Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Montag

«Frankfurter Rundschau» zu Mordanschlag auf den iranischen Atomphysiker Fachrisadeh

Der Mordanschlag auf den iranischen Atomphysiker hat nicht nur Mohsen Fachrisadeh und das iranische Atomprogramm zum Ziel gehabt, sondern auch mögliche diplomatische Verhandlungen zwischen dem Mullah-Regime und dem gewählten US-Präsidenten Joe Biden.

Beide Seiten sollten das Ziel aber weiter verfolgen und nach dem Amtsantritt Bidens wie angekündigt über das gekündigte Atomprogramm und die US-Sanktionen sprechen und damit die Pläne der Attentäter durchkreuzen. Das wird nicht leicht. Zum einen sind Hardliner auf beiden Seiten nicht daran interessiert. In Teheran wollen sie sich für den Mord und andere Demütigungen in diesem Jahr rächen. Zum anderen werden im Nahen Osten Stimmen laut, die Zeit bis zu Bidens Amtsantritt im Januar zu nutzen, weil der Iran und seine Verbündeten gerade schwach sind und jetzt zu einer umfassenden Vereinbarung gezwungen werden sollten, einschließlich eines Verzichts auf Terrorismus und Einmischung im Ausland. All das lässt nichts Gutes ahnen.


«Sonntagszeitung»: Skiverbot träfe die Schweiz und Österreich hart

ZÜRICH: Die Zürcher «Sonntagszeitung» kommentiert die Debatte um die Schließung von Skigebieten:

«In Panik, ratlos, planlos: Wenn Politiker wissen, dass sie nicht wissen, was zu tun wäre, tun sie so, als ob sie handelten, ohne etwas zu tun. Man zeigt auf die andern, um abzulenken, man plagt die Kleinen, um die Großen zu schonen. Angela Merkel, der deutschen Bundeskanzlerin, ist doch bewusst: Ein Skiverbot trifft zwar auch Deutschland, aber die Bayerischen Alpen zählen nicht zu den führenden Skiregionen Europas - sie sind schön, aber diese Berge ragen nicht so hoch auf, dass sich allzu viele Skifahrer dort verlieren würden. Mit anderen Worten, die Einbußen, die die deutsche Reiseindustrie wegen eines Skiverbots erleidet, sind überschaubar, wogegen Österreich und die Schweiz schlimme Folgen zu tragen haben, wenn alle Skitouristen, auch die einheimischen, zu Hause bleiben müssen. Hätte die gleiche Merkel die deutsche Autoindustrie jetzt eingestellt? Aber sicher nicht.»


«NZZ am Sonntag»: Merkel drängt auf koordinierten Ski-Lockdown

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert den auch von Deutschland initiierten Vorstoß zu Schließung von Skigebieten: «Die Schweiz ist unter Druck, ihre Skigebiete diesen Winter geschlossen zu halten. Vor allem die deutsche Kanzlerin Merkel drängt auf einen koordinierten Ski-Lockdown. Bis jetzt hält der Bundesrat (die Regierung der Schweiz) an der Öffnung fest, und er hat recht: Es gibt keinen Grund, Skifahren generell zu verbieten. Für diesen Sport spricht im Gegenteil, dass er draußen ausgeübt wird, wo das Risiko gering ist. Natürlich gehören zum Skitag auch heikle Aspekte wie das Anstehen und die Verpflegung. Doch dafür gibt es Lösungen wie Online-Ticket-Kauf, Maskenpflicht und allenfalls Alkoholverbote. Werden Schutzkonzepte eingehalten, gibt es keinen Grund, warum man mit dem Intercity fahren dürfen soll, nicht aber mit der Gondel auf den Berg.»


«New York Times»: Mord im Iran könnte Bidens Optionen einengen

NEW YORK: Zum tödlichen Anschlag auf den iranischen Atomphysiker Mohsen Fachrisadeh schreibt die «New York Times» in ihrer Online-Ausgabe am Sonntag:

«Die Ermordung des Wissenschaftlers, der Irans Jagd auf eine Nuklearwaffe in den vergangenen zwei Jahrzehnten anführte, droht die Bemühungen des gewählten Präsidenten Joseph R. Biden Jr. um eine Wiederbelebung des Atomdeals mit dem Iran zum Scheitern zu bringen, bevor er seine Diplomatie mit Teheran überhaupt aufnehmen kann. Und das könnte durchaus das Hauptziel der Operation gewesen sein. Geheimdienstler sagen, es gebe wenig Zweifel, dass Israel hinter der Tötung stecke - sie trug alle Anzeichen einer gezielt geplanten Operation des Geheimdienstes Mossad. Und die Israelis haben nichts getan, diesen Verdacht zu zerstreuen. Premierminister Benjamin Netanjahu hat den Iran seit langem als existenzielle Bedrohung identifiziert und bezeichnete den ermordeten Wissenschaftler Mohsen Fachrisadeh als Staatsfeind Nr. 1 (...) Aber Mr. Netanjahu hat noch eine zweite Agenda. «Es darf keine Rückkehr zum früheren Atomabkommen geben», erklärte er, kurz nachdem klar wurde, dass Mr. Biden - der genau dies vorgeschlagen hat - der nächste Präsident (der USA) würde.»


