Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Münchner Merkur» zu Corona/Falsche Inzidenz-Berechnung in Bayern

Wer sich impfen lässt, verringert für sich die Gefahr, im Fall einer Covidinfektion im Intensivbett zu landen, und entlastet so unser gemeinsames Gesundheitssystem.

Dieser Zusammenhang ist so eindeutig belegt, dass Politik und Behörden es nicht nötig haben sollten, mit unsauberen Zahlen zu hantieren. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit hat dennoch genau das getan: Es hat in seiner Inzidenz-Statistik alle Infektionen mit unklarem Impfstatus, immerhin zwei Drittel aller Fälle, der Gruppe der Ungeimpften zugeordnet. Warum bediente sich die Gesundheitsbehörde dubioser Statistikmethoden? Warum warnte niemand Ministerpräsident Söder, der die krummen Zahlen öffentlich verwendete? Wie kann es überhaupt sein, dass Deutschland nach zwei Jahren Corona immer noch mit riesigen Datenlücken durch die Pandemie stolpert? Das alles muss nun schleunigst aufgeklärt werden, sonst werden Querdenker den Vertrauensschaden für ihre Zwecke nutzen.


«The Telegraph»: Merkel hinterlässt ein anfälliges Land

LONDON: Zur 16 Jahre währenden Kanzlerschaft von Angela Merkel meint die britische Tageszeitung «The Telegraph» am Sonntag:

«Es stimmt, dass sie in Deutschland weiterhin beliebt ist. Aber angesichts einer Litanei an Fehlern und einer atemberaubenden Selbstgefälligkeit ihrer Regierung hat sie nicht nur ihre einst dominierende konservative Partei in einen Schatten ihrer selbst verwandelt und die Macht an eine nach links neigende, von Sozialisten und Grünen dominierte Koalition übergeben. Zu ihrer Hinterlassenschaft gehört auch, dass ihr Land und ihr Kontinent anfällig gegenüber den autoritären Regimen vor der Haustür sind.

Nirgendwo wird dies deutlicher als im Fall von Nord Stream 2, der neuen Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland durch die Ostsee. Die Inbetriebnahme der Pipeline ist derzeit bis zu einer behördlichen Überprüfung ausgesetzt, aber die Tatsache, dass dieses Projekt überhaupt in Erwägung gezogen wurde, veranschaulicht den Mangel an Prinzipien, der die deutsche Außenpolitik unter Merkel seit langem bestimmte. Deutschland behauptet, «ein guter Europäer» zu sein, aber es hat Befürchtungen von Verbündeten wie Polen schändlich ignoriert, dass die Pipeline Wladimir Putin mehr Möglichkeiten geben könnte, Gasexporte als Einschüchterungswaffe einzusetzen.»


«Público»: Für Frankreichs Republikaner geht es um Alles oder Nichts

LISSABON: Die portugiesische Zeitung «Público» kommentiert am Sonntag die Kür von Valérie Pécresse zur Präsidentschaftskandidatin der konservativen Republikaner in Frankreich:

«2017 beschäftigte die Vorstellung, dass Marine Le Pen die französischen Präsidentschaftswahlen gewinnen könnte, noch einen Großteil der europäischen Presse. Emmanuel Macron galt nach allen Umfragen als wahrscheinlicher Kandidat für die zweite Runde. Gegenkandidatin war Marine Le Pen vom Front National, nationalistisch, antieuropäisch und fremdenfeindlich. Europa blickte angesichts ihres möglichen Sieges entsetzt auf Paris. Macron gewann und versprach, Frankreich zu reformieren.

Macron wird wohl auch bei der Wahl 2022 wieder in die zweite Runde kommen. Dabei könnte er auf die republikanische Kandidatin Valérie Pécresse, wieder auf Le Pen oder auf den rechtsextremen Kommentator Éric Zemmour treffen. Pécresse repräsentiert den gemäßigten Flügel der Republikaner. Sie verspricht die «unerbittliche» Verteidigung der «Interessen Frankreichs». Wenn es ihr und den Republikanern aber wieder nicht gelingen sollte, in die zweite Wahlrunde kommen, könnten sie implodieren so wie die Sozialisten nach der Wahl 2017.»


«NZZ am Sonntag»: Russlands will seinen Willen diktieren

ZÜRICH: Zum Ukraine-Konflikt meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Die USA werden eine Invasion der Ukraine für Russland kostspielig machen, droht Präsident Joe Biden. «Rote Linien», wie Wladimir Putin sie gegenüber der Ukraine und dem Westen zieht, will er keinesfalls akzeptieren. Die Wahrheit ist, dass beide Seiten rote Linien ziehen. Und dass die USA nicht anders als Russland natürlich Interessen in der Ukraine und ganz Osteuropa haben, die sie durchsetzen wollen.

Der Unterschied aber ist erheblich: Die USA und der Westen haben mit ihrer roten Linie das Völkerrecht hinter sich. Sie halten das Selbstbestimmungsrecht der Völker und das Prinzip der territorialen Unversehrtheit aufrecht. Russland dagegen will seinen Willen diktieren: heute kein Nato- und EU-Beitritt der Ukraine, morgen vielleicht schon die Nötigung der baltischen Staaten oder Polens zur Neutralität. Das aber ist nicht akzeptabel.»


«La Repubblica»: Russland bereit für Krise mit Westen

ROM: Zur russischen Außenpolitik schreibt die italienische Zeitung «La Repubblica» am Sonntag:

«Russlands militärischer Druck an der Grenze zur Ukraine und die Drohungen der Republik Srpska gegen Bosnien-Herzigowina beschreiben Moskaus Willen, eine Krisenfront mit dem Westen in Südosteuropa zu öffnen. Der Europäischen Union bietet das eine wichtige Gelegenheit, eine gemeinsame Sicherheitspolitik zu etablieren und den Weg des Strategic Compass (Strategischer Kompass) zu beschleunigen.

Das imposante Aufgebot von Männern und Geräten dicht an der Ukraine, beobachtet von Pentagon-Satelliten, lässt eine regelrechte Invasion befürchten, bestärkt die russlandfreundlichen Rebellen im Donbass, die die Regierung in Kiew herausfordern, unterstreicht die Entscheidung der Annexion der Krim 2014 und bestätigt den Willen, die Ukraine wieder unter den Schirm Russlands zu bringen, so wie es zu Zeiten der Sowjetunion war.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.