Vereinigten Staaten ginge sofort und unwiederbringlich verloren. Russland würde nur schwerlich abzuwehrenden Druck ausüben, um die europäischen Demokratien dazu zu bringen, seinen Einfluss und sein Diktat zu akzeptieren.»


«Le Monde»: Migrationspakt noch vor den Europawahlen beschließen

PARIS: Zur Migrationskrise auf Lampedusa, wo in den letzten Tagen Tausende Migranten und Migrantinnen ankamen, schreibt die französische Tageszeitung «Le Monde» am Dienstag:

«Die Präsidentin der Europäischen Kommission hat Recht, wenn sie sagt, dass «die Frage der irregulären Einwanderung eine europäische Antwort braucht». (...)

Europa kann es sich nicht mehr leisten, zu warten. Der Asyl- und Migrationspakt, der seit vier Jahren diskutiert wird, sieht eine Verteilung der Asylsuchenden auf die EU-27 oder, falls dies nicht möglich ist, einen finanziellen Beitrag vor. Dieses Paket wurde im Juni schließlich angenommen, muss aber noch final beschlossen werden. Es wäre ein starkes Zeichen vor den Europawahlen 2024 an die politischen Kräfte, die sich an der Ohnmacht der EU ergötzen und gleichzeitig «Lösungen» propagieren, die ebenso sinnlos wie inakzeptabel sind.»


«The Times»: Lösegeld für den Iran macht die Welt nicht sicherer

LONDON: Die Londoner «Times» kommentiert am Dienstag den Gefangenenaustausch zwischen dem Iran und den USA:

«Der von der Biden-Regierung gezahlte Preis ist hoch - die Freigabe von iranischen Vermögenswerten in Höhe von sechs Milliarden Dollar. Und es gibt keine andere Garantie als das Wort eines Lösegeld fordernden Regimes, dass das Geld nicht in den Taschen der zahlreichen terroristischen Stellvertretergruppen des Irans landen wird. Die US-Regierung hat der kapitalschwachen islamischen Republik einen Anreiz geboten, weiterhin in Geiseln zu investieren. (...)

Grundsätzlich ist durch US-Recht klargestellt: Keine Regierung darf eine terroristische Gruppe oder einen staatlichen Sponsor des Terrorismus bezahlen. Biden hat versucht, dies zu umgehen, indem er argumentierte, dass er beschlagnahmte iranische Vermögenswerte und nicht Geld der Steuerzahler ausgibt. Doch so erfreulich es auch ist, dass zu Unrecht Inhaftierte ihre Zellen verlassen können, so sehr entbehrt Bidens Schritt jeder geopolitischen Logik: Er macht die Welt nicht sicherer und verhindert nicht, dass vom Iran hergestellte Kamikaze-Drohnen auf Israel, Saudi-Arabien oder die Ukraine niedergehen. Und er macht das iranische Volk nicht freier.»


«Pravo»: Polen schützt seine eigenen Bauern

PRAG: Die nationalkonservative Regierung in Warschau hält an einem Importverbot für ukrainisches Getreide fest, obwohl die EU-Kommission ihre Handelsbeschränkungen auslaufen lässt. Dazu schreibt die Zeitung «Pravo» aus Tschechien am Dienstag:

«Polen lässt die Regierung in Kiew damit wissen, dass es einem künftigen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union wahrscheinlich nicht zustimmen würde - trotz aller militärischen und materiellen Unterstützung für den Kampf des Nachbarlandes gegen die russische Invasion. Der polnische Landwirtschaftsminister Robert Telus begründete dies damit, dass Polens Bauern im Konkurrenzkampf mit den Landwirten in der Ukraine niemals siegen könnten. Ungeachtet aller hochfliegenden Reden und Versprechungen ist den Menschen das Hemd näher als der Rock, das heißt, die nationalen Interessen sind wichtiger als der europäische Gemeinsinn. Wie wir nun praktisch live sehen können, ändert selbst ein Krieg daran nichts.»


«Tages-Anzeiger»: EU-Staaten müssen bei Migration zusammenarbeiten

ZÜRICH: Der Schweizer «Tages-Anzeiger» kommentiert am Dienstag das Ringen in der EU um eine neue Asyl- und Migrationspolitik:

«Nicht nur auf Lampedusa, auch in deutschen Kommunen sind die Behörden überfordert und sehen sich mit dem Unverständnis der Bevölkerung konfrontiert angesichts von Turnhallen, die von Asylbewerbern belegt sind. Alle Seiten müssten an einer Lösung interessiert sein. Die EU- und Schengen-Staaten können die Migration nur gemeinsam regeln, zumindest wenn Europa seinen Anspruch auf Humanität nicht ganz aufgeben will. Dabei müssten beide Seiten ihre festgefahrenen Positionen überdenken. (...)

Neben den grenznahen Auffanglagern für Asylbewerber mit geringer Chance auf ein Bleiberecht polarisiert neu ein Deal mit Tunesien, den Ursula von der Leyen über den Sommer zusammen mit dem Niederländer Mark Rutte und der Italienerin Giorgia Meloni eingefädelt hat.

