Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Handelsblatt» zu Nachfolge/US-Richterin Ginsburg

Der Umbau im Supreme Court wird die USA für Jahrzehnte beschäftigen.

Denn gewissermaßen ist die konservative Justizrevolution das einzige Langzeitprojekt des sonst sprunghaften Präsidenten, neben dem Handelskrieg mit China. Schon 2016 zog Trump in den Wahlkampf mit dem Versprechen, die konservative Mehrheit in der Justiz zu sichern. Das sollte seinen Rückhalt bei den Republikanern und vor allem in der wichtigen Wählergruppe der Evangelikalen stärken. Jetzt steht er kurz davor, sein Versprechen zu erfüllen, der Kreis schließt sich.


«La Stampa»: Was für Giuseppe Conte wirklich auf dem Spiel steht

TURIN: Die Turiner Tageszeitung «La Stampa» kommentiert am Sonntag die befürchtete geringe Beteiligung bei einem Referendum und den Regionalwahlen in Italien:

«Zu den Risiken dieser Wahl, weniger politisch, aber leider sehr realistisch, gehört ein massenhaftes Fernbleiben der Wähler. Etwas, das es noch nie gab, verbunden mit der Ausbreitung von Covid. (...) Es wäre ein wirkliches Desaster, erklärbar mit der immer noch großen Angst vor Covid, wenn man zum Wählen in eine Schule geht. Aber in keiner Art und Weise zu rechtfertigen. Vielleicht ist es angebracht, daran zu erinnern, was bei dieser Wahl wirklich auf dem Spiel steht. Und nicht nur, weil Wählen eine Bürgerpflicht ist, sondern weil eine Änderung des politischen Rahmens, die dieses Mal wahrscheinlicher ist als je zuvor, oder die Beibehaltung des bestehenden, von einer Mehrheit verantwortet werden müssten und nicht von geringen Minderheiten entschieden werden darf.»


«The Independent»: Ginsburgs Vermächtnis wird bleiben

LONDON: Zum Tod der US-Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg meint der Londoner «Independent» am Sonntag:

«Am Ende gehört es zum Vermächtnis von Richterin Ginsburg, dass die Verfassung der USA ein lebendiges Instrument ist, das im Lichte der heutigen Werte politisch zu interpretieren ist. Zu ihren bleibenden juristischen Errungenschaften - die selbst durch eine lange währende konservative Mehrheit im Supreme Court wohl kaum wieder aufgehoben werden - gehört es, die Equal Protection Clause der Verfassung so zu interpretieren, dass damit sexuelle Diskriminierung verboten ist. (...)

Werte ändern sich. Und manchmal erfordert die Sache der Gleichheit, dass außergewöhnliche Persönlichkeiten Führungsstärke zeigen. Sei es in der Politik, der Justiz oder im gesellschaftlichen Aktivismus. Richterin Ginsburg war eine solche Persönlichkeit. Wir betrauern ihren Tod, aber zugleich können wir sicher sein, dass sie Teil einer großen Bewegung war, die anhalten wird.»


«NZZ am Sonntag»: Krisen dominieren den Wahlkampf in den USA

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert den Präsidentschaftswahlkampf in den USA:

«Derzeit scheint der Wahlkampf von immer neuen Krisen dominiert, die das Land in den Abgrund ziehen und weiter polarisieren. Corona-Krise, Wirtschaftskrise, Rassismus, Polizeigewalt, nächtliche Plünderungen in Vorstädten, unheimlich hohe Temperaturen und riesige Waldbrände an der Westküste. Und nun streitet man auch noch darüber, ob nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg umgehend eine Nachfolge im Supreme Court nominiert und im Senat angehört werden darf.

Statt die Krisen gemeinsam zu bekämpfen und manche Hysterie zu hinterfragen, streitet das Land lieber darüber, wer verantwortlich ist. Ist Trump schuld mit seinem schwachen Corona-Management oder die Gouverneure? Sind rassistische Polizisten ein Problem oder doch eher linke Anarchisten? Ist der Klimawandel schuld an den Waldbränden oder doch eher die Förster? Darf man Ginsburg noch vor der Wahl ersetzen? Es sind 43 Tage bis zur Wahl, und die Bevölkerung driftet immer weiter ab in unterschiedliche Realitäten.»

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