«Observer»: Attentat kommt einer Kriegserklärung gleich

LONDON: Zum Attentat auf den iranischen Kernphysiker Mohsen Fachrisadeh meint die Londoner Sonntagszeitung «The Observer»:

«Ebenso wie die Ermordung des Generals der Revolutionsgarden, Ghassem Soleimani, im Januar ist die Gewalttat vom Freitag ein außerordentlich provozierender Akt. Sie birgt das Risiko, den Iran zu bewaffneten Vergeltungsmaßnahmen gegen seine prominentesten Feinde zu verleiten - Israel, Saudi-Arabien und die in der Region stationierten US-Streitkräfte. So gesehen kommt das Attentat einer Kriegserklärung gleich.

Kein israelischer Führer - nicht einmal einer, der so unverantwortlich wie Benjamin Netanjahu ist - würde einen derart gefährlichen Schritt unternehmen, ohne ihn zuerst mit Washington abzustimmen. Und es gibt viele Gründe zu glauben, dass US-Präsident Donald Trump mitziehen würde. Die USA und Israel haben in den letzten Jahren angeblich bei einer Reihe von Sabotageangriffen im Iran kooperiert. Es war Trump, der persönlich die Tötung von Soleimani befahl. Ein illegaler Akt, mit dem er sich später brüstete. Angesichts des eklatanten Scheiterns seiner Iran-Politik in den letzten vier Jahren ist Trump zweifellos frustriert, wenn nicht gar rachsüchtig.»


«NZZ am Sonntag»: Gewaltenteilung in den USA funktioniert

ZÜRICH: Der amtierende US-Präsident Donald Trump muss in seinem Kampf gegen die Wahlergebnisse Niederlagen vor Gericht einstecken. Dazu meint die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Viel wurde darüber geschrieben, dass US-Präsident Donald Trump während seiner Amtszeit drei erzkonservative Richter an den Supreme Court berufen hat sowie 200 weitere konservative Richter an die Bundesgerichte im Land. Damit habe er die Rechtsprechung auf Jahrzehnte geprägt. Manche Kritiker sehen darin aber auch eine mögliche Gefahr für die Demokratie. Würden diese Richter ihre Urteile zunehmend nach dem Gusto der Politik fällen? Die Wahlen 2020 waren nun der erste Test für diese Unterstellung. Und sie zeigen: In den USA funktioniert die Gewaltenteilung einwandfrei. Donald Trumps Plan, die Wahlergebnisse in Zweifel zu ziehen und damit nicht etwa die Wählerstimmen als Basis für die Zuteilung der Elektoren zu nutzen, sondern Parlamentsentscheide in den Gliedstaaten, ist bisher fulminant gescheitert - an den Gerichten. (...) Bald bleibt ihm nur noch Twitter, um seine Betrugsvorwürfe kundzutun. Und das ist gut so.»


«Corriere della Sera»: Black Friday unkalkulierbares Virus-Risiko

ROM: Angesichts einer weiteren Lockerung der Corona-Regeln in Italien und der Shopping-Welle, bedingt durch den Black Friday, schreibt die italienische Zeitung «Corriere della Sera» aus Mailand am Sonntag:

«Der Black Friday, der Freitag der Rabatte, ersetzt einen Sonntag und vielleicht sogar einen Montag und einen Dienstag, was sicherlich gut für den Konsum ist, aber gleichzeitig auch ein Risiko, das sich nicht zu Genüge kalkulieren lässt, vor allem an der Front eines Krieges gegen ein sehr geschicktes Virus, das jede Lücke in unserer Verteidigung ausnutzt. Alles andere, außer den Schülern der oberen Stufen, die wieder zum Präsenzunterricht zurückkehren, bleibt alles wie bisher. (...)

In Zukunft geht unserer Nation nicht so sehr durch eine Phase der Regierungsumbildung oder anderen Betrügereien von Politik und Politikern. Unsere Zukunft besteht in dem Bewusstsein, dass die dunkelste Stunde nicht zu Ende ist und dass jeder Kompromiss, jede Zweideutigkeit, jede Entscheidung, die den Schutz der Italiener vor dem feindlichen Virus nicht priorisiert, in erheblichen Konsequenzen enden wird. Wir haben uns schon einmal geirrt. Wir zahlen einen sehr hohen menschlichen aber auch wirtschaftlichen Preis. Wir wissen, dass der Virus es erneut versuchen wird. Ihm weitere Vorteile zu verschaffen und unverantwortlich zu sein, wäre ziviler Selbstmord.»

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