Tunesien bekommt viel Geld für seinen Haushalt und soll im Gegenzug Boote mit Migranten daran hindern, Richtung Europa abzulegen. Im linken Spektrum hält man die Vereinbarung mit Tunesiens autoritärem Präsidenten für unmoralisch. Die EU kann sich ihre Partner in der Nachbarschaft allerdings nicht auswählen. Brüssel sollte dabei aber nicht naiv sein und das Geld nur gegen strikte Auflagen auszahlen.»


«NZZ»: Eine Außenministerin sollte diplomatisch sein

ZÜRICH: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in einem Interview des US-Senders Fox News als Diktator bezeichnet. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«In der Sache mag die deutsche Ministerin ja recht gehabt haben; Chinas Alleinherrscher Xi ist auch in der NZZ schon als Diktator bezeichnet worden. Aber eine Zeitung muss nicht diplomatisch sein, eine Außenministerin schon. Porzellan, das sie zerschlägt, müssen ihre Diplomaten zusammenkehren. Und in diesem Fall war der Schaden absehbar. China reagiert zuverlässig allergisch auf öffentliche Kritik. Die Volksrepublik ist nicht irgendein Land, zumal aus Sicht der Bundesrepublik. Sie war 2022 abermals deren mit Abstand wichtigster Handelspartner. (...)

Für Deutschlands «De-Risking» gegenüber China gibt es gute Argumente. Einen Grund, diese langfristig angelegte Strategie mit rhetorischer Kraftmeierei zu untermalen, gibt es nicht. Der Applaus, den Frau Baerbock mit ihrer Wortwahl bei Menschenrechtlern oder an der grünen Parteibasis einheimsen mag, ist das Risiko nicht wert, bei Handelsgesprächen mit Peking künftig schlechter gestellt zu werden.»


«El País»: Die Deutschen und ihr Selbstmitleid

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» befasst sich in einem Gastkommentar am Dienstag mit der Befindlichkeit der Deutschen:

«Jeder fünfte Deutsche würde heute für die extreme Rechte stimmen. Es gibt Schulen, in denen wenig Deutsch gesprochen wird, Züge, die nicht ankommen und Gehälter, die nicht mehr ausreichen, um wie ein König nach Mallorca zu fahren, aber es gibt auch viel Selbstmitleid. Die AfD ist in allen östlichen Bundesländern die zweite politische Kraft und die traditionellen Parteien raufen sich die Haare. Die Brandmauer nach rechts wankt. Es ist klar, was sie (Wähler der AfD) hassen: ökologische Wende, Einwanderung, Gleichstellung und Döner. Wenn man die Botschaften destilliert, findet man Selbstmitleid, ein als ungerecht empfundenes Leiden, das andere angeblich ignorieren.

In der AfD gibt es viele, die sich angesichts der Einwanderung an die Seite gedrängt fühlen. Deutschlands Wirtschaft scheint besonders anfällig für den Krieg in der Ukraine, die Inflation und die Probleme mit China zu sein, aber Deutschland hat auch die Fähigkeit, zu überraschen. Das Beste wäre, mit dem Jammern aufzuhören. Vielleicht ist es an der Zeit zu reden. Isolation, Verachtung und Beleidigung haben jedenfalls nicht funktioniert.»


«Washington Post»: Freikaufen von Geiseln ermutigt Schurkenstaaten

WASHINGTON: Zum Gefangenenaustausch zwischen dem Iran und den USA sowie der Freigabe eingefrorenen iranischen Vermögens von rund 6 Milliarden US-Dollar schreibt die «Washington Post»:

«Die harte Wahrheit ist, dass die Belohnung von Geiselnahmen noch mehr vom Gleichen hervorbringen wird. Schurkenstaaten lassen die Gefängnistür zufallen und warten auf die nächste Zahlung, und sie müssen fast nie Konsequenzen dafür tragen, dass sie Menschen von der Straße stehlen. Die beste Abschreckung wäre, wenn die Vereinigten Staaten und andere Länder sich weigerten, über die Freilassung solcher Geiseln zu verhandeln. Aber das hat sich als unschön für die US-Beamten erwiesen, die unausgewogene Vereinbarungen getroffen haben, um unschuldige Amerikaner aus ausländischen Zellen zu befreien. (...)

Optimisten könnten das jüngste Abkommen als Auftakt für ein Abschmelzen der Feindseligkeit zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran betrachten. Dennoch sollte es die Amerikaner auch daran erinnern, warum sie den Iran mit äußerster Vorsicht behandeln sollten. (...) (US-Präsident Joe) Biden versuchte, das Atomabkommen mit dem Iran wiederzubeleben, das Präsident Donald Trump 2018 verlassen hatte, doch die Bemühungen scheiterten (...) Ein Tauwetter könnte diese Diskussionen wiederbeleben. Aber bei jedem Schritt müssen die US-Beamten mit moralischer und praktischer Klarheit beurteilen, ob der Preis es wirklich wert ist.»

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