Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Frankfurter Rundschau» zur Entlassung des Admirals Schönbach

Interessant, wer sich so im deutschen Militär tummelt: Kay-Achim Schönbach redet nicht nur von «Respekt» für Wladimir Putin, sondern benutzt auch noch seinen katholischen Glauben, um für ein Anti-China-Bündnis mit dem «christlichen Russland» zu werben.

Schönbach musste gehen, aber der Schaden bleibt: Er hat auch ernstzunehmenden Bemühungen, trotz allem noch zu einer Politik des Ausgleichs mit Russland zu finden, einen üblen Bärendienst erwiesen. Kein Wunder, dass der Botschafter der Ukraine sofort jeden Differenzierungsversuch deutscher Politik im Umgang mit Moskau mit Schönbachs unsinnigem Beitrag in einen Topf geworfen hat. Das Schlimme an einem Vorfall wie diesem ist, dass er es der wachsenden Hardliner-Front so leicht macht, den Wunsch nach Entspannung als unrealistische Fantasie zu diffamieren.


«The Telegraph»: Berlin ist eines der schwächsten Nato-Kettenglieder

LONDON: Zur unterschiedlichen Haltung Großbritanniens und Deutschlands in der Ukraine-Krise meint die konservative Londoner Zeitung «The Telegraph» am Sonntag:

«In dieser Krise war die Position Großbritanniens stets konsequent und richtig. Während weite Teile Europas auf amoralische Weise mit dem russischen Bären tanzten, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten, hat Außenministerin Liz Truss Großbritanniens Widerstand gegen die Nord Stream 2-Pipeline mit dem Argument verstärkt, dass der Kontinent damit der Erpressung durch ein imperialistisches Regime ausgesetzt wird. Letzte Woche wurden britische Panzerabwehrwaffen in die Ukraine geliefert, wobei der deutsche Luftraum merkwürdigerweise umgangen wurde. (...)

Deutschland hat sogar versucht, Russland zu beschwichtigen, und damit die Versuche untergraben, eine starke westliche Antwort zu geben. Berlin hat sich geweigert, den Ukrainern Waffen zu liefern, und Salz in die Wunde gestreut, indem es anbot, stattdessen ein Feldlazarett zu schicken - und es hat Berichten zufolge sogar Waffenlieferungen des Nato-Verbündeten Estland blockiert. (...) Berlin ist heute eines der schwächsten Kettenglieder der Nato. Und einige Experten sagen, dass seine kläglichen Kompromisse einen Konflikt wahrscheinlicher machen, statt ihn zu verhindern.»


«NZZ am Sonntag»: Bidens Botschaft sollte Europäer aufwecken

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert die umstrittenen Äußerungen des US-Präsidenten zu einer möglichen russischen Aggression gegen die Ukraine:

«Joe Biden hat wieder einmal etwas gesagt, was er nicht hätte sagen sollen. Am Mittwoch äußerte der US-Präsident die Vermutung, Russland werde die Ukraine angreifen, weil Wladimir Putin ja schließlich etwas tun müsse nach all dem Druck, den er mit seinem Truppenzusammenzug aufgebaut habe. Alles werde davon abhängen, was er genau tun werde. Sollte das nur ein «kleinerer Einfall» in die Ukraine sein, gäbe es in der Nato wohl Diskussionen darüber, wie darauf zu reagieren sei. (.)

Hat er in einem Moment geistiger Umnachtung vergessen, dass er an einer Pressekonferenz spricht, wo solcher Klartext fehl am Platz ist? Wohl kaum. Bidens Botschaft mag aus der Hüfte geschossen gewesen sein, doch der alte Cowboy schoss wahrscheinlich gezielt. Sie richtete sich an die Europäer, insbesondere an die Deutschen, die gegenüber Russland zu weich auftreten und sich von Putin zum Spielball machen lassen. Es ist zu hoffen, dass dieses undiplomatische Vorgehen die Europäer aufweckt.»

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Leserkommentare

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