Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Berliner Morgenpost» zur Vereinheitlichung der Berliner IT

In Berlin kochen Bezirke und Verwaltungen gern ihr eigenes Süppchen.

Die Folge davon bekommen wir jeden Tag zu spüren. Die verpatzte Wahl im vergangenen Jahr, Behörden, die einfach nicht funktionieren. Eine umfassende Reform der Berliner Verwaltung ist mehr als überfällig. Doch es hapert offenbar schon daran, die Computersysteme auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Obwohl SPD, Grüne und Linke das in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben, machen nur sehr wenige Senatsverwaltungen und Bezirke Anstalten, zum IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) zu wechseln. Deshalb fordert Berlins Chief DigitalOfficer, Staatssekretär Ralf Kleindiek, völlig zu Recht, dass Bezirken und Senatsverwaltungen verbindlich vorgeschrieben wird, ihre Computertechnik an das ITDZ abzugeben.


«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zu ersten Regierungsjahr/Olaf Scholz

(...) Das Wort des Kanzlers von der «Zeitenwende» wird diese Koalition überdauern.

(...) Seit jenem 27. Februar, als Scholz, drei Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, das Wort prägte, weiß die Koalition zudem, was unter Regieren zu verstehen ist: nicht das Abhaken von Koalitionsvereinbarungen, sondern Führung in eine neue Epoche. Die Krise ist der Normalfall. (...) Der Koalition kommt diese neue Zeit durchaus entgegen. Denn zur Hälfte besteht sie aus Energiepolitik. (...) Die andere Hälfte der Zeitenwende wird dieser Regierung wohl dauerhaft fremd bleiben, die Sicherheitspolitik. Noch immer, auch gegenüber der Ukraine, überwiegt die Moral den Realitätssinn. Damit die Bundeswehr nicht wie ein Patient oder gar Klotz am Bein behandelt wird, hilft Scholz wohl nur noch ein Wumms im roten Teil des Kabinetts.


«Stuttgarter Zeitung» zur Entwicklungen im Iran

Der Kopftuchzwang ist im Iran nicht immer streng durchgesetzt worden.

Ohne den Druck auf die Frauen seit dem Amtsantritt von Präsident Raisi voriges Jahr wären die Proteste womöglich nicht ausgebrochen. Nun werden sich die Demonstranten nicht mehr mit bloßen Ankündigungen beschwichtigen lassen. Daher könnte Raisis angebliche Reformbereitschaft für ihn nach hinten losgehen: Die Geste - ob ernst gemeint oder nicht - kann Debatten lostreten, die das Regime bisher unbedingt vermeiden wollte. Wenn erst einmal über das Kopftuch gesprochen wird, ist der Führungsanspruch der Mullahs vielleicht das nächste Thema.


«Münchner Merkur» zu Ein Jahr Ampelregierung

In Berlin regiert, wenn man so will, eine «Kriegsregierung».

Die hat alle Hände voll zu tun, den von Putin angerichteten Scherbenhaufen zusammenzukehren. Das wird schwer genug. Denn in Kriegszeiten braucht es vor allem Zweierlei: Führung und Pragmatismus. An beidem mangelt es der Ampel mit ihren weltanschaulich so diversen Parteien. Am brutalsten sichtbar wurde das im Streit um die Atom-Verlängerung. Zu lange schwieg der Kanzler, am Ende stand der Sieg der Anti-Atom-Ideologen über die Pragmatiker. Schwierig die Lage auch bei der Migration: Während Putins Raketenterror die Ukrainer aus ihrem Land jagt, unternimmt die Ampel keine erkennbaren Anstrengungen, um wenigstens die erneut bedrohlich anschwellende Armutsmigration über den Balkan zu reduzieren. Verzweifelte Bürgermeister und Landräte müssen wieder wie 2015 Turnhallen konfiszieren. Und wieder kein Sterbenswort vom Wer-Führung-bestellt-kriegt-Führung-Kanzler.


«The Observer»: Der reiche Norden muss für Nothilfe aufkommen

ZÜRICH: Nach UN-Angaben wird 2023 eine Rekordzahl von 339 Millionen Menschen auf Nothilfe angewiesen sein. Dazu meint die britische Sonntagszeitung «The Observer»:

«Der von Menschen verursachte Klimawandel und vermeidbare Konflikte sind die Hauptursachen. Die Überschwemmungen in Pakistan etwa waren kaum das Ergebnis normaler Wetterzyklen. (...) Auch die Dürren, die Extremhitze, die fortschreitende Wüstenbildung und die Ernteausfälle am Horn von Afrika und in den ärmeren Ländern Afrikas und Asiens sind in erster Linie auf die Erderwärmung zurückzuführen - die anfänglich durch die Länder des reichen Nordens ausgelöst wurde. Es liegt also mehr denn je in ihrer Verantwortung, den Aufruf der UN für 2023 vollständig zu finanzieren, insbesondere mit Blick auf die beim UN-Klimagipfel COP27 vereinbarten Ausgleichszahlungen für Verluste und Schäden durch den Klimawandel.»


«NZZ am Sonntag»: Xi Jinping geht ein großes Risiko ein

ZÜRICH: Zur Entwicklung der Beziehungen Chinas mit dem Westen schreibt die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag»:

«Letztlich verabschieden wir uns gerade von einem Wirtschaftsmodell, das Jahrzehnte das globale Wachstum enorm vorantrieb und im Zentrum von Chinas Selbstverständnis stand. Nach den niedergeschlagenen Aufständen auf dem Tiananmen-Platz wurde in China ein neuer Sozialvertrag geschlossen: Die Kommunistische Partei versprach dem Volk Wirtschaftswachstum und Fortschritt im Austausch gegen politische Abstinenz und zementierte damit ihre Macht. Davon profitierte nicht nur China - sondern die ganze Welt.

An diesem Konstrukt rüttelt auch Xi Jinping. Seit er an der Macht ist, drängt er darauf, dass Chinas Wirtschaft autarker wird, selbstständiger. Xi will die Unabhängigkeit seines bisher gerade mit dem Westen so stark vernetzten Reiches, auch wenn dies auf Kosten des Wirtschaftswachstums geht. Damit geht er ein großes Risiko ein. Wie werden seine Mitbürger reagieren, wenn das Versprechen auf eine bessere Zukunft nicht mehr erfüllt wird?

Für den Westen stellt sich eine andere Frage: Wenn Xi die Wirtschaft nicht mehr prioritär behandelt, worauf setzt er dann? Sicherheit? Kontrolle und Repression? Nationalismus? Wird er die 1,4 Milliarden Chinesen in einen Krieg mit Taiwan ziehen?»

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