Zeitungen zum Geschehen am Dienstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Berliner Morgenpost» zu Verkehr

Gerade einmal vier Wochen ist die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner im Amt, da bremst die Christdemokratin das umstrittene Prestige-Projekt ihrer Grünen-Vorgängerin Bettina Jarasch aus.

Ab Juli sollen wieder Autos durch die Friedrichstraße in Berlin-Mitte fahren können. Dieser Schritt ist konsequent: Die CDU hatte im Wahlkampf die Öffnung der Friedrichstraße versprochen. Der Fehler lag in der Sperrung gegen den Willen vieler Anwohner und obwohl es kein Verkehrskonzept für den Bereich zwischen der Straße Unter den Linden, dem Gendarmenmarkt und der Leipziger Straße gab. Die Abriegelung war grüne Ideologie pur. Und die Grünen wurden bei der Wahl dafür bestraft. Vor allem in den Außenbezirken, wo viele aufs Auto angewiesen sind, wählte man CDU. Die Friedrichstraße ist eine Warnung, wie man Verkehrspolitik nicht machen darf. Da am Gendarmenmarkt im Moment gebaut wird, sollte die Senatorin nun die Zeit nutzen, um ein verträgliches Gesamtkonzept vorzulegen.


«Stuttgarter Zeitung» zu Heizungsgesetz

Die Ampelkoalition verschiebt auf Druck der FDP die Einbringung des Heizungsgesetzes in den Bundestag.

Damit ist die Verabschiedung des Vorhabens bis zum Sommer massiv gefährdet. Es mag sein, dass nach all der Aufregung um das Gesetz, nach dieser Desinformationskampagne gegen das Projekt, dem gezielten Schüren von Angst zu politischen Zwecken, ein Moment des Innehaltens nicht das Schlechteste ist. Denn wenigstens so viel ist ja wahr an der Kritik: Handwerklich sind noch eine Reihe von Fragen offen. Dennoch ist die Aufweichung des Zeitplans natürlich ein fatales Signal für die Koalition. Der Vorgang macht deutlich, dass Deutschland von einem Parteienbündnis geführt wird, bei dem die (liberale) Opposition schon eingebaut ist. Die Liberalen sind nur zu bereitwillig auf den Kampagnenzug aufgesprungen, haben die teils niederträchtige Wortwahl des Boulevards mitunter gerne übernommen und sich so sehenden Auges zu Stichwortgebern der Populisten gemacht.


«Gazeta Wyborcza»: Lukaschenkos Schwäche ist keine Chance für Belarus

WARSCHAU: Die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» befasst sich am Dienstag mit dem Gesundheitszustand des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko:

«Der belarussische Diktator hat in dem Moment Schwäche gezeigt, als er sie nicht verbergen konnte. Als er mit Gewalt zur Parade am 9. Mai nach Moskau gezogen wurde, sah er unglücklich aus. Jetzt hat die Welt gesehen, dass «der Löwe blutet». Laut Verfassung führt nach dem Tod des Machthabers die Präsidentin des Oberhauses den Staat. Diese Aufgabe würde Natalia Katschanowa zufallen. Sie müsste innerhalb von 70 Tagen Wahlen ausrufen - und könnte dabei helfen, Lukaschenkos Sohn Viktor als Nachfolger zu installieren.

Viktor, derzeit Chef des Olympischen Komitees, könnte sowohl von Moskau akzeptiert werden, das in der dynastischen Formel einen stabilisierenden Faktor sieht, als auch von den Uniformträgern, deren Chef er einst war. Für die Opposition bietet die Situation wenig Hoffnung. Diejenigen ihrer Führer, die im Land geblieben sind, sitzen hinter Gittern. Und vom Ausland aus lassen sich Demonstrationen schwer organisieren. Lukaschenko sollte nicht jetzt sterben. Er sollte lange genug leben, um vor Gericht zu landen. Und wenn er stirbt, dann erst, wenn in Russland Chaos herrscht und Putin keinen Überschuss an Schergen hat, die er nach Minsk schicken könnte.»


«Verdens Gang»: US-Schuldenstreit kann katastrophale Folgen haben

OSLO: Die norwegische Boulevardzeitung «Verdens Gang» (Oslo) kommentiert den Schuldenstreit in den USA am Dienstag:

«Ein bitteres parteipolitisches Tauziehen in den USA kann katastrophale wirtschaftliche Folgen haben. Die USA haben ihre finanziellen Verpflichtungen nie zuvor nicht erfüllt. Sollte es dazu kommen, würde das nicht nur die Amerikaner hart treffen. Es würde zu schwerwiegenden Erschütterungen auf den Finanzmärkten der Welt führen. Dann drohen Börsencrashs, noch teurere Kredite und wirtschaftliche Abschwünge. Der einzige gangbare Weg ist, dass Biden und McCarthy einen politischen Kompromiss finden. Beide stehen unter starkem Druck kompromissloser Flügel ihrer beiden Parteien. Es reicht also nicht, dass sich Biden und McCarthy einig werden. Sie müssen es auch schaffen, die Vereinbarung ihren Parteikollegen zu verkaufen.

Niemand weiß mit Sicherheit, was es bedeutet, wenn die Schuldenobergrenze nicht angehoben wird. Aber eine amerikanische Pleite ist das Letzte, was die Weltwirtschaft nach Pandemie und Krieg noch braucht.»


