Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Berliner Morgenpost» zu Ausbau des Nahverkehrs

Wer den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen will, der muss den Ausbau der Strecken vorantreiben - die Erkenntnis ist nicht neu, aber ihr wird durch eine aktuelle Umfrage unter Berlinern und Brandenburgern noch einmal Nachdruck verliehen.

Auch über Parteigrenzen hinweg besteht weitgehende Einigkeit, dass Bahnstrecken ausgebaut werden sollen, wenngleich auf die Frage des Verkehrsmittels. Hier wird die Krux darin bestehen, pragmatische Entscheidungen zu treffen. Und zwar zeitnah. Planung und Bau kosten ohnehin Jahre, sodass unnötige Verzögerungen vermieden werden müssen. Zuletzt wurden richtige Schritte für den ÖPNV-Ausbau gegangen. Gerade erst hat der Hauptausschuss im Abgeordnetenhaus Mittel für die Planung von drei U-Bahn- und sieben Straßenbahnstrecken freigegeben. Ausruhen darf sich die Politik darauf nicht.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zum deutsch-französischen Verhältnis

(...) 60 Jahre nach Unterzeichnung des Elysée-Vertrages, der bis heute die Grundlage für die deutsch-französische Zusammenarbeit bildet, stehen die Zeichen nun wieder auf Zuversicht.

Scholz hat recht, daran zu erinnern, dass der deutsch-französische Motor nicht immer leise schnurrt, sondern manchmal eben auch laut knattert. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat gemeinsame Lebenslügen offengelegt. Beide Länder haben zu viel an ihren Streitkräften gespart. Ein Teil der Ernüchterung in Frankreich ist auch darauf zurückzuführen, dass das «deutsche Modell» einer von günstigen Energieimporten abhängigen Exportindustrie und geringer militärischer Wehrhaftigkeit plötzlich weniger attraktiv erscheint. Nun gilt es, den Worten Taten folgen zu lassen, bei den Rüstungsprojekten wie bei der Energieversorgung. (...).


«Frankfurter Rundschau» zu ein Jahr CDU-Vorsitz Friedrich Merz

Merz ist medial zwar omnipräsent, die Partei verschwindet aber hinter ihrem lauten Vorsitzenden.

Er will die Mitte repräsentieren, streift aber mit Wonne den rechten Rand. Er will ein Mann der Zukunft sein, doch das Gestern in ihm schimmert durch. Die CDU reißt er mit - im doppelten Sinne: Die Partei ist weiter in der Krise, auch wenn sie meint, es nicht mehr zu sein. Das ist die eigentliche Tragik. Nach der krachenden Niederlage bei der Bundestagswahl 2021 wusste die CDU, dass sie keine andere Option hat als sich zu wandeln, personell und vor allem inhaltlich. Zu alt, zu männlich, zu wenige oder nur falsche Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit, den Klimawandel, die Energiepolitik, Migration. Merz bezeichnete seine Partei im Diktum der Beraterbranche als «insolvenzgefährdet» und verkaufte sich der hungrigen Basis als Sanierer. Die Insolvenz ist ausgeblieben, saniert ist die CDU aber nicht.


«The Sunday Times»: Putin will Landkarte Europas neu zeichnen

LONDON: Die Londoner «Sunday Times» plädiert für die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine:

«Bundeskanzler Olaf Scholz hat erklärt, Deutschland werde nur gemeinsam mit Amerika handeln. Die Regierung von Präsident Joe Biden hat zwar weitere 2,5 Milliarden Dollar an Militärhilfe für die Ukraine genehmigt - darunter Schützenpanzer vom Typ Stryker und Luftverteidigungssysteme -, doch er beharrt darauf, dass Abrams-Panzer aufgrund des Geländes und der Probleme beim Auftanken nicht für die Ukraine geeignet sind. Das Zögern der USA und die Ernennung des neuen, offenbar zurückhaltenden deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius haben die Bereitstellung von Kriegsgerät verzögert, das der Ukraine helfen könnte, die russischen Streitkräfte härter zu treffen. (...)

Großbritannien steht zu Recht weiterhin an der Spitze, wenn es darum geht, dem Gegenwind und den russischen Drohungen standzuhalten. Wir müssen den Druck auf Deutschland und Amerika aufrechterhalten, damit sie das Richtige tun und der Ukraine die benötigte Ausrüstung schicken. Es gibt keinen guten Ausgang dieses Konflikts. Das Schlimmste wäre jedoch, wenn ein verwundeter, aber trotziger Putin die Ukraine einnehmen und den nächsten Schritt in seinem wahnwitzigen Plan angehen würde, die Landkarte Europas neu zu zeichnen.»


«NZZ am Sonntag»: SPD würde «Stabilisierung» der Ukraine genügen

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert die Haltung der SPD zum Ukraine-Krieg:

«Warum tun sich der deutsche Kanzler und weite Teile seiner sozialdemokratischen Partei so schwer mit dem Verteidigungskampf der Ukrainer? Wahrscheinlich wäre den Genossen geholfen, wenn sie endlich das Ziel des Ukraine-Krieges für sich definierten: Was sollen die Ukrainer mit den Waffen erreichen, die ihnen geliefert werden? Den Vormarsch der Russen aufhalten, die Lage an der Front stabilisieren und dann an den Verhandlungstisch gehen? Oder aber ihr Land von den Invasoren befreien, den Donbass und die Krim inbegriffen?

Olaf Scholz und seine SPD scheuen sich vor einer öffentlichen Festlegung. Doch man darf annehmen, dass sie den Ukrainern eher eine «Stabilisierung» verordnen und weniger einen umfassenden Sieg erlauben wollen. Scholz und die SPD leben im Entspannungs- und Stabilitätsdenken der siebziger und achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Schon der Freiheitskampf der Dissidenten und der Gewerkschaft Solidarnosc in Polen war den Sozialdemokraten damals lästig. Ihre «Stabilität» kommt ohne Freiheit aus. Darum braucht die ukrainische Armee aus ihrer Sicht auch keine Leopard-Panzer. Doch dies einzugestehen, ist Scholz und der SPD unmöglich.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.