Zeitungen kommentieren das Weltgeschehen am Sonntag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
Foto: Adobe Stock/©elis Lasop

«Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Waffenlieferung / Ukraine

(.) Der amerikanische Präsident Biden hat deutlich gemacht, dass er keinen dritten Weltkrieg riskieren und vermeiden will, dass die Ukraine etwa Ziele in Russland ins Visier nimmt.

Der bedrängte Putin soll den Westen bitte nicht auf die Probe stellen. Insofern kann auch der Bundeskanzler der frisch- und selbst gebackenen Führungsmacht Deutschland nicht so einfach aus diesem "cordon sanitaire" ausbrechen. Oder soll er dann auch einen möglichen Gegenschlag der NATO anführen? Aber er muss die Frage beantworten, ob die Lieferung von Kampfpanzern einen substanziellen Unterschied mit Blick auf eine mögliche Reaktion des ohnehin kaum einschätzbaren Putin ausmacht. Wer wirklich will, dass Angriffskrieg, Annexion und Völkermord in Europa keinen Platz mehr haben. der muss mehr leisten als Palliativmedizin. (.).


«Handelsblatt» zu Energieversorgung

Ein reales Problem ist die Stromlücke, in die wir mit steigendem Stromverbrauch in den kommenden zehn Jahren laufen.

Wie ist diese ohne eingeplantes russisches Erdgas zu schließen? Die einfachste Lösung wären mehr Kohle, mehr Atom und Fracking. Versorgungssicherheit ist damit gewonnen. Allerdings würde kein Unternehmen ein solches Projekt in der aktuell unvorhersehbaren Marktlage eigenverantwortlich auf den Weg bringen. Es bräuchte also Milliarden staatlich finanzierter Mittel, um diesen Weg einzuschlagen. Geld, das für den Ausbau der Erneuerbaren fehlen würde. Und das dann zugunsten von Energie, die uns in einer trügerischen Sicherheit wiegt. Was passiert, wenn der Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie nebenherläuft, haben wir in den vergangenen 20 Jahren gesehen. Zu wenig.


«Stuttgarter Zeitung» zu den Flüchtlingszahlen in Deutschland

Europa hat den Massenansturm wegen des Krieges bisher gut gemeistert - ist aber auf dem heiklen Feld der Asylpolitik seit 2015 keinen Schritt vorangekommen.

Dabei steigt die Zahl der Asylbewerber aus dem globalen Süden gerade beträchtlich. Zu den vielen ungelösten Fragen zählt auch die, warum allein in Deutschland 300.000 Menschen leben, die keinerlei Anrecht auf dauerhaften Aufenthalt haben und eigentlich zur Ausreise verpflichtet wären. Das begrenzt die Möglichkeiten, um wirklich Hilfsbedürftige aufzunehmen.


«Frankfurter Rundschau» zur Ankündigung der EU-Kommission zu Ungarn

Endlich.

Brüssel wehrt sich. Die EU-Kommission will Ungarn Subventionen kürzen, wenn die Regierung von Viktor Orbán nicht bald Anstalten macht, den seit Jahren dokumentierten Missbrauch von EU-Geld zu beenden. Doch die Kommission hat Orbán eine Hintertür geöffnet. Wenn er in den nächsten Monaten die von ihm angekündigten Reformen umsetzt, dann könnte er dem Geldentzug sogar vollständig entgehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Orbán tatsächlich ein paar feine Justierungen in seinem System vornimmt, das Vergaberecht leicht anpasst und eine Antikorruptionsbehörde ins Leben ruft. Doch ob das mehr als Scheinreformen sein werden, ist unklar. Die EU darf dem Wahlautokraten nicht erneut auf den Leim gehen. Dazu steht viel zu viel auf dem Spiel. Wenn Orbán nur ein paar Pflaster aufkleben muss, um eine tiefe Wunde zu verschließen, dann ist das wie eine Einladung an jene EU-Staaten, die von der Rechtsstaatlichkeit auch wenig halten.


«The Sunday Times»: Charles III. steht vor großen Herausforderungen

LONDON: Zur Zukunft der Monarchie in Großbritannien meint die Londoner «Sunday Times»:

«Das Land muss eine differenzierte und ernsthafte Debatte darüber führen, was es heute von seinem Staatsoberhaupt erwartet. Als König muss Charles lernen, sich weiterzuentwickeln und die Monarchie im Einklang mit den Erfordernissen der Zeit neu zu gestalten. Mittelalterliche Arrangements müssen mit einem Sinn für das 21. Jahrhundert einhergehen. Wir müssen uns fragen, was wir von einer konstitutionellen Monarchie erwarten. Charles hat bereits angedeutet, dass er beabsichtigt, die «Firma» zu verschlanken - ihren Kern auf die direkte Erbfolge zu reduzieren. Dies ist zu begrüßen. (...)

Es werden bedeutende politische Ereignisse zu bewältigen sein. Die Brexit-Spannungen könnten wegen des Nordirland-Protokolls wieder aufflammen. Die Aussicht auf einen Vorstoß zur irischen Wiedervereinigung und ein zweites schottisches Unabhängigkeitsreferendum stellen existenzielle Bedrohungen für die Union dar. Diese Ereignisse haben das Potenzial, Regierungen zu Fall zu bringen, und sie werden das Staatsoberhaupt vor große Herausforderungen stellen.»


«NZZ am Sonntag»: Russland verliert an Macht

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung am Sonntag» kommentiert die Folgen des Ukraine-Krieges für Russland:

«Wie fatal Wladimir Putins Entschluss zum Angriff auf die Ukraine ist, lässt sich jetzt auch an Russlands Rändern sehen. Im Machtbereich der früheren Sowjetunion brennt es, nachdem Moskau Truppen aus dem Kaukasus und Zentralasien abgezogen hat, um seine angeschlagene Streitmacht in der Ukraine aufzufüllen. Aserbaidschan und Armenien haben wieder einen Krieg begonnen, Tadschikistan und Kirgistan tragen mit schwerer Artillerie ihren Konflikt über die gemeinsame Grenze aus. (...)

Politisch wie militärisch ist Russland nun zu schwach, um die Kriegsparteien im Kaukasus und in Zentralasien zu trennen. Es ist zu unglaubwürdig, um einen Frieden zu vermitteln. Und es wird zu wenig respektiert nach den Niederlagen in der Ukraine und der Ächtung durch den Westen. Der Ukraine-Krieg hat die sicherheitspolitische Ordnung in Europa zerstört, heißt es. Er wird auch die Ordnung im Kaukasus und in Asien verändern - Russland verliert an Macht. Sie wird an China übergehen. Und schneller als gedacht findet sich Putin degradiert wieder - als Pekings Juniorpartner.»

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder
Strauss 25.09.22 12:20
Putin als Juniorpartner von China......
zwei Kranke zusammen, ergeben keinen Gesunden.