«The Irish Times»: China sollte Warnungen beherzigen

DUBLIN: Zum G7-Gipfel in Hiroshima meint die «Irish Times» am Dienstag:

«Während die Ukraine die Unterstützung ihrer westlichen Partner für die nächste Phase des Krieges braucht, könnten Verhandlungen über eine Friedensregelung eine breitere internationale Anstrengung erfordern. Dabei könnte China als einzige Großmacht mit Einfluss auf Russland eine entscheidende Rolle spielen und dafür sorgen, dass die Bedingungen für eine endgültige Lösung eingehalten werden.

Umso mehr ist ein Abbau der Spannungen zwischen Peking und Washington zu begrüßen. Nach dem Gipfel versprach US-Präsident Joe Biden ein baldiges Tauwetter in den bilateralen Beziehungen. Die G7-Staats- und Regierungschefs lehnten in ihrem Kommuniqué eine wirtschaftliche Entkopplung von China ab, erklärten aber zugleich, dass in ihren Volkswirtschaften die Risiken einer übermäßigen Abhängigkeit von chinesischen Lieferketten verringert werden sollten. (...)

Im Kommuniqué der G7 wird China jedoch auch vor wirtschaftlicher Nötigung andere Länder zur Durchsetzung politischer Ziele gewarnt. Wenn China seine Beziehungen zu Europa verbessern und den größtmöglichen Nutzen aus einer Wiederannäherung an die USA ziehen will, tut es gut daran, diese Warnung zu beherzigen.»


«NRC»: Bachmut ist ein Symbol für Putins Gräueltaten

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «NRC» kommentiert am Dienstag die Schlacht um die ukrainische Stadt Bachmut:

«Wie auch immer die Schlacht um Bachmut in die Geschichte eingehen wird, schon jetzt ist der blutige Kampf um die Stadt ein Symbol für die Gräueltaten, mit denen Putins Regime die Ukraine in den vergangenen 15 Monaten überzogen hat. Zwar weiß niemand genau, wie viele Opfer es auf beiden Seiten gegeben hat, aber Schätzungen von bis zu Hunderttausend Toten, Verwundeten und Vermissten scheinen nicht übertrieben zu sein. (...)

Es ist zu befürchten, dass Bachmut nicht die letzte Tragödie ist, die die Ukraine erleben muss. Man kann nur hoffen, dass das Schicksal der Stadt die Verbündeten der Ukraine stets daran erinnern wird, dass die militärische und finanzielle Unterstützung dieses Landes nicht allein eine Frage von politischen Entscheidungen oder eines wohlverstandenen Eigeninteresses ist, sondern ganz einfach nur zivilisiertes Verhalten.»


«de Volkskrant»: Europa braucht gemeinsame Einwanderungspolitik

AMSTERDAM: Die niederländische Zeitung «de Volkskrant» kommentiert am Dienstag den Umgang mit Migranten in Europa:

«Nur mit einer gemeinsamen europäischen Einwanderungspolitik lässt sich verhindern, dass Europa moralisch immer weiter absinkt. Dass Griechenland zu Deportationen greift, liegt auch daran, dass Europa es im Stich gelassen hat. Die Mitgliedsstaaten haben zu wenig getan, um die Flüchtlinge gerecht in der EU zu verteilen und die entsetzlichen Zustände in den Flüchtlingslagern auf Lesbos zu beenden. Griechenland war weitgehend auf sich allein gestellt. (...)

Zunächst einmal muss dafür gesorgt werden, dass die Flüchtlingslager in der Region genug Geld erhalten. Darüber hinaus sollte es eine europäische Politik für Arbeitsmigration geben. Zum Beispiel könnten mehr - befristete - Arbeitserlaubnisse im Voraus erteilt werden. Das würde verhindern, dass das Verdienstmodell der Schlepper aufrechterhalten wird und dass auch Arbeitsmigranten langwierige Asylverfahren durchlaufen müssen.»


«NZZ»: Kreml verkauft Eroberung Bachmuts als Triumph

ZÜRICH: Zur Schlacht um die ukrainische Stadt Bachmut meint die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag:

«Mit einer unnachgiebigen Brutalität, ohne Rücksicht auf eigene Verluste hat Russland die Eroberung erreicht. Für Kiew ist das ein bitterer Rückschlag - aber ist es für Moskau auch ein Erfolg? Russische Truppen und die Paramilitärs der Gruppe Wagner kontrollieren nun zwar fast das ganze Stadtgebiet, doch im Umland von Bachmut sind sie in die Defensive geraten. Die Schwachstellen an den Flanken sind nicht zuletzt ein Resultat der Querelen zwischen der Moskauer Generalität und dem Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, die mitunter zu chaotischen Zuständen geführt und eine koordinierte Kriegsführung stark erschwert haben.

Der Kreml wird die Eroberung Bachmuts als Triumph verkaufen. Putin muss nach vielen Monaten, die von Rückschlägen geprägt waren, dem Heimpublikum endlich Erfolge präsentieren. Doch dieser Sieg ist nicht über die Großstadt Cherson, nicht Charkiw, geschweige denn Kiew gelungen - sondern über das relativ unbedeutende Bachmut. Im Grunde genommen ist dieser Sieg für die russische Armee, die eigentlich den ganzen Donbass erobern wollte, eine Erniedrigung.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.